CatasTroika und die Drahtzieher der Krise

CatasTroika ist ein griechischer Dokumentarfilm von 2012, der die Privatisierung von Staatseigentum und den daraus erkennbaren Angriff auf die Demokratie kritisch untersucht und als Synonym für die komplette Zerstörung eines Landes, dem Verkauf von Staatseigentum und der Verarmung der Bürger steht.

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Maßeinheiten der CatasTroika sind Arbeitslosigkeit, soziale Verarmung, Verringerung der Lebenserwartung, wie auch die Bildung einer neuen Liga von Oligarchen, die die Macht über ein Land übernehmen.

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Drastische Beispiele aus Frankreich, Italien, den USA, Großbritannien, Deutschland und Russland sollen jeden Zweifel ausräumen:
Die Privatisierung ist eine Schocktherapie mit verheerenden Auswirkungen. Wie in Kalifornien, als die Deregulierung des Strommarktes die Preise auf das 30-Fache ansteigen ließ, oder in Ostdeutschland, wo der Ausverkauf des Volkseigentums nach der Wende zu Massenarbeitslosigkeit und Milliardenschulden führte.
Die Filmemacher sind Aris Chatzistefanou und Katerina Kitidi. Die Filmemacher hatten zuvor mit Debtocracy weltweit ein Millionenpublikum erreicht.

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korrespondierende Archivbeiträge:

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Privatisierung hellenischen Staatseigentums

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Public Private Partnership (PPP) – Öffentliche private Partnerschaften (ÖPP)

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historische US-Regulierungen von Derivaten

Im Zusammenhang mit den allfälligen Diskussionen über Derivate, den ‚Massenvernichtungswaffen‘ der Neuzeit, wie Warren Buffet konstatierte, wird häufig ausgeblendet, dass in den Vereinigten Staaten unter den Bedingungen des Commodities Exchange Act von 1936-1982 alle Derivate illegal waren.

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Die Deregulierung dieser Instrumente wurde in USA zwischen 1982 und 1999 vorgenommen und dürfte als der größte einzelne Faktor der finanziellen Verwerfungen der letzten Jahre betrachtet werden.
Zu den einflussreichsten Protagonisten dieses Deregulierungsprozesses zählten u.a. Lawrence ‚Larry‘ Summers und der Ex-Finanzminister Robert Rubin, die -so läßt sich vermuten- von den Akteuren der ‚Financial Leaders Group‚ tatkräftig unterstützt wurden.

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Im Zuge falsch verstandener Ordnungspolitik oder schlichtweg getragen von entsprechenden Wünschen transatlantischer Freunde, schloss sich die rot-grüne Bundesregierung dem Deregulierungswahn der Finanzmärkte unter Applaus von Angela Merkel,  Horst Seehofer, Sigmar Gabriel, Olaf Scholz, usw. gerne an.

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Noch im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2005 schrieb die CDU/CSU:

„Wir entschlacken die Vorschriften zum Kreditwesengesetz und führen die bestehende Überregulierung bei der Bankenaufsicht auf das notwendige Maß zurück.“

Beispielhaft sei hierzu der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) zitiert:

„Hedgefonds sollen gegenüber herkömmlichen Investmentfonds nicht mehr diskriminiert werden.“

Eichel schwärmte damals auch noch öfffentlich von Verbriefungen,

„dass private Anleger von den höheren Renditen der Hedge-Fonds profitieren könnten“

.. woran er heute natürlich nicht mehr erinnert werden möchte, ebensowenig wie die damaligen Claquere aus CDU/CSU, SPD, Grüne oder FDP.

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Nur zur Erinnerung: zu den damaligen warnenden und zugleich einsamen Rufern zählten u.a. Oskar Lafontaine und Heiner Flassbeck.

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Wolfgang Schäubles Eingeständnis vom 06. Februar 2013

„Die übertriebene Deregulierung der Finanzmärkte war ein Fehler“

kam nicht nur viel zu spät, sondern erscheint im Hinblick auf die laufenden TTIP-Verhandlungen, in welchen solche Regulierungsbestrebungen im Sinne amerikanischer Interessen erneut eingenordet  werden könnten, wenig glaubwürdig.

