Neue Luzerner Zeitung: Interview mit Prof. Wilhelm Hankel
Veröffentlicht: 10. Januar 2013 Abgelegt unter: BEWERTUNGEN ZUM ZEITGESCHEHEN, Wilhelm Hankel | Tags: Bankrottverschleppungspolitik, Cicero-Liste, EuGH, Euro-Desaster, No-Bailout-Klausel, Prof. Dr. Wilhelm Hankel, Schweizer Nationalbank, Sozial-Dividende, Sparprogramme, Troika, Unsinnsgleichung, Währungsaufwertungen 2 KommentareInterview mit Prof. Wilhelm Hankel
Die Neue Luzerner Zeitung publizierte in der heutigen Ausgabe vom Dienstag, 8. Januar 2013, ein bemerkenswertes Interview mit dem deutschen Ökonomen und Euro-Kritiker der ersten Stunde, Prof. Dr. Wilhelm Hankel. Auf einer ganzen Seite an prominenter Stelle führt der Journalist Kari Kälin ein Interview, das es wahrlich in sich hat. Es ist eine Wohltat zu lesen, mit welch messerscharfem Sachverstand Wilhelm Hankel das Euro-Desaster analysiert und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt.
Interview Kari Kälin:
Wilhelm Hankel, wie ginge es Deutschland und den Euroländern heute ohne Euro?
Wilhelm Hankel: Glänzend. Deutschland stünde wirtschaftlich besser da als die Schweiz. Die meisten Euroländer befänden sich heute nicht in einer Krisensituation.
Weshalb?
Hankel: Wir hätten eine Reihe von Wechselkursbereinigungen und Währungsaufwertungen in Staaten wie Deutschland, Österreich oder den nördlichen Ländern erlebt. Wir hätten die Inflationsgefahr im Griff. Die südlichen Krisenstaaten befänden sich dank Abwertung der eigenen Währung auf dem Weg zur Genesung. Die griechische Drachme hätte an Wert verloren. Heute gilt die Unsinnsgleichung, dass ein Euro in Griechenland so viel Wert ist wie in Deutschland. Doch die Kaufkraft liegt in Griechenland gemäss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) um 40 Prozent tiefer als in Deutschland. Mein Fazit: Ohne Euro ginge es ganz Europa besser. Die Gemeinschaftswährung hat die heutige, katastrophale Lage heraufbeschworen.
Ist der Euro noch zu retten? Oder steht er am Abgrund?
Hankel: Wahnsinn kann man nur eine gewisse Zeit lang betreiben. Was die Schweizerische Nationalbank mit den Eurokäufen macht, betreibt die EU auf monströse Weise im Grossen. Während die Schweizerische Nationalbank «nur» den Wechselkurs stabilisieren will, «rettet» die EU auf noch monströsere Weise ganze Volkswirtschaften und hält sie künstlich auf einem Stand, den sie längst nicht mehr haben. Aus währungs- und finanzpolitischer Sicht sind Staaten wie Griechenland, Spanien, Portugal bankrott. Die Euroretter vollführen eine Bankrottverschleppungspolitik, die sich nicht auf alle Ewigkeit aufrechterhalten lässt. Sie ist nicht zu bezahlen. Die Summen, die im Spiel sind, sind viel zu gross. Die Gesamtverschuldung in der südlichen Eurozone beläuft sich auf rund 13 Billionen Euro. Das entspricht viermal der jährlichen Wirtschaftsleistung Deutschlands.
Sind die Sparprogramme, welche die Troika Griechenland aufzwingt, nicht zielführend?
Hankel: Nein. Hier wird ein Patient quasi ohne Betäubung operiert. Die Euroretter erwarten auch noch, dass die Menschen die Einbußen bei den Einkommen, Renten und Sozialleistungen klaglos hinnehmen. Man kann aber gerade jungen Menschen nicht eine Zukunft ohne Perspektiven, ohne Aussicht auf eine Arbeit, zumuten. Wäre Griechenland nicht in der Eurozone, hätte es seine Währung schon vor Jahren abwerten und eine vernünftige, nationale Wirtschaftspolitik mit eigenen Wechselkursen und eigenen Zinsen verfolgen können. Die heutige Situation führt zum Beispiel dazu, dass Griechenland im eminent wichtigen Tourismussektor aus Kostengründen viele Kunden an die Türkei verloren hat. Athen wird von Brüssel fremdbestimmt.
