Rätsel um den bizarren Kurswechsel Obama’s


In seiner Morgenkolumne rätselt Theo Sommer, der ehemalige Vorzeige-Chefredakteur der ZEIT, über Obama’s bizarren Kurswechsel im Syrien-Konflikt.

Bis Freitag voriger Woche hatten der Präsident und sein Außenminister John Kerry grimmige Entschlossenheit demonstriert, auf den Einsatz von Giftgas durch Baschar al-Assad (Kerry: „Eine moralische Obszönität.“ ) mit einem Militärschlag zu antworten.

Hat man die zahlreichen Presse-Statements in Europa und USA intensiv verfolgt, kommt man u.a. zu dem Ergebnis, dass ein -aus Analysten-Sicht- wichtiger Aspekt so gut wie nicht beleuchtet wurde.

Die Rede ist von einer denkbaren Entwicklung der Rohöl-Preise im Zusammenhang mit einem US-Angriffs-Szenario.

Wie wir wissen, gibt es zwischen dem White House und der Wall Street eine enge Verflechtung, aus welchem hin und wieder wechselseitige Abhängigkeiten abgeleitet werden.

Betrachtet man sich den jährlichen Mineralöl-Verbrauch der westlichen Welt, wird deutlich, wie ein -entgegen aller Beruhigungspillen- längerfristiger militärischer Einsatz gegen Syrien, die Sorgenfalten der Wall Street hinsichtlich denkbarer Wechselwirkungen auf Börsen und Bankbilanzen beeinflussen könnten.

Eine, wie sich Obama ausdrückte, „kurzfristige Bestrafungs-Aktion“ der Assad-Administration, wäre durchaus in der Lage, einen nahezu unkontrollierbaren Flächenbrand in Nah-Ost auszulösen. Ein solches Szenario hätte dauerhaften Einfluss auf Ölfördermengen und -Preise.

Nachfolgend einige Daten zu ausgewählten Erdöl-Importeuren nach Abnahmemengen, Stand 2010 (in MT –  1 t Erdöl = 1101 m³) – In Klammern die jährlichen Verbrauchszahlen (Stand 2010) in MT:

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USA – 443,0 [814,6]

China – 252,5 [457,9]

Japan – 177,3 [221,7]

Indien – 168,0 [162,3]

Süd-Korea – 125,1 [110,8]

Deutschland – 90,5 [111,9]

Italien – 78,6 [69,6]

Frankreich – 64,5 [83,8]

Niederlande – 59,5 [NB]

Spanien – 59,3 [NB]

UK – 57,7 [72,0]

Belgien – 32,2 [NB]

Griechenland – 18,3 [NB]

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Mit ein klein wenig Phantasie mag man sich ausmalen, welche Verwerfungen ein denkbarer Ölpreis-Schock auf die teilweise erheblich angeschlagen Volkswirtschaften aus der obigen Liste auslösen würde, sofern der ohnehin dramatische Syrien-Konflikt durch militärische Aktionen eskalieren.

In  Japan würde der Nikkei vermutlich auf Tauchstation gehen, was einer Bankrotterklärung der ohnehin fragwürdigen Abenomics-Strategien gleichkäme!

Die Indische Volkswirtschaft ist bereits massiv gebeutelt . Indiens Einfluss innerhalb der BRICS würde geschwächt und den „Wettbewerb“ zwischen IMF und dem gerade initiieren Währungsfond der BRICS-Staaten verschlechtern.

Trotz zwischenzeitlich stark aufgewertetem Won könnte eine Ölpreis-Explosion auch in Süd-Korea erhebliche Turbulenzen auslösen.

In Deutschland und den Niederlanden hätten wie sicher wieder leidenschaftliche Diskussionen zu „Sonntags-Fahrverboten“ .. in jedem Fall wäre ein Ölpreis-Schock als Vorbote einer gravierenden Inflations-Spirale zu werten.

Für Italien und Frankreich könnte dies ein finales Arrivederci! bzw. Au revoir! nicht nur in Richtung „EURO-ZONE“ bedeuten!

Spanien wäre vermutlich hinsichtlich der weiteren volkswirtschaftlichen Entwicklung am Ende der Fahnenstange angelangt, die Folgen für das ohnehin wirtschaftlich und politisch angeschlagene Belgien kaum kalkulierbar und für Griechenland wäre das Ende der Todesspirale in greifbare Nähe gerückt, sofern nicht endlich die immer wieder zitierten Öl- und Gasvorkommen des Landes im Eiltempo erschlossen werden!

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vorläufiges FAZIT für Europa: Bye, bye € !!!

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In diesem Zusammenhang sei an Ölpreis-Spitzen der jüngsten Vergangenheit erinnert:

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  • Nach einer längeren Phase niedrigerer Preise erreichte im Laufe des Jahres 2004 der Ölpreis zeitweilig einen Stand von 53 Dollar in einem Umfeld politischer, wirtschaftlicher und spekulativer Belastungen. 2005 stiegen die Rohölpreise auf Grund des verheerenden Hurrikans Katrina, der die Ölförderung im Golf von Mexiko und die Raffination in den USA beeinträchtigte, auf 70 USD pro Barrel. Seine bisherige Rekordmarke erreichte der Ölpreis pro Barrel für US-Leichtöl (WTI) an der NYMEX am 11. Juli 2008, als er auf 147,27 US-Dollar anstieg, Brent wurde mit der Höchstmarke von 147,50 US-Dollar gehandelt. Zu Beginn des Jahres 2009 befanden sich die Ölpreise jedoch, aufgrund einer weltweiten Wirtschaftskrise, wieder bei einem Niveau von 30 bis 40$.
  • Am 31. Januar 2011 stieg der Ölpreis für die Nordseesorte Brent erstmals seit dem 1. Oktober 2008 im Handelsverlauf über die 100-Dollar-Marke und am 1. März 2011 überwand auch der Preis für die US-Sorte WTI zum ersten Mal seit dem 1. Oktober 2008 die Grenze von 100 US-Dollar.
  • Am 4. April 2011 stieg der Preis für das Nordseeöl Brent erstmals seit August 2008 auf über 120 US-Dollar. Ein Grund für den Anstieg sind die Proteste in der arabischen Welt 2010–2011. Investoren fürchteten wegen des Bürgerkriegs in Libyen einen langfristigen Ausfall der Ölproduktion des Landes und ein Übergreifen der Unruhen auf Saudi-Arabien, einem der weltgrößten Ölexporteure. Auffällig ist der große Abstand des Brent zu anderen Ölsorten: Für ein Barrel der US-Referenzsorte WTI musste am selben Tag rund 108 US-Dollar gezahlt werden.
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Carpe diem!

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Ihr Oeconomicus

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aktuelle, korrespondiernde Meldungen

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Societe Generale: „Oil Could Hit $150 Per Barrel“

NYT: „President Gains McCain’s Backing on Syria Attack“

NYT: „Drawing a Line on Syria, U.S. Eyes Iran Talks“



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