„Eigentlich!“

Deutsche Steuerzahler sollen Altlasten der europäischen Pleite-Banken schlucken

Griechenland und Irland wollen die Milliarden-Schulden für die geretteten Banken heimlich in den ESM verschieben. Das könnte auch Spanien und Zypern gefallen. Damit würden den europäischen Steuerzahlern die Altlasten der Pleite-Banken untergejubelt.

Finanzminister Schäuble sieht diese Möglichkeit „eigentlich“ nicht.
„Eigentlich“ ist ein sehr gefährliches Wort in der Euro-Krise.

Seit Juni vergangenen Jahres ist es möglich, Banken direkt über den ESM zu rekapitalisieren. Dem hat auch der Bundestag zugestimmt. Strittig ist jedoch, ob auch Altlasten der Banken vom ESM übernommen werden. Griechenland und Irland drängen indessen darauf, die bisher über den Staatshaushalt geflossenen Summen rückwirkend auf den ESM „umzubuchen“.

In einer Rede am vergangenen Donnerstag anlässlich des Parlamentarischen Abends der Bundesbank Hauptverwaltung in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in Hamburg warnte Bundesbankpräsident Jens Weidmann vor einer Vergemeinschaftung der Altlasten der Bankschulden.

Insbesondere bezog sich Weidmann auf die bevorstehende Bankenunion und betonte, Altlasten in den Bankbilanzen müssten vorher mit Hilfe einer gründlichen und strengen Überprüfung identifiziert werden. Da der Kapitalbedarf unter nationaler Aufsicht entstanden ist, sollte er auch auf nationaler Ebene bereinigt werden – von den jeweiligen Heimatländern der Banken. Alles andere ginge mit einem Transfer einher und sollte dann auch als solcher offengelegt werden. Es dürfe nicht zu einer heimlichen Vergemeinschaftung von Bilanzrisiken unter dem Deckmantel der Bankenunion kommen, so Weidmann.

Unterdessen drängt Griechenlands Finanzminister Stournaras darauf, die bereits für die Bankenrettungen des Landes bewilligten 50 Milliarden Euro aus dem „Rettungsfonds“ EFSF – wovon bisher bereits 39 Milliarden Euro abgerufen wurden, rückwirkend auf den ESM umzubuchen, berichtet das Handelsblatt.

Hintergrund ist, dass die Summe dem griechischen Staat zur Verfügung gestellt wurde und den Haushalt direkt belastet. Sollte der entsprechende Betrag rückwirkende auf den ESM „umgebucht“ werden, entlastete dies den griechischen Staatshaushalt und damit dessen Schuldenstand, würde im Gegenzug jedoch „europäisiert“ und dem Steuerzahler aufgebrummt. Deutschland haftet beim ESM (wie auch bei den „Rettungsfonds“ EFSF und EFSM) jeweils mit etwa 27 Prozent.

Auch Irland, das seit November 2010 mit bisher 67,5 Milliarden Euro aus dem „Rettungsfonds“ EFSF gestützt wird, möchte gern die Altlasten der Banken von etwa 30 Milliarden Euro rückwirkend auf den ESM abladen. Dadurch würden sich die Refinanzierungskosten des Landes auf dem Anleihemarkt enorm vergünstigen. Das Land möchte sich nach Auslaufen des „Rettungsschirms“ EFSF zum Jahresende wieder am internationalen Markt finanzieren.

Demnach erhebt sich die Frage ob nicht auch Spanien in den Genuss einer „rückwirkenden Umbuchung“ kommen möchte. Dem Land wurden im Juni vergangenen Jahres 100 Milliarden Euro zur Bankenrettung aus dem ESM zugesprochen, wovon aktuell 41,4 Milliarden Euro abgerufen sind. Diese Summe kam zwar direkt vom ESM, wurden jedoch dem spanischen Bankenrettungsfonds FROB zugeleitet, wofür (aktuell) der spanische Staat haftet. Im Grunde sind auch diese bisher abgerufenen 41,4 Milliarden Euro sozusagen als Altlasten der spanischen Banken zu verstehen.