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Ihr Oeconomicus


Staatsstreich der Konzerne

Kultur der Gewalt

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In seinem Buch „Days of Destruction, Days of Revolt“ beschreibt Chris Hedges „geopferte Zonen“ in den USA, die einer schrankenlosen ökonomischen Ausbeutung unterworfen werden: ehemalige Industriestädte wie Camden in New Jersey, das heute zu den ärmsten und gewalttätigsten Städten des Landes gehört, oder die Kohleminen von West Virginia, wo Landschaft und Gemeinden gleichermaßen verwüstet werden.
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Die liberalen Institutionen, darunter die Demokratische Partei, hätten die Interessen der Bevölkerung verraten und an Unternehmensinteressen verkauft.
Die Clinton-Regierung sei besonders für die Deregulierung der Finanzmärkte, den Verkauf von öffentlichen Fernsehfrequenzen an private Konzerne und die nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA) verantwortlich – „den größten Angriff auf Arbeiterinteressen seit 1948“.
Weitere Revolten wie die Occupy-Bewegung seien zu erwarten.
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Zugleich seien die USA von einer Kultur der Gewalt geprägt. Das Gefängnissystem der USA mit 2,2 Millionen Inhaftierten – die meisten davon Afroamerikaner – sei seit der Clinton Ära massiv ausgebaut worden und diene dazu, die potentiell rebellische Klasse der Afroamerikaner zu brechen. Die Native Americans seien heute noch immer marginalisiert, mit Lebenserwartungen von zum Teil nur 48 Jahren.
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Die Beschneidung der Bürgerrechte unter Präsident Obama sei noch extremer als unter George W. Bush, so Hedges.
Mit der Ausweitung der Drohnenangriffe und den „Kill Lists“ des Präsidenten könnten nun auch US-Bürger ohne Gerichtsverfahren getötet werden.
Das Spionagegesetz werde benutzt, um unbequeme Whistleblower, die auf Missstände aufmerksam machen, aus dem Verkehr zu ziehen, wie zuletzt den ehemaligen CIA-Mitarbeiter Kiriakou, der zu 30 Monaten Haft vereurteilt wurde, weil er Kriegsverbrechen offenlegte.
Unter dem „National Defense Authorization Act“ können Bürger ohne Gerichtsverfahren unbefristet gefangen gehalten werden.
Nicht zuletzt weil dieses Gesetz auch Journalisten betrifft, hat Hedges die Obama-Regierung verklagt – und in erster Instanz Recht bekommen.
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Chris Hedges ist Journalist, Pulitzer-Preisträger, leitender Wissenschaftler am The Nation Institute in New York, bis 2003 Korrespondent und Büroleiter für den Mittleren Osten der New York Times, und erfolgreicher Buchautor
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“Europa- und Europolitik sind vernunft- und rechtswidrig”

