€ 400 Mrd Investitionen – Wüstenstrom-Projekt hat sich verhoben!

Strom aus der Wüste? In Europa reiben sich die Großkonzerne die Hände. Doch die Euphorie um die ehrgeizigen Wüstenstrom-Pläne deutscher Konzerne ist lang verflogen. Das ehrgeizige Desertec-Projekt steht einmal mehr vor der Zukunftsfrage.

Nach heftigem Streit mit den Ideengebern im vergangenen Jahr kommen die Hiobsbotschaften jetzt in Serie:
Gleich drei deutsche Unterstützer haben der Desertec-Industrieinitiative Dii den Rücken gekehrt oder ihren Abschied angekündigt. Das Milliarden-Projekt steht damit wieder einmal vor der Zerreißprobe, auch wenn sich die Verantwortlichen derzeit noch in Zuversicht üben.

Dabei klang die Vision bei der Vorstellung vor rund fünf Jahren verlockend:
Mit sauberem Strom aus Wüstensonne und Wind sollten Nordafrika und der Mittlere Osten versorgt und auch ein Teil der Energieprobleme Europas gelöst werden.
Von rund 400 Milliarden Euro an Investitionen war die Rede, von einer Jobmaschine und der Abschaltung europäischer Kernkraftwerke – das zog bei vielen deutschen Unternehmen, darunter Schwergewichte wie Siemens, Bosch und Eon. Mit den Ideengebern der Wüstenstrom-Stiftung Desertec taten sie sich zur Industrieinitiative Dii zusammen, um Chancen und mögliche Standorte für Projekte in der Mena-Region auszuloten.
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teleboerse

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Anmerkung
An dieser Stelle sei die Frage erhoben, wie viele Steuergelder hier verbrannt wurden!

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Ihr Oeconomicus

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follow-up, 16.10.2014

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DESERTEC: Mondlandung misslungen !
Das Wüstenstromprojekt hätte die Krönung einer großen Vision werden können, doch ohne politischen Anschub geht selbst hierzulande nichts. Desertec hat diese Dimension unterschätzt.
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Dieter Fockenbrock – Handelsblatt
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Archiv-Beitrag:
DESERTec: Operation Wüstenstrom – Das Milliardengeschäft


Geheimes Parallelrecht: Wie Großkonzerne politische Entscheidungen attackieren

Deutschland will raus aus der Atomkraft – eine politische Entscheidung. Damit wollen sich die betroffenen Stromkonzerne aber nicht abfinden.
Doch während RWE und EON nur der Gang zum Bundesverfassungsgericht bleibt, wendet sich der schwedische Konzern Vattenfall ganz einfach an ein Schiedsgericht, das geheim in einem Hinterzimmer tagt.
Es geht um die Forderung von nicht weniger als 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz, die am Ende die Steuerzahler zahlen müssten.
Vat­ten­fall beruft sich dabei auf die Rege­lun­gen des sog. Energiecharta-Vertrages (ECT), wel­chen Deutsch­land und eine Viel­zahl ande­rer Staa­ten im Jahr 1994 unter­zeich­net haben. Das Abkom­men soll Inves­ti­tio­nen aus­län­di­scher Unter­neh­men vor unrecht­mä­ßi­gen Ein­grif­fen durch den Gast­staat schüt­zen. Beru­fen kön­nen sich hier­auf nur aus­län­di­sche Unter­neh­men wie die in schwe­di­schem Staats­be­sitz befind­li­che Vat­ten­fall. 

Weltweit gibt es mehr als 3.000 solcher Verträge (2782 bilaterale Investmentverträge – 282 andere internationale Investment-Verträge) zwischen Staaten.
Eigentlich sollen sie Investoren vor Enteignungen schützen — doch wann immer einem Unternehmen ein Gesetz nicht passt, kann es diese Abkommen nutzen, um Schadensersatz geltend zu machen. Gegen Umweltschutz, gegen Gesundheitspolitik, gegen Wirtschaftsreformen, u.v.m.
Die Verfahren sind meist geheim, die Öffentlichkeit erfährt höchstens das Ergebnis – und Revisionsmöglichkeiten gibt es nicht.
Mit Milliardenklagen setzen Konzerne so ganze Staaten unter Druck.
Eine Gefahr für die Demokratie – und ein Riesengeschäft für eine überschaubare Zahl von Anwaltskanzleien!

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frei zugängliche Sammlung von Urteilen in Investitionsschutzverfahren

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Anmerkung

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Vermutlich werden wir zeitnah feststellen, dass solche Investitionsschutzabkommen für unsere Freunde aus der kreativen Finanzindustrie zu einem gefundenes Fressen werden könnten.
Schließlich ließen sich anstehende Klagen der Konzerne gegen Staaten insgeheim via asset backed-Junkbonds monetarisieren, ein glänzendes Geschäft für Emissionshäuser, Hedge Fonds und je nach Kurs und Aufgeld natürlich auch für (institutionelle) Anleger.

