Russland, Ukraine und der Westen – Begriffsbestimmungen

zur Einstimmung:
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„Bevor ihr euch streitet klärt die Begriffe.
Wenn die Worte nicht stimmen, dann ist das Gesagte nicht das Gemeinte.
Wenn das, was gesagt wird, nicht stimmt, dann stimmen die Werke nicht.
Gedeihen die Werke nicht, so verderben Sitten und Künste.
Darum achte man darauf, dass die Worte stimmen.
Das ist das Wichtigste von allem.“
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[Konfuzius:
Auszug aus Buch XIII – Lunyu-Gespräche – 3. Staatsregierung – Richtigstellung der Begriffe]
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Russland, Ukraine und der Westen
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Seit Monaten wird uns gebetsmühlenartig seitens des Mainstream oder Friedenspolitikern diesseits und jenseits transatlantischer Brücken der eigentliche Grund für Sanktionen gegen Russland und diverser NATO-Aktivitäten vorgebetet:
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Die (sogenannte) völkerrechtswidrige Annexion der Krim!
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Da vermutlich nur Bruchteil der an diesem Thema Interessierten ein solches Dogma hinterfragen oder sich gar zu einer rechtlichen Bewertung in der Lage sehen, könnte eine Begriffsbestimmung und deren Analyse durch Frau Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz (aus Dezember 2014) für eine etwas ausgewogenere Sichtweise der Dinge beitragen.
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Vortrag von Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz
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Mitschrieb (Auszug):
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„Wir sprechen hier alle von Völkerrechtsverletzungen und Annexion und ich werde Ihnen jetzt zeigen, dass die Geschichte so einfach nicht ist. Ich will Sie wirklich nicht verwirren, aber die folgende Aufzählung soll Ihnen zeigen, wie vielschichtig dieses Thema ist, das sich wahrlich nicht für reißerische Schlagzeilen eignet.“
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„Hat Russland völkerrechtliche Ansprüche der Ukraine verletzt ? – JA !
Hat Russland die Krim annektiert ? – NEIN !
Waren Referendum um Abspaltung der Krim völkerrechtswidrig ? – NEIN !
War es also rechtens ? – NEIN !
Das verstieß gegen die ukrainische Verfassung, aber das ist keine Frage des Völkerrechts !
Hätte Russland den Beitritt der Krim ablehnen müssen ? – NEIN ! … denn was hat Russland mit der ukrainischen Verfassung zu tun ?
Hat Russland also völkerrechtsgemäß gehandelt ? – NEIN ! … denn die militärische Präsenz auf der Krim außerhalb der Pachtverträge – also dieser Gebiete die zulässig waren – das war völkerrechtswidrig, da hatten die Russen und das russische Militär nichts zu suchen.
Folgt also daraus, dass die Abspaltung der Krim null und nichtig war und deshalb der Beitritt zu Russland im Grunde eben doch eine Annexion ? – NEIN !“
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„Ich werde jetzt versuchen das aufzulösen und es ist deshalb so wichtig, weil der Begriff Annexion eine schwerwiegende Bedeutung hat. Eine Annexion bietet der Internationalen Völkergemeinschaft das Recht militärisch einzugreifen. Ansonsten ist das Völkerrecht auf Gewalt-Verbot ausgerichtet, aber bei einer Annexion kann das grundsätzlich geltende Gewalt-Verbot ausgehebelt werden.“
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„Gerade in aufgeheizten, heiklen Situationen ist Präzision das Gebot der Stunde.
Deshalb möchte ich noch ein paar Bemerkungen zu einem anderen Vorgang machen, der für viel Aufregung gesorgt hat.“
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„Sie erinnern sich noch an die westlichen Militärbeobachter, die in der Ost-Ukraine in Geiselhaft geraten sind. Zu Beginn war in den Nachrichten von OSZE-Beobachtern die Rede. Dann von OSZE-Militärbeobachtern. Und als das OSZE zunehmend angezweifelt wurde, tauchte plötzlich der Begriff „Wiener Dokument“ auf, welches die legitime Basis für einen solchen Einsatz bieten sollte.
Das ist der Grund dafür, dass sich belegbare Fakten nicht breit durchsetzen.
Unpräzise, schlampige Sprache, schlechte Recherche, Interessen!“
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„Die damals etwa 140 OSZE-Beobachter, die in allen Teilen der Ukraine unterwegs waren, haben ihre Arbeit unbehelligt erledigen können. In deren Mission war ein unabhängiges Monitoring diplomatischer Art von allen Seiten akzeptiert.
Das Mandat lautete: Dialog fördern – Spannungen abbauen.“
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„Noch in der Nacht der Geiselnahme äußerte sich der Vertreter des OSZE-Krisenpräventions-Zentrums zum Vorwurf, keine ausreichende Risikoeinschätzung vorgenommen zu haben, folgendermaßen:“
„Wir haben keine Risikoeinschätzung gemacht, weil das nicht unsere Leute sind!“
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So weit der Auszug des Mitschriebes.
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Besten Dank für die geschätzte Aufmerksamkeit, verbunden mit der Hoffnung, dass wir Alle im Sinne von Konfuzius noch sehr viel mehr auf die Klärung der Begriffe achten mögen.
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Ihr Oeconomicus
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‚Parturient montes, nascetur ridiculus mus‘

