Russland vs. NATO: Droht ein neuer Kalter Krieg?

Seit der Annexion der Krim scheint im Ukraine-Konflikt klar, wer gut und wer böse ist.
Aggressiver Putin, friedliebender Westen. Doch der jetzige Konflikt hat eine Vorgeschichte:
Auch die NATO hat Russland immer wieder vor den Kopf gestoßen: durch die Modernisierung des Waffenarsenals, durch die Aufnahme osteuropäischer Staaten und geringe Kooperation bei Rüstungsverhandlungen wurde die jetzige Eiszeit bereits vor Jahren eingeleitet.
Und Hardliner fordern jetzt noch mehr: Stationierung von Kampftruppen, Aufrüstung und Erweiterung.
Führende Sicherheitsberater warnen vor einer neuen Ost-West Konfrontation:
Noch nie seit dem Ende des Kalten Krieges war die Situation so gefährlich wie jetzt.

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Anmerkung
Was mich seit dem Krim-Referendum immer wieder aufs Neue stört, ist die Begrifflichkeit „Annexion“ verbunden mit dem Hinweis auf einen Verstoß gegen das Völkerrecht.
Wer sich die wesentlichen Veröffentlichungen und Kommentare zu diesem Themenkomplex genau angesehen hat, hat hinsichtlich der völkerrechtlichen Bedeutung ‚des Geschenks‘ der Krim an die Ukraine im Jahr 1954 anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Russisch-Ukrainischen Einheit durch Chruschtschow nicht wirklich näheres in Erfahrung bringen können – falls doch, so ist mir dies entgangen.
Es wäre also sinnvoll, sich mir der Legitimität dieses Geschenks sehr genau zu befassen und dabei zu prüfen, ob und in welcher Weise dies im Einklang mit dem Völkerrecht steht.
Vielleicht hat jemand aus dem Leserkreis hierzu eine belastbare Bewertung ?

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Ihr Oeconomicus


Süd- und Ostukrainer fordern Referendum nach Vorbild der Krim

In mehreren Großstädten der Süd- und Ostukraine haben Tausende pro-russische Demonstranten ein Referendum wie auf der Krim verlangt.
Im östlichsten Verwaltungsgebiet Lugansk stürmten am Sonntag Aktivisten den Sitz der Regionalregierung und erklärten den Gouverneur für abgesetzt.
In Donezk, der Heimat des gestürzten Präsidenten Viktor Yanukovych, verlangten etwa 1.500 Demonstranten unter russischen Fahnen die Loslösung von Kiew, wie die Agentur Itar-Tass berichtete. Auch in Odessa forderten einige Tausend Demonstranten mehr Rechte für die Regionen und ein Referendum über den außenpolitischen Kurs des Landes. Im ostukrainischen Charkow, der zweitgrößten Stadt des Landes, demonstrierten dagegen etwa 10.000 Menschen mit einer riesigen ukrainischen Fahne für die Einheit des Landes.
[…]
Wiener Zeitung

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Anmerkung:
Solche stereotypischen Berichte mit unterschwelligem Russland/Putin-bashing sind in mehr oder weniger in allen westlichen Medien zu finden .. eine unerträgliche Situation.
Der US-Senator Senator Hiram Johnson kam bereits 1914 zu der Erkenntnis:

„Das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit“

Eine Fehleinschätzung, wie wir heute wissen. Die Wahrheit stirbt schon lange vor dem Krieg, damit dieser erst ermöglicht wird!!

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In diesem Zusammenhang erscheint es zumindest erstaunlich, dass sich ausgerechnet der NDR in seiner Sendereihe ZAPP etwas kritisch zu Wort gemeldet hat:

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Ukraine – Berichterstattung durch die West-Brille?

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Im Sinne dieses Brecht-Zitats

„Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf.
Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“

nachfolgend eine Auflistung vorverurteilender Presse-Meldungen im Zusammenhang mit den Sniper-Attentaten:

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heute, 18.02.2014
Auszug

„Oppsitionsführer Arseni Jazenjuk sagte in einer Ansprache, die Staatsmacht habe erneut angefangen, Menschen zu erschießen. „Sie wollen die Ukraine in Blut ertränken“, rief er.“

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Die Welt, 18.02.2014
Auszüge:

„Oppositionspolitiker Vitali Klitschko fordert den Westen zur Intervention in der Ukraine auf. Die Spitzen demokratischer Staaten dürften nicht tatenlos zusehen, „wie ein blutiger Diktator sein Volk tötet“, sagt Klitschko.“

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„USA entsetzt über Gewalteskalation“

[…]

„Kirchenglocken läuten aus Protest gegen Regierung“

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tagesschau, 19.02.2014
Auszug:

„Auslöser der Gewalt war offenbar ein Angriff auf eine Polizeisperre am Dienstagvormittag gewesen. Als Täter wurden entweder radikale Oppositionelle oder aber Provokateure auf Seiten der Staatsmacht genannt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier rief die ukrainischen Behörden dazu auf, für ein Ende des blutigen Konflikts zu sorgen. Die US-Regierung zeigte sich entsetzt und verlangte von Janukowitsch, den Konflikt umgehend zu entschärfen.

