Gas-Fieber
Veröffentlicht: 2. Februar 2013 Abgelegt unter: fracking / shale gaz | Tags: Fracking, POLEN, Schiefergasförderung Hinterlasse einen KommentarDie verheerenden Auswirkungen von Fracking
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2009 hatte Lech Kowalski gerade begonnen, einen Dokumentarfilm über die oft verheerenden Auswirkungen der Globalisierung auf das Leben “einfacher” Menschen und deren Widerstand dagegen zu drehen.
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Dabei traf er im Osten Polens Bauern, die um ihre Existenz fürchteten, weil ein amerikanischer Energiekonzern in ihrer Gegend mit Probebohrungen nach Schiefergas begonnen hatte. In Häuserwänden zeigten sich Risse, das Brunnenwasser war verschmutzt, keine 100 Meter von den Wohnsiedlungen entfernt zerfurchten Raupenfahrzeuge ohne Genehmigung die Felder. Die Bauern fragten sich, wie sie diesem Treiben ein Ende setzen könnten.
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Lech Kowalski war überzeugt, dass das, was hier passierte, nicht nur von lokaler Bedeutung war, sondern über kurz oder lang die ganze Welt betreffen würde. Er begann, Informationen über das Thema Schiefergas zu sammeln: die verschiedenen Fördermöglichkeiten, Auswirkungen auf die Umwelt und das Leben der Bevölkerung, die in Europa und den Vereinigten Staaten in der Nähe der Förderanlagen lebt.
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In den USA wurden bereits Tausende von Bohrtürmen errichtet – vor allem in Pennsylvania, dem “Saudi-Arabien des Schiefergases”. Parallel zu seinen Recherchen, die jeden Tag neue und immer alarmierendere Informationen zutage förderten, nahm Lech Kowalski seinen neuen Dokumentarfilm “Gas-Fieber” in Angriff. Von März bis Oktober 2012 drehte er in den Dörfern um Zamosc, einer Stadt in Ostpolen, und drei Wochen in Bradford County, Pennsylvania.
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Der auf den Erfahrungen der polnischen Dorfbewohner basierende Film verdeutlicht, was Schiefergas ist, welche Interessen hinter der Förderung stehen und welche Folgen sie hat. Die Vorgänge in einer relativ kleinen polnischen Region mögen überraschen oder auch empören, was dagegen schon seit geraumer Zeit in den USA passiert, dürfte weit mehr schockieren und beunruhigen.
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Doch die Dorfbevölkerung und ihre Anführer gaben den ungleichen Kampf gegen die allgegenwärtige Propaganda nicht auf und setzten sich weiter für den Fortbestand ihres Dorfes, ihrer Häuser, ihrer Landwirtschaftsbetriebe und ihrer Straßen, für sauberes Wasser, Gesundheit und Umwelt ein. Lech Kowalskis Film zeigt, wie diese Männer und Frauen lernen, sich zu wehren, zu organisieren und zu kämpfen.
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Entgegen allen Erwartungen trugen diese einfachen Bürger mehrere Siege davon, die zwar anfechtbar, aber in Anbetracht der Entwicklung in den USA sehr wichtig sind: In Bradford County in Pennsylvania bot sich dem Filmemacher ein kriegsähnliches Bild. Für diesen Eindruck ist die trostlose Landschaft ebenso verantwortlich wie die seelische und körperliche Erschöpfung der Bevölkerung, die unter den vielen Bohrtürmen in ihrer Region leidet.
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Diese erschütternden Aufnahmen aus Pennsylvania stehen am Anfang und Ende des Films. Nur zu gut veranschaulichen sie die Kluft zwischen der Wirklichkeit der Schiefergasförderung und dem “American Dream”, mit dem die Politiker und die großen Energiekonzerne den Polen und allen anderen Europäern das sogenannte unkonventionelle Erdgas schmackhaft machen wollen.
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vertiefende Archiv-Beiträge zum Thema Fracking
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Fracking – der hohe Preis der Energie
Eine umstrittenen Gas- und Ölförderungsmethode aus tiefen Gesteinsschichten soll die Energiewende erleichtern: das Fracking. Nach längerem Gezerre einigten sich heute Umwelt- und Wirtschaftsministerium auf Regeln dafür, denn es wird mit giftigen Chemikalien gearbeitet. So sollen Umweltverträglichkeitsprüfungen vorgeschrieben und Bohrungen in Wasserschutzgebieten verboten werden. Umweltschützer sorgen sich um das Grundwasser. Franziska Langhammer hat sich an einer Gasförderstelle in Niedersachsen umgesehen.
