Hart aber fair – „Die Sprechblasen der Einluller“

zur Einstimmung:

.
Lyrik-Auszug aus „Hotel California“:
.
Last thing I remember,
I was Running for the door
I had to find the passage back
To the place I was before
“Relax,” said the night man,
“We are programmed to receive.
You can check-out any time you like,
But you can never leave!”
.
And in the master’s chambers,
They gathered for the feast
They stab it with their steely knives,
But they just can’t kill the beast
.
Welcome to the Hotel California…
.

„Den Euro einfach abwählen – entscheidet die D-Mark-Partei die Wahl?“

.
Die Rettung des Euros ist alternativlos — gegen dieses Prinzip der Kanzlerin formiert sich eine neue Partei.
Aber finden die konservativen Eurokritiker genug Wähler? Oder verhindern sie nur eine Mehrheit für Merkel?
.
Gäste:
Bernd Lucke (AfD), Christian Lindner (FDP), Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen), Wolfgang Bosbach (CDU), Michel Friedman (CDU)
(Sendung vom 06. Mai 2013)
.

.
Die Sprechblasen der Einluller:
Wahrnehmungen und kritische Bewertung einzelner Wortbeiträge:
.
ab Min 4:12: Wolfgang Bosbach:

„Wenn wir den Menschen das Gefühl geben, hier ist nur eine Einheitsmeinung gefragt und sonst nichts, werden wir weiter an Vertrauen verlieren!“

.
ab Min 4:38: Trailer der Redaktion: Hinweis auf die Koalition der Blockparteien
.
ab Min 4:52: Katrin Göring-Eckardt behauptet (mit wachsender Pinocchio-Nase):

„.. wir haben dafür gesorgt, dass der Deutsche Bundestag jeden einzelnen Schritt beschließen muss und nicht die Hinterzimmer-Politik auf die Spitze getrieben werden kann..“

.
Anmerkung
Tatsache ist, dass der Zweite Senat des BVerfG am 12. September 2012 entschieden hat:

„durch die in Art. 8 Abs. 5 Satz 1 des ESM-Vertrages (ESMV) geregelte Haftungsbeschränkung sämtliche Zahlungsverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus diesem Vertrag der Höhe nach auf ihren Anteil am genehmigten Stammkapital des ESM (190.024.800.000 Euro) begrenzt sind und keine Vorschrift dieses Vertrages so ausgelegt werden darf, dass für die Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung des deutschen Vertreters in den Gremien des ESM höhere Zahlungsverpflichtungen begründet werden“
[…]
„Das Grundgesetz gewährleistet nicht den unveränderten Bestand des geltenden Rechts, sondern Strukturen und Verfahren, die auch im Rahmen einer kontinuierlichen Fortentwicklung der Währungsunion zur Erfüllung des Stabilitätsauftrags den demokratischen Prozess offen halten und dabei die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Parlaments sichern.“

.
Setzen SECHS, werte Frau Göring-Eckardt!!
.
ab Min 7:21: Bernd Lucke:

„Was die AfD will, ist NICHT ein „Zurück zur D-Mark“ als „primäre Maßnahme“ (Anm. also sekundäre Maßnahme?), sondern das Ausscheiden der Südländer aus dem Euro, da die Südländer dem Wettbewerbsdruck nicht standhalten können..“

Anmerkung
Wie Lucke dies erreichen möchte, sagt er nicht. Bislang jedenfalls ist trotz mancher „black-mail-Ansagen“ (noch) nicht wirklich erkennbar, dass diese Länder die Euro-Zone freiwillig verlassen möchten.
Vielleicht sollte Prof. Lucke in diesen Ländern einfach mal schlüssig erklären, wie er sich eine „Altschulden-Regelung“ vorstellen möchte und welche Konsequenzen dies für die Menschen der „Südländer“ und die Steuerzahler der (noch) weniger infizierten „Nord-Staaten“ haben würde.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die etwas seltsam anmutende ökonomische Bewertung von Prof. Lucke mit dem Titel „Sollte Deutschland aus dem Euro austreten?“ hingewiesen.
.
ab Min 7:54: redaktioneller Hinweis von Plasberg:

„Im Wahlprogramm der AfD steht aber auch: „Deutschland braucht den Euro nicht!“

.
ab Min 8:11: Michel Friedman:

„Der Euro ist eine Erfolgsgeschichte – an sich und für Deutschland erst recht .. Der Euro ist ein Friedensprojekt .. Der Euro ist ein Wirtschaftsprojekt .. Der Euro ist ein Finanzprojekt .. und jeder der hier Menschen weismachen möchte, dass die Abkehr vom Euro überhaupt möglich ist, da kann ich mir nur wundern, denn die Rechtstreue internationaler Verträge lässt überhaupt nicht zu, daß irgendjemand sagt, die Italiener gehen mal raus .. ich kann nur sagen, ich bin froh, dass es den Euro gibt .. ich bin froh, dass es Europa gibt .. ich verstehe die Ängste der Menschen .. ich verstehe auch die Widersprüche .. jedem der diese Ängste mit einer solchen irrationalen Idee, wie zurück zur D-Mark, zurück zu Nationalstaats-Lösungen bedient, tut aus meiner Sicht populistische Gefahren hervorrufen, die wir Gott sei Dank in Deutschland bisher nicht hatten!“

