Veröffentlicht: 9. März 2011 | Autor: Oeconomicus | Abgelegt unter: BEWERTUNGEN ZUM ZEITGESCHEHEN, Finanzkrise, Kenneth Rogoff | Tags: Carmen Reinhart, Fed, Kenneth S. Rogoff, Zinsen |
Wird beim nächsten Mal alles anders?
Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff behaupten in ihrem ausgezeichneten, gleichnamigen Buch über Schuldenkrisen, dass die gefährlichsten Worte in allen Sprachen lauten: „Dieses Mal ist alles anders.“
Die vielleicht zweitgefährlichsten Worte sind: „Beim nächsten Mal wird alles anders.“
Diese Worte werden häufig ausgesprochen, wenn Politiker und Zentralbanken ein in Schwierigkeiten geratenes Segment der Wirtschaft retten wollen.
„Ja“, kann man sie fast sagen hören, „wir wissen, dass die Marktdisziplin durch Bankenrettungen untergraben wird.
Aber man kann nicht erwarten, dass wir tatenlos zusehen, während das System zusammenbricht und Millionen von unschuldigen Menschen darunter leiden müssen.
Wir müssen mit den Karten spielen, die wir ausgeteilt bekommen. Aber beim nächsten Mal wird alles anders.“
Sie benutzen dann jedes Instrument, das ihnen zur Verfügung steht, um wirtschaftliche Verluste unter ihrer Aufsicht zu vermeiden.
alles wird anders!
Zeit-Fragen Kommentar
Bei jeder Wirtschaftkrise wurde dem Volk vorgegaukelt, dass es gar keinen Grund zur Beunruhigung gebe und man nur die Finanzexperten machen lassen solle. In diesem Zusammenhang haben die beiden Autoren ihre Überlegungen zu Wirtschafts- und Finanzkrisen in verschiedenen Jahrhunderten unter den Titel gestellt: «Dieses Mal ist alles anders.» Die Parole ist auch jetzt zu hören und wird erst noch ergänzt durch das Schlagwort: «There is no alternative.» Das Volk – der Souverän in der Demokratie – darf alles, nur nicht nachdenken.
Die Verfasser Carmen M. Reinhart und Kenneth S. Rogoff sammelten alle ihnen zugänglichen Daten in 66 Ländern und über 800 Jahre, die zu Regierungs- und Bankenkrisen und in der Folge zu anhaltendem und deutlichem Rückgang der Wirtschaftsleistung eines Landes geführt haben.
Auf der Grundlage der profunden wissenschaftlichen Auswertung des Datenmaterials überzeugen sie den Leser von der Möglichkeit, Krisen vorherzusehen und auch rechtzeitig zu verhindern. Sie unterbauen ihre These mit Beispielen bis hinein in die Gegenwart. Regierungen und Banken jedoch, so bemerken sie, wiederholen vor einer neuen Krise stets: Dieses Mal sei alles anders. Besonders ausführlich wird dies am Beispiel der gegenwärtigen (und zweiten) Weltwirtschaftskrise gezeigt.
Um Krisen künftig zu vermeiden, schlagen sie vor, eine internationale zentrale Behörde zu schaffen, die relevante Daten über das Kreditverhalten aller Banken und Regierungen dieser Welt einfordert und auswertet. Diese Behörde soll diesen zudem die Massnahmen vorschreiben, die eine vorhersehbare Krise schon im Keim ersticken würden. Diese Behörde, so meinen wir, untergräbt die Souveränität der Staaten der Welt, so wie der ESM die der Staaten Europas untergräbt. Auch werden die Banken erfahrungsgemäss ihre Geheimdaten nicht freigeben.
Der Hauptberater der Verfasser ist Vincent Reinhart (ein Verwandter von Carmen M. Reinhart?). Er war etwa 25 Jahre bei der FED tätig. Die Verfasser argumentieren aus einer systemimmanenten Sicht, sie beschreiben die Symptome sehr gewissenhaft und sorgfältig und schlagen eine Lösung zur Symptombehandlung vor. Sie erwähnen dabei jedoch mit keinem Wort die eigentliche Ursache der Krankheit in unserem Wirtschaftssystem: Unser heutiges Geld nämlich trägt Zinsen, die von der FED in deren eigenem Interesse vorgegeben werden (sie wurde 1913 von den reichsten Familien der USA gegründet und beeinflusst heute die Zentralbanken weltweit).
Zinsen und Zinseszinsen vermehren weltweit das Vermögen der Reichsten mit exponentieller Geschwindigkeit auf Kosten der wertschöpfenden Bürger. Die Schulden der Bürger und deren Regierungen dagegen vermehren sich gemeinsam mathematisch exakt spiegelbildlich. Ohne auf die Ursache der Krankheit einzugehen, werden ausführlich und aufwendig deren Symptome beschrieben und bewertet. Das allein kann, so meinen wir, zu keiner grundsätzlichen Behebung des Problems führen.
Weiterhin meinen wir, dass ein Zentralinstitut, das Regierungen und Banken weltweit zügeln kann, ein gefährliches Instrument ist, weil mit diesem die Hochfinanz gestärkt und die Mitgestaltung der Bürger eingeschränkt wird.