Doku – 2:36 Min
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GAS MONOPOLY
in dieser ARTE-Dokumentation wird die Frage aufgestellt, woher wir das dringend benötigte Gas langfristig beziehen sollen.
Um diese Antwort zu finden, fährt der Gasreporter an die neuralgischen Punkte des internationalen Gasgeschäfts. Gas ist nicht nur ein Geschäft, es ist Politik, Intrige, Emotion. Es geht um Macht, um Männer und um Monopole.
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Korruptions-Verdacht
Veröffentlicht: 31. Januar 2013 Abgelegt unter: POLEN | Tags: EU-Kommission, Korruption - Nepotismus - Rousfetia, POLEN Hinterlasse einen KommentarEU stoppt Zahlungen an Polen
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Die EU-Kommission hat Zahlungen an Polen zum Straßenausbau in Höhe von mehr als 4 Milliarden Euro blockiert, berichtet mehrere Medien, unter anderem die Irish Times und der EU Observer.
Die Entscheidung fiel, nachdem die polnische Staatsanwaltschaft gegen zehn Chefs von großen Straßenbaufirmen und einen Beamten in Polens Straßenamt Anklage erhoben hatte. Polen protestierte gegen die Entscheidung der EU-Kommission.
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DWN
Scharfer Umgangston in Polen
Veröffentlicht: 10. Dezember 2012 Abgelegt unter: POLEN | Tags: Jaroslaw Kaczynski, POLEN, Straßenschlachten Hinterlasse einen KommentarScharfer Umgangston in Polen
Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski heizt die Stimmung an
Die Proteste gegen die Regierung arten immer mehr in Straßenschlachten aus, obwohl es Polen wirtschaftlich gut geht. Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski wählt dabei aggressive Worte und Anschuldigungen und hofft, von der Stimmung zu profitieren.
Sabine Adler – dradio
Audiolink: Polen streiten bis aufs Messer
Europa als Sonderwirtschaftszone
Veröffentlicht: 18. Oktober 2012 Abgelegt unter: ÖKONOMIE - ECONOMICS, POLEN | Tags: Ausbeutung, BDI, Betriebsverlagerungen, Cluster-Bildung, Gewerkschaften, Hans-Peter Keitel, Martin Schulz, POLEN, Prekarisierung, Sonderwirtschaftszone, Steuerdumping Hinterlasse einen KommentarEuropa als Sonderwirtschaftszone
Bieten Sonderwirtschaftszonen eine gangbare wirtschaftspolitische Option, um die verheerenden Auswirkungen der gegenwärtigen Wirtschaftskrise in Europa zu lindern und diese mittelfristig zu überwinden?
Folgt man den Ausführungen deutscher Wirtschaftsvertreter, dann ist dies definitiv der Fall. Hans-Peter Keitel, seit 2009 Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), möchte am liebsten ganz Griechenland zu einer einzigen Sonderwirtschaftszone machen, die überdies von EU-Technokraten geleitet werden müsste: „Griechenland sollte eine Art Sonderwirtschaftszone im Euro-Raum werden, ausgestattet mit den notwendigen und zulässigen finanziellen Hilfen, aber auch mit auswärtigem EU-Personal,“ forderte Keitel im Gespräch mit Spiegel-Online. Ähnlich argumentierte Martin Schulz (SPD), seines Zeichens Präsident des EU-Parlaments, gegenüber dem SPIEGEL. Ein von einer „Wachstumsagentur“ [Anm.: eine köstliche Wortschöpfung] gesteuertes Investitionsprogramm solle den Aufbau der Sonderwirtschaftszonen vorantreiben, wobei europäische und griechische Politiker gemeinsam geeignete Projekte identifizieren und die Investitionsflüsse steuern würden. „Das ist ein Stück Kontrolle, aber auch gegenseitige Vertrauensbildung“, erklärte Schulz im Gespräch mit dem SPIEGEL.
Was ist eine Sonderwirtschaftszone?
Das wirtschaftspolitische Instrument der Sonderwirtschaftszone (SWZ) gelangte bisher vor allem in den mittelosteuropäischen Neumitgliedsländern der Europäischen Union – und hier insbesondere in Polen – zu Anwendung. Dabei werden infrastrukturell durch öffentliche Investitionen bereits erschlossene Flächen oder ganze Industrieparks mit umfassenden Vergünstigungen für die investitionswilligen Unternehmen und Konzerne versehen, wodurch eine Anballung (oft auch als Cluster-Bildung bezeichnet) von Industriebetrieben auf relativ kleiner Fläche stattfindet. Als zentraler Anreiz dienen – neben den infrastrukturellen Subventionen – vor allem die umfassenden steuerlichen Anreize, die in den Unternehmen über einen bestimmten Zeitraum gewährt werden.
