“Europa- und Europolitik sind vernunft- und rechtswidrig”
Veröffentlicht: 22. Februar 2013 Abgelegt unter: Buch-Tipps & Literatur-Empfehlungen, Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland | Tags: Bürgerschaft, BVerfG, DEMOKRATIE, Deregulierung, ESM, EuGH, GG Art. 23, GG Art. 79 Absatz 3, Grundgesetz, Parteien, Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider, Souveränität Hinterlasse einen KommentarInterview mit Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider
.
Herr Professor Schachtschneider, Ihr neues Buch “Die Souveränität Deutschlands” trägt den Untertitel “souverän ist, wer frei ist”. Wie stark ist unsere Freiheit durch die europäische Zwangsintegrationspolitik gefährdet?
.
Die Freiheit der Bürger verwirklicht sich in der Republik. Deren politische Form ist die Demokratie. Verletzungen des demokratischen Prinzips sind, jedenfalls wenn sie den nicht disponiblen Kern des Demokratischen mißachten, Souveränitätsverletzungen. Die Integrationspolitik ignoriert die Bürgerschaft als den Souverän weitestgehend. Nicht nur die Vertrags- und Verfassungsverletzungen sind mit der Souveränität als der Freiheit nicht vereinbar, sondern die Übertragung von Hoheitsrechten, welche mit der Souveränität unlöslich verbunden sind. Das ist etwa die Wirtschafts- und die Währungshoheit. Auch die Handelspolitik muß in der Hoheit jedenfalls eines wesentlich vom Export lebenden Landes bleiben.
.
Auf jeden Fall muß die Bürgerschaft durch ihren Staat das letzte Wort in der Gesetzgebung und der Rechtsprechung haben. Gesetzgebung muss strikt demokratisch legitimiert und damit auch demokratisch organisiert sein. Das ist die Gesetzgebung der Europäischen Union in keiner Weise; denn diese ist eine Gesetzgebung der Exekutive. Maßgeblich sind die Kommission, die das alleinige Vorschlagsrecht hat, und der Rat, die Minister der Mitgliedstaaten. Das Europäische Parlament ist zwar an vielen Akten der Gesetzgebung beteiligt, im übrigen nicht den wirklich wichtigen, aber hat keine demokratische Legitimationskraft. Zum einen vertritt dieses „Parlament“ kein Volk, weil es ein Unionsvolk nicht gibt, vielmehr die Abgeordneten nach wie vor Vertreter der Völker sind, zum anderen ist diese Vertretung ein krasser Verstoß gegen die demokratierechtlich essentielle Egalität des Stimmgewichts der Wähler.
.
Schlimmer noch der Europäische Gerichtshof. Ein Verfassungsgericht muß eine starke demokratische Legitimation haben. Dieser Gerichtshof hat gar keine. Seine Richter werden von den Regierungen ernannt, ausgerechnet von den eigentlichen Gegenspielern des Rechts. Die Amtszeit beträgt bei übermäßig hohem Gehalt nur sechs Jahre. Das macht die Richter wegen der Begehrlichkeit gefügig. Sie wollen erneut berufen werden. Die Judikatur des Gerichtshofs ist ein permanenter Staatsstreich. Das jüngste Beispiel ist das skandalöse Urteil, in dem der Europäische Stabilitätsmechanismus gerechtfertigt wurde. Das Gericht wollte nicht einmal zugestehen, daß das Bail-out-Verbot durch den ESM verletzt wird.
.
Wenn die Union rechtens als Staat agieren will, was sie der Sache nach tut, muß sie als solcher gegründet werden. Das setzt Zustimmungen aller beteiligten Völker durch Referenden voraus. Zu empfehlen ist das nicht, weil ein Großstaat der Demokratie keine Chance läßt.
.
Die Einheitswährung ist gegen jede wirtschaftliche Vernunft. Kein Volk kann sie wollen. Sie schadet allen beteiligten Völkern schwer. Sie dient gerade durch ihr Scheitern als Hebel, den zentralistischen Unionsstaat mit einheitlichen Lebensverhältnissen herbeizuzwingen. Das ist schwere Souveränitätsverletzung. Aber auch das Herkunftslandprinzip, wonach die Legalität von Waren, Dienstleistungen usw. sich nach dem Herkunftsland bestimmt, ist mit der Souveränität der Bestimmungsländer unvereinbar, weil deren Rechtsordnung marginalisiert wird. Man denke nur an das Lebensmittelrecht.
.
Die Europäische Union ist eine zunehmend diktatorische Bürokratie und damit das Gegenteil eines freiheitlichen Gemeinwesens, wie es die Souveränität als Bürgersouveränität postuliert.
.