Bis zum letzten Fang – Das Geschäft mit dem Fisch
Veröffentlicht: 17. Januar 2014 Abgelegt unter: Ernährung & Nahrungsmittel, EUROPÄISCHE UNION (EU) | Tags: Überfischung, EU-Fischereiabkommen, EU-Kommissarin Maria Damanaki Hinterlasse einen KommentarSeit Jahrzehnten plündert eine Armada von Fangflotten mit verheerenden Folgen die Weltmeere. Experten schätzen, dass 90 Prozent des Mittelmeers überfischt sind. Die Dokumentation ergründet, wie schlecht es um die Meere steht und welche Folgen der ständig steigende Konsum für die Europäer, aber auch für die Menschen in Afrika und Asien, hat.
Jahrelang waren die Länder der Europäischen Union an der extremen Ausbeutung der Weltmeere beteiligt. Die zuständige EU-Kommissarin Maria Damanaki räumt inzwischen Fehler ein und hat eine Reform auf den Weg gebracht, die diese Entwicklung stoppen soll. Die Dokumentation hinterfragt, was sich in Zukunft verändern soll.
Doch reichen europäische Entscheidungen aus?
Ein Großteil des in Europa konsumierten Fischs wird aus Afrika und Asien importiert. In Thailand werden Fisch und Garnelen oft unter katastrophalen Bedingungen gefangen, gezüchtet oder verarbeitet. Nichtregierungsorganisationen berichten immer wieder über Sklaven- und Kinderarbeit.
Auch mit afrikanischen Staaten schließt die EU seit Jahrzehnten Fischereiabkommen ab, um dort fangen zu dürfen. Doch auch hier kommt zu dem legalen der illegale Fischfang hinzu. Experten gehen davon aus, dass der Anteil der Piratenfischerei an der westafrikanischen Küste 40 Prozent des Gesamtfangs beträgt. Das Meer ist dort inzwischen so weit leergeräumt, dass für die kleinen einheimischen Fischer nur wenig übrig bleibt.
Den Filmemachern Jutta Pinzler und Mieke Otte ist es gelungen, die senegalesische Marine auf der Suche nach Piratenfischern zu begleiten. In Thailand konnten sie mit Kindern sprechen, die in der Shrimps-Industrie gnadenlos ausgebeutet werden. Und sie haben Menschen getroffen, die in der Fischindustrie unter unwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.
Die Dokumentation verfolgt nicht nur den Weg des Fischs auf die Teller der Verbraucher, sondern konfrontiert die Verantwortlichen aus Handel und Politik mit den vielen Missständen beim Fang und der Verarbeitung. Die Antworten sind zum Teil skandalös.
ARTE Dokumentation – Bis zum letzten Fang – Das Geschäft mit dem Fisch
Erstausstrahlung am 07.01.2014 20.15 Uhr
Wiederholung am 16.01.2014 09.00 Uhr
Regie: Jutta Pinzler, Mieke Otte
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Bilaterale Abkommen mit Ländern außerhalb der EU
In der EU gibt es zwei Arten von Fischereiabkommen mit Nicht-EU-Ländern:
partnerschaftliche Fischereiabkommen – die EU leistet finanzielle und technische Hilfe im Austausch für Fangrechte für EU-Schiffe, meistens mit Partnerländern aus dem Süden;
„nördliche Fischereiabkommen“ – gemeinsame Verwaltung gemeinsam befischter Bestände mit Norwegen, Island und den Färöer-Inseln.
Nachhaltige Fischereiabkommen mit Nicht-EU-Ländern werden im Namen der EU von der Kommission ausgehandelt und abgeschlossen. Sie sollen es den EU-Fischereifahrzeugen ermöglichen, in einem rechtlich kontrollierten Umfeld Überschüsse in der ausschließlichen Wirtschaftszone des jeweiligen Landes abzufischen.