Interview mit Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

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Herr Professor Schachtschneider, Ihr neues Buch “Die Souveränität Deutschlands” trägt den Untertitel “souverän ist, wer frei ist”. Wie stark ist unsere Freiheit durch die europäische Zwangsintegrationspolitik gefährdet?
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Die Freiheit der Bürger verwirklicht sich in der Republik. Deren politische Form ist die Demokratie. Verletzungen des demokratischen Prinzips sind, jedenfalls wenn sie den nicht disponiblen Kern des Demokratischen mißachten, Souveränitätsverletzungen. Die Integrationspolitik ignoriert die Bürgerschaft als den Souverän weitestgehend. Nicht nur die Vertrags- und Verfassungsverletzungen sind mit der Souveränität als der Freiheit nicht vereinbar, sondern die Übertragung von Hoheitsrechten, welche mit der Souveränität unlöslich verbunden sind. Das ist etwa die Wirtschafts- und die Währungshoheit. Auch die Handelspolitik muß in der Hoheit jedenfalls eines wesentlich vom Export lebenden Landes bleiben.
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Auf jeden Fall muß die Bürgerschaft durch ihren Staat das letzte Wort in der Gesetzgebung und der Rechtsprechung haben. Gesetzgebung muss strikt demokratisch legitimiert und damit auch demokratisch organisiert sein. Das ist die Gesetzgebung der Europäischen Union in keiner Weise; denn diese ist eine Gesetzgebung der Exekutive. Maßgeblich sind die Kommission, die das alleinige Vorschlagsrecht hat, und der Rat, die Minister der Mitgliedstaaten. Das Europäische Parlament ist zwar an vielen Akten der Gesetzgebung beteiligt, im übrigen nicht den wirklich wichtigen, aber hat keine demokratische Legitimationskraft. Zum einen vertritt dieses „Parlament“ kein Volk, weil es ein Unionsvolk nicht gibt, vielmehr die Abgeordneten nach wie vor Vertreter der Völker sind, zum anderen ist diese Vertretung ein krasser Verstoß gegen die demokratierechtlich essentielle Egalität des Stimmgewichts der Wähler.
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Schlimmer noch der Europäische Gerichtshof. Ein Verfassungsgericht muß eine starke demokratische Legitimation haben. Dieser Gerichtshof hat gar keine. Seine Richter werden von den Regierungen ernannt, ausgerechnet von den eigentlichen Gegenspielern des Rechts. Die Amtszeit beträgt bei übermäßig hohem Gehalt nur sechs Jahre. Das macht die Richter wegen der Begehrlichkeit gefügig. Sie wollen erneut berufen werden. Die Judikatur des Gerichtshofs ist ein permanenter Staatsstreich. Das jüngste Beispiel ist das skandalöse Urteil, in dem  der Europäische Stabilitätsmechanismus gerechtfertigt wurde. Das Gericht wollte nicht einmal zugestehen, daß das Bail-out-Verbot durch den ESM verletzt wird.
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Wenn die Union rechtens als Staat agieren will, was sie der Sache nach tut, muß sie als solcher gegründet werden. Das setzt Zustimmungen aller beteiligten Völker durch Referenden voraus. Zu empfehlen ist das nicht, weil ein Großstaat der Demokratie keine Chance läßt.
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Die Einheitswährung ist gegen jede wirtschaftliche Vernunft. Kein Volk kann sie wollen. Sie schadet allen beteiligten Völkern schwer. Sie dient gerade durch ihr Scheitern als Hebel, den zentralistischen Unionsstaat mit einheitlichen Lebensverhältnissen herbeizuzwingen. Das ist schwere Souveränitätsverletzung. Aber auch das Herkunftslandprinzip, wonach die Legalität von Waren, Dienstleistungen usw. sich nach dem Herkunftsland bestimmt, ist mit der Souveränität der Bestimmungsländer unvereinbar, weil deren Rechtsordnung marginalisiert wird. Man denke nur an das Lebensmittelrecht.
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Die Europäische Union ist eine zunehmend diktatorische Bürokratie und damit das Gegenteil eines freiheitlichen Gemeinwesens, wie es die Souveränität als Bürgersouveränität postuliert.