Sie haben den Euro schon als «lebenden Leichnam» und Missgeburt bezeichnet. Dramatisieren Sie? Momentan herrscht an den Märkten ja eine relative Ruhe.
Hankel: Die Ruhe an den Märkten ist vergleichbar mit der Selbstberuhigung eines Selbstmörders, der von einem Turm springt und sich während des freien Falls sagt: «Es ist ja noch nichts passiert.» Das ist reiner Selbstbetrug.
Sehen Sie einen Ausweg aus der Eurokrise?
Hankel: Ich verrate meine konkreten Vorschläge, die ich an meinem Vortrag vom nächsten Samstag in Luzern präsentieren werde, noch nicht en détail. Die Ironie ist: Man könnte den Euro retten, indem man ihn in Kombination mit nationalen Währungen weiterführt, in einem Verbundsystem mit den von ihm verdrängten alten Währungen. Der Euro wäre dann wie im alten Goldstandard: das «Gold Europas». Wenn auch nur aus Papier oder elektronischer Materie und nicht aus dem gelben Metall. Der Euro konnte niemals nationale Währungen ersetzen, er konnte nur als Alternativwährung fungieren, eben wie früher das Gold im Goldstandard. Kehrte man dahin zurück, hätte das mehrere Vorteile. In der EU verschwände der Graben zwischen Ländern mit und ohne Euro. EU und Eurozone wären identisch. In Kombination mit der nationalen Währung könnten sogar Länder wie die Schweiz, England, Russland oder Norwegen zu Euroländern werden.
Wenn die einzelnen Staaten zu ihren Währungen, also zum Beispiel die Griechen zur Drachme, zurückkehren, hätte das doch verheerende Folgen. Die Griechen würden bei der Ankündigung dieses Schrittes zur Bank rennen und sofort ihre Guthaben sichern.
Hankel: Im Gegenteil: Die Aussicht auf Wiedereinführung der alten Währungen würde einen Freudenrausch auslösen. Nicht nur in Deutschland, wo die D-Mark fast so ein Mythos ist wie der alte Kaiser im Kyffhäuser. Man müsste den Menschen nur klarmachen, dass es sich um einen Währungs-umtausch handelt und nicht um eine Währungsreform. Und dass dieser Umtausch nicht mit einer Wertverminderung ihrer Guthaben einhergeht.
Hat der Euro nicht auch gute Seiten? Die mühsamen Wechselkurse entfallen, Touristen müssen nicht andauernd in die Wechselstube. Das ist doch unter dem Strich praktisch.
Hankel: Jede Bequemlichkeit hat ihren Preis – auch diese. Im Falle des Euros ist der Preis auf Dauer unbezahlbar. Ausserdem ist diese Bequemlichkeit billiger zu haben: am Geldautomaten im Ausland. Er kann inzwischen umrechnen.
Was ist Ihrer Ansicht nach das Grundübel am Euro?
Hankel: Der unverantwortliche Leichtsinn, mit dem Politiker zwingende ökonomische – und menschliche – Gesetze ignoriert haben. Ökonomisch ist es widersinnig, dass sich Staaten mit unterschiedlichen Volkswirtschaften eine Währung teilen. Staat und Währung gehören zusammen. Was versteht denn eine «staatenlose» Zentralbank wie die EZB von den Problemen der ihr anvertrauten 17 Länder? Die sind doch in Griechenland anders als in Deutschland oder der Schweiz. Und: Was bei 17 Euro-Ländern nicht funktioniert, wie soll denn das, wie vorgesehen, bei 28 EU-Ländern klappen? Und dann die menschliche Seite. Die Menschen manifestieren ihre Bedürfnisse mit dem Geldschein. Er lässt erkennen, was sie wirklich wollen, und auch was nicht. Man sieht es jetzt an der Flucht aus dem Euro – nicht nur in den Krisenländern der Eurozone. Einer der grossen Ökonomen der Wiener Schule: Eugen von Böhm-Bawerk, Lehrer des heute viel zitierten Friedrich August von Hayek, hat das bereits vor 100 Jahren in seinem grundlegenden Essay «Macht oder ökonomisches Gesetz?» klar gelegt. Eine Politik, die gegen ökonomische Gesetze und damit gegen menschliche Grundbedürfnisse regiert, zieht immer den Kürzeren. Diese Erfahrung machen derzeit auch die Euroretter. Nur, sie hätten sie sich – und den Menschen, für die sie da sind – ersparen können. Was jetzt passiert und noch passieren wird, war auch schon vorher klar.