.
Anmerkung
Nach altbekannter Manier versucht Friedman mit seiner sophistisch geprägten Rhetorik eine unterschwellige Beeinflussung der Gesamtsituation zu eigenen Gunsten herbeizuführen.
.
Es ist ihm allerdings anzurechnen, dass er beim Vorbeten seines Euro-Katechismus darauf verzichtet hat zu erwähnen was der Euro für die Menschen ist (Anm.: EIN ALPTRAUM!).
.
Was er mit seiner Sprechblase „Rechtstreue aufgrund internationaler Verträge“ auszudrücken versucht, erschließt sich mir im Zusammenhang von bereits etwa 60 erfolgten Rechtsbrüchen zum Maastricht-Vertrag leider nicht!
Pacta sunt servanda, der wichtigste Rechtsgrundsatz des öffentlichen und privaten Vertragsrechts ist also längst außer Kraft gesetzt!
.
Einerseits spricht er von Populismus, bedient sich aber gleichzeitig dieser Strategie mit dem Hinweis, die Ängste der Menschen zu verstehen, fabuliert von Gefahren, die er allerdings -wie alle Euro-Glycerin-Jongleure– nicht benennt!
.
Noch ein Wort zur immer wieder gern genommenen Begrifflichkeit „Der Euro ist Erfolgsgeschichte“, die man unablässig den Mitgliedern des ‚Clubs betreuter Denker‘ einrichtern möchte:
.
Zu diesem Punkt und ähnlich substanzlosen Sprechblasen, stellen sich zunächst einige Fragen:
.
Wenn „wir“ (wer ist das ganz konkret?) der größte Nutznießer des Euro waren/sind, warum musste man uns dann in den Euro ZWINGEN?
.
Warum wollen so viele Länder Teil der Euro-Zone werden? Nur um UNSEREN Vorteil weiter zu vergrößern?
.
Wie haben wir es geschafft VOR dem Euro innerhalb Europas sehr gute Exporterlöse zu erzielen? Und wie schaffen wir es so erfolgreich nach China, USA, ..in alle Welt zu exportieren, so ganz ohne Währungsunion?
.
Seit Einführung der Währungsunion hatten wir in jedem Jahr Kapital-EXPORTE in die Welt und damit eine Schwächung der einheimischen wirtschaftlichen Basis.
Deutschland hat also weniger im Inland investiert (Eigentum erworben), sondern mehr Kapital exportiert (Forderungen angehäuft, deren Werthaltigkeit auch niemand öffentlich bewerten will)!
Bei der Investitionsquote sind wir nun unter 30 vergleichbaren Ländern auf dem letzten Platz gelandet.
Das Ifo-Institut spricht in diesem Zusammenhang von zwei Dritteln deutscher Ersparnisse, welche über Leistungsbilanzausgleich (die Defizite unserer Partner) ins Ausland transferiert wurden.
Sieht so die Agenda „unserer Erfolgsgeschichte“ aus?
.
Seit 1951 hat Deutschland ununterbrochen Aufwertungen erlebt (etwa unter Schiller mit 8,5% ohne dass unsere Exporte darunter litten – Italien wertete seit Anfang der 1950er Jahre neunmal ab).
Durch diese Aufwertungen stiegen unsere Exporterlöse und sanken die Importaufwendungen. Genau hieraus entstand ein Großteil des Volks-Wohlstands .. Karl Schiller würde vermutlich von verlorener Sozialdividende sprechen!
Als Folge der Währungsunion ist dieser Mechanismus ausgeschaltet worden. Dadurch entstehen nach vorsichtigen Berechnungen von Prof. Nölling für Deutschland jährliche Verluste von etwa € 50 Mrd.
Wird nun vielleicht klarer, warum sich alle über die schlechte deutsche Binnenkonjunktur beklagen?
.
Soweit erstmal meine Einlassungen zu einem offenbar überforderten Euro-Versteher!
.
ab Min 10:47: Christian Lindner:

„.. Es kann doch gar kein Zweifel daran bestehen, dass wir ENORM, auch wirtschaftlich von der gemeinsamen Währung profitiert haben. Ich kenne auch niemanden sowohl in der Wirtschaft als auch im Privatleben, der sich die Zeit zurückwünscht, des permanenten Währungswechsels beim Grenzübertritt, wer die schwankenden Währungen zurück haben möchte .. niemand will wieder Zoll zahlen, wenn er ein Paket aus Frankreich bekommt oder Schlagbäume passieren auf dem Weg nach Lissabon. Das alles steht hier auf dem Spiel, Herr Lucke. Ich weiß nicht, ob Ihnen das klar ist, politisch klar ist, dass man nicht mal eben so südeuropäischen Ländern das Ausscheiden aus dem Euro empfehlen kann. Sie haben ja sogar noch gesagt, in Ihren Augen gehört Frankreich nicht in den Euro. Damit legen Sie nahe, dass es in Europa wieder zu einer Spaltung zwischen Deutschland und Frankreich kommt und das ist wirklich unhistorisch. Unsere Nachkommen 2050 die würden uns dafür verfluchen ..“

.
Anmerkung
Herr, lass‘ Hirn regnen!
Eigentlich ist es für mich zu ermüdend, Schwachfug zu kommentieren.
Was kann der Zuschauer dafür, wenn Herr Lindner die falschen Leute kennt, vielleicht sollte er öfter in seinem Geburtsort Wuppertal Gespräche führen, eine fulminante Lernkurve wäre garantiert.
.
Hinsichtlich seiner totalen Fehl-Einschätzungen zu Zöllen, Schlagbäumen usw. ist dringend Nachhilfe von Nöten – Stichwort: Europäischer Binnenmarkt!
.
Außerdem, werter Herr Linder:
es ist durchaus legitim Südländern Euro-Ausstiegsempfehlungen zu geben, auch wenn die ökonomischen Wechselwirkungen gerade für Deutschland, den deutschen Mittelstand und nicht zuletzt den Steuerzahler erheblich wären. Wie sich die Völker dann entscheiden, ist allerdings deren ureigentste Angelegenheit.
.
Nebenbei bemerkt: Frankreich spürt zunehmend die Folgen eines zu engen Euro-Korsetts, auch da ist es legitim und ökonomisch sinnvoll über den Verbleib des Landes in der Euro-Zone nachzudenken.
.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, halte ich die AfD-Konzeption eines teilweisen Euro-Ausstieges durch Südländer nicht für zielführend, insoweit teile ich schweren Herzens die Kritik der Blockparteien des Bundeskasperl-Theaters an Lucke’s Euro-Experiment und votiere für den aus meiner Sicht zu Ende gedachten Lösungsansatz von Prof. Wilhelm Hankel.
.
Ansonsten mein Kompliment zu Ihren hellseherischen Fähigkeiten, insbesondere hinsichtlich Ihrer Vorhersage, wie unsere Nachkommen im Jahr 2050 das unprofessionelle Euro-Krisenmanagement wohl bewerten.
Mein Tipp: Geben Sie doch mal einen ausgefüllten Lottoschein ab!
.
ab Min 13:31: Christian Lindner zu Griechenland:

„.. Gerade am heutigen Tag hat der Internationale Währungsfond übrigens dargelegt, dass in Griechenland noch nicht alles zum besten steht, in den vergangenen drei Jahren aber erhebliche Erfolge erzielt worden sind. Und den Menschen wollen Sie (Anm.: an Lucke gerichtet) die Möglichkeit nehmen, sich aus eigener Kraft eine Verbesserung ihrer Lage zu erarbeiten. Das ist letztlich auch eine Bestrafung der großen Anstrengungen, die es dort in den letzten Jahren gegeben hat. Ich bin dafür, wir geben ihnen noch Zeit ..“

.
Anmerkung
Mit dem Hinweis auf die IWF-Einschätzung hat Linder doch tatsächlich etwas richtiges aufgeschnappt, wie u.a. die Welt berichtet. Mit einer rhetorischen Glanzleistung übertüncht er dabei allerdings die in der Analyse dargestellten Rügen und weiteren Forderungen zur Wiederherstellung einer tragfähigen Schuldenlast.
.
Die griechische Tageszeitung Ekathimerini zitiert aus dem IWF-Bericht:
.