Und auch Zypern, das zur Refinanzierung seiner Banken von den zugesagten 9 Milliarden Euro aus dem ESM bisher drei Milliarden Euro erhalten hat, dürfte nicht hinten anstehen wollen.

Die Frage der rückwirkenden Finanzierung der Altlasten der Banken in der Peripherie ist gesetzlich nicht geregelt. Die Statuten des ESM geben es schlicht nicht her (mehr hier).

Darauf reagierte am Montag auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Doch sein Dementi klingt, wenn man die Usancen der Euro-Rettung kennt, wie eine gefährliche Drohung. Schäuble sagte: „Die Chancen einer rückwirkenden Bankenrekapitalisierung sehe ich eigentlich nicht als gegeben.“ Ein solches Hilfsinstrument gebe es bisher auch nicht, berichtet Reuters.

Eigentlich nicht.

Denn bisher hatten die Finanzjongleure der Eurozone stets eine kreative juristische Lösung gefunden.

Vor allem werden mittlerweile im Monats-Takt alle Vereinbarungen und Gesetze gebrochen, die in der Euro-Zone eigentlich gelten sollten.

Eigentlich.

Der Bundestag hatte im Juni 2012 einer Kapitalisierung der Banken über den ESM zugestimmt. Verteilungen und Zuordnungen bestimmt ausschließlich der Gouverneursrat. Dieses Gremium ist niemandem verantwortlich, unterliegt keiner Jurisdiktion und ist an keinerlei Transparenz-Vorschriften gebunden.

Der deutsche Vertreter im ESM ist der Bundesfinanzminister. Ihm obliegt eine – wenn auch minimale – Berichtspflicht gegenüber dem Haushaltsausschuss. Er muss lediglich die Stellungnahme des Haushaltsausschusses mit einbeziehen.

Die Abgeordneten werden zum ESM gefragt, wenn eine Aufstockung der bisherig geregelten Haftungssumme Deutschlands von 190 Milliarden Euro ansteht.

Sonst nicht.

Artikel 25 des ESM-Vertrags verpflichtet Deutschland, im entsprechenden Fall die Kapitaleinzahlungen von Ländern zu übernehmen, die ihren Anteil nicht einzahlen können. Dieser Artikel geht möglicherweise im „Verlustfall“ dem Artikel 8 vor, der die deutsche Kapitaleinlage auf 190 Milliarden Euro beschränkt.

Sinn der Übung ist, dass die Kapitaleinzahlungen Deutschlands in den ESM nur bedingt den Maastricht-Schuldenstand erhöhen: „Kredite, die in der Zukunft vom ESM vergeben werden, haben keinen Einfluss auf die nationalen Schuldenstandsquoten der Geberländer“ lautet es im Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums.

Es handelt sich also um ein Beispiel von äußerst kreativer Buchführung: Die Schulden werden so lange hin- und hergebucht, bis sie am Ende bei denen landen, von denen man glaubt, dass sie sie am ehesten bezahlen können.

Das ist bei der Euro-Rettung immer der europäische Steuerzahler.

Der deutsche Steuerzahler ist stets mit 27 Prozent der Gesamtsumme dabei.

Kredite sind beim ESM und nicht bei den Mitgliedstaaten schuldenstandswirksam, da dieser von Eurostat als internationale Finanzinstitution eingeordnet wird, heißt es dazu aus dem Finanzministerium auf Rückfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Die von EFSF und ESM ausgereichten Garantien sind allgemein weder schuldenstands- noch defizitwirksam. Bei Abruf kann es allerdings zu defizit- und schuldenstandswirksamen Effekten kommen.

Dann ist der Bundeshaushalt gefragt, den eigentlich der Deutsche Bundestag als Königsrecht der Souveränität beschließen sollte.

Mit dem ESM haben sich die Euro-Retter also ein Vehikel geschaffen, dass es ihnen ermöglicht, Transaktionen so vorzunehmen, dass der Deutsche Bundestag nur Zuseher ist.

Die Bundestagsabgeordneten, die seinerzeit alternativlos und mit Begeisterung ihrer eigenen Entmachtung zugestimmt hatten, wollten eigentlich stets mitreden.

