historische US-Regulierungen von Derivaten

Im Zusammenhang mit den allfälligen Diskussionen über Derivate, den ‚Massenvernichtungswaffen‘ der Neuzeit, wie Warren Buffet konstatierte, wird häufig ausgeblendet, dass in den Vereinigten Staaten unter den Bedingungen des Commodities Exchange Act von 1936-1982 alle Derivate illegal waren.

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Die Deregulierung dieser Instrumente wurde in USA zwischen 1982 und 1999 vorgenommen und dürfte als der größte einzelne Faktor der finanziellen Verwerfungen der letzten Jahre betrachtet werden.
Zu den einflussreichsten Protagonisten dieses Deregulierungsprozesses zählten u.a. Lawrence ‚Larry‘ Summers und der Ex-Finanzminister Robert Rubin, die -so läßt sich vermuten- von den Akteuren der ‚Financial Leaders Group‚ tatkräftig unterstützt wurden.

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Im Zuge falsch verstandener Ordnungspolitik oder schlichtweg getragen von entsprechenden Wünschen transatlantischer Freunde, schloss sich die rot-grüne Bundesregierung dem Deregulierungswahn der Finanzmärkte unter Applaus von Angela Merkel,  Horst Seehofer, Sigmar Gabriel, Olaf Scholz, usw. gerne an.

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Noch im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2005 schrieb die CDU/CSU:

„Wir entschlacken die Vorschriften zum Kreditwesengesetz und führen die bestehende Überregulierung bei der Bankenaufsicht auf das notwendige Maß zurück.“

Beispielhaft sei hierzu der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) zitiert:

„Hedgefonds sollen gegenüber herkömmlichen Investmentfonds nicht mehr diskriminiert werden.“

Eichel schwärmte damals auch noch öfffentlich von Verbriefungen,

„dass private Anleger von den höheren Renditen der Hedge-Fonds profitieren könnten“

.. woran er heute natürlich nicht mehr erinnert werden möchte, ebensowenig wie die damaligen Claquere aus CDU/CSU, SPD, Grüne oder FDP.

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Nur zur Erinnerung: zu den damaligen warnenden und zugleich einsamen Rufern zählten u.a. Oskar Lafontaine und Heiner Flassbeck.

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Wolfgang Schäubles Eingeständnis vom 06. Februar 2013

„Die übertriebene Deregulierung der Finanzmärkte war ein Fehler“

kam nicht nur viel zu spät, sondern erscheint im Hinblick auf die laufenden TTIP-Verhandlungen, in welchen solche Regulierungsbestrebungen im Sinne amerikanischer Interessen erneut eingenordet  werden könnten, wenig glaubwürdig.

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Ihr Oeconomicus


Expertengruppe Neue Finanzmarktarchitektur

Expertengruppe Neue Finanzmarktarchitektur
Die Expertengruppe kann die Arbeit aufnehmen: Kanzlerin Merkel hat dem neuen Beraterkreis den Auftrag erteilt, Vorschläge für eine Reform der internationalen Finanzmärkte zu erarbeiten.
Die Expertengruppe soll Vorschläge zur Bekämpfung der Finanzkrise und zur Vorbeugung weiterer Krisen machen, insbesondere mit Blick auf die internationalen Beratungen zu dem Thema.
Mit Otmar Issing wurde ausgerechnet ein Berater von Goldman Sachs zum Vorsitzenden berufen. Das ist mehr als Zufall oder eine Nebensächlichkeit, sondern als Ausdruck eines strukturellen Problems: Die schleichende Unterwanderung von Regulierungsbehörden und Regierungsinstanzen durch die Finanz-Branche, sowie die Verschmelzung des leitenden Personals.

Besetzung

Bewertung

Die Expertengruppe ist einseitig besetzt. Ihr Vorsitzender Otmar Issing ist neben der bereits erwähnten Beratertätigkeit für Goldman Sachs Präsident des Center for Financial Studies, einem von der Finanzbranche gesponsorten Institut an der Universität Frankfurt. Mit Klaus Regling ist ein weiterer knallharter Monetarist in der Gruppe, der auch schon in der Finanzbranche arbeitete (für Moore Capital Strategy Group, einen Hedge-Fond).
Außerdem gehört der deutschen Gruppe Jan Pieter Krahnen an, der neben seiner Tätigkeit als Professor an der Goethe Universität Frankfurt Direktor des Center for Financial Studies ist und im Beirat der DZ Bank sitzt.
Dazu kommt William R. White von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der frühzeitig vor der Finanzkrise gewarnt hatte. Als Vertreter der Bundesregierung nehmen der Wirtschaftsberater von Angela Merkel, Jens Weidmann, und der Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen teil. Asmussen steht als Aufsichtsratsmitglied der Mittelstandsbank IKB und wegen seiner früheren Mitgliedschaft im Gesellschafterbeirat der True-Sale International (TSI) in der Kritik, einer Lobby-Plattform für die Förderung von Verbriefungsgeschäften in Deutschland.
Issing wurde parallel in ein vergleichbares Beratergremium bei EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso berufen, die ebenfalls einseitig besetzte Larosière-Gruppe.

Die Vorschläge der Expertengruppe

Die ersten Vorschläge legt die Gruppe noch vor dem Weltfinanzgipfel im November 2008 in Washington vor. Sie regt u.a. ein globales Kreditregister und eine Risiko-Weltkarte an, in der weltweit agierende Finanzinstitutionen auflistet werden. Lücken bei der internationalen Aufsicht der Finanzmärkte sollen geschlossen werden. Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) soll gestärkt werden.
In der Eurokrise plädierte sie gegen Hilfen für Griechenland und für eine starke Stellung des IWF – letztlich stimmte die deutsche Regierung aber einem europäischen Rettungspaket zu. Vor dem G20-Gipel im Juni 2010 plädierte die Expertengruppe für eine stärkere Bankenabgabe als die Bundesregierung plante. Zugleich unterstützte sie die Bundesregierung in ihrem Sparkurs und lehnte weitere Konjunkturmaßnahmen ab, wie sie insbesondere US-Präsident Barack Obama forderte.
ergänzende Quellen
Deutscher Bundestag – Plenarprotokoll 15.10.08, S.11
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel, Professor Issing und Bundesfinanzminister Schäuble
Mitschrift Pressekonferenz – Montag, 21. Juni 2010