Die Selbstbedienung der Mitte im Jetzt

Die Selbstbedienung der Mitte im Jetzt
Warum fällt es dem Staat so schwer, Haushaltsdisziplin zu halten? Schuld an den Schulden ist vor allem die Mittelschicht. Sie klagt zwar gerne laut, aber um ihre Stimmen buhlt die Politik mit Rentengarantien oder dem Verzicht auf Studiengebühren. So ist sie letztlich der Gewinner des intransparenten
Umverteilungswettbewerbs.
Diskussionspapier von Axel Börsch-Supan – PDF [8 Seiten]

Die Lehman-Lüge

Die Lehman-Lüge

Der Fall von Lehman hat Kapital und Vertrauen vernichtet, die Welt, wie wir sie kannten. Sagen deutsche Politiker und Bankbosse. Das ist die Unwahrheit, und sie wissen es. Die Pleite am 15. September 2008 war nicht der Auslöser der Entwicklung. Die deutschen Finanzhäuser gerieten schon Jahre zuvor in Schieflage.

Das Dossier

Die Taschenspieler-Tricks

Leistungsgestörte Kredite verbriefen

Ende des Versteckspiels

Auszüge

Politische Chronik einer angekündigten Katastrophe: Den verantwortlichen Bundes- und Landespolitikern waren die faulen Kredite der Banken schon lang bekannt. Sie hätten die deutschen Banken rechtzeitig krisenfest machen können. Stattdessen förderten sie den Verbriefungswahn.

30. Juni 2000
Die Commerzbank gründet auf der Insel Jersey ihre erste Zweckgesellschaft, um faule Hypotheken im Wert von fünf Milliarden Euro zu verstecken.

7. Juni 2002
Das EU-Parlament verabschiedet eine Verordnung, die von den Banken verlangt, dass sie die Geschäfte der Zweckgesellschaften (Conduits) in der Bilanz ab 2005 komplett publizieren. Die Banken entwickeln neue Bilanzkniffe mit Firmen, die zum Schein im Eigentum von Treuhändern stehen. Die Aufsicht akzeptiert.

16. Februar 2003
In Berlin treffen sich Bundeskanzler Schröder, Wirtschaftsminister Clement und Finanzminister Eichel mit den Spitzen der Finanzindustrie zum Krisengespräch über die Schieflage der Banken. Vor allem HVB, Dresdner und Commerzbank gelten als gefährdet. Josef Ackermann bringt die Idee einer Bad Bank ins Spiel.

20. Februar 2003
Die Dresdner Bank gründet eine „Institutional Restructuring Unit“. Die Einheit soll „ausfallgefährdete und strategisch unwichtige“ Darlehen aufnehmen – eine heimliche Bad Bank. Die Einheit übernimmt zunächst Forderungen im Wert von 17 Milliarden Euro. Geplant ist ein Topf mit bis zu 30 Milliarden Euro fauler Kredite.

Juni 2003
Konspirativ arbeiten Staatssekretär Caio Koch-Weser und Topbanker an einer eleganten Verbriefungslösung. So umgehen sie die Bad-Bank-Debatte.

19. September 2003
Die Hypo Real Estate wird von der HypoVereinsbank (HVB) abgespalten – als Bad Bank der HVB für Schrottimmobilien und verbriefte US-Hypotheken. Sie kündigt den Börsengang an. Ratingagenturen bewerten die Finanzstärke als miserabel und riskant. Die Aufsicht genehmigt den Börsengang trotzdem.

30. Januar 2004
Im Auftrag der Bundesregierung legt die Boston Consulting Group eine Studie zur Einführung eines deutschen Verbriefungsmarkts vor, insbesondere für notleidende Darlehen. Die Prüfer sehen bei deutschen Banken „einen hohen Anteil an leistungsgestörten Krediten“. Die Studie bringt Fahrt in das große Versteckspiel der Banken.

30. April 2004
13 deutsche Banken gründen die Verbriefungsinitiative TSI – über Stiftungen werden steuerbefreite Briefkastenfirmen in Deutschland ermöglicht.

8. November 2004
Die Landesbanken WestLB und Nord/LB gründen eine Firma zur Verbriefung notleidender Kredite. Sie wollen diese Darlehensverträge, deren Zins- und Tilgungszahlungen seit 90 Tagen gestört sind, neu verpackt am Kapitalmarkt handeln. Deutsche Kredite im Wert von bis zu 300 Milliarden Euro gelten als notleidend.

11. Juli 2005
Im Auftrag der BaFin prüft KPMG die Sachsen LB. 30 Milliarden Euro liegen in Dublin. Eine transparente Dokumentation zur Risikoanalyse der Bank liegt nicht vor.