Eigentlich.

Erstveröffentlichung DWN


Übersicht der Target-Salden nationaler Zentralbanken im Eurosystem

Übersicht der Target-Salden nationaler Zentralbanken mit dem Eurosystem
in Mrd. € – Kenntnis-Stand 08.12.2016

Staat Stand Target-Saldo in Mrd. €
 Belgien 31.10.2016 1,5
 Deutschland 30.11.2016  754,05
 Estland 31.10.2016 0,90
 Finnland 31.10.2016 57,80
 Frankreich 31.10.2016 – 36,09
 Griechenland 31.10.2016 – 72,70 (!)
 Irland 31.10.2016 – 2,5
 Italien 31.10.2016 – 353,94 (!)
 Luxemburg 31.10.2016 169,0
 Malta 31.10.2016  0,6
 Niederlande 31.10.2016 99,6
 Österreich 31.10.2016 – 30,81
 Portugal 31.10.2016 – 69,4
 Slowakei 31.10.2016 – 4,1
 Slowenien 31.10.2016 0,6
 Spanien 31.10.2016 – 313,62
 Zypern 31.10.2016 5,5

Quellen: CESifo GmbH – Nationale Zentralbanken; IMF (International Financial Statistics) – eigene Recherchen

Sobald es neue Zahlen gibt, werden diese mit dem jeweiligen Stand hier eingepflegt
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ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE
EUROPÄISCHE ZENTRALBANK
LEITLINIE DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK
vom 26. April 2007
über ein transeuropäisches automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Zahlungsverkehrssystem
(TARGET2)

PDF – [70 Seiten]

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Auslandsposition der Bundesbank seit Beginn der EWU aus TARGET2

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Ihr Oeconomicus

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Nachtrag
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Prof. Sinn im Dialog – 29.09.2013