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Auf die Einheitswährung kommen wir gleich zu sprechen. Zunächst: Was rechtfertigt eigentlich die EU, wenn, wie Sie sagen, die Wirtschafts- und Währungshoheit sowie auch die Handelspolitik untrennbar mit der nationalen Souveränität verbunden sind?
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Ich vermag keine Rechtfertigung für die Europäische Union, wie sie sich entwickelt hat und in den Verträgen vereinbart ist, zu erkennen. Aber: Das Grundgesetz verpflichtet die „Bundesrepublik Deutschland“ in Art. 23 „zur Verwirklichung eines vereinten Europas bei der Entwicklung der Europäischen Union mitzuwirken, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet“. Diese Verfassungsverpflichtung ist richtig und entspricht der sittlichen Pflicht jedes Volkes, durch ein bestmöglich vertraglich geordnetes Zusammenleben mit den näheren und ferneren Nachbarn dem Frieden zu dienen. Nur die reale EU entspricht keinem der Kriterien, welche das Grundgesetz gemäß seinen nach Art. 79 Absatz 3 unabänderlichen Grundsätzen für das vereinte Europa und dessen Entwicklung als Europäischen Union vorschreibt. Diese Grundsätze sind zugleich Rechtsprinzipien einer Verfassung der Menschheit des Menschen, wie sie mit dem Menschen geboren sind. Sie fließen aus der Menschenwürde und damit auch der Freiheit des Menschen.
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Es fängt schon damit an, daß die EU keinerlei Anstalten macht, das wirkliche Europa zu vereinen. Rußland wird nicht einbezogen, gehört aber trotz des großen Territoriums in Asien zu Europa. Demgegenüber soll die Türkei Mitglied der EU werden, obwohl sie ein asiatischer Staat ist und sich zunehmend von der europäischen Kultur entfernt. Die Mittelmeerunion zielt langfristig auf die Erweiterung der EU in den vorderen Orient und nach Nordafrika. Die EU ist weder demokratisch (keine demokratische Legitimation der Gesetzgebung und Rechtsprechung), noch rechtsstaatlich (keine Gewaltenteilung, kein hinreichender Rechtsschutz der Bürger), noch sozial (wirtschaftliche Instabilität, neokapitalistisch), noch subsidiaristisch (übermäßige Befugnisse, fast unbegrenzter Vorrang der Unionspolitik), noch schützt sie die Grundrechte (kein legitimes Gericht, keine Grundrechtsbeschwerde, schwacher Grundrechtskanon, Möglichkeit der Todesstrafe). Ohne Unionsvolk gibt es keine Unionsdemokratie und ohne Demokratie weder Rechtstaat noch Sozialstaat. Wenn ein Unionsvolk verfaßt werden soll, bedarf es der Aufhebung der Souveränität Deutschlands (und die der anderen Staaten). Das geht nicht ohne Änderung des Grundgesetzes in der Substanz, wie das Bundesverfassungsgericht (meinem Vortrag folgend) im Lissabon-Urteil klargestellt hat. Ich habe all das vielfach in meinen Schriften und Verfassungsbeschwerden dargelegt und vorgetragen.  Allenfalls ist die EU föderativ, marginalisiert allerdings die Länder Deutschlands, die souveräne Staaten sind. Sie tendiert deutlich zum zentralistischen, bürokratischen Staat mit einheitlichen Lebensverhältnissen der Bevölkerung, aber ohne Bürger im bürgerlichen Sinne. Das Grundgesetz zielt auf ein europäisches Europa, ein Europa souveräner Völker und freier Bürger, wie es General De Gaulle vorschwebte. Das unterstütze ich uneingeschränkt. Nur das entspricht der Souveränität der Völker, der Freiheit der Bürger. Mehr läßt das Grundgesetz nicht zu und mehr ist nicht vernünftig.
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Die wirtschaftliche Rechtfertigung ist mit der Realisierung des Binnenmarktes und der Währungseinheit verloren gegangen. Beide ruinieren sichtbar die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten, auch die Deutschlands. Die Divergenzen haben sich vor allem zu Lasten der lateinischen Staaten und Griechenlands verschärft. Die Staaten des Ostens haben nur Anfangsvorteile aus den Subventionen. Der neoneoliberale unechte Freihandel durch die überzogene Deregulierung schadet allen Beteiligen, wenn er auch vorübergehend Deutschland und einigen anderen Ländern Wettbewerbsvorteile, verstärkt durch die preislichen Vorteile der unterbewerteten Währung, bringt, sichtbar friedenswidrig. Die Wirtschaftsfreiheit sichert auch die WTO hinreichend, die aber keine Kapitalverkehrsfreiheit enthält. Das ist ein wichtiger Schutz gegen den entgrenzten und grenzenlosen Kapitalismus, der seine verheerende Wirkung in der Finanzkrise beweist. Die Politik der Binnenmarktderegulierung hat verkannt, daß eine Volkswirtschaft die wirtschaftliche Einheit eines Volkes, organisiert als Staat, ist. Diese Einheit schließt das Soziale, das wesentlich durch das Gleichheitsprinzip bestimmt ist, ein. Sozialpolitik läßt sich aber nur schwer, wenn überhaupt, durch Deregulierung der Wirtschaft machen. Die Erhardsche Vorstellung, daß Markt und Wettbewerb die beste Sozialpolitik seien, ist nur in Verbindung mit einem Staat richtig, der die Hoheit über Wirtschaft und Soziales hat und in der Lage ist,  „Wohlstand für alle“ zu gewährleisten.  Der Binnenmarkt verschiedener Staaten und damit ohne einheitliche solidarische Sozialpolitik hat zu einem unvollkommenen Staat geführt. Daß diese Politik gescheitert ist, ist jedem klar geworden, aber es gibt keinen Weg des Rechts, sie zu korrigieren. Aber es wäre auch weder politisch noch wirtschaftlich richtig, jedenfalls nicht demokratisch. Man kann nicht zusammen zwingen, was nicht zusammen gehört. Mir geht es darum, Freiheit und Recht zu verteidigen, also die Demokratie. Ich denke, das sieht das Bundesverfassungsgericht trotz allen politischen Opportunismus nicht anders.
