Geheime Goldpolitik

Warum die Zentralbanken den Goldpreis steuern

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Leseprobe aus Dimitri Speck’s Buch
»Geheime Goldpolitik« (ISBN 978-3-89879-514-2)
2010 by FinanzBuch Verlag GmbH, München
Nähere Informationen unter: http://www.finanzbuchverlag.de
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Dimitri Speck hat sich auf empirisch messbare Marktanomalien und die Analyse vernetzter Fragestellungen spezialisiert. 2001 entdeckte er mithilfe von Intradaykurs-Anomalien, dass Zentralbanken bereits seit 1993 systematisch Interventionen am Goldmarkt durchführen. Später konnte er immer weitere Belege für diese Interventionen finden. Speck ist der Chef-Entwickler für die quantitativen Handelsstrategien der Staedel-Hanseatic-Gruppe, die vor allem Aktienfonds berät. Zudem konzipierte er den von der Deutschen Börse veröffentlichten Stay-C Commodity Index. Seine Strategien halfen, Risiken während der Finanzmarktkrise 2008 frühzeitig zu identifizieren. Speck ist Herausgeber der Finanz-Website http://www.seasonal-charts.com.
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»Geheime Goldpolitik«

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VORWORT

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Werfen wir einen Blick zurück auf das Jahr 2008. Die Finanzkrise hält die Menschen in Atem: Die Aktien fallen, nicht nur suboptimale Papiere sind
unverkäuflich. Vor zweifelhaften Banken bilden sich lange Schlangen. Panikartig wird Geld abgehoben, selbst weniger ängstliche Naturen befürchten
den totalen Zusammenbruch des Finanzsystems. Ersparnisse werden in Sicherheit gebracht, in Staatsanleihen und Gold umgeschichtet.
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Gold? Die größte Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg, möglicherweise seit der Großen Depression der Dreißigerjahre, läuft mit kaum fassbarer Schnelligkeit ab. Beinahe ebenso schnell werden von Zentralbankern und Politikern Gegenmaßnahmen im Umfang von vielen Hundert Milliarden ergriffen. Institutionelle Anleger und private Sparer schichten ihre Anlagen in sichere Staatsanleihen und in Gold um. Die Staatsanleihen steigen auf ein extremes Niveau, so sehr, dass umgekehrt ihre Rendite zum Teil bei 0 Prozent liegt. Man verzichtet auf Zinsen, sucht Sicherheit um jeden Preis.
Und was macht der Goldpreis? Er fällt!
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Seit Jahren kursieren am Markt Gerüchte, die Zentralbanken würden den Goldpreis drücken; sie wollten einen unkontrollierten Anstieg verhindern und würden dafür sogar Teile ihrer Bestände des seltenen Metalls in den Markt geben. Denn auch in früheren Krisen, etwa in der Russlandkrise oder bei der Beinahepleite des Hedgefonds LTCM in den Neunzigerjahren, fiel Gold entgegen seiner typischen Rolle als »sicherer Hafen«, obwohl Panik an den Märkten herrschte.
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Ein weiterer Anlass für diese Gerüchte sind extreme Auffälligkeiten im kurzfristigen Verlauf des Goldpreises. Immer wieder (auch jetzt gerade, als ich diese Zeilen schreibe!) fällt der Goldpreis wie ein Stein, binnen Minuten um Beträge von 10 Dollar oder mehr. Ohne jeden äußeren Anlass, aber auch ohne dass es in irgendeinem anderen Markt eine korrespondierende scharfe Marktbewegung gäbe (wie ansonsten oft üblich).
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Doch wieso sollten die Zentralbanken Gold drücken? Sie halten sehr viel Gold und müssten an einem steigenden Kurs interessiert sein, das wäre ihr Gewinn. Denn auch Zentralbanken müssen die ihnen anvertrauten Mittel, die »Reserven«, nicht nur sicher, sondern auch rentabel anlegen. Zudem stellt sich die Frage, ob man eine solche Aktion langjährig durchführen kann, ohne dass es offiziell publik wird. Müssten nicht viele Personen involviert sein, was sich nur schwer verbergen ließe?
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Außerdem: Handelt es sich bei der These, dass regelmäßige Goldpreisinterventionen stattfänden, nicht um eine der unzähligen Geschichten, mit denen Anleger, die eine falsche Anlageentscheidung getroffen haben oder deren Erwartungen enttäuscht wurden, die Schuld ihres eigenen Versagens auf andere abzuwälzen versuchen, in diesem Fall auf die mächtigen Zentralbanken?
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Zentralbanken intervenieren nicht nur offen, sondern auch verborgen an den Märkten. Für die Devisenmärkte ist das allgemein bekannt, es gilt aber auch für den Goldmarkt. Außerdem können sie teilweise an private Institute Aufgaben abgeben, die aus Eigeninteresse dasselbe Ziel verfolgen.