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Prof. Hans-Werner Sinn:
„Die Target-Falle“: So wurden die Euro-Retter erpressbar
Quelle: FAZ
Literatur-Hinweis:
Sinn:
„Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder“
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follow-up, 14.04.2015
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Target2-Salden senden Warnsignale
Wie soeben bekannt wurde, sind die Target2-Verbundlichkeiten der griechischen Zentralbank im Vergleich zum Vormonat stark angestiegen: sie betragen nun 91,15 Milliarden Euro, im Vormonat lagen sie noch bei 76 Milliarden Euro.
Gleichzeitig stiegen die Target2-Forderungen der Bundesbank auf 531,70 Milliarden Euro, im Vormonat waren es noch 513,36 Milliarden Euro.
Diese Daten basieren auf dem Quartalsbericht der EZB. Damit bestätigt sich der seit Mitte 2014 wieder aufgenommene Trend: die Verbindlichlichkeiten der griechischen Notenbank steigen stark, ebenso die Forderungen der Bundesbank – zuvor waren seit dem “Draghi-Schwur” im Juli 2012 die Target2-Verbindlichkeiten der griechischen Zentralbank konstant rückläufig gewesen.
Das bedeutet: der Stress durch Ungleichgewichte im System steigt.
[…]
Markus Fugmann – Finanzmarktwelt
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follow-up, 09.04.2015
Kapitalabfluss aus Italien erreicht im März netto 27 Milliarden Euro
Aus Italien sind im März netto 27 Milliarden Euro Kapital abgeflossen. Das geht aus einer Veröffentlichung der Banca d’Italia hervor, wie das ifo Institut am Donnerstag berichtete. „Dahinter könnten auch spekulative Auslandsüberweisungen der italienischen Banken stehen, die das Geld, das ihnen durch die Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank im Rahmen des QE-Programms zugeflossen ist, nun außerhalb Italiens anlegen“, erklärte dazu ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.
Damit setzt sich der Prozess fort, der schon im August 2014 in Erwartung des QE-Programms begonnen hatte. Nur im Oktober 2014 und im Januar 2015 gab es zeitweise begrenzte Rückflüsse. Insgesamt stehen die italienischen Target-Überziehungskredite, mit dem das Eurosystem solche Kapitalabflüsse ermöglichte, nun bei 192 Milliarden Euro.
Wohin das Geld aus Italien überwiesen wurde, sei noch nicht klar, fügte Sinn hinzu. Ein mögliches Zielland sei Deutschland. So habe die Bundesbank erklärt, dass ihre eigenen Forderungen gegenüber dem Eurosystem im März um reichlich 18 Milliarden Euro gestiegen sind und nun bei 532 Milliarden Euro liegen. In diesem Umfang hat die Bundesbank den anderen Euro-Notenbanken Überziehungskredite über das Target-System gewährt. Die Target-Forderungen können nicht fällig gestellt werden, und sie werden im Eurosystem im Gegensatz zum Notenbankensystem der USA auch nicht getilgt. Sie werden nur mit 0,05 Prozent verzinst.
Target-Schulden entstehen automatisch aus Überziehungskrediten, die andere Notenbanken gewähren, indem sie Zahlungsaufträge ausführen, ohne dass es zu entsprechenden Gegengeschäften kommt. Diese Zahlungsaufträge werden vornehmlich privat verursacht. Sie dienen der Tilgung von Schulden im Ausland, dem Erwerb ausländischer Vermögenstitel oder auch dem Erwerb ausländischer Güter.
Pressemitteilung CESifo
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follow-up, 07.04.2015
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Griechenland, QE und die Target-Salden
Target-Salden als Krisenbarometer
Griechenland: Neue Vertrauenskrise
Italien: Deleveraging der Banken
QE und Target-Salden: Eine komplementäre Beziehung?
Working Paper Nr. 184 – Michael Heise, Arne Holzhausen – ALLIANZ [PDF – 11 Seiten]
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follow-up, 06.02.2015
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Rekordanstieg der deutschen Target-Forderungen
Die Target-Forderungen der Deutschen Bundesbank gegenüber dem Eurosystem haben im Januar deutlich um 54 Mrd. Euro auf 515 Mrd. Euro zugenommen. Es handelt sich damit um einen der größten Anstiege seit Ausbruch der Finanz- und Eurokrise; nur im September 2011 und im März 2012 waren die Zunahmen mit 59 Mrd. bzw. 69 Mrd. noch größer.
„Dahinter verbirgt sich aller Wahrscheinlichkeit nach eine massive Kapitalflucht aus Griechenland“
erklärt ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Ausländische Investoren und griechische Vermögensbesitzer dürften ihr Kapital aufgrund der mit dem Wahlausgang gestiegenen Unsicherheit über die Zahlungsfähigkeit Griechenlands und den Verbleib des Landes in der Währungsunion ins sichere Ausland gebracht haben.
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Interessanterweise sind die italienischen Targetdefizite im Januar um 44 Mrd. gefallen. Es scheint also auch eine Kapitalflucht nach Italien gegeben zu haben, obwohl es im zweiten Halbjahr 2014 massive Kapitalexporte aus Italien gegeben hatte.
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„Um ihr Geschäft fortführen zu können, beschaffen sich die vom Kapitalabzug betroffenen griechischen Kreditinstitute die fehlende Liquidität über Refinanzierungskredite von der griechischen Zentralbank. Ohne diese Liquidität fände die Kapitalflucht rasch ihre Grenze durch die Insolvenz der Banken“
sagt Sinn. In diesem Zusammenhang verweist er auf den gerade beschlossenen Ersatz der bisherigen Refinanzierungskredite, die im Übermaß in Anspruch genommen worden waren, durch die neuen Notfallkredite im Umfang von 60 Mrd. Euro. Das frisch gedruckte Geld wird über das Zahlungsverkehrssystem „Target“ des Europäischen Zentralbankensystems unter anderem an deutsche Kreditinstitute überwiesen, wodurch die Target-Forderungen der Deutschen Bundesbank ansteigen.
„Die Hilfen der EZB dienen also dazu, den Vermögenseigentümern Griechenlands und ausländischen Anlegern die Flucht zu erlauben. Der Sachverhalt ist einer Konkursverschleppung im Privatrecht ähnlich“
ergänzt Sinn.
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Da es nicht Aufgabe der Steuerzahler Europas sein kann, griechischen und ausländischen Kapitalanlegern die Flucht zu ermöglichen, sollte die Gegenfinanzierung durch die EZB sofort hart begrenzt werden. Dann ist Griechenland gezwungen, Kapitalverkehrskontrollen einzuführen, um die Banken zu retten. Diesen Schritt hat man in Zypern im Frühjahr 2013, ein Jahr zu spät, durchgeführt. Auf diese Weise gelang es der zyprischen Notenbank im Jahr 2012, ein halbes Sozialprodukt aus der Druckerpresse zu ziehen, um ausländischen und einheimischen Anlegern die Flucht zu finanzieren. Diesen Fehler darf die EZB nicht wiederholen.
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Pressemitteilung CESifo
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Gespaltenes Euro-Europa – Nord gegen Süd?