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Das Friedensargument ist Propaganda. Kein Volk Europas will in Europa Krieg führen. Die beiden Weltkriege haben allen europäischen Völkern gereicht. Außer Rußland und sehr begrenzt Frankreich und Großbrittanien ist kein Staat in Europa kriegsfähig, keinesfalls gegen die USA, Deutschland schon gar nicht. Die NATO läßt in ihrem Bündnis keinen Krieg zu. Notwendig wäre ein Verteidigungsbündnis, wenn es die NATO und auch die UNO als Organisation des Weltfriedens nicht gäbe. Neben der NATO entwickelt sich die Gemeinsame Sicherheitspolitik, die auch einen Sonderstatus im Unionsvertrag hat, nicht wirklich.
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Sie machen der Politik in Bezug auf die Euro-Rettungspolitik eine elitäre und egalitäre Gleichheitsideologie zum Vorwurf. Worin sehen Sie deren Motive?
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Die Eurorettung ist eine Politik der politischen, medialen, finanziellen und industriellen Eliten in deren Interessen, also elitär, nicht eine Politik der Völker für die Völker und somit nicht demokratisch. Diese Politik ist egalitaristisch, weil sie die Gleichheitsideologie für ihre Zwecke nutzt. Der Egalitarismus ist die wirkmächtigste Ideologie der Gegenwart. Unterschiede werden nicht geduldet, nicht nur in der Bevölkerung eines Staates, sondern auch unter den Bevölkerungen der Staaten, jedenfalls nicht in der Europäischen Union. Der von den Eliten aufgezwungene Egalitarismus für die Bevölkerungen, die auf Arbeit und Verbrauch reduziert werden, gilt nicht für die Eliten selbst. Das Gesetz der Macht der Wenigen über der Ohnmacht der Vielen setzt sich wieder durch. Darum bekämpfen die Eliten die Bürgerlichkeit der Bürger, weil diese nicht nur der Freiheit verpflichtet ist, sondern auch Unterschiede erlaubt und fördert.  Demokratie sollte die politische Form der allgemeinen Freiheit sein, hat sich aber mangels Freiheitspflege zur politischen Form der Gleichheit entwickelt. Alexis de Tocqueville hat diese Entwicklung schon erfaßt und beschrieben. Der Egalitarismus der Untertanen ist die wesentliche Bedingung der Herrschaft der Eliten, der Oligarchie. Diese sind gegenüber den Untertanen wesentlich ungleich. Sie sind mächtig und reich. Sie feiern sich ununterbrochen, Bambiverleihung etc. Die Bevölkerungen nehmen das mehr oder weniger resigniert hin. Wichtig ist ihnen, daß es den anderen Untertanen nicht besser geht. Die Eliten verkehren untereinander und ihre Absprachen haben stärkere Verbindlichkeit als Gesetze, Verträge und sogar Verfassungen. Sie agieren wie ein Adel, weniger legitim als früher die Aristokratie. Die wenigen politischen Führer halten mittels ihrer parteilichen Gefolgschaft die Staaten im Griff, schließen „Freundschaften“, duzen sich staatswidrig. Das Herrschaftsinstrument in den Parteien ist die verfassungswidrige Ämterpatronage. Ein wirksamer Parteienpluralismus besteht jedenfalls in Deutschland nicht mehr. Auch der Verbändepluralismus ist dem Internationalismus weitgehend erlegen, insbesondere die Gewerkschaftsautonomie. Die Bevölkerungen werden mit Brot und Spielen ruhig gehalten, durch Propaganda der Medien irregeführt und mittels Moralismus an der politisch essentiellen freien Rede gehindert. Der politische Einfluß der Bürger, so es die noch gibt, ist marginalisiert. Egalitarismus setzt Eliten voraus, welche ihn durchsetzen. Das machen sie nicht zu ihren eigenen Lasten. Unter freien und in der Freiheit gleichen Bürgern, die durch Besitz und Bildung selbständig sind, läßt sich weder der Elitarismus noch der Egalitarismus entwickeln. Deswegen werden die Bürger, wesentlich der Mittelstand, enteignet und die Bildung wird aus dem Schul- und Hochschulwesen vertrieben. Der Internationalismus zementiert diese freiheitswidrigen Entwicklungen.
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Politik und Notenbank suggerieren in ihren Statements, in der Eurokrise sei das Schlimmste überstanden. Sie halten dagegen eine Stabilität der einheitlichen Währung für überhaupt nicht erreichbar. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?