Am weitesten wurde diese Art der Investitionsförderung in Polen getrieben, wo inzwischen 14 unterschiedliche SWZ existieren, die eine Gesamtfläche von mehr als 15 000 Hektar einnehmen. Dabei handelt es sich keineswegs um territorial geschlossene Gebiete, sondern um einen Flickenteppich von Industrieparks oder einzelnen Unternehmensansiedlungen, die einer bestimmten SWZ zugerechnet werden. Betriebe, die Teil einer Sonderwirtschaftszone sind, finden sich somit in 143 polnischen Städten und 203 Landkreisen. Häufig bestehen Konzerne oder Unternehmen bei den Verhandlungen über eine Ansiedlung gegenüber den Kommunen darauf, Teil einer SWZ zu werden. Die Sonderwirtschaftszone wird somit dort eingerichtet, wo es sich das Unternehmen wünscht. Auch gesamtwirtschaftlich sind die SWZ für Polen seit ihrer Initiierung 1995 zu einem beachtlichen Faktor avanciert. Bei einem Investitionsvolumen von inzwischen knapp 20 Milliarden Euro arbeiten rund 160 000 Lohnabhängige in den entsprechenden Betrieben, die sich in den SWZ befinden.
Haushaltslöcher stopfen mit steuerbefreiten Zonen
Somit verwundert es nicht, dass sich Wirtschaftsminister Pawlak Mitte September dafür aussprach, unbefristete Sonderwirtschaftszonen in Polen einzuführen. Die meisten SWZ sollen ursprünglich als eine Art wirtschaftliche Anschubhilfe für strukturschwache Regionen fungieren und nach 20 Jahren aufgelöst werden. Dieser Auflösungstermin, in den meisten Fällen Ende 2017 erreicht worden wäre, ist bereits von der polnischen Regierung in Absprache mit der EU bis 2020 verlängert worden. Die meisten Unternehmen, die sich in Polens SWZ ansiedeln, müssen in den ersten zehn Jahren keinerlei Steuern zahlen, im zweiten Jahrzehnt nach der Ansiedlung wird nur die Hälfte des Körperschaftssteuersatzes von 19 Prozent fällig.
Die Chancen für die Realisierung dieses Vorstoßes stehen trotz der angespannten Haushaltslage in Warschau nicht schlecht, weicht doch bereits jetzt die Vergabepraxis des begehrten Status der Sonderwirtschaftszone deutlich von den Gesetzesvorgaben in Warschau und auch Brüssel ab. Eigentlich sollen nur Neuansiedlungen von Unternehmen Teil einer SWZ werden können, doch inzwischen haben immer mehr Standorte diese Vergünstigungen für sich in Anspruch genommen. In der Wojewodschaft Niederschlesien gebe „es außerhalb von Wroclaw kaum noch ein Gewerbegebiet, das nicht den Status einer Sonderwirtschaftszone hat“, berichtete etwa das Internetportal Infoseite-Polen. Die Drei SWZ in Niederschlesien haben „Zweigniederlassungen“ in 49 Ortschaften gegründet.
Ausländische Unternehmen in der Outlaw-Billig-Zone
Deutsche Konzerne sind bei diesem Steuerdumping ganz vorn dabei. Insbesondere Volkswagen hat hierbei eine Vorreiterrolle gespielt, als der Konzern sein Werk in der westpolnischen Metropole Poznan als Teil der Sonderwirtschaftszone Kostrzyn-Slubice ausweisen ließ, die rund 170 Kilometer entfernt an der deutsch-polnischen Grenze liegt!
Im Endeffekt wird aufgrund dieser Zerfaserungsprozesse der SWZ ganz Polen zu einer Sonderwirtschaftszone.
So lässt auch der LKW-Hersteller MAN seine Busse, oder Bosch-Siemens seine Haushaltsgeräte in einer Sonderwirtschaftszone zusammenbauen. Der für seine miserablen Arbeitsbedingungen berüchtigte Discounter Lidl ließ sogar sein zentrales Logistikzentrum für Südpolen zu einer Sonderwirtschaftszone ausweisen.