Es gibt einige Beispiele für solche Kooperationen, etwa bei der Übernahme angeschlagener Bankhäuser. Auf diese Weise können Aufwand und Zahl der unmittelbar involvierten Personen reduziert werden, denn beileibe nicht jeder, der an einer Intervention mitwirkt, dürfte wissen, dass er sich an einer Intervention beteiligt.
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Doch lange anhaltende Interventionen hinterlassen Spuren. Dies sind insbesondere Spuren am Kurs selbst. Denn der Kurs ist das unmittelbare Ziel von Interventionen, an ihm sollen sie sich ja auswirken. Der Kurs ist somit ein primärer Untersuchungsgegenstand für die Identifizierung von Interventionen. Man sollte zudem meinen, dass Interventionen in Bilanzen Spuren hinterlassen. Manche Bilanzposition, die in der Privatwirtschaft zwingend in eine Bilanz gehört, fehlt aber in den Zentralbankbilanzen. Ferner gibt es Spuren in Form von Zitaten von Zentralbankern.
Einige ihrer Überlegungen zu Mitteln und vor allem Motiven der eigentlich verborgenen Interventionen im Goldbereich sind veröffentlicht worden.
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Wir gehen diesen Spuren nach. Fundierte Quellen bilden die Basis aller wesentlichen Schlussfolgerungen. Nur am Rande, um das Bild abzurunden, streifen wir, was am Markt kolportiert wird, auch wenn tatsächlich mehr davon stimmen dürfte. Es geht darum, die Situation um den mächtigsten Teilnehmer am Goldmarkt, die Zentralbanken, darzulegen. Wir werden sehen, dass seit vielen Jahren interveniert wird, wie diese Goldinterventionen funktionieren und welchen Zwecken sie dienen sollen.
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Doch die Goldinterventionen blieben nicht ohne Folgen in anderen Bereichen. Bei jedem Markteingriff gilt:
Wenn man an einer Stelle eine Schraube dreht, rührt sich an anderer Stelle etwas, das gar nicht beabsichtigt und gewünscht war. Für die Goldinterventionen gilt entsprechend, dass sie seit den Neunzigerjahren ein prägendes Element der Finanzarchitektur sind. So waren sie eine der Grundlagen für das große Leistungsbilanzdefizit der USA. Vor allem aber ermöglichten sie ein außergewöhnlich hohes Ausmaß der Verschuldung.
Der weltweite Schuldenstand in allen Sektoren – Staat, Private und Wirtschaft – konnte so ein Rekordniveau erreichen.
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Der hohe, vermutlich nicht mehr abbaubare Schuldenstand wiederum ist das eigentliche Problem der Weltwirtschaft. Die Schulden des einen sind immer die Forderungen des anderen. Gesamtwirtschaftlich kann man deswegen ein hohes Schuldenniveau nicht einfach abbauen, ohne einen Schaden anzurichten. Die gängigen Richtungen, die eine Wirtschaft dann einschlägt, sind gegensätzlich, nämlich Deflation oder Inflation. Bei der Deflation fallen die Schuldner und damit reziprok die Guthaben aus und die Wirtschaft bricht zusammen.
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Dies drohte in der Finanzmarktkrise 2008 und wurde durch massive staatliche Stützungsmaßnahmen verhindert.
Dann droht aber das Gegenstück, die Inflation. Die Wirtschaft kollabiert zwar weniger stark, aber das Verschuldungsniveau geht nicht zurück, sondern nimmt in der Regel weiter zu. Denn wenn Bankenzusammenbrüche und Konkurse durch staatliche Garantieversprechen verhindert werden, wird nicht nur ein Verschuldungsrückgang verhindert, sondern mittelfristig auch wieder neue Kreditaufnahme angeregt.
Das eigentliche Problem bleibt ungelöst und wird möglicherweise zur Basis einer lange andauernden Schwächephase – oder der nächsten Krise.
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Wir leben in spannenden Zeiten. Die Höhe des weltweiten Verschuldungsniveaus ist ohne historisches Beispiel in Friedenszeiten. In der Geschichte folgten auf hohe Verschuldungsniveaus meist Finanzkrisen und darauf Wirtschaftskrisen. Oft kam es in der Folge zu politischen, gesellschaftlichen und weltanschaulichen Wechseln. Die Goldinterventionen trugen zur Blase an den Finanzmärkten bei, die der Finanzmarktkrise und den wirtschaftlichen Entwicklungen, die noch auf uns zukommen werden, voranging. Gold ist das Gegenstück zum kreditbasierten Geld.
Es ist schuldnerfrei und kann nicht weginflationiert werden. Es ist der natürliche Gegenspieler des Hauptgegenstandes der Zentralbanken, des »Papiergeldes«.
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WIESO GOLD?