Thunfischabkommen: Sie ermöglichen es den Fischereifahrzeugen aus der EU, wandernde Thunfischbestände entlang der afrikanischen Küsten und durch den Indischen Ozean zu verfolgen.
Gemischte Übereinkommen: Sie bieten Zugang zu zahlreichen Fischbeständen in der ausschließlichen Wirtschaftszone des Partnerlandes.
Bei diesen Übereinkommen geht es auch um Ressourcenerhaltung und ökologische Nachhaltigkeit, um zu gewährleisten, dass alle EU-Fischereifahrzeuge den gleichen Vorschriften zu Kontrolle und Transparenz entsprechen.
Im Gegenzug zahlt die EU den Partnerländern einen finanziellen Beitrag in zwei Bereichen:
- Zugangsrechte für die ausschließliche Wirtschaftszone (EEZ)
- „sektorbezogene“ finanzielle Unterstützung.
Mit der Unterstützung für den Fischereisektor soll die Entwicklung einer nachhaltigen Fischerei in den Partnerländern gefördert werden. Durch nachhaltige Bewirtschaftung, Monitoring, Kontrolle und Überwachung sollen die Verwaltungs- und Forschungskapazitäten gestärkt werden.
Auswirkungen der EU-Reformpolitik auf die Übereinkommen
Die Reform der EU-Fischereipolitik soll unter anderem Folgendes bewirken:
- Verbesserung der wissenschaftlichen Erkenntnisse, denen die im Rahmen der Übereinkommen gewährten Fangrechte zugrunde liegen, und mehr Informationen über die Fangtätigkeit in den Gewässern der Partnerländer insgesamt
- Verbesserung der Verwaltungspraxis der Übereinkommen, z. B. durch Einbeziehung der Menschenrechte und schrittweise Erhöhung der Beiträge der Schiffseigner zu den Zugangskosten
- Förderung der nachhaltigen Fischerei im Partnerland, indem die finanzielle Unterstützung des Sektors durch die EU zielgerichteter vergeben und regelmäßig kontrolliert wird.
Nördliche Fischereiabkommen
Der EU-Fischfang in der Nordsee und im Nordostatlantik steht in enger Beziehung mit dem unserer Nachbarn Norwegen, Island und Färöer-Inseln. Da viele der Bestände über Grenzen hinweg gemeinsam befischt werden, liegt es im Interesse aller vier Parteien, ihre Tätigkeiten zu koordinieren, da die einzelnen Flotten nicht zwangsläufig an denselben Beständen interessiert sind.
Daher werden viele der betroffenen Bestände gemeinsam bewirtschaftet, und durch Quoten wird gewährleistet, dass sie nicht vergeudet werden. Für einige dieser Bestände gilt das Übereinkommen über die Fischerei im Nordostatlantik, während die Befischung anderer Bestände durch Abkommen zwischen den Küstenstaaten geregelt wird.
Diese Abkommen sind für einen Großteil der EU-Flotte äußerst wichtig. Dies trifft vor allem auf das Abkommen mit Norwegen zu, das Quoten im Wert von mehr als 2 Milliarden Euro umfasst.