Die Passauer Neue Presse, die einen Großteil der Regionalzeitungen in Polen kontrolliert, hat wiederum erwirkt, dass einer Großdruckerei der Status einer Sonderwirtschaftszone verliehen wurde.
Den Schindluder mit den Sonderwirtschaftszonen treibt aber der koreanische Elektronikriese Samsung auf die Spitze, der nach der Übernahme eines Haushaltsgeräteherstellers in Westpolen darauf bestand, dass dieser Standort ebenfalls zu einer SWZ ausgewiesen werde, da andernfalls die versprochenen Investitionen ausbleiben würden.
Mit dem äußerst lockeren Umgang bei der Einrichtung der Sonderwirtschaftszonen korrespondiert oftmals eine Atmosphäre der Rechtlosigkeit und ein brutales Arbeitsregime in den einzelnen Unternehmen.
„Das hier ist einfach ein Arbeitslager.“ erklärten Arbeiterinnen einer Fabrik für Elektrogeräte gegenüber Małgorzata Maciejewska, die im Rahmen eines Forschungsprojekts der Universität Wroclaw und einer feministischen Organisation die Arbeitsbedingungen in den SWZ aus eigener Erfahrung kennenlernen wollten. Maciejewska, die als Leiharbeiterin für 1400 Zloty (rund 350 Euro) Brutto beschäftigt wurde, berichtete von unerträglicher Arbeitshetze an den Fließbändern des fernöstlichen Elektroherstellers. Teilweise seien Frauen an den Bändern weinend zusammengebrochen, weil sie den hohen Arbeitstakt – mitunter bei Doppelschichten von zu 16 Stunden! – nicht standhalten konnten. Die Fluktuation innerhalb der Belegschaften dieser für den Weltmarkt produzierenden Fabriken sei auch deshalb so hoch, weil sie eine massive Flexibilisierung und Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse durchgesetzt haben, sodass die unbefristete Anstellung längst zur absoluten Ausnahme geworden sei.
Dabei sei die Arbeitslosigkeit etwa in Niederschlesien, wo besonders viele SWZ eingerichtet worden seien, kaum merklich gesunken, resümierte die Aktivistin. Maciejewska bezeichnete diese Betriebe aufgrund ihrer Flexibilität als „mobile Maschinen des modernen Kapitalismus“, die durch die Umgehung oder den Bruch von arbeitsrechtlichen Bestimmungen sukzessive eine „Intensivierung von Ausbeutungsformen“ betrieben.
Gewerkschaften in der SWZ
Den offenen und folgenlosen Bruch grundlegender arbeitsrechtlicher Bestimmungen haben beispielsweise Aktivisten der kleinen polnischen Gewerkschaft Arbeiterinitiative (Inicjatywa Pracownicza – IP) in der SWZ Tarnobrzeg erleben müssen. Den Gewerkschaftern gelang es bei einem Auftragsfertiger des Elektronikkonzerns LG, bei dem rund 200 Frauen Computer-Mainboards und Fernseher fertigen, eine Betriebskommission zu gründen. Als die Geschäftsführung sich weigerte, mit der Gewerkschaft in Tarifverhandlungen zu treten, organisierte diese eine Urabstimmung über einen Streik. Daraufhin entließ das Management den Gewerkschafter Krzysztof Gazda, der als „Rädelsführer“ denunziert wurde. Die Gewerkschaft IP bezeichnete dies als Bruch der polnischen Arbeits- und Gewerkschaftsgesetze, etwa 40 Arbeiterinnen traten in den Ausstand. Das Management reagierte mit einer Aussperrung der Streikenden – von denen anschließend 24 entlassen wurden.
Auch die große polnische Gewerkschaft Solidarnosc konnte von Spannungen und unerträglichen Arbeitsbedingungen in den Sonderwirtschaftszonen berichten, in denen sie aktiv ist. Mitunter herrschten dort „schreckliche Zustände“, erklärte Pressesprecher Marek Lewandowski.