Klitschko forderte den Westen zur Intervention auf. Die Spitzen demokratischer Staaten dürften nicht tatenlos zusehen, „wie ein blutiger Diktator sein Volk tötet“, sagte Klitschko laut einer Mitteilung seiner Partei Udar. Auch in anderen ukrainischen Städten gab es Proteste und Berichte über Angriffe auf Regierungsgebäude.“

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Süddeutsche, 20.02.2014
Auszug:

„Immer wieder werfen Polizisten Blendgranaten und offenbar auch Molotowcocktails in die Menge, die wirft zurück. Schüsse fallen, offenbar schießen die Einsatzkräfte scharf, denn blutüberströmte Menschen schleppen sich zu den Krankenstationen am Rande des Maidan.“

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Focus, 20.02.2014
Auszug:

„Leichen in Zivilkleidung auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) und in dessen unmittelbarer Umgebung.
Der Sender Radio Free Europe/Radio Liberty zeigte diese Aufnahmen. Sie sollen zeigen, wie Polizeikräfte und ein Heckenschütze auf Demonstranten feuern.
Einer der Organisatoren der Proteste sagte Reuters, er habe Scharfschützen gesehen. Die schwarz gekleideten und mit schusssicheren Westen ausgerüsteten Männer seien oberhalb des Maidan postiert, von wo aus sie ein gutes Schussfeld auf den Platz hätten.“

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tagesschau, 20.02.2014
Themen der Sendung:

„Machtkampf in der Ukraine außer Kontrolle, EU-Außenminister beschließen Sanktionen gegen die Ukraine …
++ Stundenlanger Schusswechsel ++ Maidan ist völlig außer Kontrolle ++ Einsatzkräfte der Reg. greifen mit Schusswaffen ein ++ jetzt ein „Augenzeuge“, ohne Namen und vermummt: Das ist ihre Art von Waffenstillstand. Sie (die Regierung) schießen und schmeißen mit Granaten auf friedliche Demonstranten. So einer Regierung kann man nicht vertrauen ….
Sehr subtil: Klar ist, dass das tödliche Feuergefecht begann , nachdem die Demonstranten ihre Stellung wieder eingenommen haben ….“
(Dank an Ellen Ramcke für diesen Hinweis)

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Angesichts der aktuellen Entwicklungen werden wir vermutlich eine ereignisreiche Woche erleben, die nach dem anstehenden Krim-Referendum am kommenden Sonntag schlimmstenfalls eine Zeitenwende nicht ausschließt.

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Carpe diem!

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Ihr Oeconomicus


EU-Kommission qualitativ in einem desolaten Zustand

Anläßlich einer Matinee der Wochenzeitung „Die Zeit“ in Hamburg kommentierte Altkanzler Gerhard Schröder das Verhalten der EU-Kommission im Ukraine Konflikt.

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Seiner Meinung nach sei die EU-Kommission qualitativ in einem desolaten Zustand und habe nicht im entferntesten kapiert, dass man mit einem kulturell gespaltenen Land nicht so umgehen könne.
Die Kommission habe schon am Anfang den Fehler gemacht, ein Assoziierungsabkommen unter dem Motto „entweder-oder“ abschließen zu wollen.

„Natürlich ist das, was auf der Krim geschieht, ein Verstoß gegen das Völkerrecht“,

so der Altkanzler. Dennoch wolle er Putin, der seiner Ansicht nach „Einkreisungsängste“ hat, nicht verurteilen.
Er selbst habe als Kanzler beim Jugoslawienkonflikt ebenfalls gegen das Völkerrecht verstoßen.

Da haben wir unsere Flugzeuge (…) nach Serbien geschickt und die haben zusammen mit der Nato einen souveränen Staat gebombt – ohne dass es einen Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte.“

Insofern sei er vorsichtig mit dem erhobenen Zeigefinger.

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Hört, hört!!