“Very little progress has been made in tackling Greece’s notorious tax evasion,” the IMF said in a statement on Monday. “The rich and self-employed are simply not paying their fair share.”

.
Es war wohl besser, diesen Hinweis nicht in seinen Redefluß zu integrieren .. der von ihm verwendete Begriff „große Anstrengungen“ wäre dadurch sonst konterkariert worden.
.
Ob sein wohlmeinender Hinweis auf bisherigen großen Sparanstrengungen der Menschen in Griechenland und die eingeforderte Kraft, sich mit weiteren Anstrengungen aus der desaströsen Lage zu befreien, bei der hellenischen Bevölkerung auf Gegenliebe stößt, sollte er direkt in Athen die Menschen befragen, denen mangels eigener finanzieller Möglichkeiten der Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten verwehrt bleibt.
.
Noch ein Wort zu den Sparanstrengungen im griechischen Staatshaushalt:
.
Noch im Mai 2011 hatte die griechische Regierung durch die Privatisierung von Staatsbesitz mit Erlösen von € 50 Mrd. gerechnet. Wie die Realität aussieht, lässt sich hier nachvollziehen.
.
Aufmerksame LeserInnen mögen sich an der Stelle fragen, wie Herr Lindner wohl seinen Arbeitstag verbringt .. mit der Beschäftigung elementarer Hintergründe zu den Themen des Euro-Krisenmanagement’s wohl eher nur sehr oberflächlich!
.
ab Min 14:40: Einspieler der Redaktion
Umfrage von infratest dimap (Mai 2013), mit einer Bewertung des WDR-Chefredakteurs Jörg Schönenborn (dem Erfinder der Demokratieabgabe
.
Die anschließenden Wortbeiträge von Herrn Bosbach (nicht zu kritisieren) und Michel Friedman (letztlich Wiederholungen und inhaltlich, sachlich nicht begründete Behauptungen) möchte ich nicht erneut kommentieren. Im Anschluss sachliche Argumentation von Lucke in Richtung Friedman, die bereits in meinen vorherigen Kommentaren in ähnlicher Form zum Ausdruck kamen.
.
ab Min 21:00: Michel Friedman
Friedman reklamiert in der Argumentation von Lucke das Fehlen des „politischen Aspekt’s“ der Friedenswährung und gibt in überheblicher Weise zur Kenntnis, dass ihn alleine Lucke’s statistische Anmerkungen nicht beeindrucken.
Ich vermag nicht zu bewerten, ob Herr Friedman an irgendwelchen Entzugserscheinungen oder einem Aufmerksams-Defizit leidet, jedenfalls erscheint sein Diskussions-Stil nicht besonders lobenswert. Sein Parteifreund Bosbach könnte da wohl aushelfen!
.
ab Min 23:26: Katrin Göring-Eckardt
Trommelwirbel!
Wenn die Theologin ein ökonomisches Argument verkündet, wird es sicher spannend:
.

„.. Stellen Sie sich mal allgemein vor, wir hätten den Euro nicht mehr, die Deutschen würden wieder die D-Mark haben; wir hätten wahrscheinlich als erstes eine Weltwirtschaftskrise und würden uns nicht gemütlich zurücklehnen können, nach dem Motto „wir machen es jetzt wieder alleine. Das ist ökonomisch völlig absurd!“

.
Anmerkung
Einfach köstlich – da sage doch mal einer, Ökonomie sei nicht witzig!
Wir sollten der Dame diesen kabarettistischen Ausflug nicht ankreiden, bei Theologen liegt der Schwerpunkt nun mal in Glaubensbekenntnissen.
.
Ihre weiteren Ausführungen beschäftigen sich im wesentlichen mit Europäischer Solidarität gegenüber spanischen Jugendlichen, die trotz Erasmus-Programmen den Glauben an Europa verlieren. Stringent erscheint mir ihre Argumentation allerdings nicht zu sein.
Im Anschluss stellt Wolfgang Bosbach geduldig das streckenweise an Geschwurbel erinnernde Argumentations-Wirrwarr richtig.
.
Vielleicht wäre Frau Göring-Eckardt mit der richtungweisenden Literatur des Ausnahme-Ökonomen und Sozialphilosophen Wilhelm Röpke zu helfen.
Zum Einstieg ein themenrelevantes Zitat, welches an Aktualität kaum zu überbieten ist:
.

„Wenn wir versuchen wollten, Europa zentralistisch zu organisieren und gleichzeitig zu einem mehr oder weniger geschlossenen Block zu schmieden, so ist das nicht weniger als ein Verrat an Europa.“

.
Es ist allerdings zu befürchten, dass die Dame aus der Gefangenschaft grüner Dogmen nicht zu entfliehen vermag und weiterhin fernab verheerender Auswirkungen von Euro-Bonds und Schulden-Union träumt!
.
ab Min 29:00: Einspieler der Redaktion
Nach einem leidenschaftlichen Statement von Wolfgang Bosbach in Richtung Göring-Eckardt stellt Plasberg die Schnittmengen zwischen Bosbach und Lucke vor.
.
ab Min 29:00: Frank Plasberg:
Bosbach und Lucke: eine Meinung – zwei Wege!
.

„Hier stehen beide nun und können nicht anders. Kennen Sie sich eigentlich persönlich? Haben Sie sich vor der Sendung schonmal persönlich gesehen?“

.
Es gab wohl einmal eine Konferenz per Skype, führt Lucke aus. Bosbach: es handelte sich um eine Veranstaltung soweit ich mich erinnere im Haus des Bundes der Steuerzahler Berlin .. Lucke wurde zugeschaltet .. Bosbach führt weiter aus, dass es am 03. Oktober 2011 ein Telefonat gab, um auszuloten, ob er auch weiterhin seine Heimat in der CDU sieht.
.
Wolfgang Bosbach:

„Die CDU ist meine politische Heimat und das bleibt sie auch!“

.
Lucke weist darauf hin, dass er sich von der CDU verlassen fühlte und deshalb die Partei verließ. Wahlversprechen seien nicht eingehalten worden.
Ein CDU-Wahlplakat aus 1999 zur Euro-Einführung dürfte in diesem Zusammenhang wohl Bande sprechen!
.
ab Min 39:00: Frank Plasberg:
Ende der AfD-Schmusekurs-Veranstaltung und dem Polierwettbewerb von Wolfgang Bosbach’s Heiligenschein.
.
ab Min 39:17: Christian Lindner:

„.. Ich will ein Wort aufgreifen und das auch entschieden zurückweisen, hier ist eben gesagt worden: im Jahr 2010 sei bedenkenlos das erste Griechenland-Rettungspaket im Deutschen Bundestag verabschiedet worden.
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es sehr wohl Bedenken gab, auch ein hartes Ringen in der Politik.
Meine Partei hat sogar ein Mitglieder-Entscheid durchgeführt mit hunderten von Veranstaltungen an der Parteibasis, wo dann die ganze Basis, 65,000 Mensch abstimmen konnten .. über unseren Euro-Rettungskurs.
Alternativen gibt es ja, das Wort von Angela Merkel ist ja nicht richtig, dass es alternativlos sei ..“

.
Anmerkung
Herr Lindner hat sich gerade für den Politwettbewerb „Stretching the Truth“ qualifiziert!
Wir erinnern uns: Die Initiative ging von Frank Schäffler aus, der dafür reichlich „Prügel“ bezog.
.
Die Süddeutsche Zeitung kommentierte am 10. Dezember 2011 das Abstimmungsergebnis wie folgt:
.