18. Juli 2005
Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) will sich nun auch mit Conduits am Kapitalmarkt finanzieren, vor allem mit verbrieften US-Hypotheken. Der LBBW-Kapitalmarktchef nennt das „konservativ“. Die Deutschen kommen viel zu spät: An der Wall Street laufen bereits die ersten Wetten gegen die Immobilienfinanzierer.

31. Oktober 2005
Das Land Nordrhein-Westfalen muss bei der WestLB fast eine Milliarde Euro Kapital nachschießen. WestLB-Chef Thomas Fischer sagt vor dem Landtag: „Soweit ich weiß, sind alle Risiken erkannt.“ Er will jetzt die „kritische Masse“ der Bank steigern – mit Investments in den USA.

18. November 2005
Die Große Koalition um Angela Merkel erhebt den Ausbau des Verbriefungsmarkts zum politischen Programm. Das Land würde damit wettbewerbsfähiger.

31. Dezember 2006
Die Sachsen LB baut mit ihren Dubliner Firmen die Deals mit US-Subprime-Hypotheken auf 45 Milliarden Euro aus, obwohl der Häusermarkt einbricht. Für lukrative Zinsmargen werden nun viel zu hohe Risiken genommen. „Die ganze Mathematik dieses Vehikels hat nicht mehr funktioniert“, resümiert Ex-Manager Sachsen LB.

6. Februar 2008
Die Bankenaufsicht BaFin ordnet eine Sonderprüfung bei der Münchner Hypo Real Estate (HRE) an. Die Bundesbank wird mit der Prüfung beauftragt. Beide sind elektrisiert, weil HRE-Chef Funke am 15. Januar offiziell erste Verluste meldete. Überraschen kann das nicht: Die Probleme der HRE sind längst bekannt.

15. März 2008
Die Bundesbank legt einen Zwischenbericht ihrer Sonderprüfung der HRE vor. Über acht Milliarden Euro Handelsgeschäft notieren die Prüfer, dass „der Bank eine eigene Bewertung der zugrunde liegenden Geschäfte nicht möglich ist“. Bundesbankchef Weber und Steinbrück reden weiter von „stabilen“ deutschen Banken.

2. Juli 2008
Bei der Bankenaufsicht BaFin liegt das Ergebnis der Sonderprüfung bei der Hypo Real Estate auf dem Tisch: 49 negative Feststellungen, davon zwölf gravierende.

15. September 2008
Die US-Regierung schickt Lehman Brothers in Insolvenz. Am gleichen Tag muss Merrill Lynch verkauft werden. Viel schlimmer: Zwei Tage später wird der Finanzkonzern AIG mit 85 Milliarden Dollar vom Staat gestützt. Eine AIG-Pleite hätte allein bei der Deutschen Bank zwölf Milliarden Dollar in die Konkursmasse geschickt.

16. September 2008
Der Tag danach, Finanzministerium. Die deutschen Banken „sind weit weniger labil“ als die US-Konkurrenz, erklärt Peer Steinbrück. Sie seien „wesentlich stabiler“.

25. September 2008
Steinbrück erklärt, ein Rettungspaket wie das der USA sei „in Deutschland oder Europa weder notwendig noch sinnvoll“. In den Tagen danach muss die Hypo Real Estate per Eilaktion gerettet werden. Bis heute hat sie mit 102 Milliarden Euro weit mehr Staatsgarantien und Beihilfen als der US-Geldgigant Bank of America erhalten.

5. Oktober 2008
Merkel und Steinbrück versprechen einen Rettungsplan für die Hypo Real Estate. Zunächst fließen 27 Milliarden Euro, später folgen weitere Kapitalspritzen.

8. Oktober 2008
Die Regierung gibt öffentlich eine Garantieerklärung für die Einlagen der deutschen Bankkunden ab. Eine luftige Deklaration: Damit würden die Steuerzahler für ihre eigenen Einlagen garantieren. Es bleibt bei der Rhetorik. Die Erklärung habe keinerlei Rechtsfolgen, gibt Staatssekretärin Nicolette Kressl zu.

11. Dezember 2008
Späte Einsicht: Erstmalig hört der Bundestag Experten zum geplanten Bilanzmodernisierungsgesetz. Alle sind sich jetzt einig, dass die Geschäfte der Zweckgesellschaften in den Jahresabschlüssen erscheinen müssen, auch wenn ein Treuhänder die Stimmrechte der Aktionäre hält. Das Gesetz tritt im Mai 2009 in Kraft.

„Die Weggucker
Promi-Aufsichtsräte und Aufseher waren stets zufrieden
Ein Staranwalt, der ehemalige Bundesbankchef und ein Spitzenbeamter aus dem Finanzministerium sind lebende Beispiele für das Versagen der Aufsichtsräte in den Problembanken.