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Jahrhundertelang verband man Gold oder Silber mit dem Begriff »Geld«. Meist wurde unmittelbar mit dem Edelmetall bezahlt, beispielsweise mit silberhaltigen Münzen. Oft waren aber auch mit Gold unterlegte Geldscheine gebräuchlich. Dies war etwa im »Goldstandard« der Fall, bei dem zwar nicht mit physischem Gold bezahlt wurde, bei dem aber jede Währungseinheit (wie »Dollar«) durch eine festgelegte Menge Gold definiert war und in sie umgetauscht werden konnte. Es lag weitgehend außerhalb der Vorstellungskraft, dass mit »ungedecktem Papiergeld« gezahlt würde, und es gab in der Geschichte auch nur sehr wenige, zeitlich und örtlich begrenzte Episoden, in denen Geld nicht mit einer Ware gedeckt war.
Heute, genauer seit den Siebzigerjahren, zahlt man weltweit mit Geld, das nur noch auf Forderungen basiert, die auf eine abstrakte Einheit lauten. Es berechtigt zu nichts, außer zum Tausch gegen andere Forderungen gleicher Art.
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Diese »Dollar«, »Yen« oder »Euro« können als Geld fungieren, da ihr Entstehungsprozess Reglementierungen unterliegt, was sie zahlenmäßig begrenzen soll. Historisch kam es zu dieser Entwicklung, da auf Gold oder Silber basierende Geldsysteme Nachteile aufweisen. Deswegen wurde der Gebrauch von Edelmetallen als Geld häufig kritisiert und sie wurden mit Bezeichnungen wie »barbarisches Relikt« oder »nutzloses Metall« belegt.
Sprüche wie »Gold kann man nicht essen« sollen die vermeintliche Nutzlosigkeit suggerieren.
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Die Nachteile beginnen bereits bei der Produktion, denn man muss Gold mit großem Aufwand aus der Erde herausholen. Dabei wird die Umwelt in mitunter bedenklichem Ausmaß verschmutzt. Die Verteilung der Bestände an Gold ist zudem aus historischen und geografischen Gründen regional sehr unterschiedlich. Außerdem ist die Menge begrenzt, sodass es mit dem »Bedarf« einer wachsenden Wirtschaft – oder eines ausufernden Staatshaushaltes – nicht Schritt halten kann (wobei genau dieser Aspekt bei den Gold-Anhängern als Vorteil gesehen wird).
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Heute ist Gold kein Zahlungsmittel mehr. Es spielt auch bei großen Geschäften, im Außenhandel und selbst zwischen Staaten keine Rolle mehr.
Es wird jedoch weiterhin als Wertaufbewahrungsmittel gehalten. Bei Privatpersonen geschieht dies meist in Form von Münzen oder Barren (in manchen Gegenden auch in Form von Schmuck, wenn dieser dort kaum teurer ist als der Materialwert).
Auch bei den Zentralbanken lagert noch eine größere Menge Gold, nach offiziellen Angaben knapp 30 000 Tonnen. Dies ist ein Vielfaches des Jahresverbrauchs des Metalls.
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Damit ist ein wichtiger Unterschied zu anderen Waren benannt. Denn diese Wertaufbewahrungsfunktion findet man in erwähnenswertem Maße ansonsten allenfalls noch bei Silber. Man schätzt, dass bisher etwa 160 000 Tonnen Gold gefördert wurden und dass das meiste davon heute noch zugänglich vorhanden ist. Dem steht eine jährliche Minenproduktion von derzeit etwa 2 400 Tonnen und ein jährlicher Verbrauch (Industrie, Schmuck, Zahnmedizin) von vielleicht 2 600 Tonnen entgegen. Damit liegt der Bestand des bisher geförderten Goldes beim gut 60-Fachen des jährlichen Verbrauchs. Dies ist eine ganz außergewöhnlich hohe Relation. Während bei anderen Waren der Bestand allenfalls für Monate reicht, könnte man bei Gold die Produktion für viele Jahre einstellen und dennoch den Verbrauch decken. Von den beiden wichtigsten Geldfunktionen hat Gold eben nur die Tauschmittelfunktion verloren, die Wertaufbewahrungsfunktion hat es weiterhin inne. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Relation des Bestandes zur Produktion von verschiedenen Metallen. Auch wenn die Werte nur Schätzungen sind, abhängig vom Wirtschaftszyklus stark schwanken und definitionsabhängig sind (gehört Schmuck-Gold zum Bestand oder ist es verbraucht?), verdeutlichen sie doch die außergewöhnliche Rolle von Gold im Vergleich zu anderen Waren.
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Gold unterscheidet sich aber auch von anderen Geldanlagen.
Werte aufbewahren kann man auch mit Sachwerten wie Aktien und Immobilien. Im Unterschied zu Gold sind diese aber weniger liquide, nicht sicher langlebig und Sonderrisiken ausgesetzt, etwa unternehmerischer Art. Es gibt aber auch Unterschiede zu Finanzkapital, also zu Forderungen, Anleihen und Kreditgeld. Denn da unser Geld nicht mehr durch eine Ware gedeckt ist, ist es letztlich von der Forderungserfüllung durch Schuldner abhängig.
Auch wenn durch das Zentralbankensystem niemand befürchten muss, dass sein Geld wertlos wird, weil irgendwo ein Wechsel platzt, ist diese Abhängigkeit immer noch gegeben, bloß dass sie jetzt auf die staatliche Ebene verlagert ist. Wenn der Staat seine diesbezügliche Aufgabe nicht mehr erfüllen kann oder will, ist das Geld schlagartig wertlos (was auch in der Vergangenheit immer wieder passierte).
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Gold kann zudem nur äußerst mühsam vermehrt werden, nämlich durch Förderung. Darin besteht ein Unterschied zu auf Forderungen basieren dem Finanzkapital, denn dies kann gesamtwirtschaftlich durch einfache Neuverschuldungsvorgänge entstehen. Dabei droht Inflation, wobei die einzelne Einheit, die Währung, weniger wert wird.
Im Unterschied zu »Papiergeld« ist Gold somit weder vom Willen und Vermögen eines Schuldners abhängig noch kann es weginflationiert werden. Dies macht Gold einmalig, es macht es zum ultimativen Wertbewahrungsmittel – und es macht es zum Gegenstand von Geld- und Zentralbankpolitik.
Gold ist staatenübergreifendes und staatenunabhängiges Geld. Es ist unabhängig von der Fähigkeit einer Gesellschaft, den Wert des Geldes aufrechtzuerhalten.
Es behält seinen realen Wert über Inflationsphasen. Der Wert verschwindet selbst dann nicht, wenn Staaten oder ihre Währungen kollabieren. Gold aus der Antike ist heute noch etwas wert, die meisten der vor 100 Jahren umlaufenden nationalen Währungen nicht. Gold steht als staatenunabhängiges Geld in direkter Konkurrenz zu dem Geld, für das heutige Zentralbanken verantwortlich sind. Wenn Gold steigt, denken Anleger und Sparer typischerweise, die Währungen seien schwach, es drohe Inflation, oder sie befürchten gar Schlimmeres wie einen totalen Verlust durch Bankenzusammenbrüche.
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Umgekehrt wirkt es vertrauenerweckend, wenn Gold nicht steigt. Die Inflationserwartung wird gemindert, wenn der bekannteste Indikator für Preisentwertung keine Warnzeichen von sich gibt. Aber auch in Zeiten von Anspannung und Krisen an den Finanzmärkten wirkt ein nicht steigender Goldpreis beruhigend:
Es besteht dann offensichtlich noch kein ausreichender Grund, in die ultimative Sicherheit zu gehen.
Die Krise scheint nicht schlimm zu sein. Es könnte also im Interesse der Zentralbanken liegen, dass Gold nicht oder nicht unkontrolliert steigt. Genügend Gold hätten sie, um einen Anstieg zu bremsen, ein Vielfaches des Jahresverbrauchs lagert in ihren Tresoren.
Aber haben Zentralbanken konkret dafür gesorgt, dass Gold in Krisen nicht steigt?
Wir betrachten dazu zuerst Finanzmarktkrisen ab den Neunzigerjahren.
[…]
weiter..Leseprobe mit Grafiken als PDF [9 Seiten]
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Dimitri Speck über Goldpreismanipulation, Überschuldung und aktuelle Interventionen
Ende Mai haben wir Dimitri Speck in der Hamburger Börse getroffen. Im Rahmen der Roland Baader Auszeichnung 2013 haben wir mit ihm über die Überschuldungs-Situation sowie die Interventionen an den Märkten gesprochen.
Auch ein mögliches Goldverbot war Thema des Gesprächs, außerdem insbesondere die aktuelle Intervention an den Edelmetallmärkten.
Quelle: Responsa Liberta TV — Redaktion/Kamera/Schnitt: Sonja Hubl
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Prof. Dr. Wilhelm Hankel: Einführung in mein Buch – „Die Eurobombe wird entschärft“