Hatten diverse Staaten nach der Wiedervereinigung nicht einfach zu viel Angst vor einem starken Deutschland mit einer starken D-Mark?
Hankel: Noch bevor 1992 der Vertrag von Maastricht über die EU unterzeichnet wurde, forderten Giulio Andreotti, Margaret Thatcher und François Mitterand, die Staatchefs von Italien, Grossbritannien und Frankreich, den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl dazu auf, der Währungsunion beizutreten. In einem Brief schrieben sie, ein zu starkes Deutschland mit einer zu starken Währung störe Europa und könne nicht hingenommen werden. Nachdem der Euro eingeführt worden war, hat Frankreich als erstes Land die Stabilitätsregeln gebrochen und ein zu hohes Staatsdefizit gemacht. Deutschland zog mit, vermutlich aus Solidarität, damit Paris nicht allein als schwarzes Schaf dastand. Das war eine politische Dummheit der damaligen rot-grünen Regierung.
Sie haben 1998 vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung des Euro geklagt. Danach hatten Sie Pariastatus. Der Spiegel bezeichnet Sie als «renitenten Professor». Wie haben Sie das erlebt?
Hankel: Der Kreis meiner Fans hat sich verändert. Die Politiker meiden mich. Aber wenn ich irgendwo im Café sitze, setzen sich Menschen spontan zu mir. Ich bin mit diesem Tausch zufrieden. Politiker und Medien schneiden mich, das Volk schätzt mich. Meine Homepage wird tausendfach angeklickt. Die Menschen honorieren meinen Einsatz für sie, Deutschland und Europa. Das tut mir gut.
Die Einführung des Euros konnten Sie nicht verhindern.
Hankel: Natürlich nicht. Aber leider haben sich alle Befürchtungen, die ich zusammen mit Wissenschaftskollegen vorgebracht habe, erfüllt. Entgegen dem Eindruck in der Öffentlichkeit haben wir durch unsere Verfassungsklagen doch einiges erreicht. So hat das Gericht festgehalten, dass die Eurozone eine «Stabilitätsgemeinschaft» sein muss. Wenn dies nicht der Fall sei, habe jede deutsche Regierung das Recht, die Währungsunion wieder zu verlassen. Mit unserer zweiten Klage gegen den Euro-Rettungsfonds EFSF haben wir im Mai 2010 einen weiteren Teilerfolg erzielt, als es um die Hilfen an Griechenland ging. Das Gericht hat festgelegt, dass die Regierung nicht «auto-matisch» Budgetüberweisungen vornehmen darf. Bundeskanzlerin Angela Merkel muss jeweils vorher das Plazet des Parlaments einholen. Das verstand sich nicht von selbst. Und ausserdem gibt es dank diesem Urteil keine Eurobonds, also keine EU-Staatsanleihen.
Sie haben im letzten Sommer auch gegen den dauerhaften Rettungsschirm (ESM) geklagt.
Hankel: Das Hauptverfahren steht noch aus. Dann wird das Gericht auch prüfen, ob die Europäische Zentralbank unbeschränkt Schrottanleihen kaufen darf oder ob das den Rahmen der europäischen Gesetzgebung sprengt. Wir sind zuversichtlich. Unser bester, wenn auch unfreiwilliger Verbündeter ist der europäische Gerichtshof (EuGH). Seine Rechtsbrüche und -verdrehungen sind so unglaublich, dass sie das deutsche Verfassungsgericht gar nicht hinnehmen kann. So hat der EuGH zum Beispiel für rechtens erklärt, dass Eurostaaten für andere Eurostaaten haften – obwohl es die EU-Verträge in der No-Bailout-Klausel strikt verbieten. Doch der EuGH «hilft» den Rettern, indem er die damit verbundenen Milliardenzahlungen als «normale Kredite» interpretiert. Das ist ungeheuerlich. Denn dieses Geld finanziert keine realen Investitionen, es verschwindet in schwarzen Löchern.
Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) hat Sie wegen Ihrer Kritik am Euro als geschichtslosen Fachidioten hingestellt. Was sagen Sie ihm jetzt?
