Die heuchlerische Solidarität der Euro-Priesterschaft
Veröffentlicht: 5. Juli 2015 Abgelegt unter: EURO-GRUPPE, Griechenland-Hilfe, national bankruptcy - Staatsbankrott | Tags: EU-Investionsoffensive, Euro-Austritt, Frank Schirrmacher †, Grexit, Hans-Werner Sinn, Όχι, Peter Bofinger, Referendum, Solidarität 14 Kommentarezur Einstimmung:
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„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“
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Mahatma Gandhi
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Die heuchlerische Solidarität der Euro-Priesterschaft
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Liebe Freunde und Kritiker,
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vermutlich wird der nachfolgende Einordnungs-Versuch der aktuellen Entwicklungen in Griechenland aus der Perspektive eines überwiegend geschundenen Volkes von manchem Leser als Regelverstoss zu Dale Carnegie’s Bestseller „Wie man Freunde gewinnt“ bewertet.
Bitte nehmen Sie mir das nicht krumm .. ich kann nicht anders!
.. und liebe Kritiker, falls doch .. beschweren Sie sich bei den Schnurgeln, die Sie nach Berlin und Straßburg abgeordnet haben!
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Seit dem sogenannten einseitigen Abbruch der Verhandlungen am 26. Juni und der darauf folgenden Ankündigung von MP Tsipras ein Referendum durchführen zu wollen, wurden wir von Statements aller Art überschüttet.
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Mit hochroten Köpfen wurde über Syriza, Tsipras und Varoufakis semantische Gülle ausgekippt und vielfältige Versuche unternommen, die Athener Truppe lächerlich zu machen und ganz im stillen, so war aus Brüsseler Diplomatenkreisen zu hören, hat man mit der Athener Opposition eine Blankovereinbarung getroffen, aus welcher hervorgehen soll, dass unter der Maßgabe der Zurückeroberung der Macht dieses menschenverachtende Gesindel weiteren, verschärfenden Reformen der Brüsseler Maulhelden zustimmen würde.
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Der EZB-Rat drehte den Hahn zwar nicht zu, sondern beließ die ELA-Hilfen bei € 90 Mrd., was prompt zu Bankenschließungen führte.
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Merkel duckte sich wie gewohnt erst mal weg. Nach der Kanzleramtsrunde mit allen Parteirepräsentanten war zu hören, dass sie ohne parlamentarische Rückendeckung dem griechischen MP quasi in letzter Minute noch ein aus ihrer Sicht so schmackhaftes Angebot unterbreitet habe, das Tsipras eigentlich nicht ablehnen konnte.
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Der von Tsipras persönlich enttäuschte Kommissions-Oberfluncker legte noch eine Schippe drauf und versprach Wachstumsimpulse mittels seiner hemdsärmlig gebastelten EU-Investionsoffensive.
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Das ewig gestrige Mantra „Scheitert der Euro..„, na ja, Sie wissen schon, wurde uns von allen Seiten zugeflötet, verbunden mit der Kanzletten-Vorgabe, Griechenland unbedingt in der Eurozone halten zu wollen.
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Selbstverständlich gab es seitens der Wahrheitsmedien allerorts Schützenhilfe, auch wenn der ZDF-Korrespondent Alexander von Sobeck anläßlich eines live-Berichts die auf dem Syntagma-Platz demonstrierende Masse „irrtümlich“ im Lager der EU-Reformgläubigen verortete, obgleich diese deutlich sichtbar mit OXI (Nein)-Plakaten posierten.
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In den zahlreichen mit vorwiegend Wichtigtuern und Ökonomieverstehern besetzten Talkrunden konnte zumindest Hans-Werner Sinn gegen „verschwantes“ Gedankengut und dem geschätzten Wirtschaftsweisen Peter Bofinger punkten. Letzterer wurde zwar nicht müde, für die desolate hellenische Volkswirtschaft neues Wachstum zu fordern, wollte dabei jedoch nicht konkretisieren, mit welchen Mitteln er sich ein solches Szenario vorstellt.
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Alles eben so wie immer !
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Und Tsipras ?
Er nervte offenbar die Eurogruppe mit zwei -oder waren es drei?- überflüssigen Schreiben mit unausgegorenen Vorschlägen, womit er jedoch bescheinigte, weitere Verhandlungen führen zu wollen.
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Last but not least überraschte der IWF am Donnerstag mit einer neuen hellenischen Schuldentragfähigkeits-Analyse und forderte mind. € 50 Mrd. Finanzhilfen und einen weiteren Schuldenschnitt! Wie danach von den IWF-Gläubigen (Schäuble: „Keine andere Institution hat eine solche Expertise„) in Berlin zu hören war, mag man von solchen Vorschlägen (derzeit) nichts wissen. Bleibt die Frage, warum der IWF seine Analyse erst am vergangenen Donnerstag und nicht bereits eine Woche zuvor veröffentlichte.