Kritik an Deutschland in der EU

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Das Bild vom hässlichen Deutschen, der dem übrigen Europa sein Wirtschaftsmodell aufzwingt: In vielen Nachbarländern droht die Wut der Straße zur offiziellen Politik mit antideutschen Zügen zu werden. Die ständig geschürten Vorurteile gefährden das Fundament der EU.
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Kommentar von Martin Winter, Brüssel
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Euro-Europa: Nord gegen Süd?
Die Rettung Zyperns in letzter Sekunde zeigt vor allem eines: Europa ist tief gespalten.
Die Geberländer – allen voran Deutschland – trauen den Nehmerländern nicht. Und die Zyprer fühlen sich von den mächtigen Rettern überrannt. Und die Wut entlädt sich vor allem gegen Deutschland.
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Ein bitteres Oster-Ei –

Die verblüffend lange Spur der Konto-Grabscher

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So ist das an Ostern im Jahr vier nach der Finanzkrise: Die einen suchen Eier, die anderen suchen Einnahmen. Die Konto-Grabscher schieben weltweit an den Feiertagen Überstunden. In der Eurozone sowieso. Aber auch an vielen anderen Orten dieser hoch verschuldeten Welt.
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Wir wissen inzwischen: Zypern IST die Blaupause für alle weiteren Bank-Sanierungen. Und zwar von Ottawa über Wellington bis hin nach Washington, D.C.
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Der aktuelle Beweis: Der niederländische EZB-Vertreter Klaas Knot hat an den Feiertagen bestätigt, dass die Konfiszierung von privaten Bank-Guthaben künftig integraler Bestandteil der „europäischen Liquidierungs-Politik sein“ wird.
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Den Bankraub der Troika und der mit dem Rücken zur Wand stehenden (aber offenbar mit Vorzugs-Krediten versehenen) Regierung in Zypern war also kein Einzel- oder Spezial-Fall.
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Das machen auch die beinahe schon historischen Papiere deutlich, die in den vergangenen Tagen von verschiedenen Bloggern, zum Beispiel Ellen Brown bei Truth Dig, ausgegraben wurden.
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Eines davon ist ein gemeinsames Positions-Papier der US-Einlagensicherung FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) und der Bank of England – siehe gleich folgender Textauszug hier im Blog-Eintrag. Das Papier stammt vom 10. Dezember 2012.
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Es basiert im wesentlichen auf einem Beschluss, der bis ins Jahr 2009 zurück geht. Damals, im April, schuf Oabama das neue Financial Stability Board (FSB).
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Und die G20 – ebenfalls im April 2009 -segneten die erweiterten Befugnisse des FSB gegenüber dem Vorgänger Financial Stability Forum ab und koppelten es personell an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.
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Ellen Brown beschrieb dies in einem Beitrag am 22. Juni 2009 so:

“That helps explain the alarm bells that went off among BIS-watchers when the Bank was linked to the new Financial Stability Board (FSB) President Obama signed onto in April. When the G20 leaders met in London on April 2, 2009, they agreed to expand the powers of the old Financial Stability Forum (FSF) into this new Board. The FSF was set up in 1999 to serve in a merely advisory capacity by the G7 (a group of finance ministers formed from the seven major industrialized nations). The chair of the FSF was the General Manager of the BIS.

