Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)
Veröffentlicht: 3. März 2015 Abgelegt unter: bail-in, Bank Recovery and Resolution Directive - Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, Banken-Union, Wolfgang Philipp | Tags: berücksichtigungsfähige Forderungen, BRRD-Umsetzungsgesetz, Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) 28 KommentareSystemänderung: Amputiertes Aktienrecht für Banken
Fachaufsatz von RA Dr.iur. Wolfgang Philipp
(veröffentlicht in Heft 3/2015 – Seite 77-82 – Die Aktiengesellschaft)
.
Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG (PDF-224 Seiten)
.
Seit 1. Januar 2015 unterwirft ein neues Gesetz Bankkunden gefährlichen Risiken !
.
Außerhalb des Aktienrechts kann eine neue Bankenrettungsanstalt durch Verwaltungsakt anordnen, Guthaben der Kunden zur Vermeidung einer Insolvenz der Bank auf Null zu stellen oder in Aktien umzuwandeln.
.
Die Folgen dürften dramatisch sein !
.
.
I. Einleitung
.
„Die Abwicklungsanordnung (der Abwicklungsbehörde) ersetzt für die hier angeordneten Maßnahmen alle nach Gesellschaftsrecht erforderlichen Beschlüsse und Zustimmungen.“
.
Dieser für Zivilrechtler alarmierende Satz steht in einem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten umfangreichen Artikelgesetz (Entwurf mit Begründung 224 Seiten), das durch zwangsweise Umsetzung mehrer Richtlinien und Verordnungen der EU der Rettung „systemrelevanter Banken“ in Deutschland dienen soll (BGBl. I v. 18.12.2014, 2091).
.
Hauptbestandteil ist ein „Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG)“, das zum 1.1.2015 in Kraft getreten ist.
Der darin enthaltene eingangs genannte Satz ist wahrlich ein Grund auch für Aktienrechtler, hier nachzusehen und sich mit diesem Gesetz zu befassen.
.
Dann stellt sich gravierendes heraus:
.
Das Gesetz verändert das geltende deutsche Recht, insbesondere das Aktien- und Insolvenzrecht, soweit es für Banken gilt.
Dieses sehr komplizierte Opus im Ganzen zu beschreiben wäre äußerst aufwendig. Die Grundsätze lassen sich jedoch herausarbeiten und darstellen.
Es handelt sich – zu Ende gedacht und nicht gleich zu erkennen – um einen der schwersten Eingriffe in das deutsche Wirtschaftsleben und Wirtschaftsrecht seit Kriegsende mit unabsehbaren Folgen.
.
Das ist zu begründen:
.
II. Eine veränderte Welt
[…]
III. „Systemrelevanz“ und die Folgen
[…]
IV. Das geltende Recht
[…]
V. Eine Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung
[…]
VI. Eingriff in das Aktienrecht
[…]
VII. „Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten“
[…]
VIII. Vergleich mit dem KredReorgG
[…]
IX. Entmachtung der Bankvorstände
[…]
X. Fragwürdige Zulassung zum Börsenhandel
[…]
XI. Überlegungen für Bankkunden
[…]
XII. Ausblick
Wie immer in solchen Fällen ist nicht sicher vorauszusagen, wie das Publikum mit zunächst rein juristisch darzustellenden Risiken umgeht. Sollten private und unternehmerische Kunden, die regelmäßig größere Beträge auf Bankkonten ansammeln müssen, die Konsequenzen ziehen, kommt es zu einem neuen „Crash“, der schlimmer sein kann als alle bisher dagewesenen:
.
Die großen systemrelevanten Banken verlieren dann auf breiter Front ihre großen Kunden und können dadurch bis in die Grundlagen ihrer Existenz getroffen werden. Dann würde das neue SAG unter Umständen mehr Insolvenzen selbst herbeiführen als es je verhindern könnte. Ein vorsichtiger Gesetzgeber hätte sich darüber Gedanken machen müssen, dass Gläubiger mit „berücksichtigungsfähigen Forderungen“ auch ihrerseits Gegenmaßnahmen ergreifen könnten. Sich in der Wirtschaft vom Privatrecht zu verabschieden ist der Weg in eine neue Welt, die nichts Gutes verheißt.
.
Auszugsweiser Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr.iur. Wolfgang Philipp
.
.
follow-up, 23.06.2015:
Zwischenzeitlich hat Dr. Philipp zu dem Thema ein Sachbuch in für Nicht-Juristen verständlicher Terminologie verfasst, welches gerade erst im Handel verfügbar wird.
Titel: „Rette sich wer kann vor dieser Bankenrettung“ – ISBN 978-3-87336-393-6 – erschienen im Gerhard Hess Verlag
Bezugsquelle
.
korrespondierende Beiträge
.
.
22.12.2014
ausführliche Anmerkungen zum Beitrag
.
16.10.2014
Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen
.
21.08.2014
Die nächste Raubzug-Welle soll nach der parlamentarischen Sommerpause vorbereitet werden
.
09.07.2014
Bankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion
.
IWF diktiert Gesetzgebung in Zypern
Veröffentlicht: 22. Dezember 2014 Abgelegt unter: IWF - IMF, ZYPERN | Tags: berücksichtigungsfähige Forderungen, BRRD-Umsetzungsgesetz, Insolvenzgesetz Hinterlasse einen KommentarZypern muss vorerst ohne in Aussicht gestellte Mittel des IWF in Höhe von 88 Millionen Euro auskommen.