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Und wie weiter ?
Die Türen bleiben offen, d.h. Gesprächsbereitschaft, falls notwendig, gerne auch humanitäre Hilfen, aber alles erst nach dem Referendum.
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Aufmerksame Beobachter dieses unwürdigen Schauspiels, welches selbst Homers Götter beweinen würden, könnten sich fragen, wie das alles so zusammenpasst ?
Mit dieser Fragestellung habe ich mich während der letzten Tage ganz intensiv beschäftigt.
Um es gleich vorwegzunehmen: ultimative Antworten vermag ich nicht zu liefern, jedoch einige Gedankenmodelle:
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Denkbare Auslöser von Tsipras, die zum Abbruch der Verhandlungen und der Ankündigung des Referendums geführt haben könnten:
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Regieanweisung seitens interessierter Kreise mit Hegemonial-Anspruch?
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Der wohlschmeckende Varoufakis-Cocktail, bestehend aus weitergedachten Grundsubstanzen von John Maynard Keynes (Stichwort: surplus recycling mechanism – globale Regeln zum Ausgleich von Handelsungleichgewichten mittels einer Internationalen Clearing Union -ICU), hübsch garniert mit einer Karl-Marx-Kirsche.
Es dürfte kaum verwundern, dass solches Gedankengut bei durchgegrünten und linken Protagonisten einer Europäischen Schulden- und Sozialunion, sehr geschätzt wird.
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Die Rede ist von einem ‚modest proposal‚ welches Yannis Varoufakis zusammen mit Jamie Galbraith verfasste. Darin wird u.a. der Vorschlag diskutiert, künftig die Finanzierung von staatlichen Ausgabenprogrammen durch die Europäische Investitionsbank oder dem European Investment Fund durchzuführen, wobei die Refinanzierung durch Ausgabe von Anleihen erfolgen soll. Die EU-Kommission denkt bei ihrer Investitionsinitiative zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen an ebensolche Verbriefungen.
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Nach dem Wunschzettel der Autoren sollen Versicherungskonzerne und institutionelle Anleger in solche ‚Assets‘ investieren. Was dabei geflissentlich übersehen wird, ist der Umstand, dass es sich dabei schlichtweg um Privatisierungsmaßnahmen handelt, deren Attraktivität vermutlich mit angemessener Mindestverzinsung zu sichern wäre.
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Selbstverständlich ist es dabei unerheblich, dass am Ende des Tages der Steuerzahler die Zeche zahlen wird.
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Der Wunsch nach breiter Zustimmung der Bevölkerung für oder gegen weitere aufoktroyierte Sparauflagen, welche nach allen bereits zunichte gewordenen Zukunftsperspektiven der Menschen den ultimativen Schierlingsbecher bedeuten würde.
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Entgegen aller öffentlichen Versicherungen im Euro bleiben zu wollen, der heimliche Wunsch einen faktischen Austritt aus der Währungsunion zu erreichen und die Schuld dafür den Institutionen in die Schuhe zu schieben.
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Mögliche Gründe für die Haltung der Euro-Gruppe, der Euro-Finanzminister und der EU-Kommission:
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Die Referendum-Ansage muss wohl dieselbe Wirkung wie bei dem mit Weihwasser übergossenen Teufel ausgelöst haben.
Demokratie ist eben nur schön, wenn damit der eigene Machtgewinn gesteigert wird! -
Bekanntermaßen wird ja immer behauptet, dass die Teilnahme am Eurosystem unumkehrbar sei. Diese Behauptungen sind jedoch nicht zwingend haltbar, allerdings wären bei einem angedachten regulären Euro-Austritt eines Mitgliedslandes extrem hohe rechtliche Hürden zu nehmen, was einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten könnte.
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Unsere Krisenkanzlerin hatte jüngst eine alte Volksweisheit bemüht: „Wo ein Wille ist, gibt es auch einen Weg“
Diese Erkenntnis trifft unter der Maßgabe, dass sich wie im vorliegenden Fall ein Land in einem Hilfsprogramm des Euro-Rettungsschirms befindet und substantiell gegen Reformprogramme verstößt oder diese gar aufkündigt, ebenfalls zu..
Als Konsequenz bleibt der Eurozone unter Bezug auf die relevanten rechtlichen Voraussetzungen keine andere Möglichkeit, als die Hellenische Republik aus der Währungsunion auszuschließen, was von Tsipras und seiner zwischenzeitlich deutlich erkennbaren Zustimmung bei der Bevölkerung zumindest heimlich als Schenkelklopfer wahrgenommen werden könnte.
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Meines Erachtens war genau dieser sehr wichtige Punkt der Auslöser für das unselige Verhalten der Europäischen Verhandlungspartner und die daraus resultierenden Sorgen, sich alsbald im Auge eines nicht vorhersehbaren Sturms zu befinden.
Die einseitige Beendigung der Verhandlungen ließ vermutlich diesbezügliche Sorgen aufflammen.