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The new FSB has been expanded to include all G20 members (19 nations plus the EU). The G20, formally called the “Group of Twenty Finance Ministers and Central Bank Governors,” was, like the G7, originally set up as a forum merely for cooperation and consultation on matters pertaining to the international financial system. But its new Financial Stability Board has real teeth, imposing “obligations” and “commitments” on its members.”

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Der britische Guardian beschrieb damals im April 2009 sehr detailliert die Funktionen des neuen Financial Stability Board:
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“The FSB will include all G20 countries, Spain and the European Commission. The body aims to identify problems in the financial system and oversee action to address them. The Financial Stability Forum is chaired by Mario Draghi, governor of the Bank of Italy. The secretariat is based at the Bank for International Settlements’ headquarters in Basel, Switzerland.”

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Mit dieser Steilvorlage versehen machten sich dann einige Regierungen frisch ans Werk und bereiteten in Gesetzes-Entwürfen das vor, was jetzt in immer mehr Hauptstädten der Welt aus den Schubladen gezogen wird.
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Der Zusammenhang ist simpel: Zypern hat die Blaupause geliefert, der Damm ist gebrochen. Jede Regierung, die jetzt solche Maßnahmen einführt, ist “nur noch” Nachahmer. Die Troika und der Präsident von Zypern werden offiziell als die Barbaren in die Geschichte eingehen, die den ersten Fall schmiedeten.
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Jetzt können sich alle Regierungen aus ihrer Ecke trauen und fleißig grabschen. – Zum Beispiel in Neuseeland. Die Regierung in Wellington betreibt jetzt einen Vorstoß, der sich am Zypern-Deal orientiert.
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Finanzminister Bill English bezeichnet das Konfiszierungs-Modell als Open Bank Resolution. Dieser Wortgebrauch dürfte sich als Standard-Bezeichnung künftig durchsetzen, ist er doch so herrlich verharmlosend und technisch neutral.
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Ich bezeichne die Methode weiterhin als das, was sie ist, ein Bankraub. Einer, der – wie man jetzt in Zypern immer deutlicher sieht – so abläuft:
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Die ganz kleinen Bankkunden, die sonst mit der Heugabel ausrücken würden und die Masse der Wählerstimmen ausmachen, werden verschont.
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Die Reichen erhalten Vorab-Informationen und machen sich – wie in der vergangenen Woche trotz “geschlossener” Banken auf Zypern sichtbar – in Ruhe aus dem Staub.
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Die in der Mitte erwischt es. Darunter sind viele, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben und nicht drei Mal im Jahr in Urlaub fuhren, sondern für die Enkel sparten.
Sorry, Jungs.
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Darunter sind auch viele Gründer von kleinen und mittleren Firmen. Das sind die “Deppen”, die trotz aller widrigen Umstände jeden Tag schuften, bis sie ins Bett fallen, und die Jobs schaffen, um Menschen zu beschäftigen, anstatt sie als beliebige Kostenblöcke zu betrachten, die bei Bedarf zur Steigerung der Rendite aus dem Fenster geworfen werden.
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Hier kommt noch ein Auszug aus dem 15 Seiten langen Papier der US-Einlagensicherung und der Bank of England mit dem Titel “Resolving Globally Active, Systemically Important, Financial Institutions.”
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Darin heißt es weiter:
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“An efficient path for returning the sound operations of the G-SIFI (Systemically Important Financial Institutions) to the private sector would be provided by exchanging or converting a sufficient amount of the unsecured debt from the original creditors of the failed company into equity. In the U.S., the new equity would become capital in one or more newly formed operating entities. In the U.K., the same approach could be used, or the equity could be used to recapitalize the failing financial company itself—thus, the highest layer of surviving bailed-in creditors would become the owners of the resolved firm.”