Hankel: Wenigstens hat er mir nicht die Fachkompetenz bestritten. Im Übrigen: Er hat Deutschland nur Geld gekostet hat, während ich mit dem «Bundeschätzchen», das ich in meiner Zeit als Leiter der Abteilung «Geld und Kredit» im Bundeswirtschaftsministerium Ende der 1960er-Jahre erfunden habe, der Staatskasse mehrere 100 Milliarden D-Mark eingebracht habe. Es war unser markwirtschaftliches Gegenstück zum «Volkseigentum» der früheren DDR. Der Bürger wurde mit seinen Spargroschen am Staatsvermögen beteiligt und erhielt dafür – als Quittung – ein gut und progressiv verzinstes, kursschwankungsfreies Wertpapier. Es war fast ein halbes Jahrhundert lang der Renner am deutschen Kapitalmarkt. Ausserdem wurde es x-fach imitiert: von Sparkassen, Volksbanken usw. Leider hat die Bundesregierung jetzt zu Jahresende seinen Vertrieb eingestellt, nachdem sie es schon während der letzten Jahre kaum noch verzinst hat. Es ist eine kolossale Dummheit, denn gerade jetzt kommt es darauf an, möglichst grosse Teile der Staatsschuld im Lande zu behalten – und der Bundesschatzbrief war das ideale Papier dafür.
Heute sind Sie ein viel geladener Redner, im deutschen Politmagazin «Cicero-Liste» figurieren Sie auf der Liste der 500 bedeutendsten deutschen Intellektuellen. Eine Genugtuung?
Hankel: Ja. Aber es ehrt die Juroren. Sie zeigen, dass sie Kritiker respektieren und nicht auf jeden Phrasendrescher reinfallen.
Die europäischen Staatschefs eilen von Krisengipfel zu Krisengipfel und sprechen Abermilliarden zur Rettung von Pleitestaaten wie Griechenland. Was bewirkt dieser Aktivismus überhaupt?
Hankel: Die deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaft hat das Wort «Krisenroutine» zum Unwort des Jahres gekürt. Das Skandalöse ist, dass die Politiker nicht schlecht von ihrer Krisenroutine leben. Die Spesen sind gewaltig. Nur wofür? Die Krisenroutiniers zeigen mit jedem ihrer Gipfel einmal mehr, dass sie gar kein Konzept zur Lösung der Eurokrise haben. Sie verschleudern Billionen Euro, ohne eine Bilanz vorzulegen, aus der klar ersichtlich wäre, wofür. Seit Ausbruch der Eurokrise hat allein die Europäische Zentralbank rund 5 Billionen Euro gedruckt. Oder elektronisch verschickt. Ein materieller Gegenwert dafür ist nirgends zu erkennen. Im Gegenteil: Die Wirtschaftsleistung der Eurozone geht zurück. Es handelt sich also um Geldschöpfung ohne Wertschöpfung. Tatsächlich sind die 5 Billionen sind in den Bankenapparat der Eurozone geflossen. Die Banken haben das Geld mangels ausreichender Kreditnachfrage an der Börse angelegt. Die Frage, die sich jeder stellen muss, lautet: Wann kommt der nächste Schwarze Freitag? Es gibt genügend Parallelen zu den 1920er-Jahren. Auch damals wurde die Geldmenge bei mässigem Wachstum zu stark ausgeweitet. Irgendwann platzt die Blase, weil jemand zu viele Posten auf einmal verkaufte und die Kurse einbrachen, an jenem ominösen Freitag teilweise um bis zu 90 Prozent. Das kann sich wiederholen.
Hat überhaupt noch jemand den Überblick über all die Konstrukte, dank denen die Krisenstaaten der Eurozone aus dem Schuldensumpf finden sollen?
Hankel: Nein. Und ich frage mich, ob dahinter nicht Absicht steckt. Wenn jemand den Überblick hätte, wäre das Entsetzen über die verschwundenen Billionen ja noch grösser. Die Verschleierung ist Teil der Politik der Euroretter. Kämen die ganzen Konsequenzen dieser Übung ans Tageslicht, sie wäre schnell beendet. Gibt es einen intelligenten Politiker, der längst erkannt hat, dass ein Abbruch der Eurorettung nötig wäre? Ich sehe keinen. Leider gibt es genug dumme Politiker in Europa, die die Augen zu und weiter machen.
Sind diese Rettungsschirme denn nicht eine Art Marshallplan wie nach dem Zweiten Weltkrieg, dank denen die verschuldeten Staaten wieder auf die Beine kommen könnten?