Alexander Hemmelrath war seit 2002 Mitglied des Aufsichtsrats der Depfa Bank in Dublin, die im Oktober 2007 von der Hypo Real Estate übernommen wurde. Als Mitglied des Kompensationsausschusses ist der Staranwalt mitverantwortlich für die Managergehälter. Ihre Hochrisikodeals wurden fürstlich belohnt: Bis Ende 2007 erhielten sie Aktien im Wert von 171 Millionen Euro.

Hans Tietmeyer, ehemaliger Bundesbankchef, war seit 2002 Aufsichtsrat der Depfa in Dublin und 2008 sechs Monate Aufsichtsrat der Hypo Real Estate. Heute gibt er sich als Zweifler, er habe sich „natürlich sehr gefragt, woher die gesamte Krisensituation kommt“. Die Entwicklung zum Milliardengrab HRE habe er nicht verhindern können, weil er sich „nicht immer voll und adäquat informiert gefühlt“ habe.

Jörg Asmussen war ab 2003 als Abteilungsleiter und ab Juli 2008 als Staatssekretär im Finanzministerium für die Bankenaufsicht zuständig. Als Aufsichtsrat der Mittelstandsbank IKB trug er unmittelbar Verantwortung. Der Steinbrück-Vertraute hat das deutsche Verbriefungsgeschäft vehement vorangetrieben und sich gegen „unnötige Prüfpflichten“ eingesetzt.

New York, New Liberty Street, Dezember 2007.

Im Konferenzraum der Federal Reserve of New York treffen sich Finanzwissenschaftler und Notenbanker. Ein Vortrag offenbart, dass zwei Drittel der Refinanzierungsprogramme im Verbriefungsmarkt in Dollar aufgelegt sind, während 80 Prozent der Werte von europäischen Banken betrieben werden. „Who are those guys?“, fragt die Fed. Es sind Commerzbank, Dresdner, Deutsche, HSH Nordbank und neun Landesbanken.

Düsseldorf, Berliner Allee, Dezember 2007.

Prüfungssaison in den Banken. In einer Minibank, der Düsselhyp, übersteigt der Zinsaufwand den Zinsertrag um 700 Millionen Euro. Die Aufsichtsbeamten registrieren es unbekümmert wie Notare. Im April 2008 ist das Institut pleite. Auf Initiative der Aufsicht werden die Problemwerte in die Resba-Beteiligungsgesellschaft in Berlin ausgelagert – wieder eine Bad Bank. Zur Stützung bringen der Einlagensicherungsfonds und ein Bankenkonsortium 1,57 Milliarden Euro auf. Später fragt der Bundestagsuntersuchungsauschuss, welche Konsequenzen der Fall für die Risikoanalyse hatte. Klaus-Dieter Jakob, Münchner Regionalbereichsleiter der Bundesbank, erklärt: „Es gab aus meiner Kenntnis keine allgemeinen Schlussfolgerungen, die aus dem Fall der Düsselhyp gezogen wurden.“

„Hypo Real Estate
Notrettung ohne Plan
Für die überhastete Staatshilfe bluten heute die Steuerzahler

Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen ging erst im September 2008 in die Krisengespräche zur Rettung der Hypo Real Estate, obwohl die Probleme lang vorher bekannt waren. Weil er nicht früher handelte, war nicht mehr genug Zeit, eine Gläubigerkonferenz einzuberufen. Das hat den Banken und Versicherungen Zahlungen in Milliardenhöhe erspart. Denn vor einer drohenden Insolvenz müssen sich alle Großgläubiger eigentlich maßgeblich an der Rettung beteiligen, weil sie sonst den Totalverlust ihrer Forderungen riskieren. Eine dem Capital vorliegende Gläubigerliste zeigt die unbesicherten Forderungen, die im Falle der Pleite verloren gewesen wären:

Deutsche Kommunen und Länder: 8 Milliarden Euro

Deutsche Banken: 19 Milliarden Euro

Deutsche Versicherungen: 10 Milliarden Euro

Auch Versorgungswerke und Berufsgenossenschaften hätten hohe Beträge mit unbesicherten Forderungen verloren. Darüber hinaus hätten die Banken in ihren Einlagensicherungsfonds 17,5 Milliarden Euro nachschießen müssen. Denn der Fonds zum Schutz der Kundenguthaben war schon nach den ersten Rettungsaktionen leer gefegt. Um eine Insolvenz zu vermeiden, wurden der Bank Staatshilfen in Höhe von 102 Milliarden Euro gewährt, das Institut wurde verstaatlicht. Seitdem schreibt die Bank Verluste, für die der Steuerzahler geradesteht. Sie kostet jeden Tag 4,5 Millionen Euro.