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Ihr Oeconomicus

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follow-up, 11.07.2014

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In seiner Zusammenfassung über die geplanten Fracking-Aktivitäten beschreibt Albrecht Kieser im Deutschlandfunk die Nahtstellen zwischen TTIP und Investitions-Schutzabkommen und nennt dabei auch die wesentlichen Akteure.
Kiesers Erkenntnis:

„Die Investor-Staat-Klage ist ein zentraler Bestandteil in allen Freihandelsverträgen, die Deutschland bislang mit über 100 Ländern abgeschlossen hat; darunter zum Beispiel Pakistan oder Ecuador. Auch das TTIP zwischen der EU und den USA soll dieses Instrument enthalten. Unternehmen könnten es einsetzen, wenn sie einen Staat verklagen wollen, der mit einem neuen Gesetz bisher gültige Produktionsbedingungen reguliert. Zum Beispiel durch die Auflage, geringere Emissionswerte auszustoßen oder das Verbot, schädliche Chemikalien einzusetzen.“

In dem Beitrag wird u.a. auch mit Prof. Markus Krajewski, ein Experte für Völkerrecht zitiert, der sich intensiv mit dieser Art von Verträgen befasst, qualifiziert die Investor-Staat-Klage so:

„Ich halte das schlichtweg für rechtsstaatlich nicht haltbar. Das ist aus meiner Sicht mindestens ein Rechtspolitischer, wenn man es genauer durchdenkt, möglicherweise auch ein verfassungsrechtlicher Skandal. Wir haben es damit zu tun, dass ein vom Deutschen Bundestag beschlossenes Gesetz von einem internationalen Schiedsgericht überprüft werden sollte, was möglicherweise zu Schadenersatzforderungen und auch -zahlungen der Bundesrepublik Deutschland führt. Und die Parlamentarier, die das Gesetz selber gemacht haben, die haben nicht mal die Möglichkeit mitzubekommen, was hier eigentlich gemacht wird.“

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Archivbeiträge zu TTIP


Ratingagenturen stufen RWE und Eon runter

ENERGIEKONZERNE
Ratingagenturen stufen RWE und Eon runter

Die Ratingagenturen Standard & Poor’s und Fitch haben am Freitag die Kreditwürdigkeit von RWE heruntergestuft. S&P stufte zudem Eon wegen vergleichsweise geringer Margen im Stromgeschäft um eine Stufe zurück.

Handelsblatt – 27.07.2012, 17:36 Uhr – Kommentare


DESERTec: Operation Wüstenstrom – Das Milliardengeschäft

Es ist so einfach. Und schien unmöglich: Strom aus der Sonne — nicht in kleinem Maßstab auf dem Flachdach, sondern flächendeckend und so kraftvoll, dass erhebliche Teile des Energiebedarfs Europas gedeckt werden können.

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Gestern stellten deutsche Unternehmen das Projekt „Desertec“ vor:
Siemens, die Deutsche Bank, die Münchner Rück und RWE haben sich zusammengetan, wollen in den Wüsten Afrikas und Arabiens gewaltige Sonnenanlagen aufbauen, die Europa mit Strom versorgen.

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Geht das überhaupt?
Die Solartechnik ist weit genug, um die Umwandlung, Speicherung und vor allem auch Weiterleitung des Stroms aus der Wüste realistisch zu machen.

„Diese Technologie ist erprobt, ist wirtschaftlich und steht bereit“

so Greenpeace-Energieexperte Andree Böhling.

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Weltweit könnte nach einer Studie des Umweltverbandes bis zu einem Viertel des Strombedarfs durch diese erneuerbaren Energien gesichert werden.

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Böhning:

„Deshalb halten wir Desertec auch für einen Meilenstein. Es ist ein weltweites Konzept — die Technik dürfte auch von Regionen wie Indien und China aufgegriffen werden.“

Wann könnte es losgehen?
Schon in wenigen Jahren soll der erste Strom fließen.

„Wir reden über eine zügige Umsetzung“

heißt es bei Desertec.

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Was kostet es?
400 Milliarden Euro über 40 Jahre, hat Desertec ausgerechnet. Pro Jahr also zehn Milliarden Euro — „im Kraftwerkssektor sind das Peanuts„, so Desertec-Chef Gerhard Knies.

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Wird Atomkraft so überflüssig?
Erneuerbare Energien, kombiniert mit sehr effizienten Gaskraftwerken bergen laut Greenpeace die Chance, weltweit bis 2030 aus der Atomkraft und bis 2040 aus der Kohle auszusteigen — mit Projekten wie Desertec schon deutlich früher.
In Deutschland sind wir aber viel weiter.

„Ein Ausstieg aus der Kernenergie ist bei uns bis 2015 möglich. Bis dahin hat Desertec natürlich nur einen sehr kleinen Anteil an der Entwicklung, die erneuerbaren Energien insgesamt können aber bereits die Atomkraft ersetzen“

so Böhning.

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Was bringt es den Wüstenregionen?
Desertec versichert, Vertreter aus Afrika und dem arabischen Raum seien in die Planung eingebunden, das Projekt sei auch für diese Länder eine „Riesenchance“.
Hilfswerke warnen:

„Die Leute müssen Zugang zum Solarstrom erhalten und von den Einnahmen profitieren“

forderte gestern Anika Schroeder von Misereor.

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Was bringt es uns?
Wenn alles gut geht, entwickeln sich solche Projekte zur Jobmaschine für Deutschland.
„Wir sind weltweit Marktführer“, so Böhling.
Nach einer Greenpeace-Studie würden Bau und weltweite Nutzung dieser Technologien 250,000 Jobs in deutschen Unternehmen schaffen. Der Solarexperte Hermann Scheer bezeichnet die Desertec-Pläne als Fata Morgana. Kritiker verweisen auf konkurrenzfähige kleinteilige Lösungen in Deutschland.
Wer hat recht?

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Anmerkung
Wenn man etwas von Jobmaschine und 250,000 Jobs hört, sollte man zunächst die Frage erheben, mit welchen Subventions-Erwartungen hier gepokert wird!

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Operation Wüstenstrom – Das Milliardengeschäft

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