Hankel: Ich arbeitete als junger Volkswirt im deutschen Marshall-Plan-Ministerium, als dieser Plan umgesetzt wurde. Der Marshallplan ist der Beweis für die klassische Theorie, dass man Kapital nur durch Arbeit bilden kann. Und dass man, um arbeiten zu können, genügend zu essen haben muss. Um aufzubauen, muss man etwas leisten. Die Eurorettung funktioniert nach dem umgekehrten Prinzip: Geld ohne Leistung. Es wird ein Status quo zementiert. Leider ist es der der Pleite.
Die Schweizerische Nationalbank kauft grosse Mengen an Euro – Ende November sass sie auf einem Devisenbestand von 174 Milliarden Euro – um den Wechselkurs von 1.20 zu verteidigen. Können Sie das nachvollziehen?
Hankel: Ich liebe die Schweiz, aber verstehe die panische Furcht der Schweizer Behörden vor der Aufwertung des Frankens nicht. Sie ist völlig unberechtigt. Die D-Mark hat in ihren letzten 25 Lebensjahren ständig aufgewertet. Deutschland wurde in dieser Zeit nicht ärmer, sondern immer reicher. Das würde auch in der Schweiz passieren. Wer exportiert, muss auch importieren. Die Importe werden bei einer starken Währung ständig billiger, auch für Wirtschaft und Industrie. Sie gewinnt an Wettbewerbsfähigkeit. Mein früherer Chef, Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller von der SPD, sagte damals: Jede DM-Aufwertung ist eine Ausschüttung von «Sozial-Dividende an das deutsche Volk». Man kann sich mehr im Supermarkt kaufen und reist günstiger ins Ausland. Das gilt auch für die Schweiz. Die Schweizerische Nationalbank verschwendet Volksvermögen, wenn sie Geld in einer Währung anlegt, die es wahrscheinlich schon bald nicht mehr gibt. Wo bleibt da der gesunde Menschenverstand? Der Schweizer Sinn fürs Reale?
Die EU hat den Friedennobelpreis erhalten. Ihr Kommentar?
Hankel: Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Seit wir den Euro haben, nehmen die Gehässigkeiten und Animositäten unter den europäischen Völkern in einem erschreckenden Ausmass zu. Die zu rettenden Euroländer haben sich nicht gerade überschwänglich für die vielen hundert Milliarden Euro, die sie als Hilfe erhalten haben, bedankt. Bei den nächsten Milliarden werden sie es auch nicht tun. Ich kann nicht nachvollziehen, was sich das Nobelpreiskomitee bei der Verleihung dieses Preises gedacht hat. Nicht die EU sichert den Frieden Europas, sondern die Einsicht, dass man einen Dritten Weltkrieg weder braucht noch bezahlen könnte.
Wer hat das letzte Wort in Euro-Fragen?
Veröffentlicht: 14. August 2012 Abgelegt unter: BVerfG, Verfassungsbeschwerden | Tags: BVerfG, Dominoeffekt, Eilverfahren, ESM, EuGH, Fiskalpakt, Grundgesetz, No-Bailout-Klausel, Parlamentsbeteiligung, Prof. Andreas Voßkuhle, Prof. Markus Kerber, Thomas Pringle (irischer Abgeordneter), Urteil, Zwischenverfahren Hinterlasse einen KommentarSTREIT ÜBER RETTUNGSPOLITIK
Wer hat das letzte Wort in Euro-Fragen?
Muss das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Euro-Rettungsschirm ESM abwarten, bevor es sein Urteil fällt? Ja, meinen Euro-Kritiker. Doch so einfach ist die Sache nicht.
[…]
Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hatte allerdings bereits in der mündlichen Verhandlung angedeutet, dass über mehr als die in Eilverfahren übliche reine Abwägung der Folgen einer einstweiligen Anordnung entschieden werde. Wegen der internationalen Bedeutung des Urteils könnte womöglich ein „Zwischenverfahren mit vertiefter summarischer Prüfung“ klären, ob der Euro-Rettungsschirm ESM und der Fiskalpakt verfassungskonform sind, hatte Voßkuhle gesagt. Solch eine Entscheidung ist eigentlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Handelsblatt – 14.08.2012, 07:22 – Kommentare
Quo vadis € – Quo vadis Europa?