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Eine weitere Regierung, die sich in den vergangenen Wochen und Tagen schwer bemüht hat, die nötigen Vorbereitungen für das neue Sanierungs-Modell – “Aus geplünderten Einlagen mach Schrott-Aktien” – in den Umlauf zu bringen, ist die in Kanada.
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Dort hat Finanzminister Jim Flaherty am 21. März dem Parlament (House of Commons) den neuen “Jobs Growth And Long-Term Prosperity Economic Action Plan 2013” vorgelegt (siehe die beiden folgenden Screenshots).
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Auch hier haben wir ein Namens-Monstrum, dessen Überschrift und Umfang Leser wirksam abschrecken, und das auf Seite 145 zuverlässig seinen brisantesten Satz versteckt – siehe letzter Screenshot am Ende dieses Textes.
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Genau so wie jetzt mit den Bankeinlagen wird in ein paar Jahren auch mit unseren Renten verfahren. Die nötigen Papiere liegen sicher bereits in den Schubladen, denn die Defizite in den Renten- und Pensions-Kassen haben atemberaubende Größenordnungen erreicht.
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Die verheerende – und weiter wachsende – Schieflage dieser Kassen ist ebenfalls ein systemisches Risiko und muss begradigt werden.
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Aus unseren Rentenansprüchen werden dann über Nacht irgendwann Staatsanleihen mit Kursen von 30-40% des Nominalwertes. Die Verzinsung bleibt freilich ausgesetzt, bis die Staatsfinanzen saniert sein werden, irgendwann in der übernächsten Generation vielleicht.
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Quelle: Markus Gaertner
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Danke, lieber Markus!
Die Aufregung über die von Guthaben-Konten und nicht in Anspruch genommenen Krediten abgezockten Zwangsabgaben ist mehr als berechtigt.
Dabei wird allerdings vergessen, dass solche Maßnahmen, die auf den Kontoauszügen ablesbar sind, im Ergebnis nichts anderes darstellen, als nach hinten geschobene Renteneintritts-Alter, Lohnkürzungen und Erhöhungen von Verbrauchssteuern … etc.pp!
Bleibt die Frage, wer diesem skrupellosen Spiel ein Ende setzen könnte?

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Ihr Oeconomicus


Steuerparadiese – wo Geld in Ruhe „arbeiten“ kann

21.000 Milliarden in Steueroasen

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Informative Bestandsaufnahme über eine hocheffiziente und weltweit agierende Finanzindustrie, die im Zuge der Debatten um den wahrscheinlichen Bail-out für Zypern erneut in den Focus gerät.
Neben den mehr oder weniger bekannten Steuerparadiesen werden manche europäischen „Tax-Heavens“ oft vergessen!
Wer weiß schon, dass sich bspw. Bulgarien mit seinen niedrigen Unternehmenssteuersätzen immer mehr zu einer Steueroase für Unternehmen seiner Nachbarländer entwickelt hat?
Zusammen mit Zypern und Ungarn weist das Land eine der niedrigsten Steuerlasten innerhalb der EU auf.
Inzwischen haben 272 rumänische und 2072 griechische Unternehmen ihren Sitz nach Bulgarien verlegt. Die Unternehmen profitieren von einem niedrigen Körperschaftssteuersatz, der in Bulgarien bei nur zehn Prozent liegt. In Rumänien liegt dieser Steuersatz dagegen bei 16 und in Griechenland bei 25 Prozent.
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Mit offenen Karten: Steueroasen (ARTE)
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Steueroase Dubai
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Steuerparadies Jersey
Rauhe Winde wehen auf Jersey doch die Insel ist vor allem bekannt als Steuerparadies. Jersey ist einer der reichsten Orte der Welt. Von der Piratenhochburg zur Steueroase.
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Steuerhinterziehung de Luxe
Wie Schweizer Banken deutsche Millionäre in den Betrug locken – REPORT MAINZ, 1.3.2010 | 5:49 min
(nur über die SWR-Webseite aufrufbar)
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Steuerhinterziehung de Luxe – Report MAINZ – Teil 2/h5>
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Singapur: Steueroase und Anlageparadies für Reiche
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Steuerparadies Seychellen
Die Seychellen sind ein Steuerparadies – und sie stehen auf keiner grauen oder schwarzen Liste der OECD.
ARTE TV
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Beitrag nicht mehr auffindbar

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Zypern: Wie Steueroasen mitten in Europa existieren
Zypern hat Finanzhilfen bei der EU beantragt. Damit sollen indirekt die europäischen Steuerzahler ausgerechnet den Staat retten, der für viele Steuerflüchtlinge schon seit Jahren eine Steueroase ist.
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Hintergründe und Quellenverzeichnis