„Die Euro-Rebellen in der FDP um Frank Schäffler stehen vor einer Niederlage: Etwa 5000 Unterschriften fehlen noch für ihren umstrittenen Mitgliederentscheid über den dauerhaften Euro-Rettungschirm ESM – was Generalsekretär Lindner süffisant kommentiert.
[…]
Angesichts des erwartetenen Scheiterns der Schäffler-Initiative macht sich in der Parteispitze verhaltene Erleichterung breit. Ein Erfolg des Mitgliederentscheids zöge nach Ansicht vieler Liberaler das Ende der schwarz-gelben Koalition im Bund nach sich – und letzlich ein Zerbrechen der ohnehin schon arg ramponierten FDP.“

.
Stellen Sie sich in diesem Zusammenhang doch mal die Frage, ob Sie von Christian Lindner einen Gebrauchtwagen kaufen würden.
.
ab Min 40:00: Christian Lindner:
.

„.. hätte man damals dem Griechenland-Rettungspaket nicht zugestimmt, hätte es einen ungeordneten Staatsbankrott gegeben.
Wir haben bei der Lehman-Pleite seinerzeit gesehen, welche Auswirkungen das auf den einzelnen Handwerksmeister hier in Köln hat, wenn eine amerikanischer Großbank zusammenbricht.
Wieviel größer wären die Konsequenzen gewesen, wenn ein Staat zusammengebrochen wäre?..“

.
Anmerkung
Wow! Mir bleibt keine andere Wahl, als Christian Lindner mit einem ultimativen Ritterschlag zum ökonomischen Märchen-Onkel auszuzeichnen.
.
Hätte man Griechenland im Mai 2010 die Finanzhilfe verweigert, wäre als unmittelbare Folge der Austritt aus der Euro-Zone erfolgt und die Drachme 2.0 wäre gegenüber dem Rest-Euro deutlich abgewertet worden.
Die Gläubiger hätten einen haircut anbieten müssen, um einen Stopp von Auslandstransfers aus der leeren Kasse in Athen zu verhindern.
Der damalige Abschreibungsbedarf vorwiegend französischer Banken wäre um ein vielfaches geringer gewesen, als das Volumen bisher geleisteter Rettungs-Milliarden!
Konsequenterweise befände sich Griechenland seither auf einem Erholungskurs und hätte die demokratiefeindlichen und ökonomisch unsinnigen Auflagen der Troika nicht erfüllen müssen.
All dies ist keine neue Erkenntnis, sondern wurde von den Klägern um Prof. Hankel dem Bundesverfassungsgericht vor dem Entscheid zur Griechenland-Rettung in aller Breite verdeutlicht!
.
Mir klingen noch die pathetischen Schalmeien von Giorgos Papandreou im Ohr, denen man seitens der Euroholics nur zu gerne Glauben schenken wollte, sinngemäßes Zitat:
.

„Oberstes Gebot ist die Rettung des Vaterlandes. Ich werde alles tun, damit das Land nicht pleitegeht. Ich verspreche mit Ihnen allen zu kämpfen, damit Griechenland sich ändert. Wir werden es schaffen.“

.
Aufmerksame LeserInnen mögen sich noch an die vollmundigen Statements der Polit-Schnurgel im Zusammenhang mit der Griechenland-Hilfe erinnern:
.
Der Sprecher der Union betonte, dass der Bund für den Kredit lediglich bürge. ”Nicht zu handeln, wäre schädlicher gewesen“, sagte er. Es müsse alles getan werden, um entsprechende Notlagen in Zukunft zu vermeiden.
Die FDP-Fraktion sah auch ”keine andere Lösung“. Es müsse geholfen werden, damit Griechenland sich wieder Geld am Kapitalmarkt beschaffen könne.
Die Linksfraktion forderte verbindliche Zusagen des Finanzsektors, sich an den Kosten zu beteiligen.
Die SPD kritisierte, dass Deutschland einspringen solle, wenn andere Länder der Eurozone nicht zahlen könnten. So könnte der deutsche Beitrag sich erhöhen, befürchtete der Sprecher. Einen Änderungsantrag dazu lehnten alle anderen Fraktionen ab.
Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erklärte, dass es keine ”Nachschusspflicht“ gebe.
.
ab Min 44:17: Einspieler der Redaktion:
Am Beispiel von Prof. Kirchhof wird nachgezeichnet, was mit Professoren in der Politik so alles passieren kann.
.
Lindner wirft im Nachgang in die Diskussion ein, dass es auch andere Professoren gibt, deren Analysen anders aussehen, als die von Prof. Lucke.
Göring-Eckhardt kritisiert die Orientierung politischer Akteure an dem sogenannten Expertentum von Ökonomen und führt aus, dass wir deswegen an der Stelle gelandet seien, wo wir jetzt sind!
Weitere Schaustückchen ökonomischer Expertise der freundlichen Dame sind ab Min. 48:00 zu hören.
Zum Abschluss ihrer Ausführungen heftet sich Göring-Eckhardt auch noch den Erfolg der EU-Petition gegen die geplante Wasserprivatisierung an ihr virtuelles Revers .. TOLL!
.
ab Min 51:44: Einspieler der Redaktion:
Die Unterstützer der AfD … „man kann sich seine Fans nicht aussuchen!“
.
ab Min 57:20: Wolfgang Bosbach
Ausführungen zu ökonomischen Bewertungen vor der Einführung des Euro:
1. Hebel-Theorie: als Folge der Euro-Einführung die Vereinigten Staaten von Europa
2. Krönungs-Theorie: erst das stabile politische Fundament und danach die Währungs-Union
Zur Vertiefung dieses Themenkreises sei das „Working Paper No. 131“ von Prof. Hans-Werner Sinn, Ifo-Institut
Titel „Die Europäische Fiskalunion – Gedanken zur Entwicklung der Eurozone“ vom 26. April 2012 empfohlen.
IfoWorkingPaper-131
.
Als Ergänzung bietet sich der „Standpunkt 2010“ der Lazard Asset Management (Deutschland) GmbH
mit dem Titel „Griechenland 2010 – Ein Kanarienvogel im Minenschacht“ an.
PDF – [15 Seiten]
.
ab Min 1:01:23: Zuschauer-Reaktionen
Ein Zuschauer wendet sich mit seiner Frage direkt an Wolfgang Bosbach:
.