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Die schwächeren, im Übermaß deindustrialisierten, Volkswirtschaften des europäischen Binnenmarktes, einschließlich der Frankreichs, haben gegenüber den stärkeren, insbesondere der Deutschlands,  wegen der harten Deregulierung durch die Grund- oder Wirtschaftsfreiheiten keine Wettbewerbschance, schon gar nicht, wenn sie das Lohnniveau in etwa auf den deutschen Standard anheben. Weil sie die Preise ihrer Produkte nicht durch Lohnsenkung wettbewerbsfähig zu machen in der Lage sind, sind sie auf die Abwertung ihrer Währung angewiesen. Das schließt der Euro als Einheitswährung aus und verschärft damit ihren Wettbewerbsnachteil. Die wettbewerbswidrigen Preise wirken sich weltweit aus, nicht nur auf dem Binnenmarkt. Das verstärkt den Effekt der überbewerteten Währung. Die erwarteten Folgen sind eingetreten. Die Volkswirtschaften der Peripheriestaaten liegen danieder. Die Arbeitslosigkeit ist die Alternative zu den erforderlichen drastischen Lohnsenkungen. Diese Länder haben, wie zu erwarten, nur vorübergehend von den Zinssubventionen und den damit verbundenen kreditierten Investitionen profitiert. Kredite müssen, können aber nicht zurückgezahlt werden. Jetzt sind diese Volkswirtschaften rezessiv und es gibt kein Maß an Subventionen, das sie wettbewerbsfähig machen könnte. Das Leistungsgefälle und die Leistungsbilanzdefizite lassen sich nicht ausgleichen. Die Starken werden stärker, die Schwachen schwächer. Ohne Schutz haben die Schwachen keine Chance, ihre Wirtschaft zu stärken. Sie sind Opfer der  undifferenzierten Freihandelsdokrin, die ihnen nicht die versprochenen Segnungen des Wachstums gebracht hat, sondern erwartungsgemäß im Gegenteil Schrumpfung.  Zudem „retten“ die „Schirme“ die Gläubiger, vor allem Banken, nicht die Menschen, die Opfer des irregeleiteten unechten Freihandels.
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Allenfalls ein bundesstaatsgemäßer Finanzausgleich, der eine hinreichende Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der gesamten Eurozone schafft,  könnte die Währungseinheit bewahren. Der ist aber nicht nur wirtschaftlich nicht leistbar, sondern auch politisch nicht. Die Völker aller beteiligten Staaten müßten, wie schon gesagt, durch Referenden zustimmen, ihre Souveränität aufzugeben und ein neues Volk, das der Eurobürger, und einen neuen Staat, den Eurostaat, verfassen. Souveränität heißt wesentlich Freiheit der Bürger, welche nur demokratisch verwirklicht werden kann. Das wäre wegen der Größe dieses Staates, aber auch wegen der Homogenitätsdefizite nicht möglich. Souveränität heißt auch eigenständiges wirtschaftliches und damit eigenständiges soziales Schicksal des Volkes. Niemand kann erhoffen, für eine solche Politik die Zustimmung der Völker zu finden. Da helfen keine Visionen vom großen und mächtigen Europa und da hilft auch nicht die hohle Drohung, die Einzelstaaten würden den globalen Wettbewerb mit den großen Volkswirtschaften, USA, China, Indien, Rußland, Brasilien, nicht bestehen können. Das ist ein Zweckargument, das die Unkundigkeit der Bevölkerung mißbraucht, um Angst, immer eine wirksame Triebfeder, zu machen. Kleine Volkswirtschaften sind die erfolgreichsten, die Schweiz, Singapur. Das Argument der Größe und Macht kommt typisch von den Profiteuren des globalen Marktes, den international agierenden Unternehmen und deren Managern, die durch die von ihnen erzwungene Lohn- und Besteuerungsunterbietung zu Lasten der Völker außerordentliche Gewinne machen bzw. durch unsittliche Bezüge schwer reich geworden sind. Dieser neue „Adel“ ist genauso wie die von ihm bezahlten Ökonomen unglaubwürdig.
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Die Europolitiker werden die Beendigung des Euro-Abenteuers solange hinauszögern als es irgend geht. Der Schaden wird unermeßlich. Aber der Euro ist als Währung vieler heterogener Volkswirtschaften gescheitert und wird in Inflation und Währungsreform untergehen. Je länger der Eurokonkurs verzögert wird, desto gefährdeter ist das politische System, das immer noch Chancen birgt, zu Freiheit und Recht, die ohne ökonomische Vernunft keine Wirklichkeit haben, zurückzukehren. Das zwingt zur Rückkehr zu nationalen Währungen, durchaus mit der Option, zu bilateralen oder auch multilateralen Währungsverbünden unter Wahrung der nationalen Währungssouveränität, vorausgesetzt, der optimale Währungsraum besteht. Das aber muß jeder Staat selbst verantworten können; denn nur durch ihren Staat können die Bürger ihre Verantwortung für ihr Wohlergehen tragen. Die Finanzierung fremder Haushalte, in welcher Form auch immer, durch einen ESM oder durch ESZB und EZB, ist zutiefst undemokratisch, ja staatswidrig, aber auch wirtschaftlich nicht tragbar.
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Das Projekt Brüssel ist gescheitert. Es gilt, ein europäisches Europa zu schaffen, ein Europa der Freiheit und des Rechts, ein Europa der praktischen und somit wirtschaftlichen Vernunft. Die Unionsverträge müssen revolutioniert werden, d. h. die Union und ihre Mitgliedstaaten müssen zum Recht befreit werden.
Herr Professor Schachtschneider, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen.
Das Gespräch mit Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider führte Andreas Marquart im Februar 2013 per E-Mail.
Ludwig von Mieses-Institut Deutschland
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korrespondierende Archiv-Beiträge