Mehr dazu:
- Leitfaden zur EU-Fischereipolitik
– siehe Kapitel 10 („Fischen in offenen Gewässern: der Nutzen von Partnerschaften“)
- Merkblatt über die nördlichen Fischereiabkommen der EU
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Liste der Fischereiabkommen
Land | Gültigkeitsdauer | Art | finanzieller Beitrag der EU p.a. | Vorgesehen für die Entwicklung der Fischereipolitik |
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Cape Verde | 31.8.2014 | Tuna | 435 000 € | 110 000 € |
Comoros | 31.12.2013 | Tuna | 615 250 € | 300 000 € |
Côte d’Ivoire | 30.6.2018 | Tuna | 680 000 € | 257 500 € |
Gabon | No protocol in force | |||
Gambia | No protocol in force | |||
Greenland | 31.12.2015 | Mixed | 15 104 203 € | 2 743 041 € |
Guinea | Agreement and Protocol provisionally applied during 2009 but subsequently withdrawn. | |||
Guinea- Bissau | No protocol in force | |||
Equatorial Guinea | No protocol in force | |||
Kiribati | 15.9.2015 | Tuna | 1 325 000 € | 350 000 € |
Madagascar | 31.12.2014 | Tuna | 1 525 000 € | 550 000 € |
Mauritania | No protocol in force – New protocol (2 years) initialled on 26.07.2012 and under provisional application since its signature on 16.12.2012 | |||
Mauritius | No protocol in force since 3.12.2007 | |||
Micronesia | No protocol in force since 25.2.2010 | |||
Morocco | No protocol in force since 20 December 2011- New (4 years) protocol signed on 18 November 2013. No provisional application – awaiting entry into force | |||
Mozambique | 31.01.2015 | Tuna | 980 000 € | 460 000 € |
São Tomé and Principe | 12.5.2014 | Tuna | 682 500 € | 227 500 € |
Senegal | No protocol in force since 1.7.2006 | |||
Seychelles | 17.1.2014 | Tuna | 5 600 000 € (as from 17.1.2011) | 40% (as from 17.1.2011) |
Solomon Islands | No protocol in force since 9.10.2012 |
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Northern agreements
Country | Period |
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Faeroe Islands | 2006 – 2012 |
Iceland | 2009 – 2015 |
Norway |
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Anmerkung
Die ARTE-Doku beleuchtet sehr eindrucksvoll zahlreiche unsägliche Mißstände der Fischerei-Industrie, wie erhebliche Menschenrechtsverletzungen pirate fishing, etc., doch bleiben bei all den anmutenden Darlegungen seitens Branchenvertretern und EU-Kommission fundamentale Fragen offen:
- Wird mit diesen Fischereiabkommen den lokalen Fischern ihre ureigenste Existenzgrundlage genommen und damit die Grundlage für soziale Unruhen und/oder Flucht nach Europa geschaffen?
- In welchem Umfang wird durch die erheblichen Zahlungen ggfls. Korruption in den Empfänger-Ländern begünstigt?
- Am 25.07.2013 wurde von der EU-Fischereikommissarin Maria Damanaki und dem marokkanische Minister für Landwirtschaft und Seefischerei, Aziz Akhannouch ein Vierjahresprotokoll zum partnerschaftlichen Fischereiabkommen mit Marokko paraphiert.
Warum wurde dieser Rechtsakt nicht in der obigen Liste der Fischereiabkommen ausgewiesen?
Begünstigt damit die EU völkerrechtswidrige Zustände durch Fischereirechte in Gewässern vor der Küste Marokkos und der Westsahara?
Die Westsahara wurde vor mehr als 30 Jahren völkerrechtswidrig von Marokko besetzt, die Hälfte der saharauischen Bevölkerung floh in die algerische Wüste und lebt seither dort in Lagern, gänzlich abhängig von internationaler humanitärer Hilfe.
In den besetzten Gebieten stehen Menschenrechtsverletzungen an der saharauischen Bevölkerung an der Tagesordnung. Ein 1991 unter UNO-Regie festgelegtes Referendum über den Status der Westsahara scheitert bis heute am Widerstand Marokkos, das ungehemmt die natürlichen Ressourcen der Westsahara illegal ausbeutet. Ein Abkommen über Fischerei-Rechte in Gewässern der Westsahara muss mit der von der UNO anerkannten politischen Vertretung der saharauischen Bevölkerung POLISARIO verhandelt werden und gerade nicht mit Marroko! - Wer kontrolliert zuverlässig und unangemeldet die Kontaminierungs-Grenzwerte des Fanggutes und wo werden solche Ergebnisse veröffentlicht?
- große Teile des sog. Beifangs werden zu Fischmehl verarbeitet! Wo und wie wird dieses Fischmehl in Verkehr gebracht und was geschieht hinsichtlich der Überprüfung auf Kontaminationen?
Ihr Oeconomicus