„Herr Bosbach, ich achte und schätze Sie als einen der fähigsten und ehrlichsten Politiker Deutschlands.
Bitte sagen Sie mir in die Kamera, damit man Ihre Augen sieht:
Ist die Zukunft meiner Kinder .. gesichert, oder müssen sie für die Fehler Ihrer Partei eines Tages bezahlen, weil Ihre Kollegen zu feige waren, dem Bürger die Wahrheit zu sagen?
Ich vertraue Ihnen.“

.
ab Min 1:03:57: Frank Plasberg:
.

„Herr Bosbach, was sagen Sie?“

.
ab Min 1:03:58: Wolfgang Bosbach:
.

„WENN wir die notwendigen Konsequenzen ziehen aus den Ereignissen der letzten drei Jahre,
WENN wir den Weg von der Transferunion in die Haftungsunion stoppen, und
WENN sich jeder Staat darüber im Klaren ist, dass kein Land über seine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse leben kann,
DANN müssen Sie sich um die Zukunft Ihrer Kinder keine Sorgen machen!“

.
Anmerkung
„.. und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute“, werter Herr Bosbach!
Politiker sollten endlich einmal lernen, dass man Fragen nicht mit Konditionalsätzen beantwortet!
(Beispiel: wenn Katzen Pferde wären, könnten wir auf Baumkronen reiten!)
.
.

Fazit:

Für Politik und Währungsunion ergibt sich frei nach „Hotel California“ dieselbe Einschätzung:

‚this could be heaven or this could be hell‘

.

Ihr Oeconomicus

.
.

CROSSPOST: GEOLITICO

.
.

Erinnerungen aus dem Archiv:

.
07. Mai 2003:
Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen):
„Finanzplatz Deutschland weiter fördern
.
21. Oktober 2004:
Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen):
zur Agenda 2010 – „Täuschland – Der Putsch von ganz oben“
.
12. November 2012
Wie die neoliberale Katrin Göring-Eckardt Herz-Jesu-Linke wurde
.

Hintergründe und Bewertungen zum Themenkomplex:

.
20. Juni 2011: Landeszentrale für politische Bildung, Baden-Württemberg
Der Euro und die Schuldenkrise in Europa – PDF [84 Seiten]
.
26. Oktober 2011: Finanzrechtsexperte Prof. Helmut Siekmann
“Politik zerstört durch Rechtsbrüche Vertrauen in den Euro”
.
26. November 2011: Oeconomicus
„Enteignungs-Union voraus?“
.
12. Juni 2012: BBC
„What could happen next if Greece leaves the eurozone?“
.
12. Oktober 2012: Oeconomicus
Bewertung der sogenannten Bertelsmann-Studie
„Euro-Aus in Südeuropa könnte 17 Billionen kosten“
.

Finanzplatz Deutschland weiter fördern

Finanzplatz Deutschland weiter fördern

Deutscher Bundestag Drucksache 15/930 – 15. Wahlperiode 07. 05. 2003
Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

.

Finanzplatz Deutschland weiter fördern

.
Der Bundestag wolle beschließen:
.
Der Deutsche Bundestag stellt fest: – Erfolgreiche Finanzplatzförderung
.
Die Bilanz der Finanzmarktförderungsgesetzgebung in Deutschland fällt positiv aus. In den vergangenen Jahren hat die Bundesregierung eine Reihe von wichtigen Initiativen und gesetzgeberischen Maßnahmen auf den Weg gebracht, die die Position Deutschlands unter den führenden Finanzplätzen Europas gestärkt haben.
.
So wurden mit dem im Jahre 2002 in Kraft getretenen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz erstmals in Deutschland ein verbindlicher rechtlicher Rahmen für die Übernahme börsennotierter Unternehmen geschaffen und die rechtliche Situation von Minderheitsaktionären gestärkt. Darüber hinaus kann die Deutsche Bundesbank mit ihrer durch das geänderte Bundesbankgesetz angepassten Struktur der Stimme Deutschlands als größter Volkswirtschaft in der Europäischen Union auch in einem zusammenwachsenden Europa angemessen Gewicht verleihen.
.
Mit der Schaffung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich die Bundesregierung zudem bei der Finanzmarktregulierung für einen integrierten, sektorübergreifenden Aufsichtsansatz entschieden, den auch andere führende europäische Finanzmärkte (z.B. Großbritannien mit der Financial Services Authority) praktizieren. Dieser Ansatz entwickelt sich zunehmend zum Maßstab einer modernen Finanzmarktaufsicht in einem integrierten Markt für Finanzdienstleistungen in Europa.
.
Einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland hat die Bundesregierung zuletzt mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz unternommen.
Durch die Modernisierungen im Bereich des Börsenrechts wurden der Handlungsspielraum der Börsen erweitert und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit
erhöht. Die Marktintegrität und der Anlegerschutz konnten durch Schärfungen im Bereich der Marktaufsicht, die Schaffung neuer Schadensersatzvorschriften und durch erhöhte Transparenzanforderungen (etwa bei den so genannten Directors‘ Dealings) verbessert werden.
.
– Finanzplatzförderung als dynamischer Prozess
.
Die Stärkung der Position des Finanzplatzes Deutschland ist keine statische Angelegenheit, sondern eine permanente Herausforderung. Die Integration der Finanzmärkte entwickelt sich im Zeichen einer globalisierten Wirtschaft und der Schaffung eines einheitlichen europäischen Marktes für Finanzdienstleistungen mit zunehmender Dynamik. Es bleibt somit keine Zeit, sich auf dem bereits Erreichten auszuruhen. Die Bundesregierung ist vielmehr aufgerufen, zügig die weiteren notwendigen Schritte einzuleiten, um den ordnungspolitischen Hintergrund und die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Finanzplatz Deutschland weiter zu verbessern.
.
Das 10-Punkte-Programm der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und zur Verbesserung des Anlegerschutzes sowie der Finanzmarktförderungsplan 2006 des Bundesministers der Finanzen bilden hierfür eine geeignete Grundlage.
.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, bei ihren Bemühungen zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland folgende Überlegungen zu berücksichtigen:
.
I. Grundsätzliche Erwägungen
.

1. Finanzplatzförderung sollte noch stärker als in der Vergangenheit als wirtschaftspolitisches Ziel betrachtet werden. Die Belange des Finanzplatzes Deutschland müssen – trotz der bisweilen auftretenden komplexen markttechnischen und rechtlichen Fragestellungen – stets im Fokus des wirtschaftspolitischen Geschehens bleiben.