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Kommen wir zu einem letzten Punkt:
Nach eigenen Ansagen wollen die Euro-Alkis ja nur helfen (Hört! Hört!), sagen dabei aber nicht, wem sie helfen wollen (ist auch nicht mehr wichtig, wir haben bereits erlebt, wer too big to jail ist, oder ?).
Gleichwohl nimmt man vielleicht kopfschüttelnd zur Kenntnis, dass sich genau jene Entdrückten darüber beklagt haben und vermutlich noch tun, dass sie als Überreaktion für ihr Verhalten Undank und Beschimpfungen ernten?
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Betrachtet man die unrühmlichen Rolle der EZB, dessen Präsident alles andere als eine weiße Weste hat und offenbar ein glühender Verehrer von Machiavelli’s Zyklen-Theorie zu sein scheint.
Man mag sich an die Londoner Investmentkonferenz in 2012 erinnern, wo Draghi den Euro unter anderem als “unumkehrbar” bezeichnete und bekräftigte, dass die Europäische Zentralbank im Rahmen ihres Mandats alles Erforderliche tun werde, um den Euro zu erhalten. “Und glauben Sie mir, das wird reichen”, fügte er hinzu.
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Was mir zusammen mit vielen anderen Beobachtern schon lange auf den Zeiger geht, ist die Tatsache, dass sich diese Figur ohne jegliche demokratische Legitimität zunehmend als politischer Taktgeber aufspielt und dabei -wie übrigens die meisten europäischen Politpuppets- völlig ausblendet, dass der Kaiser splitterfasernackt ist.
Dies ficht ihn offenbar genau so wenig an, wie die Politblender, die immer wieder aufs Neue den europäischen Völkern vorbeten, wie erfolgreich doch die verordnete Austeritäts- und Sparpolitik in Irland, Spanien und Portugal verlaufen sei.
Dem vermeintlich dummen Volk wird dabei vorsätzlich verschwiegen, dass
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Irland (neben Luxemburg) noch immer als ein beliebtes Steuerparadies für Konzerne wahrgenommen wird und besagter Musterschüler den leichten Rückgang der Arbeitslosenquote dem Umstand verdankt, dass seit 2012 mindestens 110,000 Iren ihrem Heimatland den Rücken gekehrt haben
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Spanien zwar im laufenden Jahr einen erfolgreichen Wachstumskurs anpeilt .. die Euro-Schnurgel feiern bereits ein voraussichtliches Wirtschaftswachstum von 3 % .. wobei unterschlagen wird, dass dieses Wachstum ebenfalls im laufenden Jahr mit einem Haushaltsdefizit von ca. 6 % erkauft wird. Da stellt sich doch die berechtigte Frage, warum Griechenland den erdrosselnden Reformpaketen folgen soll und man dort einen Haushaltsüberschuss von 1,5 % erwartet, während man in Spanien beide Augen plus ungezählte Hühneraugen zudrückt ?
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Portugal, angeblich auch einem guten Weg mit rückläufiger Arbeitslosigkeit … bei rund 95,000 Menschen, die bereits ausgewandert sind (vorwiegende Ziele Angola und Brasilien) eigentlich kein Wunder, oder ?
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Bleiben wir noch bei der EZB, die es nach dem überwältigenden Όχι-Votum in Griechenland morgen in der Hand haben wird, den ELA-Rahmen beizubehalten oder zumindest leicht nach oben anzupassen.
Meine Prognose:
Man wird sich nicht bewegen und dies mit den bisherigen grenzwertigen Entscheidungen begründen, oder auch nicht.
Damit zwingt man Griechenland (natürlich unbeabsichtigt) mit Coupons, Schuldscheinen oder sonstigen Parallelvarianten den GREXIT vorzubereiten.
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Wie nach dem Votum der Griechen zu hören war, will sich Frau Merkel morgen mit dem französischen Staatspräsidenten treffen, um weitere Schritte in Sachen Griechenland für den am Dienstag einberufenen Krisengipfel zu beraten.
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Sollte sie Griechenland weiter im Euro halten wollen, wird das Geld kosten … richtiges Geld!
Ihre eigene Fraktion wird vermutlich ebenso wie der Koalitionspartner not amused reagieren, ebenso wenig, wie deutsche oder gar europäische Steuerzahler, die ihre eigenen Felle davon schwimmen sehen!
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Abschließend noch einige Bemerkungen zu den vielfältigen Solidaritätsbekundungen für Griechenland und dem eher zynisch anmutenden tiefen Verständnis zur Lage der griechischen Bevölkerung:
Von allen Parteien im Deutschen Bundestag wurde diesbezüglich geheuchelt, dass sich die Balken biegen.
Von schwarz-rot war in diesem Zusammenhang wohl kaum etwas anderes zu erwarten. Mehr als erstaunlich jedoch mag man die fast deckungsgleichen, in Einzelfällen mit Krokodilstränen unterstützen Äußerungen der durchgegrünten und insbesondere den linken Menschenfreunden empfinden.