Sobald jemand große Vorbereitungen trifft, große Versprechungen macht und kaum etwas dabei herauskommt, dann zitiert man heute gerne Vers 139  der Ars poetica des römischen Dichters Horaz:

„Es kreißen die Berge, zur Welt kommt nur ein lächerliches Mäuschen”

Wollen wir uns im Moment aber an dem putzigen Ergebnis der mehrstündigen Genfer Ukraine-Konferenz erfreuen, kein Ergebnis oder gar eine Absage des wie es heißt informellen Treffens der Außenminister der USA, Russlands und der Ukraine sowie die Außenbeauftragte der EU, hätte die angespannte Lage weiter verschärft.

In einer gemeinsamen Erklärung heißt es:

„Alle Seiten müssen jede Form der Gewalt, Einschüchterung und provozierende Handlungen unterlassen. Alle illegal bewaffneten Gruppen müssen entwaffnet, alle illegal besetzten Gebäude ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden.“

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, alle Seiten seien sich einig, Schritte zur Deeskalation zu unternehmen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) solle eine führende Rolle bei der Vermittlung in der Ukraine-Krise übernehmen.
Die vier Parteien würden sich dafür einsetzen, dass ein breiter nationaler Dialog in der Ukraine in Gang komme und dass die Rechte der Bürger geschützt werden. Die prorussischen Demonstranten, die im Osten an einem Aufstand gegen die Regierung in Kiew teilnahmen, erhielten eine Amnestie, sofern sie nicht schwerer Verbrechen für schuldig befunden würden, sagte Lawrow weiter.

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Das von Qualitätsmedien als „kleine Sensation“ [s. ZDF-heute] bezeichnete Verhandlungsergebnis wird sich am Erfolg konkreter Umsetzungen der Erklärungen messen lassen müssen.

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Mit Spannung dürfen wir abwarten, wie die Botschaften bei den Konfliktparteien ankommen, insbesondere wie die Entwaffnung oder die Räumung besetzter Gebäude ganz praktisch vorgenommen werden soll und ob dem Kreis ‚illegal bewaffneter Gruppen‘ auch die US-Cowboys zugerechnet werden.

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Wenig zuversichtliche Äußerungen, wie von dem ukrainischen Regierungs-Vorturner Yatsenyuk, der sich offenbar gerne in der Rolle eines Scharfmachers sonnt,

„Russland setzt jetzt nur auf eines: auf eine weitere Zuspitzung.“

könnten hinsichtlich der Deeskalationsbemühungen eher kontraproduktiv aufgenommen werden.

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Währenddessen hielt Präsident Putin seine jährliche Q&A-Session ab, die live im russischen TV übertragen wurde:

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Auszüge aus dem Transcript:

KIRILL KLEYMENOV:
So far the dialogue has started between diplomats: top diplomats from the United States, Russia, the European Union and Ukraine are meeting in Geneva at this very moment. Russia is represented by Foreign Minister Sergei Lavrov. Could you outline Russia’s stance at the talks in just a few words?

VLADIMIR PUTIN:
I just did exactly that. We feel strongly that this should not be a sham dialogue between representatives of the authorities, but a dialogue with the people to find the compromise I was talking about.

[…]
Washington Post

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Unmittelbar nach den Genfer Konsultationen kam ein erstes ‚Entspannungs-Signal‘ aus Washington:

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Solche hilfreichen Angebote sollten uns keineswegs übersehen lassen, dass die amerikanischen “Falken” weiterhin Kriegshetze betreiben, wie aus dem Aufsatz des einflussreichen US-Diplomaten James F. Jeffrey in der Washington Post vom 15. April hervorgeht.