.

2. Das Vorhandensein einer gemeinschaftlichen Idee von einem „Finanzplatz Deutschland“ ist ein nicht zu unterschätzender – weit über die Grenzen Deutschlands hinaus wirkender – Standortvorteil. Anzustreben ist die Entwicklung eines – von der Mehrheit der Marktteilnehmer akzeptierten und
gelebten – „Markenzeichens“, wenn vom „Finanzplatz Deutschland“ die Rede ist.
Im Rahmen ihrer Politik zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland sollte die Bundesregierung daher auf die Entwicklung eines Identität stiftenden Zusammengehörigkeitsgefühls unter den deutschen Kapitalmarktakteuren hinwirken.

.

3. Der Aktie kommt als Anlage- und Finanzierungsinstrument eine große Bedeutung zu. Deutschland hat im Vergleich zu anderen Finanzplätzen eine relativ junge „Aktienkultur“. Dies ist unter anderem durch die hierzulande besonders ausgeprägte Tradition der Fremdkapitalfinanzierung zu erklären. Wir setzen uns für den systematischen Abbau von Steuerbenachteiligungen von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital ein. Gleichzeitig wird das Wertpapiersparen noch zu wenig als Anlageform, etwa für die Altersversorgung genutzt. Einen Rückschlag hat die Entwicklung der „Aktienkultur“ zudem durch die gegenwärtigen Entwicklungen an den nationalen und internationalen Aktienmärkten erhalten. Hier gilt es gegenzusteuern.
Bei ihren Bemühungen sollte die Bundesregierung die Erfahrungen der verschiedenen Interessengruppen nutzen, um einerseits die Vorteile der Aktienanlage/Eigenkapital-Finanzierung herauszustellen und andererseits über die Risiken von Wertpapieranlagen umfassend aufzuklären.

.

4. Rund 80 Prozent der deutschen Finanzmarktgesetzgebung haben ihren Ursprung in Rechtsakten der Europäischen Union.
Gleichzeitig soll mit dem EU-Aktionsplan für Finanzdienstleistungen bis zum Jahr 2005 ein einheitlicher europäischer Finanzmarkt entstehen. Kapitalmarktfragen stehen zudem im Fokus internationaler Foren, wie den G7 oder dem Financial Stability Forum.
Eine angemessene Vertretung deutscher Kapitalmarktinteressen in europäischen und internationalen Gremien ist sicherzustellen.

.

5. Bei der Schaffung kapitalmarktrechtlicher Regelungen ist sowohl im europäischen Kontext (z.B. bei der Überarbeitung der EU-Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie) als auch bei der Umsetzung in nationales Recht darauf zu achten, dass unnötige Belastungen für die Unternehmen der Finanzdienstleistungsindustrie vermieden werden.
Die Regulierung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist kein Selbstzweck. Sie dient der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte und dem Schutz der Anleger. Dabei ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Finanzdienstleistungsbranche, insbesondere der unabhängigen Finanzdienstleister, zu berücksichtigen.
Der zunehmenden Bedeutung des Kapitalmarktes in Deutschland für die Bürger, als Vermögensanlage, Finanzierungsinstrument sowie für die private Altersvorsorge muss Rechnung getragen werden. Die Interessen der Anleger müssen gestärkt und geschützt werden. Die Verbrauchererziehung, insbesondere der Umgang mit Geld als Sparer, Anleger oder Kreditnehmer, gehört in die Lehrpläne der Schulen.

.

6. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Initiativen der Bundesregierung zur Durchsetzung der deutschen Anliegen bei der Neufassung der internationalen Eigenkapitalstandards für Banken (Basel II).
Die Festlegung mittelstandsgerechter Prinzipien bei der Anrechnung von Unternehmenskrediten sowie die Abwendung einer diskriminierenden Behandlung langfristiger Firmenkredite stellen wichtige Verhandlungserfolge im Hinblick auf die bewährte Finanzierungskultur in Deutschland dar.

.

7. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, entsprechend seinen Entschließungen für eine Durchsetzung der deutschen Anliegen bei der anstehenden Überarbeitung der europäischen Eigenkapitalvorschriften für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen konsequent einzutreten. 
Des Weiteren ersucht der Deutsche Bundestag die Bundesregierung, bei der Umsetzung von Basel II bzw. der entsprechenden EU-Regelung in deutsches Recht die Ermessensspielräume zum Vorteil der Kreditversorgung der hiesigen Wirtschaft auszuschöpfen und hierbei außerdem auf praxisgerechte Lösungen zu achten.

.
II. Unternehmens- und Marktintegrität/Anlegerschutz
.

1. Das 10-Punkte-Programm zur Verbesserung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes ist zügig umzusetzen. Das Anlegervertrauen hat in jüngerer Zeit unter anderem durch Bilanzmanipulationen und die Verbreitung falscher Unternehmensinformationen schweren Schaden genommen.
Um das Vertrauen der Anleger in die Klarheit und Wahrheit der Unternehmensabschlüsse sowie die von den Gesellschaften herausgegebenen Geschäftsdaten zurückzugewinnen, hat die Bundesregierung unlängst einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Dieser zielt unter anderem auf die Erhöhung der persönlichen Verantwortlichkeit von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, die Verbesserung von Klagemöglichkeiten für Aktionäre, die Einführung eines Überprüfungsmechanismus hinsichtlich konkreter Unternehmensabschlüsse (Enforcement), eine bessere Aufsicht über den so genannten Grauen Kapitalmarkt (Einführung einer Prospektpflicht für die am Grauen Kapitalmarkt öffentlich angebotenen Beteiligungen) und eine größere Verlässlichkeit der von Analysten und Rating-Agenturen über Unternehmen verbreiteten Bonitätsurteile.
Mit der zeitnahen Umsetzung des 10-Punkte-Programms könnte die Bundesregierung einen gewichtigen Beitrag zur Überwindung der gegenwärtigen Vertrauenskrise an den Finanzmärkten leisten. Um die Klagemöglichkeiten für Kleinaktionäre zu verbessern, sollte der Aspekt der Beweislastumkehr überprüft werden.

.

2. Anzustreben ist die Einrichtung einer zentralen Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Verfolgung von Finanz- und Kapitalmarktdelikten.
Durch die Einrichtung einer solchen Verfolgungszentrale könnte das für eine erfolgreiche Prävention und Repression im Kapitalmarktbereich erforderliche umfangreiche Know-how an einer Stelle gebündelt werden. Eine effektive und wirksame Strafverfolgung bei Finanz- und Kapitalmarktdelikten leidet gegenwärtig auch an der Zersplitterung der Zuständigkeiten. Dies hat in der Vergangenheit zu einer großen Zahl von Verfahrenseinstellungen geführt. Diesem Missstand könnte durch die Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft begegnet werden.