„Die Eurobombe wird entschärft“

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Die Euro Bombe

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1. Die Ursachen der EU-Krise: Leistungsbilanzdefizite oder Lohnkostenexplosion? – Wissenschaftliche Glasperlenspiele.
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Der Theoretiker-Streit um die Ursachen der Eurokrise kreist um ein Henne-Ei-Problem. Geht die Zerreißprobe der Einheitswährung auf die chronischen Leistungsbilanzdefizite der Euro-Randstaaten (Portugal, Spanien, Italien, Griechenland etc.) zurück, oder sind diese die Folge von deren (dazu paralleler) Stücklohnkosten-Inflation?
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Das eine bedingt das andere: Ohne die intern (real) falschen Wechselkurse der Euro-Staaten (die einen sind unter-, die anderen überbewertet) gäbe es weder die auf Dauer „unfinanzierbaren“ Diskrepanzen der Leistungsbilanz-Salden (extreme Defizite der einen, Überschüsse der anderen) noch die Finanz-Ressourcen für die (realwirtschaftlich) die Produktivität übersteigenden Lohnkosten-Exzesse.
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Beides wird („simultan“) von Außen finanziert – in der ersten Euro-Phase geschah es über die Finanzmärkte (Kredite und Kapitalexporte der Überschussländer), inzwischen geschieht es „monetär“: über die eskalierenden „Liquiditätshilfen“ (ELA,TARGET, EFSF, ESM usw.) der EZB.
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Die EZB mit ihren Hilfsorganen ist zum „regionalen IWF“ mutiert, – nur dass letzterer seine Mittel nicht „schöpft“, sondern aus den Einlagen (Quoten) seiner Mitgliedsländer bezieht, während die EZB ihre „Zahlungsbilanzkredite“ aus eigener Geldschöpfung finanziert: Inflation produziert statt zu bekämpfen!
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Beides: Tiefrote Leistungsbilanzen und vom Produktivitäts-Maßstab abweichende Lohnentwicklung wären unmöglich – gäbe es (nationalen) Währungswettbewerb und einen marktgerechten Anpassungszwang für die Wechselkursbildung. Und keine den Anpassungs-Druck für Wechselkurse und Löhne aufhebende grenzen- und uferlose Zahlungsbilanz-Kredite seitens der EZB!
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Die drei Stoßrichtungen („ Ziele“) der Euro-Reform, die der Wissenschaftler-Streit unnötigerweise vernebelt, sind daher:
  •  Zurück zu Währungswettbewerb und nationalen Währungen,
  •  Wiederherstellung marktgerechter Wechselkurse mit Abwertungszwang für inflationäre Defizitländer und
  •  Verzicht der EZB auf Zahlungsbilanz- und darin involvierte Budget-Kredite („monetäre Staatsfinanzierung“).
Für alle drei Ziele besteht Handlungsbedarf und –zwang. Doch die Frage ist: Lassen sie sich umsetzen? Und wie rasch? Denn die „Lebenserwartung“ der gegenwärtigen Euro-Union ist wegen akuter Krisen-Eskalationsgefahr begrenzt.
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2. Die akute Krisen- und Zerfalls-Gefahr der Euro-Zone geht allein vom Finanzsektor aus
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Die Zypern-Krise deckt ein bislang tot geschwiegenes finanzielles Struktur-Problem der Euro-Zone gnadenlos auf: die Überdehnung des Bank-Sektors (Europas „overbanking“)
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Die Bankbilanz-Volumina der Euro-Länder übersteigen (im Gegensatz zu den USA) die realen Wirtschaftsleistungen (gemessen am BIP) bei weitem, am dramatischsten in Mini-Volkswirtschaften ohne industriellen Kern: Luxemburg, Malta, Zypern; außerhalb der EU in der Schweiz.
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Am Rande der Euro-Zone hat sich ein Gürtel wirtschaftlich schwacher Volkswirtschaften mit hypertrophiertem Bank-Sektor gebildet, der selber nicht in der Lage (zu „unterkapitalisiert“ ) ist, um sich im Krisenfall zu helfen. (In Luxemburg übersteigt das Bilanzvolumen der dort domizilierenden Banken das BIP um 2.100 Prozent. Weniger als 15% der lokal verdienten Einkommen stammen aus realer Wertschöpfung und Arbeit). Fälle wie Zypern werden sich wiederholen und bedrohen in letzter Konsequenz die weltweite Liquidität des Euro und des europäischen Kapitalverkehrs (Art. 66 AEUV). Das Euro-Krisenmanagement setzt auf Kapitalverkehrs-Kontrollen als „Lösung“. Der Euro mutiert statt zur „zweiten D-Mark“ zur „zweiten Mark der DDR“.
Mikroökonomisch angelegte Instituts-Lösungen (à la Basel oder der Ausbau der EZB zur Bankenaufsichts-Behörde) reichen zur Krisenabwehr nicht aus – und sind überdies erst auf lange Sicht einsatzbereit.
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Das oben skizzierte Programm muss daher durch die Wiederherstellung nationaler „ Feuerwehrfonds“ mit nationalen Zentralbanken als „lender of inexhaustable resorts“ gegen finanzielle Flächenbrände (à la 1930er Jahre) ergänzt und zusätzlich abgesichert werden.(Ein Punkt auf den der Verf. schon in der Verfassungsklage von 1998 hingewiesen hatte)
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Wie sieht (oder sähe) ein solches den obigen Erfordernissen angepasstes Euro-System aus? Es wird in meinem Buch vorgestellt und begründet.