Veröffentlicht: 10. Januar 2012 Abgelegt unter: €URO, BEWERTUNGEN ZUM ZEITGESCHEHEN, EUROPÄISCHE UNION (EU), FRANKREICH | Tags: "vive la différence", Bank of Greece, DEMOKRATIE, Demokratur, EU-Kommission, Euro, Euro-Zone, EZB, Falschgeld-Politik, Falschmünzer, Finanzhoheit, FRANKREICH, Geldwertstabilität, Giannos Papantoniou, GRIECHENLAND / GREECE, IWF - IMF, John S. Latsis Public Benefit Foundation, Kohäsionsfonds, Konjunkturpolitik, Kurt Tucholsky, Länderfinanzausgleich, Lissabon-Vertrag, Lucas Papademos, Mario Draghi, Mario Monti, parteilos, MP vom 16.11.2011-28.04.2013, Marktwirtschaft, Nabuccos Gefangenenchor, No-Bailout-Klausel, Quo vadis, Rechtsstaat, Sarkozy, Schuldenkrise, Staatsanleihen, Theodoros Karatzas, Transferunion, Valery Giscard d’Estaing, Währungsunion Hinterlasse einen KommentarQuo vadis € – Quo vadis Europa?
Mit blindwütigem Aktionismus wollen die €uro-L(H)enker durch die Fortsetzung ihrer Falschgeld-Politik die Schuldenkrise beheben. Hierbei liegt die Betonung auf „wollen“ (man könnte es auch träumen nennen).
Selbst wenn es gelänge, den €uro zu retten, Europa ginge dabei verloren.
Die Organisation der Euro-Alchimisten wurde um einige Galionsfiguren der Puppenspieler um „Goldman sucks“ ergänzt,
Mario Draghi (Ex-Goldman-Manager, genannt Super-Mario II), Lucas Papademos nach seiner Veröffentlichung „From the drachma to the euro”, Economic Bulletin, Bank of Greece, Band 15, July 2000, S. 7-14., von bösen Zungen auch der Zinker genannt (auch von Papademos am 3.Juli 2000 als Keynote Speaker einer Veranstaltung der John S. Latsis Public Benefit Foundation vorgetragen – Hintergrund-Info’s zur Familie Latsis – weitere Keynote Speaker bei derselben Veranstaltung waren
Giannos Papantoniou, Minister of Economy and Finance
Theodoros Karatzas, Governor of the National Bank of Greece
Valery Giscard d’Estaing, Former President of the French Republic)
oder Mario Monti, dem auch die zweifelhafte Ehre anhaftet, eine Rothschild-Marionette zu sein, erschienen auf der Bühne!
Noch immer lautet die Botschaft zur Eurorettung: Wir brauchen Geld, sehr viel Geld!
Aus ursprünglichen € 110 Mrd. für Griechenland sind durch Aufstockung, Hebelung und Hilfen der Europäischen Zentralbank fast 2 Bio. € geworden — und schon ist ein weiterer Schuldenfonds im Gespräch.
Die bereits aufgebrachten gigantischen Summen, hatten erwartungsgemäß keinerlei Entspannung der Finanzkrise zur Folge.
Vielmehr mutierte die Euro- zur Politik- und schließlich zu einer veritablen Demokratiekrise.
Die neue Strategie der Falschmünzer ist nun die Zentralisierung nationaler Finanzhoheit nach Brüssel.
Das einst dezentrale Europa (Phase I) verwandelt sich über ein halbzentrales System kollektiver Schuldenschranken (Phase II) hin zur Manifestierung eines zentrales Schuldenmanagement, der Brüsseler Demokratur (Phase III).
Die Phase I beschränkte sich zunächst auf die Schaffung der Währungsunion, in der jedes Mitglied eigenverantwortlich nach Gutdünken wirtschaftet(e).
Als Bonifikation für die Teilhabe an der Eurozone erfreute man sich (hauptsächlich in den Südstaaten) an deutlich niedrigeren Zinsen für die Emission von Staatsanleihen und den Segnungen der EU (Struktur- und Kohäsionsfonds).
Die sinnvolle Mahnung (No-Bailout-Klausel) des Maastricht-Vertrages «Die Union haftet nicht […] und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein.» wurde geflissentlich (weil politisch nicht gewollt) ausgeblendet.
Natürlich wurden die wohlmeinenden Warnungen renommierter Wirtschaftswissenschaftler hinsichtlich der Risiken eines gemeinsamen Währungsraumes ungleicher Mitglieder von den Euro-Besoffenen in den Wind geschlagen.
Staat und Währung lassen sich nun mal nicht trennen, wenn man es versucht, wie geschehen, hackt sich der Staat den Arm ab, mit dem er seine Aufgaben erfüllen könnte und müsste.
Was auch immer wir nehmen, Konjunkturpolitik, Geldwertstabilität, Beschäftigungssicherung, all dies ist nur mit nationaler und nicht mit multinationaler Geldpolitik möglich.