Veröffentlicht: 6. Oktober 2008 | Autor: Oeconomicus | Abgelegt unter: EZB, Federal Reserve Systems, Group of Thirty, IWF - IMF, Weltbank | Tags: Abdulatif Al-Hamad, AIG, Alan Greenspan, Andrew Crockett, Arab Fund for Economic and Social Development, Arminio Fraga Neto, Axel Weber, Bank of England, BNP Paribas, Council on Foreign Relations, Domingo Cavallo, Erik Hoffmeyer, Ernest Stern, Ernesto Zedillo, Financial Stability Institute, Fritz Machlup, Geoffrey Bell, Geoffrey Bell and Company, Gerald Corrigan, Gerd Häusler, Gerhard Fels, Goldman Sachs, Guillermo Ortiz Martinez, Institut der deutschen Wirtschaft, Institute for International Monetary Affairs, Jacob A. Frenkel, Jacques de Larosière, Jaime Caruana, Jean-Claude Trichet, Johan Witteveen, John G. Heimann, Josef Ackermann, Jr., Karl Otto Pöhl, Kenneth S. Rogoff, Lawrence Summers, Lazard International, Leszek Balcerowicz, Lord Richardson of Duntisbourne, Marina v N. Whitman, Mario Draghi, Martin Feldstein, Mervyn Allister King, Montek Singh Ahluwalia, National Bureau of Economic Research, Paul Krugman, Paul Volcker, Peter Kenen, Philipp Hildebrand, Planning Commission in Indien, Raghuram Rajan, RHJ International, Richard A. Debs, Rockefeller-Stiftung, Roger W. Ferguson, Rohatyn Group, Shijuro Ogata, Sir David Walker, Stanley Fischer, Sylvia Ostry, Tharman Shanmugaratnam, TIAA-CREF, Timothy F. Geithner, Tommaso Padoa-Schioppa, Toyoo Gyohten, Weltbank, Wilfried Guth, William McDonough, William R. Rhodes, Yutaka Yamaguchi, Zhou Xiaochuan |
„GROUP OF THIRTY“ – Illustre Gesellschaft
Group of Thirty, das ist ein erlauchter Kreis aus international führenden Bankern und Akademikern, der der Öffentlichkeit wirtschaftliche Zusammenhänge nahe bringen soll und daraus Schlüsse für regulatorische Schritte zieht. Das Orientierungspapier kommt noch rechtzeitig zur Washingtoner Weltwährungskonferenz. Doch in europäischen Aufsichtskreisen wird über die Reforminitiative schon gespottet, bevor sie überhaupt bekannt ist. Das hat weniger mit den Empfehlungen der Studie zu tun, als mit jenen, die sie präsentieren.
«Group of Thirty»
Die Group of Thirty (oftmals abgekürzt mit G30) ist ein privates, internationales Gremium, bestehend aus führenden Personen aus dem Finanzwesen und der Wissenschaft. Sein Ziel ist es, das Verständnis der internationalen wirtschaftlichen und finanziellen Fragen zu vertiefen, Auswirkungen der politischen Entscheidungen zu untersuchen und politische Optionen für wichtige Fragen zu prüfen. Die Mitglieder treffen sich zweimal jährlich zur Erörterung der wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Entwicklungen. Die G-30 wird von Stiftungen, Banken, Unternehmen, Zentralbanken, Fonds und Privatpersonen finanziert. Seinen Sitz hat das Gremium in Washington, D.C.
Die Group of Thirty wurde 1978 von Geoffrey Bell auf Initiative der Rockefeller-Stiftung gegründet, die auch die ersten Mittel für das Gremium bereitstellte. Der erste Vorsitzende wurde Johan Witteveen, der ehemalige Präsident des Internationalen Währungsfonds.
Die Bellagio-Gruppe, die der österreichische Ökonom Fritz Machlup gegründet hatte, war der unmittelbare Vorgänger der Group of Thirty. Sie traf sich zum ersten Mal 1963, um die internationalen Währungsprobleme zu untersuchen, insbesondere die Zahlungsbilanzprobleme, denen Amerika in den frühen 1960er-Jahren gegenüberstand.
Die derzeitigen Mitglieder der Group of Thirty sind:
Paul Volcker – Vorsitzender des Überwachungsausschusses; ehemaliger Vorsitzender des Federal Reserve Systems
Jacob A. Frenkel – Vorsitzender; stellvertretender Vorsitzender der American International Group
Geoffrey L. Bell – Vorstandssekretär; Präsident der Geoffrey Bell and Company
Montek Singh Ahluwalia – stellvertretender Vorsitzender der Planning Commission in Indien

Bildrechte:
GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Urheber: Lestat (Jan Mehlich) put it under GFDL and Creative Commons Attribution ShareAlike 2.5
Jaime Caruana – Beirat und Direktor des MCM Departments des Internationalen Währungsfonds
Domingo Cavallo – ehemaliger Außen- und Wirtschaftsminister Argentiniens

Andrew Crockett – Präsident von JP Morgan Chase
Senior Members
Emeritierte Mitglieder
Andere ehemalige Mitglieder
Unter den ehemaligen Mitglieder sind weiterhin:
+
update, 06.12.2012
Etwas seltsam überrascht hat mich der Kurzbericht im sonst so auf political correctness bedachten heute-Journal:
Der Bericht „Die (Un-)Abhängigkeit des Mario Draghi“ kreist um „Draghi-a-vellis“ Netzwerke u.a. zur „Group of Thirty“ und seinen Verantwortungsbereich als Vice-President von Goldman Sachs in London.