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3. Der Euro kann durch nationale Währungen nur ergänzt, nicht er-setzt werden. Ein Euro als ECU II würde zum „Goldstandard ohne das gelbe Metall“ 
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Vorbemerkungen:
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– Ein ersatzloses Streichen des Euro stürzt Europa in das größte Währungs- und Finanzchaos seit Untergang des Römischen Reiches. Der Block der aufgelaufenen Schulden und Vermögen in Euro (annähernd 12 bis 13 Billionen Euro, vier deutsche BIP) kann weder 1:1 (in alten Umrechnungskursen) zurück gerechnet, noch durch Abwertung in den neuen (alten) Währungen „aufgewertet“ (verteuert) werden. Deswegen muss für die Alt-Schulden-Regelung in Euro entweder eine europäische oder nationale „Bad-Bank-Lösung“ gefunden werden.
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– Die EZB hat als „europäische Bundesbank“ auf der ganzen Linie versagt. Daher kann sie weder als „ultimativer lender of liquidity“ beibehalten noch als „IWF der Euro-Zone“ fortgeführt werden. Unter beiden Prämissen ergibt sich für die Euro-Zone – sie ist beides: sowohl „nicht-optimaler“ wie „staatenloser“ Währungsraum (denn Brüssels zentralistischer Super-Staat ist aus politischen, rechtlichen wie ökonomischen Gründen abzulehnen) – eine durchaus funktionsfähige Währungsverfassung mit folgenden Elementen:
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– Euro und jeweils nationale Währung bilden in jedem Euro-Staat ein „duales Währungssystem“. Der zu Beginn zwischen beiden „gesetzlichen Zahlungsmitteln“ (am Einführungstag) festgelegte Umrechnungskurs ist und bleibt jedoch ein „monetärer Marktpreis“ und steht unter dem Diktat der Markt-Bewertung. Ein (monetär wie budgetär) „zu expansives“ Euro-Land gerät dadurch marktgesetzlich unter Abwertungs-Druck.
– Die EZB emittiert Euro nur gegen den Ankauf nationaler Währungen zu Markt-Bedingungen: sie sanktioniert damit den Abwertungs-Druck und verzichtet auf jede „Flutung“ mit Euro. (Liquiditäts-Hilfen à la ELA, TARGET usw. sind allein unter in ihrem Statut zu definierenden „Not- und Ausnahmefällen“ erlaubt.)
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Unter diesen Bedingungen können inflatorische Prozesse (und Exzesse) nur von den nationalen Zentral- und Geschäftsbanken ausgehen (Die Gesamt-Geld-Mengen im Euro-System bleibt konstant und kann nur über Kredite konjunkturell „atmen“). Inflatorische Alleingänge einzelner Euro-Länder werden vom Markt durch Abwertung und Zinserhöhung „bestraft“; ihr Ansteckungseffekt auf andere Länder tendiert gegen Null.
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4. Welches sind die Vorteile des neuen (€+)-Systems? 
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1. Das „Greshamsche Gesetz“ gilt wieder. Bürger und Anleger entscheiden, in welcher Währung sie sparen und ausgeben. Der (neue) Euro würde automatisch zum stabilsten, weil abwertungs-sicheren Geld Europas: Alle nationalen Währungen können (und müssen!) zum Euro abwerten. Der Euro würde zum „Gold ohne das gelbe Metall“.
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2. Europas Währungsgraben zwischen Euro- und Nicht-Euro-Ländern verschwindet. Nicht-Euro-Länder mit eigener Währung (Schweiz, Russland, Norwegen) könnten der EU und neuen Euro-Zone beitreten. Dasselbe gilt für alle WKII-Länder innerhalb der (alten) Euro-Zone.
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3. Selbstverschuldete nationale Währungs- und Finanz-Krisen (à la Zypern und demnächst andere) bleiben nationale Krisen und gefährden nicht mehr den Euro. Der Euro wird endlich, was er werden sollte: ein global sicheres und akzeptiertes Geld – sicherer als der US-Dollar.
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4. Die Euro-Alt-Schulden-Regelung – entweder über nationale „ Bad-Banks“ oder die bewährten Alt-Schulden – „Clubs“ unter Aufsicht des IWF (Pariser und Londoner Club) – befreien die heutigen Krisen-Länder (Griechenland & Co) von ihrer unzumutbaren (und politisch explosiven „Selbst-Kasteiung“. Sie erhalten über die Bad Bank-Lösung für ihre Alt-Euro-Schulden sowohl Zeit für eine Schuldenstreckung sowie die Chance der Schuldenstreichung („haircut“): Es wäre die die Beendigung ihrer Dauer-Krise. Die EU würde wieder an Zusammenhalt und Attraktivität gewinnen.
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5. Last but not least: Die akute Gefahr, dass die Euro-Staaten über die eskalierende Kapitalflucht in „totes Kapital“ (Gold, Immobilien, Alt-Aktien, Auslandsanlagen) wertvolles Wachstums- und Innovations-Potential verlieren, wäre gebannt. Die EU würde wieder zum dynamischen Akteur auf der Weltwirtschafts-Bühne, eine Rolle, die sie seit der Euro-Krise nicht mehr spielt.
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Quelle: Prof. Dr. Wilhelm Hankel, Königswinter
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Besten Dank für diese erkenntnisreichen Erläuterungen.
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Ihr Oeconomicus