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Wünschen wir vor allem den Menschen in der Ukraine, dass der Entspannungsprozess Früchte trägt und sich für das Mäuschen hoffentlich positive Zukunfsperspektiven ergeben mögen.

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Ihr Oeconomicus

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Nachtrag

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Überraschungsgast bei Wladimir Putin
Der ehemalige Agent der NSA, der US-amerikanischen National Security Agency Edward Snowden ist überraschend via Skype einem Fernsehinterview mit dem russischen Präsidenten zugeschaltet worden. Auf Nachfrage Snowdens hat Putin hat dabei gesagt, dass Russland keine Überwachung im Stil der USA durchführt.
[…]
euronews

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Ukraine-Vereinbarung kommt gut an – Russische Börse legt kräftig zu
Mit Erleichterung reagieren die russischen Börsianer auf die Einigung der Außenminister zur Ukraine. Der Leitindex RTS zieht ordentlich an. Sehr stark präsentieren sich auf dem Moskauer Parkett die Energiewerte.
[…]
teleboerse


Bereits 50 ausländische Beobachter beim Referendum registriert

Die Referendum-Kommission auf der Krim hat 50 Abstimmungsbeobachter aus 21 Ländern registriert, teilte Michail Malyschew, Leiter der Kommission, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Simferopol mit.

„Wir haben 50 Politiker und Beobachter aus 21 Ländern registriert, darunter aus Israel, den USA, Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland“

sagte er.

Es handle sich um Parlamentsabgeordnete aus West- und Osteuropa sowie aus dem Europaparlament.

[…]
RIA Novosti


Lasst uns Europa retten

Lasst uns Europa retten
ein Essay von Antonio Puri Purini

[ Antonio Puri Purini war von 2005 bis 2009 Botschafter der Republik Italien in Berlin.
Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen vor allem die Frage Europas,
das Mittelmeer und die Beziehungen zu den USA. ]

Die Union lebt von Werten und Regeln. Es ist die Aufgabe jedes Bürgers in Europa, gegen instinktive Abwehrreflexe das gemeinsame Zugehörigkeitsgefühl zu stärken. Der Erfolg Europas lässt sich nur dann erreichen, wenn die Europäer die Existenz gemeinsamer Interessen erkennen. Eine treibende Kraft dieses Gemeinsamkeitsgefühls ist die Kultur. Die unverzeihlichen Fehler der europäischen Elite haben 1914 unserem Kontinent das Tor zum Abgrund aufgestoßen. Die europäische Kultur als Ausdruck des Kosmopolitismus starb. Heute kann die Kultur ein Bewusstsein der Zusammengehörigkeit festigen. Wenn wir uns in der Europäischen Union bewegen, erleben und genießen wir die Vielfalt, durch die ein einziger Kulturraum zum Ausdruck kommt; er führt dazu, dass Europa außerhalb unserer Grenzen als eine Einheit wahrgenommen wird.

das Essay

Es gibt keinen „Fall Italien“

Die Aufregung über die Finanzlage der Mittelmeer-Republik ist übertrieben. Die Politik hat das Problem im Griff.

Purini’s „vertrauensbildenes“ Statement

Eigentlich wären diese Artikel kaum erwähnenswert, wäre da nicht der Umstand, dass Commendatore Purini offen einräumt, kein Finanzexperte zu sein und somit indirekt eingesteht, von der Materie keine Ahnung zu haben.

Vielleich haben ihn seine Bergwanderungen mit dem italienischen Finanzminister Giulio Tremonti animiert, sich über die aus seiner Sicht stabilen finanziellen Verhältnisse Italiens zu äussern.

Statt dessen hätte er sich von Fachleuten bei einer schönen Pasta mit vorzüglichem italienischen Wein erklären lassen können, welche Schlüsse aus dem Report der Banca d’Italia an Parlament und Regierung zu ziehen sind?
Statt dessen wirft er die Frage auf, welches Interesse Tremonti daran haben könnte, von den öffentlichen Schulden abzulenken und damit seine politische Zukunft aufs Spiel zu setzen?

Die Frage könnte er sich doch selbst beantworten, es sind immer dieselben Motive, die Politiker mit allen Mitteln anwenden, um ihre machtbasierten Pfründe zu sichern.

Irgendwie erfrischend empfand ich Purini’s Hinweis, dass die Verschuldung Italiens weder von der Europäischen Kommission noch von der OSZE, noch vom Internationalen Währungsfonds kritisiert wurde.

meint Ihr Oeconomicus