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Tax Justice Network
THE PRICE OF OFFSHORE REVISITED

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Estimating the Price of Offshore

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Oct 2012 – Over $800 billion drained from Sub Saharan Africa. Original here.
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Oct 2012 – Over $450 billion drained from North Africa. Original here.
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Nov 2011 – A briefing paper on the $3.1 trillion annual costs of tax evasion worldwide. With country by country breakdown. Original here.
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July 22, 2012, 10am BST
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Pre-launch update, July 22: Updated estimates of data for the top 50 private banks: click here. These update and replace the relevant tables in the main report. The main change is that the ranking changes slightly, but the final figure for total offshore assets remains approximately the same.
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Update 2, July 22: Pre-launch Coverage in The ObserverFront page article; longeroverview, and related articles on private banking, editorial on banking secrecy.
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MAIN REPORT 1 – The Price of Offshore Revisited: TJN’s in-depth and unprecedented study into the size of the offshore system.
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MAIN REPORT 2 – Inequality: You don’t know the half of it: TJN’s assessment of why inequality is much worse than we think
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Appendix 1: The pre-history of offshore estimates
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Appendix 2Explaining Capital Flight
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Appendix 3: Key charts

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Raw data and other documents will be uploaded in due course.
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Updates
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August 9, 2010 – Interview with James Henry, author of the Price of Offshore. Originals here and here.
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Ein gefährliches Buch: Schatzinseln
Wie Steueroasen die Demokratie untergraben
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United Nations Office on Drugs and Crime
Illicit money: how much is out there?
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Verein für Finanzgeschichte (Schweiz und Fürstentum Liechtenstein)
Robert U. Vogler, Das Schweizer Bankgeheimnis: Entstehung, Bedeutung, Mythos
PDF [116 Seiten]
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US Homeland Security & Governmental Affairs
Tax Havens and Abusive Tax Schemes
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These Islands Aren’t Just a Shelter From Taxes
New York Times, 5. Mai 2012
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ExxonMobil Spain beschäftigt einen Angestellten
Mit einem Jahresgehalt von 44.000 Euro verschafft er dem Ölkonzern einen steuerfreien Gewinn von 5 Milliarden dank eines Steuerschlupflochs
Telepolis
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Transfer pricing: Keeping it at arm’s length
OECD Observer
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Why Tax Havens Are a Blessing
CATO Institute
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The Liberalizing Impact of Tax Havens in a Globalized Economy
THE NASSAU INSTITUTE – Video-Vortrag von Dr. Dan Mitchell
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Downloads: 822

Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism
Mutual Evaluation Report of Germany – PDF [386 Seiten]
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Juncker tritt Ende Dezember ab

Rücktritt des Euro-Gruppen-Chefs: Juncker tritt Ende Dezember ab
Jean-Claude Juncker gibt das Amt des Euro-Gruppen-Chefs auf. Der luxemburgische Regierungschef kündigte beim Finanzministertreffen in Brüssel an, seinen Posten zu räumen. Gleichzeitig gibt der Euro-Rettungsfonds ESM knapp 40 Milliarden Euro an spanische Banken aus.
SZ
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Anmerkung
Niemand wird ihm eine Träne nachweinen. Als Anerkennung seiner ‚Leistungen‘ könnte man ihn zum Abschied mit einem hübschen Ohrfeigen-Applet beschenken. 

Ihr Oeconomicus


Zypern könnte 17,5 Milliarden Euro benötigen

Zypern könnte 17,5 Milliarden Euro benötigen
Der finanzielle Bedarf der zypriotischen Regierung scheint größer zu sein als ursprünglich kommuniziert. Nachdem zuvor von Hilfsgeldern in Höhe von zehn Milliarden die Rede war, stehen nun 17,5 Milliarden Euro im Raum.
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HandelsblattLeserkommentare
weitere Info’s und Hintergründe (insbes. welche Kunden von der zypriotischen Banken-Rekapitalisierung profitieren) in der Kategorie Zypern.