Der Solidarnosc-Vorsitzende in der Region Torun-Wroclaw, Jacek Zurawski, schilderte im Gespräch mit der GEGENBLENDE seine Erfahrungen bei der Gewerkschaftsarbeit in der SWZ Lysowice in der Nähe der zentralpolnischen Stadt Torun, wo rund 6000 Lohnabhängige für den Elektromulti Sharp und einige Zulieferbetriebe für rund 1500 Zloty Brutto (375 Euro) arbeiten würden. Die dort ansässigen Unternehmen seien auf totale Gewinnmaximierung ausgelegt, bei der die staatlichen Steuernachlässe und Lohnzuschüsse voll ausgeschöpft würden, während die Löhne im Keller blieben. In den acht Jahren ihrer Existenz seien die Löhne in dieser Sonderwirtschaftszone nur dann erhöht worden, wenn der staatlich festgelegte Mindestlohn angehoben wurde, so Zurawski. Die Arbeitsbedingungen seien „viel schlechter gewesen als bei vielen polnischen Firmen“ in der Region. Auch in Lysowice gebe es nur eine kleine Stammbelegschaft, wählend der Großteil der Lohnabhängigen sich in befristeten Arbeitsverhältnissen befindet oder durch Zeitarbeitsfirmen – die zu einer wahren „Plage“ ausgeartet sind – gemietet wird. Diese rasche Zunahme der durch die SWZ beförderten Leiharbeit „zerstöre“ förmlich den polnischen Arbeitsmarkt, so Zurawski.
Die Gewerkschaftspräsenz in dieser SWZ wurde nach einer Reihe wilder Streiks etabliert, wobei das polnische Management der Gewerkschaft gegenüber eine offen feindselige Haltung annahm. Erst nach Verhandlungen mit der japanischen Unternehmensführung konnten einige Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen erreicht werden, berichtet Zurawski, doch gebe es keinerlei Bewegung der Unternehmensführung bei den Lohnerhöhungen. Das Management drohe den Beschäftigten in solchen Fällen unumwunden mit der Betriebsverlagerung – etwa in die Ukraine. Die Sonderwirtschaftszonen könnten laut dem Solidarnosc-Gewerkschafter nur dann eine positive Rolle spielen, wenn deren Arbeitsbedingungen und die Entlohnung nicht allzu sehr von dem Niveau abweichten, das in den Ursprungsländern der ausländischen Konzerne herrsche, die dort investierten. Derzeit seien die Unterschiede bei den Löhnen viel zu groß.
Ein Modell für das ganze Schulden-Europa?
Dabei könnten gerade die Planungen zur Errichtung von Sonderwirtschaftszonen im krisengeplagten Südeuropa dazu beitragen, dass die Unterschiede weiterhin bestehen bleiben und Polen neue Billiglohnkonkurrenz nicht im Osten, sondern im Süden erwächst. Griechenlands Durchschnittslohn ist allein binnen des letzten Jahres um 23 Prozent gesunken – auf 13 167 Euro jährlich. Die in Hellas verhasste „Troika“ aus IWF, EZB und EU-Kommission versucht überdies alles, um den Fall der Löhne weiter voranzutreiben. Jüngst forderten die Sparkommissare tatsächlich die Einführung einer Sechs-Tage Woche und von 13-Stunden-Tagen, die Griechenlands Lohnabhängige durchzustehen hätten, „wenn der Betrieb dies als nötig einstuft“, meldete die Zeitung Die Welt. Zudem sollen nach dem Willen der Troika die „Kündigungsfristen und die Abfindungen“ bei Entlassungen halbiert werden. Das durch das Spardiktat in den sozioökonomischen Kollaps getriebene Mittelmeerland soll offensichtlich ins 19. Jahrhundert zurückkatapultiert werden, um so als eine einzige „Sonderwirtschaftszone“ an Attraktivität für Investoren zu gewinnen.
Naiv, wer glaubt, diese Angriffe auf die historischen Errungenschaften der Arbeiterbewegung in Griechenland hätten keine Rückwirkungen auf die Arbeitsverhältnisse auch in Deutschland. Es reicht, sich in Erinnerung zu rufen, wie die Drohung mit Betriebsverlagerungen nach Osteuropa mit dazu beitrug, den Widerstand gegen die Prekarisierung des Arbeitslebens in der Bundesrepublik zu lähmen. Letztendlich wird wohl in der Krise ganz Europa auf eine einzige Sonderwirtschaftszone zusteuern.
Abdruck dieser Analyse von Tomasz Konicz als Vollzitat mit freundlicher Genehmigung des gewerkschaftlichen DebattenMagazins GEGENBLENDE
Herzlichen Dank dafür, lieber Herr Dr. Lindemann.