Wie Sie alle, werte Leser, harre ich der juristischen und insbes. der strafrechtlichen Aufarbeitung dieses Themas .. vermutlich vergebens
Ihr Oeconomicus


Finanzplatz Deutschland weiter fördern

Finanzplatz Deutschland weiter fördern

Deutscher Bundestag Drucksache 15/930 – 15. Wahlperiode 07. 05. 2003
Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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Finanzplatz Deutschland weiter fördern

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Der Bundestag wolle beschließen:
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Der Deutsche Bundestag stellt fest: – Erfolgreiche Finanzplatzförderung
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Die Bilanz der Finanzmarktförderungsgesetzgebung in Deutschland fällt positiv aus. In den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung eine Reihe von wichtigen Initiativen und gesetzgeberischen Maßnahmen auf den Weg gebracht, die die Position Deutschlands unter den führenden Finanzplätzen Europas gestärkt haben.
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So wurden mit dem im Jahre 2002 in Kraft getretenen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz erstmals in Deutschland ein verbindlicher rechtlicher Rahmen für die Übernahme börsennotierter Unternehmen geschaffen und die rechtliche Situation von Minderheitsaktionären gestärkt. Darüber hinaus kann die Deutsche Bundesbank mit ihrer durch das geänderte Bundesbankgesetz angepassten Struktur der Stimme Deutschlands als größter Volkswirtschaft in der Europäischen Union auch in einem zusammenwachsenden Europa angemessen Gewicht verleihen.
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Mit der Schaffung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich die Bundesregierung zudem bei der Finanzmarktregulierung für einen integrierten, sektorübergreifenden Aufsichtsansatz entschieden, den auch andere führende europäische Finanzmärkte (z.B. Großbritannien mit der Financial Services Authority) praktizieren. Dieser Ansatz entwickelt sich zunehmend zum Maßstab einer modernen Finanzmarktaufsicht in einem integrierten Markt für Finanzdienstleistungen in Europa.
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Einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland hat die Bundesregierung zuletzt mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz unternommen.
Durch die Modernisierungen im Bereich des Börsenrechts wurden der Handlungsspielraum der Börsen erweitert und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit
erhöht. Die Marktintegrität und der Anlegerschutz konnten durch Schärfungen im Bereich der Marktaufsicht, die Schaffung neuer Schadensersatzvorschriften und durch erhöhte Transparenzanforderungen (etwa bei den so genannten Directors‘ Dealings) verbessert werden.
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– Finanzplatzförderung als dynamischer Prozess
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Die Stärkung der Position des Finanzplatzes Deutschland ist keine statische Angelegenheit, sondern eine permanente Herausforderung. Die Integration der Finanzmärkte entwickelt sich im Zeichen einer globalisierten Wirtschaft und der Schaffung eines einheitlichen europäischen Marktes für Finanzdienstleistungen mit zunehmender Dynamik. Es bleibt somit keine Zeit, sich auf dem bereits Erreichten auszuruhen. Die Bundesregierung ist vielmehr aufgerufen, zügig die weiteren notwendigen Schritte einzuleiten, um den ordnungspolitischen Hintergrund und die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Finanzplatz Deutschland weiter zu verbessern.
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Das 10-Punkte-Programm der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und zur Verbesserung des Anlegerschutzes sowie der Finanzmarktförderungsplan 2006 des Bundesministers der Finanzen bilden hierfür eine geeignete Grundlage.
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Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, bei ihren Bemühungen zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland folgende Überlegungen zu berücksichtigen:
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I. Grundsätzliche Erwägungen
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1. Finanzplatzförderung sollte noch stärker als in der Vergangenheit als wirtschaftspolitisches Ziel betrachtet werden. Die Belange des Finanzplatzes Deutschland müssen – trotz der bisweilen auftretenden komplexen markttechnischen und rechtlichen Fragestellungen – stets im Fokus des wirtschaftspolitischen Geschehens bleiben.

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2. Das Vorhandensein einer gemeinschaftlichen Idee von einem „Finanzplatz Deutschland“ ist ein nicht zu unterschätzender – weit über die Grenzen Deutschlands hinaus wirkender – Standortvorteil. Anzustreben ist die Entwicklung eines – von der Mehrheit der Marktteilnehmer akzeptierten und
gelebten – „Markenzeichens“, wenn vom „Finanzplatz Deutschland“ die Rede ist.
Im Rahmen ihrer Politik zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland sollte die Bundesregierung daher auf die Entwicklung eines Identität stiftenden Zusammengehörigkeitsgefühls unter den deutschen Kapitalmarktakteuren hinwirken.