Was steckt hinter TARGET2 ?

Was steckt hinter TARGET2 ?

30.6.2012 – von Prof. Dr. Philipp Bagus
Kürzlich gab es in Europa eine intensive Debatte bezüglich des Target2-Systems (Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System 2), dem gemeinsamen Verrechnungssystem der Eurozone.[1] [2] Die Bedeutung des Systems wird sehr unterschiedlich gesehen. Einige Ökonomen, der prominenteste darunter ist sicherlich Hans-Werner Sinn, argumentierten, dass TARGET2 einem “Rettungsschirm” gleichkommt – andere bestreiten dies vehement. Der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark sagte kürzlich, dass einige ihr Ansehen als seriöse Ökonomen verlieren könnten, wenn sie TARGET2 als Rettungssystem. bezeichneten.
In der Tat haben sich die TARGET2 Verbindlichkeiten und Forderungen erst seit Beginn der Finanzkrise aufgebaut. Während die Länder der Peripherie TARGET2-Verbindlichkeiten angehäuft haben, betrugen die TARGET2-Forderungen der Deutschen Bundesbank per April 2012 nahezu € 644 Milliarden. Das sind ungefähr € 8.000 für jeden Deutschen.
Aber ist das TARGET2-System wirklich ein verstecktes Rettungssystem für den unhaltbaren Lebensstandard der Peripherie? Starten wir unsere Analyse anhand eines einfachen Beispiels zweier Privatpersonen, die sich einer Bank für den Ausgleich ihrer Zahlungen bedienen.

Person A verkauft eine Ware oder eine Dienstleistung für € 100 an Person B. Um es mit einem Begriff internationaler Handelsbeziehungen auszudrücken: A hat nun einen Handelsbilanzüberschuss und B ein Handelsbilanzdefizit. A hat eine Forderung gegenüber der Bank in Höhe von € 100, nachdem die Zahlung ausgelöst wurde (die gestrichelte Linie in Abbildung 1). B hat eine Verbindlichkeit und schuldet der Bank € 100. Die Schuldverhältnisse sind als durchgehende Pfeile in Richtung des Schuldners dargestellt.
A hat nun ein Guthaben bei seiner Bank und plant, beispielsweise im Ruhestand darauf zurückzugreifen. B ist nun gezwungen, etwas an Wert herzustellen, um die entstandene Schuld zurückzahlen zu können. Genau genommen wird A letztendlich erst durch die Herstellung realer Güter durch B bezahlt.
Für A ist es wichtig, dass das Bankdarlehen an B mit einer guten Sicherheit oder Pfand unterlegt ist, beispielsweise einer erstklassigen Anleihe oder einer Immobilie. Fehlt eine solche Sicherheit, beginnen die Probleme für A spätestens dann, wenn B seine Schuld nicht bezahlt, weil er verstirbt oder aus anderen Gründen nicht mehr zahlen kann. Wenn die Bank nicht über anderes Vermögen verfügt, um den Forderungsausfall auszugleichen, wird A nach dem Tod des B mit einer Forderung gegenüber einer bankrotten Bank dastehen.
Wenn natürlich die Bank mit dem Privileg ausgestattet ist, Geld (als gesetzliches Zahlungsmittel) zu drucken, wird die Bank nicht bankrott gehen und kann A auszahlen. Allerdings wird A nur “Papier” zurückerhalten, eine wertlose Forderung, denn B hat nichts produziert und außerdem ist er tot. Was soll A also mit frisch bedrucktem Papier kaufen? A’s Lebensstandard wird im Ruhestand sinken, da sein Wohlstand nur auf Papier basiert.
Nehmen wir nun an, A lebt in Deutschland und B lebt in Spanien. Außerdem stellen wir uns vor, die Commerzbank ist A’s Bank in Deutschland und Banco Santander ist B’s Bank in Spanien. Zusätzlich kommen noch zwei nationale Notenbanken und die EZB hinzu.