Ihr Oeconomicus
Die Polen begehren auf
Veröffentlicht: 29. September 2012 Abgelegt unter: POLEN | Tags: Demonstrationen, Donald Tusk, POLEN, Renteneintrittsalter Hinterlasse einen KommentarDie Polen begehren auf
Die nationalkonservative Opposition in Polen will der liberalen Regierung von Donald Tusk einen heißen Herbst bereiten. Zehntausende demonstrieren in Warschau. Die Regierung Tusk ist seit sieben Jahren im Amt. Teile der Demonstranten protestierten gegen die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre.
N-TV
Fünf Jahre nach der Einführung: Gefahr für den Euro droht von innen
Veröffentlicht: 2. Januar 2007 Abgelegt unter: €URO, Bernhard Külp, Buch-Tipps & Literatur-Empfehlungen, Eugen Böhm von Bawerk | Tags: "Macht oder ökonomisches Gesetz?", Banque de France, ESTLAND, Eugen Böhm Ritter von Bawerk, EZB, Finanzmärkte, Französische Firmen, Inflation, Lettland, Litauen, Lohnstückkosten, MALTA, Milton Friedman, Otmar Issing, Parteien-Gefüge, Perspektiven, POLEN, Produktivitätswachstum, Prof. Dr. Bernhard Külp, Richard W. Fisher, SLOWAKEI, SLOWENIEN, Tschechien, UNGARN, Währungsunion, Wettbewerbsfähigkeit, ZYPERN Hinterlasse einen KommentarFünf Jahre nach der Einführung: Gefahr für den Euro droht von innen
Der Euro feiert seinen fünften Geburtstag als Bargeld. Gemeinhin gilt seine Einführung als Erfolg, ist er doch im Wert gestiegen und genießt ein hohes Ansehen auf den internationalen Finanzmärkten. Doch auch die Gemeinschaftswährung hat ihre Schattenseiten: Die wachsende Kluft bei der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Ländern führt zu Spannungen.
Handelsblatt – 02.01.2007, 11:28 Uhr
An dieser Stelle möchte ich sehr gerne die Aufmerksamkeit der Leser für einen meiner Lieblings-Ökonomen gewinnen.
Eugen Böhm von Bawerk auf der 100-Schilling Banknote (1985)
Bild: Dieses Werk ist gemäß dem Österreichischen Urheberrechtsgesetz gemeinfrei – Urheber: Robert Kalina for the Austrian Government (Copyright holder)
Quasi als Einstieg in seine Werke, eines von zahlreichen fulminanten Zitaten, die alle Euro-Enthusiasten zur Kenntnis nehmen sollten:
Die „blinden Lobredner einer leichtherzigen Investitionspolitik“ bekommen das Fehlerhafte ihres Vorgehens erst zu spüren, „wenn, wie in unseren Tagen, die schwachen Kapitalskräfte, durch die vieljährige übermäßige Inanspruchnahme unseres öffentlichen Haushaltes ausgepumpt und für die nützlichsten und lebenswichtigsten privaten Unternehmungen an allen Ecken und Enden nicht mehr genug Kapital übrig ist, wenn vieles ins Stocken geraten, vieles ganz unterbleiben muß und alles durch den Druck des überteuerten Zinsfusses empfindlich leidet“.
[Quelle: Neue Freie Presse (Wien) Nr. 21539, 27. August 1924; – PDF-Version]
Die Antwort(en) auf Böhm-Bawerk’s in seinem Essay von 1914 erhobene Frage „Macht – oder ökonomisches Gesetz?“ sind auch noch heute gültig.
„Stellt sich soziale Macht gegen den Markt, wird diese immer unterliegen. Wer den Versuch unternimmt, Verzinsung des Kapitals zugunsten von Arbeiterschaft oder Staat zu schmälern, wird schon fast zwangsläufig mit einem Rückgang von Produktion, Investionen und Beschäftigung abgestraft. Politik mag ökonomische Gesetze bestreiten, kann aber nur im Rahmen ökonomischer Verhältnisse agieren. Wer dies nicht akzeptiert, wird auf Sicht eine Volkswirtschaft ruinieren – zunächst vielleicht kaum wahrnehmbar oder schleichend … am Ende des Tages allerdings mit voller Wucht“.
Link zum Hörbuch von Böhm-Bawerk’s Essay
Professor Dr. Bernhard Külp hat sich mit diesem Werk in zwei Teilen intensiv auseinandergesetzt, was sicher nicht nur VWL-Studenten erfreuen dürfte:
Macht oder ökonomisches Gesetz? (Mai 2008)
Macht oder ökonomisches Gesetz?, Teil II (Juni 2008)
Viel Vergnügen und hoffentlich einige neue Erkenntnisse wünscht Ihnen