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3. Der Aktie kommt als Anlage- und Finanzierungsinstrument eine große Bedeutung zu. Deutschland hat im Vergleich zu anderen Finanzplätzen eine relativ junge „Aktienkultur“. Dies ist unter anderem durch die hierzulande besonders ausgeprägte Tradition der Fremdkapitalfinanzierung zu erklären. Wir setzen uns für den systematischen Abbau von Steuerbenachteiligungen von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital ein. Gleichzeitig wird das Wertpapiersparen noch zu wenig als Anlageform, etwa für die Altersversorgung genutzt. Einen Rückschlag hat die Entwicklung der „Aktienkultur“ zudem durch die gegenwärtigen Entwicklungen an den nationalen und internationalen Aktienmärkten erhalten. Hier gilt es gegenzusteuern.
Bei ihren Bemühungen sollte die Bundesregierung die Erfahrungen der verschiedenen Interessengruppen nutzen, um einerseits die Vorteile der Aktienanlage/Eigenkapital-Finanzierung herauszustellen und andererseits über die Risiken von Wertpapieranlagen umfassend aufzuklären.

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4. Rund 80 Prozent der deutschen Finanzmarktgesetzgebung haben ihren Ursprung in Rechtsakten der Europäischen Union.
Gleichzeitig soll mit dem EU-Aktionsplan für Finanzdienstleistungen bis zum Jahr 2005 ein einheitlicher europäischer Finanzmarkt entstehen. Kapitalmarktfragen stehen zudem im Fokus internationaler Foren, wie den G7 oder dem Financial Stability Forum.
Eine angemessene Vertretung deutscher Kapitalmarktinteressen in europäischen und internationalen Gremien ist sicherzustellen.

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5. Bei der Schaffung kapitalmarktrechtlicher Regelungen ist sowohl im europäischen Kontext (z.B. bei der Überarbeitung der EU-Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie) als auch bei der Umsetzung in nationales Recht darauf zu achten, dass unnötige Belastungen für die Unternehmen der Finanzdienstleistungsindustrie vermieden werden.
Die Regulierung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist kein Selbstzweck. Sie dient der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte und dem Schutz der Anleger. Dabei ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Finanzdienstleistungsbranche, insbesondere der unabhängigen Finanzdienstleister, zu berücksichtigen.
Der zunehmenden Bedeutung des Kapitalmarktes in Deutschland für die Bürger, als Vermögensanlage, Finanzierungsinstrument sowie für die private Altersvorsorge muss Rechnung getragen werden. Die Interessen der Anleger müssen gestärkt und geschützt werden. Die Verbrauchererziehung, insbesondere der Umgang mit Geld als Sparer, Anleger oder Kreditnehmer, gehört in die Lehrpläne der Schulen.

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6. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Initiativen der Bundesregierung zur Durchsetzung der deutschen Anliegen bei der Neufassung der internationalen Eigenkapitalstandards für Banken (Basel II).
Die Festlegung mittelstandsgerechter Prinzipien bei der Anrechnung von Unternehmenskrediten sowie die Abwendung einer diskriminierenden Behandlung langfristiger Firmenkredite stellen wichtige Verhandlungserfolge im Hinblick auf die bewährte Finanzierungskultur in Deutschland dar.

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7. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, entsprechend seinen Entschließungen für eine Durchsetzung der deutschen Anliegen bei der anstehenden Überarbeitung der europäischen Eigenkapitalvorschriften für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen konsequent einzutreten. 
Des Weiteren ersucht der Deutsche Bundestag die Bundesregierung, bei der Umsetzung von Basel II bzw. der entsprechenden EU-Regelung in deutsches Recht die Ermessensspielräume zum Vorteil der Kreditversorgung der hiesigen Wirtschaft auszuschöpfen und hierbei außerdem auf praxisgerechte Lösungen zu achten.

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II. Unternehmens- und Marktintegrität/Anlegerschutz
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1. Das 10-Punkte-Programm zur Verbesserung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes ist zügig umzusetzen. Das Anlegervertrauen hat in jüngerer Zeit unter anderem durch Bilanzmanipulationen und die Verbreitung falscher Unternehmensinformationen schweren Schaden genommen.
Um das Vertrauen der Anleger in die Klarheit und Wahrheit der Unternehmensabschlüsse sowie die von den Gesellschaften herausgegebenen Geschäftsdaten zurückzugewinnen, hat die Bundesregierung unlängst einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Dieser zielt unter anderem auf die Erhöhung der persönlichen Verantwortlichkeit von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, die Verbesserung von Klagemöglichkeiten für Aktionäre, die Einführung eines Überprüfungsmechanismus hinsichtlich konkreter Unternehmensabschlüsse (Enforcement), eine bessere Aufsicht über den so genannten Grauen Kapitalmarkt (Einführung einer Prospektpflicht für die am Grauen Kapitalmarkt öffentlich angebotenen Beteiligungen) und eine größere Verlässlichkeit der von Analysten und Rating-Agenturen über Unternehmen verbreiteten Bonitätsurteile.
Mit der zeitnahen Umsetzung des 10-Punkte-Programms könnte die Bundesregierung einen gewichtigen Beitrag zur Überwindung der gegenwärtigen Vertrauenskrise an den Finanzmärkten leisten. Um die Klagemöglichkeiten für Kleinaktionäre zu verbessern, sollte der Aspekt der Beweislastumkehr überprüft werden.