Wären solche Bekundungen wirklich ernst gemeint, so hätte man durchaus ungezählte LKWs mit Hilfsgütern aller Art auf den Weg bringen können. Die Damen und Herren Abgeordnete (wobei die solidaritätsbewußten EU-Parlamentarier nicht auszunehmen sind) hätten problemlos in die eigenen Taschen greifen können und mal völlig schmerzfrei € 5000 pro Person und steuerermäßigend in den Ring werfen können, um zumindest die dringlichsten Güter für unter unsäglichen Entbehrungen leidenden Griechen zu ermöglichen.
Ich bin mir sicher, dies hätte zu Image-Gewinnen der Abgeordneten und ihrer Parteien geführt und bei entsprechender öffentlichkeitswirksamer Berichterstattung viele Deutsche dazu animiert, sich einer solchen Aktion anzuschließen.
Mehr noch:
Unser so auf die Gesundheit der Menschen bedachtes Gesundheitsministerium hätte, was man übrigens noch immer tun kann, per Rundschreiben alle Klinken in Deutschland bitten/anweisen können, abgelaufene Medikamente, die tonnenweise von den Stationsschwestern entsorgt werden müssen, griechischen Ärzten kostenlos zur Verfügung zu stellen, sofern gewährleistet ist, dass deren Wirkung sich auch noch 4 Wochen nach dem Verfallsdatum entfaltet.
Vermutlich würde sich auch noch intaktes Fluggerät der Bundeswehr finden, um die Beförderung per Übungsflug nach Athen oder Thessaloniki sicherzustellen.
Fazit
Da all dies und vieles mehr ausgeblieben ist, bleibt der Vorwurf heuchlerischer Solidarität seitens der Euro-Priesterschaft.
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Zu guter Letzt:
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Gratulation an die Regierung Tsipras und das griechische Volk, die den europäischen Völkern einmal mehr gezeigt haben, dass Griechenland völlig zu Recht als Wiege der Demokratie gilt.
Das mehrheitliche Votum der griechischen Wähler zeigt deutlich, dass Gandhis im Eingangs-Zitat dargestellte Empfehlung auf Widerhall gestossen ist.
Wäre es nicht überaus wünschenswert, dass diese heutige Plesbizit-Lektion -gerne auch zum Verdruss mancher Volldemokraten- auf andere Länder überschwappt ?
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Ihr Oeconomicus
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korrespondierende Beiträge
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10.07.2015
Hellenische Impressionen
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06.07.2015
„Zusätzliche Argumente für Nein“
EU versuchte Veröffentlichung eines IWF-Berichts zu Griechenland zu verhindern
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22.06.2015
Nächster Akt der €/EU-Kernschmelze oder Weiterwursteln nach der ‘Methode Monnet’ ?
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24.02.2015
Fälligkeiten griechischer Schuldtitel in 2015
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30.09.2014
CatasTroika und die Drahtzieher der Krise
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16.02.2014
Troika agierte in Griechenland wie ein Schlachter
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17.04.2013
Erläuterungen zu dem Begriff “Schuldentragfähigkeit”
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04.08.2012
Emergency Liquidity Assistance (ELA) und die Rolle der EZB im griechischen Drama
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10.01.2012
Quo vadis € – Quo vadis Europa?
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01.11.2011
Frank Schirrmacher †:
Demokratie ist Ramsch
Wer das Volk fragt, wird zur Bedrohung Europas.
Das ist die Botschaft der Märkte und seit vierundzwanzig Stunden auch der Politik. Wir erleben den Kurssturz des Republikanischen.
[…]
FAZ
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07.06.2011
Akropolis .. Adieu ?
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Gute-Nacht-Geschichten für Erwachsene
Veröffentlicht: 16. Oktober 2012 Abgelegt unter: BEWERTUNGEN ZUM ZEITGESCHEHEN, FINANZ-MÄRKTE | Tags: EZB, Friedhelm Busch, Geldpolitik, Inflation, Peter Bofinger, Rezession, statistischer Warenkorb, Zinsen Hinterlasse einen KommentarDie Busch-Trommel
Gute-Nacht-Geschichten für Erwachsene
Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat einen hohen Preis: sie führt zur Inflation. Sie vernichtet langsam das angesparte Vermögen und entwertet die ausgezahlte Rente. Vor diesem Hintergrund ist die offizielle Statistik mit Vorsicht zu genießen.
Es fällt auf: Seit dem Versprechen der EZB, unter bestimmten Voraussetzungen Staatsanleihen von Euro-Mitgliedern in unbegrenzter Höhe anzukaufen, versuchen immer mehr Politiker, Wissenschaftler, Finanzmarktexperten oder auch Journalisten lautstark und wortgewaltig, die Gefahren dieser Entscheidung für die Preisstabilität herunterzureden. Gleichzeitig aber steigt in Deutschland gerade wegen dieser angekündigten Geldschwemme die Angst der Bürger vor der Inflation.