vom Kuschelrittertum der EU-Claqueure

Reaktionen zur Arte-Doku
„BRUSSELs BUSINESS“

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War es nicht schon zu erwarten, dass ‚die Gegenseite‘ gerade bei dem emotional besetzten Reiz-Thema ‚Lobbyismus in Brüssel‘ mit der journalistischen Keule versucht, die geschilderten Vorgänge in BRUSSELs BUSINESS zu relativieren?
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Hendrik Kafsack, FAZ-Korrespondent in Brüssel (Jahrgang 1972) präsentiert sich als Lobbyismus-Versteher und kritisiert:

 

„Die Arte-Doku „The Brussels Business“ macht es sich zu einfach. Sie beschränkt sich auf die Industrie-Lobby.
Zudem sind die Regisseure eher auf der Suche nach Schuldigen als nach Wahrheiten.“
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Drängt sich an der Stelle nicht die Frage auf, ob der Journalist bei seinem Studium der Wirtschaftspolitik die Lernkurve „demokratische Prozesse“ mißverstanden und „one man – one vote“ mit „one Euro – one vote“ verwechselt hat?
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Oder ging es ihm schlichtweg darum, sein persönliches Kuschel-Rittertum vor sich selbst zu rechtfertigen und deshalb als Claqueur der ‚Drahtzieher‘ die unfreiwilligen Tribut-Zahler, nämlich uns alle, mit seinem Kommentar zu düpieren?
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Betrachtet man einzelne Lesermeinungen zu Kafsack’s Bewertungen, wird deutlich, dass es neben den Posaunenchören der ‚Clubs betreuter Denker‘ noch aufrechte Demokraten gibt, welche noch nicht vom Virus politischer Imbezillität befallen sind:
Zitat, Andreas Gehrmann – 12.02.2013 19:11 Uhr:

NÖ!
Das sehe ich ganz anders! Sie haben in Ihrem Beitrag vergessen zu erwähnen, dass es dem ERT um eine möglichst umfassende Deregulierung geht, sowohl des Arbeitsmarktes als auch der Einflussnahme GEWÄHLTER Politiker in den nationalen Parlamenten. Nur, diese Leute hat keiner gewählt, sitzen aber regelmäßig am Tisch der EU-Kommission. Die Privatisierung der Wasserwirtschaft ist der neueste Coup des ERT. Dass hier nicht die Interessen der Allgemeinheit im Vordergrund stehen sondern die Interessen eines Wirtschaftskartells, dürfte jedem klar werden. Denn natürlich sind die Offiziellen dieses „Clubs“ auch Vertreter der gesamten Industrie. Leider wurde nicht über die Bankenlobby berichtet, dafür aber über das – nicht so gewollte – verabschiedete Transparenzgesetz. Den Autoren jetzt zu bescheinigen, sie seien auf Verschwörung etc. aus, halte ich für oberflächlich. Zumal der Anlass ja war, dass sich Projekte des ERT 1:1 in den Planungen der Kommission wieder fanden! Siehe LobbyPlag!!!