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2. Anzustreben ist die Einrichtung einer zentralen Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Verfolgung von Finanz- und Kapitalmarktdelikten.
Durch die Einrichtung einer solchen Verfolgungszentrale könnte das für eine erfolgreiche Prävention und Repression im Kapitalmarktbereich erforderliche umfangreiche Know-how an einer Stelle gebündelt werden. Eine effektive und wirksame Strafverfolgung bei Finanz- und Kapitalmarktdelikten leidet gegenwärtig auch an der Zersplitterung der Zuständigkeiten. Dies hat in der Vergangenheit zu einer großen Zahl von Verfahrenseinstellungen geführt. Diesem Missstand könnte durch die Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft begegnet werden.

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3. Der Deutsche Corporate-Governance-Kodex sollte fortentwickelt werden. Ausgelöst durch die bei spektakulären Unternehmenszusammenbrüchen zu Tage getretenen Mängel in der deutschen Unternehmensverfassung hat die so genannte Cromme-Kommission auf der Basis der Arbeiten der Regierungskommission „Corporate Governance“ Anfang 2002 einen detaillierten Katalog mit Grundsätzen für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung vorgelegt.
Mit diesem Corporate-Governance-Kodex hat Deutschland auch im internationalen Rahmen Maßstäbe gesetzt. Der Deutsche Corporate-Governance-Kodex ist vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion (z. B. Verantwortlichkeit von Vorstand und Aufsichtsrat, Vergütungsfragen) konsequent anzuwenden, weiterzuentwickeln und anzupassen.

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III. Steuern
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1. Steuerliche Regelungen, die den Standort Deutschland fördern, stärken auch den Finanzplatz Deutschland. Hierzu gehören vor allem die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, die Abschaffung von Ausnahmetatbeständen und die Absenkung der Steuersätze. Neben einer international wettbewerbsfähigen Besteuerung der Anbieter von Finanzdienstleistungen benötigt ein funktionierender Finanzplatz auch stimmige steuerliche Rahmenbedingungen für die unterschiedlichen Finanzierungsinstrumente.

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2. Angesichts der im internationalen Vergleich eher geringen Eigenkapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen und vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Veränderungen in den Kreditfinanzierungsbedingungen dieser Unternehmen kommt der Stärkung der Eigenkapitalbasis in Deutschland eine herausragende Rolle zu.
Dieser Aspekt wird in Zukunft ein besonderes Gewicht bekommen müssen. Daher wird die Bundesregierung aufgefordert, die steuerliche Benachteiligung von Eigenkapital zu vermeiden.

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3. Angesichts der derzeitigen Schwäche an den Aktienmärkten kommt außerbörslichem Beteiligungskapital als Instrument der Eigenkapitalfinanzierung eine besondere Rolle zu.
Steuerliche Unsicherheiten im Private-Equity-Bereich führen derzeit dazu, dass die Möglichkeiten dieses Finanzierungsinstruments in Deutschland nicht ausreichend genutzt werden.
Um Deutschland nicht von den Investitionsmitteln der Finanzinvestoren abzukoppeln, ist es von besonderer Bedeutung, dass hier international wettbewerbsfähige steuerliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

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4. Unterschiede in der steuerlichen Behandlung von gleichartigen Anlageprodukten müssen im Interesse eines fairen Wettbewerbs der Anbieter abgebaut werden. Insbesondere gilt dies für den zunehmend wichtiger werdenden Bereich der privaten Altersvorsorge, wo der Wettbewerb nicht durch einseitige Steuerprivilegien und Steuernachteile gestört werden darf.
Bei der Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen ist nach Möglichkeit durchgängig zur nachgelagerten Besteuerung überzugehen.

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5. Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Ausgestaltung steuerlicher Maßnahmen stärker deren Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen und den Finanzplatz Deutschland zu berücksichtigen, um der besonderen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung dieser Bereiche Rechnung zu tragen.

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IV. Rechnungslegung
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1. Durch die IAS-Verordnung der EU besteht für börsennotierte Unternehmen ab 2005 die EU-weite Pflicht zur Anwendung von IAS beim Konzernabschluss (eine Übergangsfrist bis 2007 gilt für diejenigen Unternehmen, die bereits heute vollständig nach US-GAAP bilanzieren).
Die Mitgliedstaaten haben ein Wahlrecht, auch nicht börsennotierten Mutterunternehmen zu gestatten oder vorzuschreiben, ihren Konzernabschluss nach IAS aufzustellen, sowie allen Unternehmen zu gestatten oder vorzuschreiben, auch ihren Einzelabschluss nach IAS aufzustellen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die in der IAS-Verordnung vorgesehenen Wahlrechte gründlich zu prüfen und bei ihrer Entscheidung auch die steuerlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Hierbei sollte der Aufwand für die betroffenen Firmen bedacht werden.