Mit der Eurozone wurde Abschied von den eisernen Postulaten der Marktwirtschaft, des Rechtsstaats und der Geldwertstabilität genommen, da all diese Werte mit einem multimonetären System nicht zu garantieren sind
Es liegt wohl auf der Hand, warum seitens der Politik diese Zusammenhänge völlig konträr zu Wahrheit vermittelt wurden!
Wie wir jetzt deutlicher als zu Beginn erleben, ist die Währungsunion ein krasser Verstoß gegen demokratische Grundwerte.
Man hat die Währungshoheit europäisiert und schon dabei sehen können, dass europäisieren ein anderen Wort für sozialisieren ist.
Die Währungsverantwortung ist damit auch sozialisiert worden und damit auf die Länder übergegangen, die am geringsten mit Währungsverantwortung zu tun haben möchten.
Letztlich wurde die Phase I mit der Realisierung, dass Griechenland Anfang 2010 auf der Kippe stand, gestoppt.
Die EU-Kommission setzte alles daran, einen Ausstieg der Hellenen aus der Euro-Zone zu verhindern, um sich außerhalb der EU mit seinen Gläubigern und dem IWF hinsichtlich eines Schuldenschnitts zu einigen.
Im Mainstream wurde oft über die Gründe des alternativlosen Verbleib‘s der Griechen in der Eurozone philosophiert … die noch 2010 überschaubaren Risiken der Banken.
Diese Einschätzung kann und konnte ich zu keinem Zeitpunkt unterschreiben, sondern bin fest davon überzeugt, dass die wahren Gründe ganz anders aussehen. Ein Verlassen der Eurozone hätte ganz massiv die Macht der EU-Kommission untergraben und die Billionen CDO-Wetten (hauptsächlich von US-Versicherungen garantiert) wären fällig geworden (wir erinnern uns, dass bei ca. € 350 Mrd. hellenischem Kreditvolumen, die abgesicherten Volumina um ein vielfaches höher liegen).
Daher hat man Griechenland durch ausgesprochen großzügige Versprechen dazu gebracht, einen entsprechenden Hilfsantrag an die Eurogruppe zu richten. Dieser wurde am 23.April 2010 gestellt, worauf ab dem 12.Mai 2010 die Hilfszahlungen flossen.
EU-Kommission und Euro-Rat verließen damit den Boden des Lissabon-Vertrages!
Für unsere französischen Freunde stellte sich die Lage etwas komplizierter dar. Die französischen Banken waren u.a. wegen direkter Beteiligungen an hellenischen Banken im hohen Maß in Staatsanleihen wackliger Südstaaten engagiert.
Zwar galt für Frankreich der Beschluss der EU-Kommission vom 7. Oktober 2008, wonach im Krisenfall jeder Staat für seine Banken selbst Verantwortung zu übernehmen hat.
Monsieur Sarkozy musste daher einen Weg finden, die Gemeinschaft der Eurostaaten davon zu überzeugen, dass im Sinne der Eurostabilität deren Solidarität die Märkte beeindrucken würde. Ein Schelm wer davon ausgeht, Sarkozy wollte damit ein denkbares downgrading Frankreichs verhindern.
So kam es in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 2010 zum Brüsseler Beschluss, einen Eurorettungsschirm zu begründen.
Mit gallischer Prahlerei verkündete Sarkozy danach, er habe soeben den Euro gerettet!
Tatsächlich bedeutete diese Entscheidung allerdings das Ende der Euro-Selbstverantwortung und ersetzte diese durch eine Transferunion.
Mit dem Ende des Bailout – Verbot als Garant des stabilen Euro wurde die gesamte Konstruktion des Euro als Gemeinschaftswährung ad absurdum geführt.
Somit begann die Phase II für Europa.
Als ob es diesen Maastrichter Anker gegen verantwortungslose Verschuldung der Mitgliedstaaten niemals gegeben hätte, wurde von allen Mitgliedstaaten nunmehr unisono behauptet, dass eine Einheitswährung mit einheitlicher Geldpolitik und einer 17-fachen individuellen Finanzpolitik nicht funktionieren könne:
Die Doktrin „Wir brauchen mehr Europa“ wurde aus dem Zylinder gezaubert.
Im Europa der Phase II trat nunmehr eine oktroyierte Schuldengrenze an die Stelle des eigenverantwortlichen No-Bailout des Europa der Phase I.