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Auf Ihre persönlichen Einschätzungen zur Arte-Doku bin ich sehr gespannt!
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Ihr Oeconomicus

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CROSSPOST: GEOLITICO

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ARTE Introduction zur Doku:

THE BRUSSELS BUSINESS
In Brüssel sind rund 2.500 Lobby-Organisationen angesiedelt und bilden die zweitgrößte Lobby-Industrie der Welt; nur die in Washington DC ist größer. Rund 15.000 Lobbyisten scheuen weder Kosten noch Mühen, um die Kommission und die Parlamentarier intensiv über die Bedürfnisse der Interessenverbände zu informieren. Rund 80 Prozent der gesamten Gesetzgebung, die direkten Einfluss auf den Alltag der Europäischen Bürger hat, wird hier initiiert.
„Die EU-Gesetzgebung ist kompliziert, sie durchläuft viele Stufen“, erklärt Olivier Hoedeman, Gründer von Corporate Europe Observatory. „Alles beginnt mit der Europäischen Kommission. Dort werden neue Anträge für Gesetze und Richtlinien entworfen, welche dann die Institutionen durchlaufen – das Parlament und den EU-Ministerrat. Vom Moment an, in dem die Europäische Kommission erste Schritte zu neuen Gesetzen und Richtlinien unternimmt, ist die Industrie vor Ort um sie zu beeinflussen.“
Die Bemühungen, den Lobbyismus in der EU zu regulieren, stießen zunächst auf wenig Resonanz. Dann geschah im Winter 2004/2005 etwas Unerwartetes: Siim Kallas, EU-Kommissar aus Estland, zuständig für Verwaltung, griff das Thema auf. Im Zuge der Europäischen Transparenzinitiative sollte der Lobbyismus in Brüssel streng reguliert werden – ein Pflichtregister, Auskunftspflicht, Offenlegung der Geldflüsse. Nach drei Jahren politischer Streitereien und Bemühungen stellte Siim Kallas schließlich im Sommer 2008 das Lobby-Register vor. Doch die Enttäuschung war groß: Das Lobby-Register war freiwillig – und damit völlig zahnlos.
Im Oktober 2008, einen Monat nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise, ernannte Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine unabhängige hochrangige Gruppe zur Aufsicht der Finanzmärkte. Ihre Aufgabe ist die Regulierung dieser Märkte, um einen Weg aus der Krise zu finden. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich diese Gruppe von acht „EU-Weisen“ als gar nicht so unabhängig: drei der acht Weisen sind direkt mit jenen US-Banken verbandelt, die die Krise ausgelöst haben. Der Kopf der Gruppe ist Vorsitzender einer großen Finanzlobby. Steht nach 20 Jahren Deregulierung und Liberalisierung die Europäische Union selbst plötzlich am Rande des Zusammenbruchs? Und steht nicht vielmehr die Demokratie selbst auf dem Spiel, und mit ihr jene Werte, die uns teuer sind?
(Belgien, Österreich, 2011, 74mn)
ZDF

Erstausstrahlungstermin:
Gestern, 20:17

weitere Ausstrahlungstermine:
Sonntag, 24. Februar 2013, 01:35
Dienstag, 5. März 2013, 09:45

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Die Krise – ein Schauspiel der Ohnmacht

Die Krise – ein Schauspiel der Ohnmacht

Die Hauptverursacher der Krise sind gleichzeitig deren Gewinner. Den Kampf um eine Neuordnung der Finanzbranche haben Angela Merkel und ihre Kollegen gar nicht erst angetreten.

Die Inszenierung ist immer wieder beeindruckend:
Da empört sich Deutschlands Kanzlerin über die „Schande“, dass just jene Banken, „die uns an den Abgrund gebracht haben“, auch aus dem Schuldendebakel der Griechen ein Geschäft machen und verspricht, eine „neue Verfassung für die internationalen Finanzmärkte“.
Da zetert Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy über die „Entartung des Kapitalismus“ und fordert wie einst nur die Aktivisten von Attac die „Besteuerung der Spekulation“ gegen „die Raserei der Finanzmärkte“.
Da droht Luxemburgs Premierminister Jean- Claude Juncker im Namen aller Regierungen der Eurozone, man werde den Spekulanten die „Folterwerkzeuge“ zeigen und selbst Amerikas Präsident Barack Obama wettert gegen die „Bonzen an der Wall Street“ und prahlt wie ein Straßenjunge, er sei „bereit zum Kampf, wenn diese Leute ihn wollen“.

Essay von Harald Schumann – 07.03.2010 00:00 Uhr