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2. Bei der Implementierung der IAS-Verordnung sowie der Fortentwicklung der einzelnen IAS-Bestimmungen ist zudem darauf zu achten, dass keine negativen Auswirkungen für deutsche Unternehmen (insbesondere im Banken- und Versicherungsbereich) auftreten; so sollte z. B. die Einführung der Fair-Value-Bewertung für Finanzinstrumente im Konzernabschluss nur dann erfolgen, wenn für solche Instrumente liquide Märkte bestehen.

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V. Börsenreform
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1. Deutschland braucht eine zentrale Börsenaufsicht. Insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung eines integrierten europäischen Marktes für Finanzdienstleistungen bis zum Jahre 2005 kann sich Deutschland keine Zersplitterung bei der Überwachung eines essenziellen Bereichs seines Finanzmarktes leisten.
Für eine Zentralisierung sprechen zudem die zu erwartenden Synergieeffekte durch die Bündelung des Know-hows. Mit der Schaffung einer sektorübergreifenden Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die deutsche Kapitalmarktregulierung bereits erheblich an Schlagkraft gewonnen. Eine weitere Zentralisierung der gesamten Börsenaufsicht bei der BaFin wäre mit der Hebung zusätzlicher Effizienzgewinne verbunden. Alle Initiativen zur Schaffung einer zentralen Börsenaufsicht in Deutschland sind jedoch bislang am Widerstand der Länder gescheitert. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, sich weiterhin in einem konstruktiven Dialog mit den Ländern um eine zeitgemäße Lösung zu bemühen.

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2. Eng mit der Problematik der Aufsicht verknüpft ist die Frage, wie der Börsenhandel künftig in Deutschland organisiert ist. Das gegenwärtige System mit der Börse als teilrechtsfähiger öffentlich-rechtlicher Anstalt und den privatrechtlichen Börsenträgern hat sich grundsätzlich bewährt. In der anstehenden Überprüfung gilt es, die Vor- und Nachteile einer Umwandlung der Börsen in rein privatrechtliche Organisationen zu untersuchen. Geklärt werden könnte auch, inwieweit die vorhandene Börsenstruktur optimiert werden kann. Leitgedanke bei der Weiterentwicklung der Börsenstruktur sollte die Verbesserung der Markteffizienz, der Marktintegrität und des Anlegerschutzes sein.

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3. Für die Entwicklung eines gemeinsamen transatlantischen Kapitalmarktes ist es von herausragender Bedeutung, dass ausländischen Börsen ein diskriminierungsfreier Zugang zum Kapitalmarkt des jeweiligen Aufnahmestaates ermöglicht wird. So wie es ausländischen Börsen möglich ist, ihre Handelsbildschirme in Deutschland aufzustellen, müssen auch deutsche und andere europäische Börsen in Übersee Marktzugang erhalten.
Die Bundesregierung wird daher in ihren Bemühungen unterstützt, gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union für ein weltweites Level Playing Field beim Angebot von Börsendienstleistungen zu sorgen.

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VI. Bundesemissionen
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1. Deutschland nimmt unter den erstklassigen europäischen staatlichen Schuldnern bei lang- bis mittelfristigen Kreditaufnahmen (30, 10 und 5 Jahre) sowie bei 6-monatigen geldmarktnahen Kreditaufnahmen die führende Position ein. Die Bundesrepublik Deutschland ist somit ein erstklassiger staatlicher Schuldner an den Geld- und Kapitalmärkten. Im Vergleich zu anderen staatlichen Schuldnern sichert dieser Benchmark-Status die Kreditaufnahme mit den geringsten Kosten.

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2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik und eine solide Haushaltspolitik weiterhin dafür zu sorgen, dass Deutschland seinen hervorragenden Status unter den internationalen staatlichen Schuldnern bewahren und ausbauen kann.

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3. Um diesen europäischen Benchmark-Status der Bundesanleihen zu erhalten und auszubauen ist nicht nur die Bonität (Rating) der Bundesanleihen, sondern auch die Gestaltung der Begebung von Bundeswertpapieren von entscheidender Bedeutung. Dabei sollte die Einführung einer Primärmarktplattform bei der Neuemission von Bundesanleihen geprüft werden, um den Teilnehmern des Primärmarkts optimale Funktionalitäten zu bieten sowie den Primär- und Sekundärmarkt zur Steigerung der Liquidität besser zu integrieren. Zu berücksichtigen ist aber auch der diskriminirungsfreie Zugang von Kleinanlegern zu diesen Anlagemöglichkeiten.