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Da werden doch sogleich böse Erinnerungen wach:
„Es begann mit einer Lüge – der Kosovo Krieg“

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Ihr Oeconomicus

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DIE ZEIT:
„Putin verstehen mit Gerhard Schröder“

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SpOn:
Schröder macht EU für Krim-Krise mitverantwortlich

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Stern:
Warum Schröder Putin schont


Obama’s ernste Warnung an Russland

Mit scharfen Worten hat der US-Präsident die russische Führung vor einem militärischen Eingreifen in der Ukraine gewarnt.
Eine Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine habe einen ‚Preis‘, so Obama, und man sei in Washington zutiefst besorgt über Berichte zur Entsendung russischer Truppen auf die Halbinsel Krim.
In seiner kurzfristig anberaumten Erklärung betonte Obama, die Situation sei noch im Fluss. Ein russischer Militäreinsatz wäre aber eine „tiefe Einmischung in Angelegenheiten, die von der ukrainischen Bevölkerung entschieden werden müssen“.
Er rief Moskau dazu auf, sich den internationalen Bemühungen für eine Beilegung der Krise anzuschließen und kündigte an, dass er und europäische Staatschefs es in Erwägung zögen, den geplanten G8-Gipfel in Sotschi zu boykottieren, falls Russland militärisch in der Ukraine eingreife.

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Dem Vernehmen nach hatte sich die Ukraine vor dem UN-Sicherheitsrat über russische Grenzverletzungen auf der Halbinsel Krim beschwert und dargelegt, Russland habe Militärflugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 mit insgesamt rund 2000 Soldaten auf einen Luftwaffenstützpunkt in dem autonomen Gebiet verlegt. Der ukrainische UNO-Botschafter Juri Sergejew verlangte während einer Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrates in New York eine Verurteilung der russischen Militär-Intervention, während der Ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen und im Sicherheitsrat, Witali Iwanowitsch Tschurkin erklärte, solche Militärbewegungen seien von einem entsprechenden Abkommen mit der Ukraine gedeckt.

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Dazu ein kurzer Ausriss zur mit der Ukraine verwobenen Geschichte der Halbinsel Krim
Aus Anlass der Feierlichkeiten zum 300. Jahrestag des Vertrages von Perejaslaw, in dem sich, aus russischer Sicht, die Ukraine der Oberhoheit Russlands anschloss, schenkte im Jahre 1954 der Vorsitzende der Kommunistischen Partei und Staatsoberhaupt der Sowjetunion Nikita Chruschtschow (mit eigenen ukrainischen Wurzeln) die Krim der Ukrainischen Sowjetrepublik. Dieser Akt sollte erst ab 1991 nach der Unabhängigkeit der Ukraine eine tatsächliche Relevanz erlangen, als so für Russland eine strategisch wichtige Region wegzubrechen drohte.

Seit den 1990er Jahren gab es auf der Krim immer wieder Autonomiebestrebungen, die von der nach Russland orientierten Mehrheit der Bevölkerung der Halbinsel unterstützt wurden. Gleichzeitig kam es zu einer großen Rückwanderungswelle von zumeist in Mittelasien ansässigen Krimtataren, die nicht ohne soziale Konflikte ablief. Mittlerweile gibt es funktionierende Förderprogramme zur Integration der tatarischen Minderheit, die auch politisch durch ihre Vertreter im Parlament der Krim repräsentiert wird.

Budapester Memorandum
Das Budapester Memorandum wurde am 5. Dezember 1994 in Budapest im Rahmen der dort stattfindenden KSZE-Konferenz unterzeichnet.

In ihm verpflichteten sich die USA, Großbritannien und Russland als Gegenleistung für einen Nuklearwaffenverzicht die wirtschaftliche und politische Sicherheit von Kasachstan, Weißrussland und der Ukraine zu garantieren.

Diese Staaten waren im Zuge der Auflösung der UdSSR in den Besitz von Nuklearwaffen gekommen. Das Budapester Memorandum war Vorbedingung der Unterzeichnung und Ratifizierung des Atomwaffensperrvertrags und des Atomteststoppvertrags. Bis 1996 wurden alle Kernwaffen der früheren UdSSR nach Russland gebracht, das als Nachfolgestaat der UdSSR das Recht auf Atomwaffen hat.

Im Laufe des russisch-ukrainischen Gasstreits zum Jahreswechsel 2005/06 erwog die ukrainische Regierung unter Präsident Wiktor Juschtschenko, die Unterzeichner des rechtlich bindenden Memorandums zur Hilfe für die Ukraine in Anspruch zu nehmen. Dieses Ansinnen wurde von russischer Seite scharf zurückgewiesen

Text des Memorandums [PDF 8/18]

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Ihr Oeconomicus