Wir nehmen wieder an, dass A Waren im Wert von € 100 an B exportiert. Wenn die Zahlung ausgelöst wird, erhält A eine Forderung gegenüber der Commerzbank. A’s Bankguthaben erhöht sich um € 100. B bekommt ein Darlehen über € 100 von der Banco Santander (oder sein Guthaben bei der Banco Santander reduziert sich um diesen Betrag). Die Commerzbank erhält eine Forderung gegenüber der Bundesbank (oder reduziert ihre Verbindlichkeiten dort), während die Banco Santander ihre Verbindlichkeiten bei der Bank of Spain (der spanischen Zentralbank) erhöht (oder ihre Überschussreserven dort reduzieren sich).
Auf der Ebene der Notenbanken erhält die Bundesbank eine Forderung gegenüber der EZB, während die Bank of Spain ein Darlehen erhält. Unterlegt ist dieser Vorgang mit einem Import von Waren nach Spanien, der von der Banco Santander finanziert wurde, indem diese neues Geld in Form eines Darlehens an B geschaffen hat. Diese Geldschöpfung stellt sich in TARGET2-Verbindlichkeiten der Bank of Spain und in TARGET2-Forderungen der Bundesbank dar.
Nun vergleichen wir das Vorgehen bei TARGET2 mit der Finanzierung von Importen in einem Goldstandard. In beiden Systemen können Importüberschüsse mit Kapitalimporten finanziert werden, in unserem Fall kaufen A oder die Commerzbank eine Anleihe von B. Wenn in einem Goldstandard keine private Finanzierung zustande kommt, muss der Import durch den Transfer von Gold bezahlt werden. Im Eurosystem dagegen wird der Importüberschuss einfach durch die Schaffung von Forderungen gegenüber der EZB finanziert. Statt Gold erhält die Bundesbank TARGET2-Forderungen. Während in einem Goldstandard die Bezahlungen von Importen (sofern nicht durch private Darlehen finanziert) durch den Abfluss von Gold begrenzt wird, gibt es bei TARGET2-Forderungen kein Limit – die Importüberschüsse können ohne jegliches Limit durch die Schaffung von Euro-Forderungen finanziert werden.
Wie können nun TARGET2-Verbindlichkeiten und Forderungen wieder verschwinden? Die Differenzen verschwinden, wenn A etwas von B importiert, B eine Anleihe an A verkauft oder B sich von A ein privates Darlehen geben lässt. Gegen eine Finanzierung von Importen mittels privater Darlehen und Anleihen gibt es nichts einzuwenden. TARGET2-Verbindlichkeiten jedoch stellen keine privaten Darlehen dar, sondern kommen staatlichen Zentralbankkrediten gleich. Ohne TARGET2 wäre ein spanischer Importeur gezwungen, einen privaten Investor zu finden, um das Handelsdefizit zu finanzieren. Hierfür müsste er womöglich hohe Zinsen zahlen, vor allem, wenn er keine erstklassigen Sicherheiten stellen kann.
So gesehen kommt das TAGRET2-System in der Tat einem Rettungssystem für eine nicht wettbewerbsfähige Wirtschaft mit zu hohen Preisen gleich. Dank dieses Rettungsmechanismus ist das Land nicht gezwungen, den Arbeitsmarkt zu regulieren und die Staatsausgaben zu senken, damit sich die Preise anpassen. Reformen können aufgeschoben werden, dank der TARGET2-Finanzierung. Im Gegenteil, der Kaufrausch kann weitergehen und die nachteiligen internen Strukturen bleiben unverändert.
Aber werden die TARGET2 Verbindlichkeiten und Forderungen niemals ausgeglichen? Überraschenderweise gibt es wirklich weder ein Limit für die TARGET2-Rettungen, noch werden die Konten ausgeglichen. Im Gegensatz hierzu werden im Federal Reserve System Verbindlichkeiten mit Goldzertifikaten abgesichert und regelmäßig abgerechnet. Hat beispielsweise die Federal Reserve Bank von Richmond eine Verbindlichkeit gegenüber der Federal Reserve Bank von New York, gleicht erstere ihr Konto mittels der Übermittlung von Goldzertifikaten aus.[2] [5]
Das Eurosystem aber erlaubt nicht nur die Finanzierung von Importen durch die Schöpfung neuen Geldes; es ermöglicht sogar “Kapitalflucht”. In der augenblicklichen Situation würde eine Pleite des griechischen Staates das Bankensystem in den Bankrott stürzen. Um Verluste zu vermeiden, überwiesen griechische Sparer – und tun es noch immer – ihre Guthaben von Konten bei griechischen Banken auf Konten bei deutschen Banken oder in andere Länder. Durch diesen Transfer verliert eine griechische Bank Guthaben während eine deutsche Bank Guthaben erhält. Die griechische Bank erhöht ihre Refinanzierung mit der nationalen Notenbank (d.h. sie erhält neu geschaffenes Geld) während die deutsche Bank ihre Verbindlichkeiten bei der Bundesbank reduzieren kann (oder dort Überschussreserven ansammelt). Die Bundesbank erhält eine TARGET2-Forderung, für die griechische Notenbank entsteht eine TARGET2-Verbindlichkeit. Wenn der griechische Staat Pleite geht und die Forderungen an die griechische Notenbank ausfallen, entstehen Verluste für die EZB. Folglich tragen die deutschen Sparer das Risiko eines Zahlungsausfall Griechenlands durch das TARGET2-System mit.
Welche Schlüsse sind aus diesen Erkenntnissen zu ziehen?
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Wo liegen die Risiken für ein TARGET2-Gläubigerland wie Deutschland?
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Wo liegen die Risiken für ein TARGET2-Gläubigerland wie Deutschland?
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TARGET2, Eurobonds, ESM: wo liegt der Unterschied?
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Quelle
Original-Aufsatz in englischer Sprache
Anmerkung
Was lernen wir hieraus?
Wesentliche Teile des deutschen Handelsbilanz-Überschusses werden durch Target2 finanziert!
Mit anderen Worten: Die „Exporterfolge“ deutscher Unternehmen in die Eurozone bezahlen wir, die Steuerzahler und Sparer, letztendlich über Target 2 selbst!
EURO im Verbund mit dem Target2-System sind somit aus deutscher Sicht die größte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme aller Zeiten!
Ach, das glauben Sie nicht?
DANN BITTE STELLEN SIE SICH NACHFOLGENDE FRAGEN:
Warum ist denn die Arbeitslosenquote in Deutschland im europäischen Vergleich so außergewöhnlich niedrig?
Weil wir so „schlau“ sind? Weil wir so „fleißig“ sind?
Könnte es nicht sein, das man uns genau dies einreden möchte, in Wahrheit wir aber letztlich -zumindest für große Teile der Euro-Zone- einfach umsonst arbeiten?
Kleine Analogie gefällig?
Stellen Sie sich einen freundlichen Kneipenwirt vor, der seine Gäste immer nur anschreiben lässt, ohne Chance, diese Forderungen jemals eintreiben zu können. Am Ende des Tages kann er sich keineswegs über „zu wenig Arbeit“ beklagen .. dies ändert allerdings nichts daran, dass er letztlich nur „Freibier“ ausgeschenkt hat!
Message understood?