Der gewerkschaftsnahe Wirtschaftsweise Bofinger z.B. verspottet diese Sorgen als typisch deutsche Neurose, die Inflation käme doch nicht plötzlich über uns wie eine Schweinegrippe; andere Stimmen aus Wissenschaft und Wirtschaft sehen angesichts drohender Rezessionsgefahren wegen weltweit steigender Arbeitslosigkeit und sinkender Kapazitätsauslastungen eher eine Deflation denn eine Inflation über uns hereinbrechen, und unsere Politik weiß die Stabilität des Euro bei der EZB in sicheren Händen. Käme es eines fernen Tages tatsächlich zu inflationären Preissteigerungen, so unsere politische Führung, dann hätte die EZB ganz bestimmt genügend Instrumente in ihrem Koffer, um gegenzuhalten. So könne sie ja die im Bankenbereich vagabundierende Geldmenge wieder einsammeln oder gar die Leitzinsen anheben. Zudem sei die aktuelle Geldschwemme der Notenbanken gar nicht im allgemeinen Wirtschaftskreislauf angekommen, mithin auch nicht nachfragewirksam.
Wozu also die ganze Aufregung?
[…]
Warenkorb entspricht nicht der Realität
[…]
Dass die Zusammensetzung des statistischen „Warenkorbes“ jedoch nur wenig zu tun hat mit den wirklichen Belastungen und Ausgaben eines normalen Bundesbürgers, das ist seit Jahrzehnten ein Aufreger-Thema wohl jeder Wirtschaftsredaktionen, könnte also auch dem letzten Statistik-Gläubigen bekannt sein. Dennoch eignet sich diese Zahl offenbar vorzüglich als beruhigende Gute-Nacht-Geschichte, mit der man die Bundesbürger in den Schlaf zu lullen versucht.
weiter mit der ‚Buschtrommel‘
Deutschland’s implizite Staats-Schulden
Veröffentlicht: 10. Juli 2012 Abgelegt unter: Bernd Raffelhüschen, DEUTSCHLAND - GERMANY, implizite Verschuldung | Tags: Assenagon Asset Management S.A., Beatrice Weder di Mauro, Bert Rürup, Dr. Martin W. Hüfner, Eidgenössische Finanzverwaltung, Föderalismusreform, implizite Staats-Schulden, Pension, Peter Bofinger, Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, Prof. Dr. Norbert Berthold, Wolfgang Franz, Wolfgang Wiegard Hinterlasse einen KommentarDeutschland’s implizite Staats-Schulden
„Ein Beamter weiß, am Ende kriege ich meine Pension ja sowieso“
Wirtschaftsjournalist schätzt Pensionskosten für die Babyboomer-Generation auf 1,4 Billionen Euro
Schon in Kürze kommen auf Länder, Kommunen und den Bund gigantische Summen für die Versorgung ihrer Ruhestandsbeamten zu, sagt der Journalist Christoph Birnbaum. Er spricht von einer „Katastrophe mit Ansage“, denn in den öffentlichen Haushalten wurden dafür keinerlei Rücklagen gebildet.
Christoph Birnbaum im Gespräch mit Britta Bürger – dradio – 10.07.2012
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Um den interessierten LeserINNen einen breiteren Zugang zu diesem Thema zu ermöglichen, soll unter dieser Rubrik eine Dokumenten-Sammlung entstehen.
Sie alle sind dabei herzlich eingeladen, auf relevante Fundstücke aufmerksam zu machen bzw. hier einzustellen.
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Vielen Dank für die geschätzte Mitwirkung.
Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbes. Wirtschaftsordnung und Sozialpolitik – Prof. Dr. Norbert Berthold
Wirksame Begrenzung von Staatsverschuldung auf europäischer Ebene
Diskussions-Beitrag von Daniel Koch
Inhalt
1 Einleitung ……………………………………………………………………………………………………….1
2 Notwendigkeit der Staatsschuldbegrenzung …………………………………………………………….1
2.1 Explizite und implizite Staatsverschuldung…………………………………………………………….2
2.2 Auswirkungen der Staatsverschuldung…………………………………………………………………3
2.3 Staatsverschuldung als nützliches Instrument ……………………………………………………….4
2.4 Entstehung von Staatsverschuldung…………………………………………………………………….5
2.5 Grundsätzliche Anforderungen an Begrenzungskonzepte ………………………………………….6
3 Kriterien an wirksame Begrenzungsregeln ………………………………………………………………8
3.1 Ziele der Staatsschuldbegrenzung……………………………………………………………………….8
3.2 Prinzipien der Staatsschuldbegrenzung…………………………………………………………………9
3.3 Die Bewertungsmatrix…………………………………………………………………………………….10
3.3.1 Kriterien zum Universalitätsprinzip ………………………………………………………………… 12
3.3.2 Kriterien zum Nachhaltigkeitsprinzip……………………………………………………………….. 12
3.3.3 Kriterien zum Durchsetzbarkeitsprinzip …………………………………………………………… 13
3.3.4 Kriterien zum Transparenzprinzip…………………………………………………………………… 15
3.3.5 Darstellung der ökonomischen Bewertungsmatrix………………………………………………. 15
4 Ein Vorschlag zur Begrenzung der europäischen Verschuldung ………………………………….. 16
4.1 Überblick……………………………………………………………………………………………………..16
4.2 Universalität: Bekämpfung der impliziten Staatsverschuldung …………………………………..18
4.3 Nachhaltigkeit: Struktureller Puffer, Goldene Regel, Schuldenverbot …………………………..19
4.4 Durchsetzbarkeit: Das Bundesbankprinzip…………………………………………………………….20
4.5 Transparenz: Bürgerberichte ……………………………………………………………………………24
5 Fazit ……………………………………………………………………………………………………………. 25
Zum Dokument – PDF [34 Seiten]
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Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Expertise im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie — März 2007
„Staatsverschuldung wirksam begrenzen“
Vorwort
1. Am 8. März 2007 nahm die Kommission aus Bundestag und Bundesrat für die „Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen“ im Rahmen der Föderalismusreform II die Arbeit auf.
Neben einer Lockerung der finanziellen Verflechtungen aufgrund des Steuerverbunds und des Finanzausgleichs soll es um die Entwicklung und Etablierung neuer Regeln zur Begrenzung der Staatsverschuldung gehen.
Solche Regeln sind dringend erforderlich, da sich die bisherigen Normen
− namentlich Artikel 115 Grundgesetz und die entsprechenden Vorschriften in den Landesverfassungen
− als ungeeignete Verschuldungsbremsen erwiesen haben. Vor diesem Hintergrund
wurde der Sachverständigenrat am 15. November 2006 vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie gebeten, mit einem wissenschaftlich fundierten Lösungskonzept für eine Begrenzung der öffentlichen Verschuldung zur Meinungsbildung in der Bundesregierung beizutragen. Mit der vorliegenden Expertise „Staatsverschuldung wirksam begrenzen“ ist der Sachverständigenrat diesem Auftrag nachgekommen.
2. Ein Mitglied des Sachverständigenrates, Peter Bofinger, sieht sich abermals nicht in der Lage, zentrale Inhalte dieser Expertise mitzutragen. Die Mitarbeit erschöpfte sich daher in einem Minderheitsvotum.
3. Eine besondere Unterstützung erfuhr die Arbeit des Sachverständigenrates durch Herrn Professor Dr. Ferdinand Kirchhof, Tübingen. Er erstellte eine Analyse zu den Möglichkeiten von Sanktionen bei einer Überschreitung des verfassungsrechtlichen Kreditlimits und diskutierte die damit im Zusammenhang stehenden Probleme und Detailfragen ausführlich mit dem Sachverständigenrat.
Ihm gilt für seine fachliche Beratung und seine außerordentliche Kooperationsbereitschaft unser ganz besonderer Dank.
4. Die Eidgenössische Finanzverwaltung der Schweiz hat mit detaillierten Informationen zum Schweizer Modell der Schuldenbremse und einem intensiven Erfahrungsaustausch wertvolle Anregungen zu dieser Expertise geliefert. Unser herzlicher Dank geht stellvertretend an die Herren Alain Geier, Dr. Peter Siegenthaler und Dr. Fritz Zurbrügg.
5. Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin hat uns umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung gestellt.
6. Die Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt und seinen Mitarbeitern war auch bei der Erstellung dieser Analyse wieder ausgezeichnet.
Besonders Mitarbeiter aus den Fachreferaten „Staat“ innerhalb der „Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen“ und „Öffentlicher Gesamthaushalt“ (Finanzstatistik) haben als Grundlage für diese Expertise umfangreiches Datenmaterial zusammengestellt und den Rat in Detailfragen beraten. Trotz dieser hervorragenden Unterstützung konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht alle Datenprobleme erschöpfend geklärt werden.
7. In gewohnter und bewährter Art und Weise haben die Angehörigen der Verbindungsstelle zwischen dem Statistischen Bundesamt und dem Sachverständigenrat bei der Erstellung dieser Untersuchung einen engagierten und wertvollen Beitrag geleistet:
Anita Demir, Wolfgang Glöckler, Birgit Hein, Klaus-Peter Klein, Uwe Krüger, Volker Schmitt, Hans-Jürgen Schwab und Beate Zanni.
8. Die vorliegende Expertise, die zusätzlich zu den laufenden Arbeiten erstellt wurde, hätte der Rat ohne den unermüdlichen Einsatz des wissenschaftlichen Stabes nicht erstellen können.