.

3. Der Deutsche Corporate-Governance-Kodex sollte fortentwickelt werden. Ausgelöst durch die bei spektakulären Unternehmenszusammenbrüchen zu Tage getretenen Mängel in der deutschen Unternehmensverfassung hat die so genannte Cromme-Kommission auf der Basis der Arbeiten der Regierungskommission „Corporate Governance“ Anfang 2002 einen detaillierten Katalog mit Grundsätzen für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung vorgelegt.
Mit diesem Corporate-Governance-Kodex hat Deutschland auch im internationalen Rahmen Maßstäbe gesetzt. Der Deutsche Corporate-Governance-Kodex ist vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion (z. B. Verantwortlichkeit von Vorstand und Aufsichtsrat, Vergütungsfragen) konsequent anzuwenden, weiterzuentwickeln und anzupassen.

.
III. Steuern
.

1. Steuerliche Regelungen, die den Standort Deutschland fördern, stärken auch den Finanzplatz Deutschland. Hierzu gehören vor allem die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, die Abschaffung von Ausnahmetatbeständen und die Absenkung der Steuersätze. Neben einer international wettbewerbsfähigen Besteuerung der Anbieter von Finanzdienstleistungen benötigt ein funktionierender Finanzplatz auch stimmige steuerliche Rahmenbedingungen für die unterschiedlichen Finanzierungsinstrumente.

.

2. Angesichts der im internationalen Vergleich eher geringen Eigenkapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen und vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Veränderungen in den Kreditfinanzierungsbedingungen dieser Unternehmen kommt der Stärkung der Eigenkapitalbasis in Deutschland eine herausragende Rolle zu.
Dieser Aspekt wird in Zukunft ein besonderes Gewicht bekommen müssen. Daher wird die Bundesregierung aufgefordert, die steuerliche Benachteiligung von Eigenkapital zu vermeiden.

.

3. Angesichts der derzeitigen Schwäche an den Aktienmärkten kommt außerbörslichem Beteiligungskapital als Instrument der Eigenkapitalfinanzierung eine besondere Rolle zu.
Steuerliche Unsicherheiten im Private-Equity-Bereich führen derzeit dazu, dass die Möglichkeiten dieses Finanzierungsinstruments in Deutschland nicht ausreichend genutzt werden.
Um Deutschland nicht von den Investitionsmitteln der Finanzinvestoren abzukoppeln, ist es von besonderer Bedeutung, dass hier international wettbewerbsfähige steuerliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

.

4. Unterschiede in der steuerlichen Behandlung von gleichartigen Anlageprodukten müssen im Interesse eines fairen Wettbewerbs der Anbieter abgebaut werden. Insbesondere gilt dies für den zunehmend wichtiger werdenden Bereich der privaten Altersvorsorge, wo der Wettbewerb nicht durch einseitige Steuerprivilegien und Steuernachteile gestört werden darf.
Bei der Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen ist nach Möglichkeit durchgängig zur nachgelagerten Besteuerung überzugehen.

.

5. Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Ausgestaltung steuerlicher Maßnahmen stärker deren Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen und den Finanzplatz Deutschland zu berücksichtigen, um der besonderen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung dieser Bereiche Rechnung zu tragen.

.
IV. Rechnungslegung
.

1. Durch die IAS-Verordnung der EU besteht für börsennotierte Unternehmen ab 2005 die EU-weite Pflicht zur Anwendung von IAS beim Konzernabschluss (eine Übergangsfrist bis 2007 gilt für diejenigen Unternehmen, die bereits heute vollständig nach US-GAAP bilanzieren).
Die Mitgliedstaaten haben ein Wahlrecht, auch nicht börsennotierten Mutterunternehmen zu gestatten oder vorzuschreiben, ihren Konzernabschluss nach IAS aufzustellen, sowie allen Unternehmen zu gestatten oder vorzuschreiben, auch ihren Einzelabschluss nach IAS aufzustellen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die in der IAS-Verordnung vorgesehenen Wahlrechte gründlich zu prüfen und bei ihrer Entscheidung auch die steuerlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Hierbei sollte der Aufwand für die betroffenen Firmen bedacht werden.

.

2. Bei der Implementierung der IAS-Verordnung sowie der Fortentwicklung der einzelnen IAS-Bestimmungen ist zudem darauf zu achten, dass keine negativen Auswirkungen für deutsche Unternehmen (insbesondere im Banken- und Versicherungsbereich) auftreten; so sollte z. B. die Einführung der Fair-Value-Bewertung für Finanzinstrumente im Konzernabschluss nur dann erfolgen, wenn für solche Instrumente liquide Märkte bestehen.

.
V. Börsenreform
.

1. Deutschland braucht eine zentrale Börsenaufsicht. Insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung eines integrierten europäischen Marktes für Finanzdienstleistungen bis zum Jahre 2005 kann sich Deutschland keine Zersplitterung bei der Überwachung eines essenziellen Bereichs seines Finanzmarktes leisten.
Für eine Zentralisierung sprechen zudem die zu erwartenden Synergieeffekte durch die Bündelung des Know-hows. Mit der Schaffung einer sektorübergreifenden Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die deutsche Kapitalmarktregulierung bereits erheblich an Schlagkraft gewonnen. Eine weitere Zentralisierung der gesamten Börsenaufsicht bei der BaFin wäre mit der Hebung zusätzlicher Effizienzgewinne verbunden. Alle Initiativen zur Schaffung einer zentralen Börsenaufsicht in Deutschland sind jedoch bislang am Widerstand der Länder gescheitert. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, sich weiterhin in einem konstruktiven Dialog mit den Ländern um eine zeitgemäße Lösung zu bemühen.

.

2. Eng mit der Problematik der Aufsicht verknüpft ist die Frage, wie der Börsenhandel künftig in Deutschland organisiert ist. Das gegenwärtige System mit der Börse als teilrechtsfähiger öffentlich-rechtlicher Anstalt und den privatrechtlichen Börsenträgern hat sich grundsätzlich bewährt. In der anstehenden Überprüfung gilt es, die Vor- und Nachteile einer Umwandlung der Börsen in rein privatrechtliche Organisationen zu untersuchen. Geklärt werden könnte auch, inwieweit die vorhandene Börsenstruktur optimiert werden kann. Leitgedanke bei der Weiterentwicklung der Börsenstruktur sollte die Verbesserung der Markteffizienz, der Marktintegrität und des Anlegerschutzes sein.

.