Ihr Oeconomicus

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Ergänzungen
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Leitlinie der Europäischen Zentralbank
vom 26. April 2007
über ein transeuropäisches automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Zahlungsverkehrssystem (TARGET2)
(ECB/2007/2) (2007/600/EG)

eur-lex.europa
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TARGET imbalances: Financing the capital-account reversal in Europe
Ashoka Mody, Fabian Bornhorst, 7 March 2012 – voxeu
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Target2-Defizite: Warum die Leistungsbilanz nicht entscheidend ist
Ermöglicht es die Europäische Zentralbank über Target2 den Krisenstaaten in der Peripherie, weiter über ihre Verhältnisse zu leben? Verzögert die Zentralbank so die nötigen Anpassungsprozesse? Treiben die Leistungsbilanz-Ungleichgewichte im Euro-Raum die Target-Salden?
Olaf Storbeck – 7. März 2012 – Blog Handelsblatt

Can Central Banks Go Broke ?

In seinem Aufsatz ‚Can Central Banks Go Broke ?‘ hat sich Citigroup’s Chefökonom Prof. Willem H. Buiter mit der immer wieder diskutierten Frage auseinandergesetzt, ob Zentralbanken insolvent gehen können.

Hinter 10 erschöpfenden Seiten mit multiplen Ablenkungsmanövern, versucht er das alles entscheidende Wort (credibility) zu verschleiern, aber dennoch: dort steht es geschrieben, schwarz auf weiss, von höchster Authorität. Der Glaube muss bewahrt werden !

(Dank an @Miesepeter für diesen interessanten Hinweis)

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Hierzu einige Gedanken:
Ist eine Zentralbank aufgrund währungspolitischer Verwerfungen, durch massive Fehler bei der Ankaufstrategie von Assets oder durch Hereinnahme minderwertiger Sicherheiten überschuldet, so dürfte dieser Umstand bedeutungslos erscheinen, sofern diese Überschuldung in der durch die Zentralbank selbst zu schaffenden Währung valutiert, da sie jederzeit die auf die eigene Währung lautenden Verbindlichkeiten bedienen kann.
Sobald jedoch eine Überschuldung in einer Fremdwährung oder bspw. durch ungedeckte Lieferverpflichtungen von Edelmetallen auftritt, ergibt sich ein völlig anderes Bild.
Bestes Beispiel hierzu war die Empfehlung vom Jacques Rueff an Charles de Gaulle, dass es für die in den 1960er zahlreichen umlaufenden Dollar keine ausreichende Gold-Deckung für alle gäbe.
Anfang 1966 bestand De Gaulle in einer spektakulären Aktion auf den Umtausch der französischen US$-Bestände in Gold, was den Goldbestand der USA aus damaliger Sicht auf den historisch niedrigsten Stand (Gegenwert etwa $ 15 Mrd) zusammenschrumpfen ließ.
Am 15. August 1971 kündigte US-Präsident Richard Nixon die Bindung des Dollar an Gold auf – 1973 wurden die Wechselkurse freigegeben.

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Ihr Oeconomicus