Ein ganz herzlicher Dank geht deshalb an Dr. Oliver Bode, Dr. Katrin Forster-van Aerssen, Dr. Martin Gasche, Dr. Bodo Herzog, Alexander Herzog-Stein, PhD, Dr. Jörg Rahn, Diplom-Volkswirtin Anna Rosinus und Dr. Hannes Schellhorn.
Ein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang Dr. Stephan Kohns. Als Generalsekretär des wissenschaftlichen Stabes hat er nicht nur dessen Arbeiten koordiniert, von ihm gingen auch wichtige inhaltliche Anregungen aus. Ohne seine analytischen Fähigkeiten und sein organisatorisches Talent hätte der Rat diesen Reformvorschlag in der knapp bemessenen Zeit nicht entwickeln können.
9. Fehler und Mängel, die diese Expertise enthält, gehen allein zu Lasten der Unterzeichner.
Wiesbaden, 9. März 2007
Peter Bofinger – Wolfgang Franz – Bert Rürup – Beatrice Weder di Mauro – Wolfgang Wiegard
Zur Analyse – PDF [205 Seiten]
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Risikofaktor implizite Staatsverschuldung
ein Kommentar von Dr. Martin W. Hüfner, Chief Economist, Assenagon Asset Management S.A.
Jeder weiß, dass es neben der offiziellen Staatsverschuldung auch noch eine implizite Verschuldung gibt. Das sind die Leistungsversprechen der öffentlichen Hand, die nicht durch entsprechende Einnahmen gedeckt sind. Dazu gehören neben den Beamtenpensionen zum Beispiel auch die Zuschüsse zur Rentenversicherung sowie die Deckungslücken bei der Pflege- und Krankenversicherung. In Deutschland wird die implizite Verschuldung seit vielen Jahren von dem bekannten Freiburger Professor Bernd Raffelhüschen berechnet. Vor kurzem hat er eine Aktualisierung seiner Zahlen vorgelegt. Sie enthält eine Reihe von Erkenntnissen, die auch mir bisher nicht so bewusst waren.
Hier einige Highlights.
RiskNET – 12. Juli 2012, 15:32
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Staatsverschuldung 1950-2011 – Generationenvertrag ade – H.W. Sinn – 2012
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Saldenmechanik: ein Ansatzpunkt für die Weiterentwicklung der makro-ökonomischen Theorie?
Archiv-Beitrag
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follow-up, 09. Juli 2012
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Von Schulden die man sieht und solchen, die man nicht sieht
Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, erläutert in seinem Vortrag mit dem Titel „Von Schulden die man sieht und solchen, die man nicht sieht: Eine Generationenbilanz“ die Konsequenzen des demographischen Wandels für die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Sozialpolitik. Insbesondere seine kritische Analyse bezüglich der Nachhaltigkeit des Sozialversicherungssystems zeigt: Wenn nichts unternommen wird, um die Hypotheken zu Lasten zukünftiger Generationen abzubauen, dann wirft dies zwangsläufig ein Akzeptanzproblem der jungen Generation auf. Würde der Staat wie ein ehrbarer Kaufmann bilanzieren, so würde er zukünftigen Generationen eine negative Erbschaft in Höhe von über zwei Inlandsprodukten (5 Billionen Euro) ausweisen.
Raffelhüschen – korrespondierende Präsentationsdokumente
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„Banken beteiligen sich null Prozent an der Griechen-Rettung“
Veröffentlicht: 23. Juli 2011 Abgelegt unter: GRIECHENLAND / GREECE | Tags: Banken, EFSF, GRIECHENLAND / GREECE, Josef Ackermann, Peter Bofinger, Schuldenschnitt, Zinsen Hinterlasse einen Kommentar„Banken beteiligen sich null Prozent an der Griechen-Rettung“
Die Banken sind die Sieger des Euro-Sondergipfels. So interpretiert der Wirtschaftsweie Peter Bofinger den Gipfel-Beschluss. „Mein Eindruck ist: Die Banken steuern null Prozent zur Rettung bei“, so der 56-Jährige gegenüber
Sachverständigen-Rat – Kritik an Bofinger & mehr (updates)
Veröffentlicht: 1. Januar 2005 Abgelegt unter: Buch-Tipps & Literatur-Empfehlungen, Peter Bofinger, Prognosen/Economic Outlooks | Tags: Binnennachfrage, BIZ-Quartalsbericht 12/2005, deutsche Wiedervereinigung, Jahresgutachten 2004/05, Jahresgutachten 2005/06, Lohnnebenkosten, Peter Bofinger, Sachverständigen-Rat, Sozialstaat, Wolfgang Franz, Zitat Hinterlasse einen KommentarSachverständigen-Rat – Kritik an Bofinger & mehr
Das Mitglied des Sachverständigenrats Peter Bofinger wird immer heftiger kritisiert. «Bofinger ist nicht teamfähig. Er hatte sich in etlichen Interviews vor der Erstellung des Jahresgutachtens so auf seine spezielle Meinung festgelegt, dass er im Rat zu keinen Kompromissen bereit war», sagte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Wolfgang Franz, der «Welt am Sonntag», wie die Zeitung am Samstag vorab berichtete. […]
Franz übte auch Kritik am Buch Bofingers «Wir sind besser als wir glauben», das schon kurz nach Veröffentlichung des Jahresgutachtens des Rates erschien:
«Das war quasi eine Anti-Sachverständigenrats-Publikation. Bofinger hat mit seinem Verhalten die Institution des Rats beschädigt. Das ist der schlimmste Vorwurf, den man einem Mitglied machen kann», sagte der ZEW-Präsident.