Dies war die gegen jede ökonomische Vernunft entwickelte Kernvereinbarung des kostspieligen Strandspaziergangs von Deauville zwischen dem Falschmünzer-Duo Merkozy.
Doch ihre Theorie beruht, wie so oft, auf einer Fehlanalyse. Es stellt sich in diesem Zusammenhang schlicht die Frage, wie Schuldengrenzen glaubwürdig sein können, wenn ein überschuldeter Mitgliedsstaat eben gerade durch einen Bailout aus seinem desolaten Zustand gerettet wird/werden soll.
Es ist sicher nachvollziehbar, dass die Regierung eines solchen Mitgliedslandes insgeheim davon ausgehen wird, dass wenn eben diese Grenzen nicht erreicht werden oder man mit der Einhaltung dieses Schuldenkorsetts scheitert, letztlich doch eine Rettung erfolgt.
Also kann man heute munter diesen Schuldenbegrenzungen zustimmen, weil sich letztlich dadurch keine eklatanten Nachteile ergeben werden.
Konsequenz:
Mit dem Europa der Phase II dürfte die Euro-Finanzkrise der einzelnen Mitglieder vermutlich kaum überwindbar sein!
Also wat nu? fragt man sich wie weiland Kurt Tucholsky an Seine und Spree.
Manch kranke Synapsen mögen sich nun eingestanden haben, dass sich die Phase II als ungeeignet herausgestellt habe, um das Schuldenproblem zu lösen.
Voilà, dann wird eben ein Europa der Phase IIIeingeläutet, kurzum «noch mehr Europa»!
Der europäische Einheitsstaat muß realisiert werden!
Das dachte sich sicher auch der Träger des Karlspreises 2011, Monsieur Trichet, als er ein europäisches Finanzministerium forderte.
Irgendwie erscheint die Forderung eines Franzosen, der die Vorzüge des „vive la différence“ quasi mit Aufnahme der Muttermilch zu schätzen lernte, doch recht erstaunlich! Mon Général würde sich im Grabe umdrehen!
Eine solche Institution soll dann den Mitgliedsstaaten das jeweilige Budget zuweisen, das bis zum Jahresende ausgegeben werden darf.
Mehrausgaben sind unzulässig, Minderausgaben haben zur Folge, dass ihnen nächstes Jahr die Zuteilungen gekürzt werden.
Das erinnert uns doch an das „segensreiche“ kameralistische System (vulgo: Einladung zur Geldverschwendung) unserer Bundesländer und Kommunen.
Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler stellt jedes Jahr erneut Auswüchse und Fehlallokationen dieses anachronistischen System’s an den Pranger.
Macht doch nix!
Solange Ba-Wü, Bayern, Hessen und Hamburg mittels Länderfinanzausgleich die vorsätzliche Geldverschwendung hochdefizitärer Bundesländer zukleistern, kann man damit munter weiterwursteln.
Dieses System soll nun mit aller Macht gegen den Willen der Menschen auf Europäischer Ebene umgesetzt werden, somit erreichen wir ein Europa der Phase III!!.
Die Polit-Clowns riskieren mit ihren Euro-Rettungs-Phantasien Europa zu verlieren, mit anderen Worten aus der Vielfalt europäischer Kulturen und autonomer Staaten ein einheitliches Staatsgebilde fernab jeglicher demokratischer Grundlagen zu schaffen!
Dabei wird vorsätzlich nicht erkannt, dass eine solch alternativlose Schicksalsgemeinschaft, der sich alle Europäer unterzuordnen haben, einen alles entscheidenden Nachteil hat:
Schicksal ist der mächtigste Feind der Freiheit!!
Merkozy & Co qualifizieren sich damit in Nabuccos Gefangenenchor einzustimmen:
„Wo in Freiheit wir einst glücklich lebten, wo die Heimat unsrer Seele ist […]“
Wem eine solch fatalistische Hingabe letztlich nutzen soll, mag sich dem nachdenklichen Leser selbst erschließen.
Es wäre überaus wünschenswert, die Akteure dahingehend zu zwingen, geltendem Recht zu folgen und die Euroverfassung mit nationaler Selbstverantwortung wiederherzustellen.
Vielleicht ließe sich auf diesem Weg sowohl der Euro als auch Europa retten.
Mir ist klar, dass dies vermutlich ein frommer Wunsch bleiben wird, aber etwas Träumen sollte an dieser Stelle erlaubt sein.
Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und die besten Neujahrs-Wünsche
Ihr Oeconomicus