Das zyprische Parlament in Nikosia hat die Beschlussfassung über ein Gesetz, das Banken unbeschränkten und vorrangigen Zugriff auf das Vermögen von Kreditnehmern ermöglichen soll, verschoben und wollte ein Insolvenzgesetz vorziehen.
Aus Sicht des IWF ein Affront.
[…]
WiWo — RT Deutsch
.
IMF Withholds Bailout Money For Cyprus
The International Monetary Fund said Thursday it won’t release $108 million (88 million euros) in rescue money for bailed-out Cyprus after the country’s parliament voted to hold a key foreclosure law from taking effect at the end of December.
An IMF statement said the month-long suspension of the law contravened the terms of its $12.28 billion (10 billion euro) rescue deal reached in March last year. The law would have made it easier for the country’s hobbled banks to start collecting on bad loans, which account for around half of all loans.
[…]
by Associated Press
.
.
.
Anmerkung
.
Für deutsche Staatsbürger und Unternehmen kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen.
Der Deutsche Bundestag hat am 6. November 2014 das Gesetzespaket zum BRRD-Umsetzungsgesetz sowie weitere Begleitgesetze beschlossen. Auf Grundlage der Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses wurden unter anderem auch Änderungen hinsichtlich des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzesentwurfs vorgenommen.
.
Am 28. November 2014 stimmte der Bundesrat dem Gesetzespaket ohne Änderungen zu. Die Bundesregierung wurde jedoch aufgefordert, sich für eine Ausnahme der Förderbanken von der Bankenabgabe einzusetzen und Wettbewerbsverzerrungen mit Blick auf die steuerliche Behandlung zu vermeiden.
.
Mit dem Gesetzespaket soll insbesondere die Richtlinie für einen europäischen Rechtsrahmen zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD) umgesetzt werden, die bereits am 2. Juli in Kraft getreten ist. Die Bestimmungen müssen bis Ende 2014 in nationales Recht umgesetzt werden, damit diese ab Januar 2015 in allen EU-Mitgliedstaaten angewendet werden können.
.
Wesentlicher Inhalt des SAG ist das „Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“ (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG). Darüber hinaus sieht der Entwurf Änderungen des Kreditwesengesetzes unter anderem auch zur Anpassung der Single Supervisory Mechanism (SSM)-Verordnung, des Restrukturierungsfondsgesetzes, des Pfandbriefgesetzes, des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes und des Kreditinstitute-Reorganisationsgesetzes vor.
Das Bail-in-Instrument soll – trotz der in der BRRD vorgesehenen Möglichkeit zur Verschiebung des Geltungszeitpunktes auf 2016 (Geltungszeitpunkt der SRM-Verordnung) – in Deutschland bereits ab Januar 2015 angewendet werden.
.
Am 10. Dezember 2014 wurde das Monstergesetzes-Paket, welches die Möglichkeit einräumt, schwerste Eingriffe in das Deutsche Wirtschaftrecht vorzunehmen, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
.
Der ursprüngliche Entwurf des BRRD-Umsetzungsgesetzes wurde mir bereits im September 2014 zugeleitet.
Seither arbeitet eine kleine Gruppe hochspezialisierter Experten an einer juristischen und ökonomischen Analyse des Gesetzespaketes. Sobald diese vorliegt (frühestens Februar/März 2015) wird das Ergebnis der Bewertungen einschl. denkbarer Wechselwirkungen veröffentlicht.
.
Ihr Oeconomicus
.
.
korrespondierende Beiträge
.
Ein bitteres Oster-Ei – Die verblüffend lange Spur der Konto-Grabscher
Bankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion
Veröffentlicht: 9. Juli 2014 Abgelegt unter: ausgewählte Publikationen, bail-in, Banken-Union | Tags: BRRD-Umsetzungsgesetz, Michael Kemmer Hinterlasse einen KommentarBankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion
.
„Die nationale Umsetzung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten (BRRD) ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Bankenunion. Hiermit wird vor allem sichergestellt, dass künftig in erster Linie Anteilseigner und Gläubiger eines Instituts für dessen Verluste aufkommen müssen. Einer Sozialisierung von Risiken aus Bankgeschäften wird entgegengewirkt“, so Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, anlässlich der Verabschiedung des Regierungsentwurfs für ein BRRD-Umsetzungsgesetz. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollte jedoch, so Kemmer weiter, mit Nachdruck darauf hingewirkt werden, dass die diesbezüglichen Bestimmungen (Bail in) EU-weit gleichzeitig in Kraft treten.
.
Richtig sei insbesondere auch, so Kemmer, dass mit dem neuen Instrument der Sanierungsplanung die Eigenverantwortung der Institute bei der Bewältigung einer Krise betont werde. Bei den an diese Pläne gestellten Anforderungen sollte jedoch insbesondere mit Blick auf kleinere und mittlere Privatbanken dem Proportionalitätsgrundsatz Rechnung getragen werden. Privatbanken müssten – anders als Institute in Verbünden – die gesetzlichen Regelungen weitgehend individuell umsetzen.
Kemmer:
„Mittelständische Banken müssen sich auch unter der neuen Regulierung eigenständig auf dem Markt behaupten können.“
Quelle:
Pressemitteilung des Deutschen Bankenverbandes, 09.07.2014