[…]
In dem Buch versucht Bofinger klarzustellen, dass die von allen Seiten immer wieder geforderten einschneidenden Sozialreformen so nicht notwendig sind. Die Lohnnebenkosten sind nach Meinung von Bofinger nur so hoch, weil mit ihnen versteckt die deutsche Wiedervereinigung finanziert wurde und die eigentlich notwendigen Steuererhöhungen ausgeblieben sind.
Anstelle einer «Wende zum Weniger», Kürzungen bei Staatsausgaben, Sozialstaat und Jobsicherheit, bedürfe es eines «dynamischen Durchbruchs nach vorn», meint Bofinger, der sich dabei auf die Theorien des Ökonomen John Maynard Keynes stützt und gerade in der schwachen deutschen Binnennachfrage das Kernproblem sieht.
[…]
Handelsblatt
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Jahresgutachten 2004/05
Titel: ERFOLGE IM AUSLAND – HERAUSFORDERUNGEN IM INLAND
PDF [1077 Seiten]
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follow-up, Dezember 2005
Jahresgutachten 2005/06
Titel: DIE CHANCE NUTZEN – REFORMEN MUTIG VORANBRINGEN
PDF [680 Seiten]
Auszug
Neben vielen anderen Textstellen halte ich Peter Bofinger’s nachfolgende Einschätzungen für besonders bemerkenswert:
Fazit zu Kapitalmarkt und Finanzintermediäre: Unternehmensfinanzierung im Wandel – Seite 492 ff.
„740. Das deutsche Finanzsystem befindet sich in einem grundlegenden Wandel hin zu einer stärkeren Marktorientierung. Dieser eröffnet den Unternehmen einerseits vielfältigere Finanzierungsmöglichkeiten, andererseits sind aber die Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Unternehmensleitung
und -kontrolle sowie der Transparenz, deutlich gestiegen. Zwar gibt die Entwicklung weg vom traditionell bankbasierten hin zu einem stärker marktbasierten System grundsätzlich keinen Anlass zur Besorgnis. Die in diesem Jahr geführten Debatten haben aber gezeigt, dass die mit dem Wandel einhergehenden Herausforderungen mitunter auch als Bedrohung empfunden werden.
Dies gilt zum einen für die zunehmenden Aktivitäten von Hedge-Fonds und anderer Finanzinvestoren. Zum anderen wurde in den letzten Jahren vor allem von mittelständischen Unternehmen über eine Verschlechterung ihrer Finanzierungsbedingungen geklagt.741. Eine differenzierte Betrachtung der Debatte um Finanzinvestoren und Hedge-Fonds zeigt allerdings, dass viele der genannten Argumente deutlich zu kurz greifen oder verschiedene Risiken vermischt wurden.
Anders als gelegentlich behauptet gehen von den Aktivitäten sowohl der Hedge-Fonds als auch der Private Equity-Gesellschaften keine wesentlichen Risiken für Unternehmen oder Anleger aus. Im Hinblick auf einen stärkeren Anlegerschutz oder einen Schutz der Unternehmen besteht somit kein bedeutender Handlungsbedarf.
Erhöhte Aufmerksamkeit erfordert hingegen die mit den Aktivitäten von Hedge-Fonds verbundene mögliche Gefährdung der internationalen Finanzstabilität. International abgestimmte Regulierungsmaßnahmen, die auf eine Erhöhung der Transparenz über die Positionen von Hedge-Fonds und damit auf eine Verbesserung der Risikoeinschätzung der Gegenparteien abzielen, könnten hierbei durchaus zu einer Minderung dieses Risikos beitragen.
Sinnvoll und umsetzbar erscheinen die Vorschläge der Counterparty Risk Management Policy Group II (Corrigan-Bericht), die eine Intensivierung des Informationsaustauschs zwischen allen relevanten Marktteilnehmern auf freiwilliger Basis vorsehen.
Von nationalen Alleingängen sollte hingegen bei der Regulierung von Hedge-Fonds abgesehen werden. Diese wären bestenfalls wirkungslos.
Schwerwiegender wäre allerdings die mögliche Schwächung des Finanzplatzes, die durch eine Abwanderung dieser Finanzmarktakteure an andere Finanzplätze verursacht würde.
[…]“