3. Für die Entwicklung eines gemeinsamen transatlantischen Kapitalmarktes ist es von herausragender Bedeutung, dass ausländischen Börsen ein diskriminierungsfreier Zugang zum Kapitalmarkt des jeweiligen Aufnahmestaates ermöglicht wird. So wie es ausländischen Börsen möglich ist, ihre Handelsbildschirme in Deutschland aufzustellen, müssen auch deutsche und andere europäische Börsen in Übersee Marktzugang erhalten.
Die Bundesregierung wird daher in ihren Bemühungen unterstützt, gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union für ein weltweites Level Playing Field beim Angebot von Börsendienstleistungen zu sorgen.

.
VI. Bundesemissionen
.

1. Deutschland nimmt unter den erstklassigen europäischen staatlichen Schuldnern bei lang- bis mittelfristigen Kreditaufnahmen (30, 10 und 5 Jahre) sowie bei 6-monatigen geldmarktnahen Kreditaufnahmen die führende Position ein. Die Bundesrepublik Deutschland ist somit ein erstklassiger staatlicher Schuldner an den Geld- und Kapitalmärkten. Im Vergleich zu anderen staatlichen Schuldnern sichert dieser Benchmark-Status die Kreditaufnahme mit den geringsten Kosten.

.

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, durch eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik und eine solide Haushaltspolitik weiterhin dafür zu sorgen, dass Deutschland seinen hervorragenden Status unter den internationalen staatlichen Schuldnern bewahren und ausbauen kann.

.

3. Um diesen europäischen Benchmark-Status der Bundesanleihen zu erhalten und auszubauen ist nicht nur die Bonität (Rating) der Bundesanleihen, sondern auch die Gestaltung der Begebung von Bundeswertpapieren von entscheidender Bedeutung. Dabei sollte die Einführung einer Primärmarktplattform bei der Neuemission von Bundesanleihen geprüft werden, um den Teilnehmern des Primärmarkts optimale Funktionalitäten zu bieten sowie den Primär- und Sekundärmarkt zur Steigerung der Liquidität besser zu integrieren. Zu berücksichtigen ist aber auch der diskriminirungsfreie Zugang von Kleinanlegern zu diesen Anlagemöglichkeiten.

.
VII. Situation der deutschen Kreditwirtschaft/Auslandsbanken
.

1. Eine leistungsstarke und wettbewerbsfähige deutsche Kreditwirtschaft ist wichtig wegen ihres Beitrags zum Bruttosozialprodukt und zur Beschäftigungsentwicklung.
Das Bank- und das Versicherungsgewerbe tragen über 4 Prozent zur Bruttowertschöpfung in Deutschland bei. Beide Sektoren beschäftigen über 1 Million Personen oder rund 3 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland. Darüber hinaus spielen die Kreditinstitute eine wichtige Rolle als Finanzintermediäre. Sie stellen Finanzierungsmittel für die Unternehmen bereit. Eine hinreichende Kreditversorgung, insbesondere der kleinen und mittelständischen Unternehmen, ist eine bedeutende Voraussetzung für weiteres Wirtschaftswachstum. Unverzichtbar ist eine leistungsstarke Kreditwirtschaft zudem im Hinblick auf den Aufbau moderner, kapitalmarktgestützter Altersvorsorge-Systeme.

.

2. Die Verfassung der deutschen Kreditwirtschaft ist insgesamt solide und stabil. In der Fläche erfolgt eine lückenlose Versorgung mit Bankdienstleistungen.
Der Wettbewerb auf dem deutschen Markt für Bankdienstleistungen ist hoch. Infolgedessen werden Bankdienstleistungen in Deutschland zu Preisen bereitgestellt, die im internationalen Vergleich als günstig anzusehen sind.

.

3. Die Stärken der deutschen Kreditwirtschaft beruhen zu wesentlichen Teilen auf dem so genannten 3-Säulen-System aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Sparkassen/Landesbanken und Genossenschaftsbanken.
Das 3-Säulen-System ist historisch gewachsen. Es hat seine hohe Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit unter Beweis gestellt. Im Hinblick auf die gegenwärtigen Herausforderungen, denen sich die deutsche Kreditwirtschaft gegenübersieht, wird dem System jedoch auch große Flexibilität abverlangt. Zur Behebung der Schwierigkeiten sind marktwirtschaftliche Lösungsansätze aus der Mitte der Kreditwirtschaft am besten geeignet.
Die Kreditinstitute in den drei Säulen haben bereits mit Konsolidierungs- und Rationalisierungsanstrengungen begonnen, in deren Mittelpunkt Maßnahmen zur Kostenreduktion und zur Verbesserung der Aufwands- und Ertragssituation stehen.

.

4. Ein leistungsstarker Finanzplatz ist auch für ausländische Banken attraktiv. Die Anzahl der Auslandsbanken in Deutschland erhöhte sich um 53 auf 167 in der Zeit von 1985 bis 2002. Der Anteil der Auslandsbanken an den Kreditinstituten in Deutschland stieg damit von 2,5 Prozent auf 7 Prozent. Dies spricht für die hohe Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland.

.
VIII. Verbriefungsmarkt
.

1. Die Bundesregierung hat mit ihren Vorschlägen zur Änderung des Gewerbesteuerrechts im Rahmen des Kleinunternehmerförderungsgesetzes den entscheidenden Anstoß dafür gegeben, die Verbriefung von Kreditforderungen und Kreditrisiken zu erleichtern und den Handel mit Forderungen und Risiken aus Kreditgeschäften zu entwickeln. Das Gesetz wird der weiteren Entwicklung des deutschen Verbriefungsmarktes zusätzlichen Schub verleihen.

.

2. Ziel der Initiative der Bundesregierung ist es, durch die Verminderung der Risikopositionen der Kreditinstitute aus Kreditforderungen und -risiken eine Eigenkapitalentlastung herbeizuführen und auf diese Weise Freiraum für neue Kredite zu schaffen.
Dadurch werden die Finanzierungsmöglichkeiten auch der kleinen und mittleren Unternehmen verbessert.
Durch die vorgesehene steuerliche Entlastung der Zweckgesellschaften, auf die die Kredite oder Kreditrisiken übertragen werden sollen, wird ein Nachteil des Finanzplatzes Deutschland ausgeglichen. Die Zweckgesellschaften müssen nicht mehr länger aus gewerbesteuerlichen Gründen ins Ausland ausweichen.

.

3. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Initiative der Bundesregierung, die gewerbesteuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Verbriefung von Kreditforderungen der Banken zu verbessern. Die Entwicklung eines Verbriefungsmarktes in Deutschland ist ein geeigneter Ansatzpunkt, um die Finanzierung für die Unternehmen zu verbessern und den deutschen Kapitalmarkt zu stärken.
Die Bundesregierung wird gebeten, weitere Maßnahmen zur Schaffung eines leistungsfähigen, international wettbewerbsfähigen Verbriefungsmarktes in Deutschland zu prüfen.

.
Berlin, den 7. Mai 2003
.
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

Deutscher Bundestag Drucksache 15/930