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VII. Situation der deutschen Kreditwirtschaft/Auslandsbanken
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1. Eine leistungsstarke und wettbewerbsfähige deutsche Kreditwirtschaft ist wichtig wegen ihres Beitrags zum Bruttosozialprodukt und zur Beschäftigungsentwicklung.
Das Bank- und das Versicherungsgewerbe tragen über 4 Prozent zur Bruttowertschöpfung in Deutschland bei. Beide Sektoren beschäftigen über 1 Million Personen oder rund 3 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland. Darüber hinaus spielen die Kreditinstitute eine wichtige Rolle als Finanzintermediäre. Sie stellen Finanzierungsmittel für die Unternehmen bereit. Eine hinreichende Kreditversorgung, insbesondere der kleinen und mittelständischen Unternehmen, ist eine bedeutende Voraussetzung für weiteres Wirtschaftswachstum. Unverzichtbar ist eine leistungsstarke Kreditwirtschaft zudem im Hinblick auf den Aufbau moderner, kapitalmarktgestützter Altersvorsorge-Systeme.

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2. Die Verfassung der deutschen Kreditwirtschaft ist insgesamt solide und stabil. In der Fläche erfolgt eine lückenlose Versorgung mit Bankdienstleistungen.
Der Wettbewerb auf dem deutschen Markt für Bankdienstleistungen ist hoch. Infolgedessen werden Bankdienstleistungen in Deutschland zu Preisen bereitgestellt, die im internationalen Vergleich als günstig anzusehen sind.

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3. Die Stärken der deutschen Kreditwirtschaft beruhen zu wesentlichen Teilen auf dem so genannten 3-Säulen-System aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Sparkassen/Landesbanken und Genossenschaftsbanken.
Das 3-Säulen-System ist historisch gewachsen. Es hat seine hohe Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit unter Beweis gestellt. Im Hinblick auf die gegenwärtigen Herausforderungen, denen sich die deutsche Kreditwirtschaft gegenübersieht, wird dem System jedoch auch große Flexibilität abverlangt. Zur Behebung der Schwierigkeiten sind marktwirtschaftliche Lösungsansätze aus der Mitte der Kreditwirtschaft am besten geeignet.
Die Kreditinstitute in den drei Säulen haben bereits mit Konsolidierungs- und Rationalisierungsanstrengungen begonnen, in deren Mittelpunkt Maßnahmen zur Kostenreduktion und zur Verbesserung der Aufwands- und Ertragssituation stehen.

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4. Ein leistungsstarker Finanzplatz ist auch für ausländische Banken attraktiv. Die Anzahl der Auslandsbanken in Deutschland erhöhte sich um 53 auf 167 in der Zeit von 1985 bis 2002. Der Anteil der Auslandsbanken an den Kreditinstituten in Deutschland stieg damit von 2,5 Prozent auf 7 Prozent. Dies spricht für die hohe Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland.

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VIII. Verbriefungsmarkt
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1. Die Bundesregierung hat mit ihren Vorschlägen zur Änderung des Gewerbesteuerrechts im Rahmen des Kleinunternehmerförderungsgesetzes den entscheidenden Anstoß dafür gegeben, die Verbriefung von Kreditforderungen und Kreditrisiken zu erleichtern und den Handel mit Forderungen und Risiken aus Kreditgeschäften zu entwickeln. Das Gesetz wird der weiteren Entwicklung des deutschen Verbriefungsmarktes zusätzlichen Schub verleihen.

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2. Ziel der Initiative der Bundesregierung ist es, durch die Verminderung der Risikopositionen der Kreditinstitute aus Kreditforderungen und -risiken eine Eigenkapitalentlastung herbeizuführen und auf diese Weise Freiraum für neue Kredite zu schaffen.
Dadurch werden die Finanzierungsmöglichkeiten auch der kleinen und mittleren Unternehmen verbessert.
Durch die vorgesehene steuerliche Entlastung der Zweckgesellschaften, auf die die Kredite oder Kreditrisiken übertragen werden sollen, wird ein Nachteil des Finanzplatzes Deutschland ausgeglichen. Die Zweckgesellschaften müssen nicht mehr länger aus gewerbesteuerlichen Gründen ins Ausland ausweichen.

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3. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Initiative der Bundesregierung, die gewerbesteuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Verbriefung von Kreditforderungen der Banken zu verbessern. Die Entwicklung eines Verbriefungsmarktes in Deutschland ist ein geeigneter Ansatzpunkt, um die Finanzierung für die Unternehmen zu verbessern und den deutschen Kapitalmarkt zu stärken.
Die Bundesregierung wird gebeten, weitere Maßnahmen zur Schaffung eines leistungsfähigen, international wettbewerbsfähigen Verbriefungsmarktes in Deutschland zu prüfen.

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Berlin, den 7. Mai 2003
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Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

Deutscher Bundestag Drucksache 15/930