Bundesregierung beschließt Beteiligung bei der Schleuser-Bekämpfung im Rahmen der EU-Operation EUNAVFOR MED

Bundesregierung beschließt Beteiligung bei der Schleuser-Bekämpfung im Rahmen der EU-Operation EUNAVFOR MED
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KAMPF GEGEN SCHLEPPER
Marine-Einsatz wird ausgeweitet
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„Im Rahmen der EU-Operation EUNAVFOR MED wird sich die Bundeswehr am Kampf gegen Schleuser im südlichen und zentralen Mittelmeer beteiligen. Das hat das Kabinett beschlossen.
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Schiffe der deutschen Marine mit bis zu 950 Soldatinnen und Soldaten werden im Rahmen der EU-Operation EUNAVFOR MED bei der Bekämpfung von kriminellen Aktivitäten der Menschenschleuser helfen. Der Bundestag muss noch zustimmen.
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Die EU-Operation EUNAVFOR MED zum Kampf gegen Schleuserkriminalität ist in drei Phasen eingeteilt.
In der ersten Phase werden zunächst Informationen über die Netzwerke der Schleuser gewonnen. Diese Phase läuft derzeit.
In einer zweiten Phase sollen die Schlepperboote gesucht, aufgebracht und beschlagnahmt werden.
In der dritten Phase sollen alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, die Boote und Einrichtungen der Schlepper zu beseitigen und zerstören.
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In Abstimmung mit dem Rat der Europäischen Union und mit der Zustimmung des Bundestages könnte im Oktober ein Phasenwechsel der EUNAVFOR MED stattfinden. Patrouillen haben dann nicht nur die Aufgabe, Informationen zu sammeln; deutsche Einsatzkräfte können dann auf hoher See verdächtige Schiffe anhalten, durchsuchen und beschlagnahmen.
Die Soldatinnen und Soldaten haben dann die Befugnis, die Personendaten zur Identifizierung vermeintlicher Schmuggler aufzunehmen und an Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.
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Mit Blick auf den umfassenden europäischen Gesamtansatz verfolgt die Bundesregierung gemeinsam mit den EU-Partnern vier Ziele: Seenotrettung, Schleuserbekämpfung, Verstärkte Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern und mehr innereuropäische Solidarität und Verantwortung bei der Aufnahme von Flüchtlingen in die EU.
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Einsatzort der Bundeswehr sollen die Meeresgebiete südlich von Sizilien vor der Küsten Libyens und Tunesiens sein. Die jetzt durch das Kabinett beschlossene Phase umfasst Maßnahmen auf Hoher See, zunächst jedoch außerhalb der libyschen Hoheitsgewässer. Libyen ist derzeit das primäre Ausgangsland der Migration über See nach Europa.
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Zur Zeit ist die Bundeswehr mit zwei Schiffen an der Operation beteiligt. Bislang haben die Besatzungen der Fregatte Schleswig-Holstein und der Tender Werra mehr als 7.200 Menschen (Stand September 2015) vor dem Ertrinken gerettet.
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Völkerrechtliche Grundlage für den bewaffneten Einsatz von Streitkräften ist das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität aus dem Jahr 2000. Verfassungsrechtlich erfolgt die deutsche Beteiligung nach den Regeln der kollektiven Sicherheit gemäß Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes.
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Mittwoch, 16. September 2015″
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Quelle: Bundesregierung
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korrespondierende Beiträge
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01.10.2015

Pressemitteilung der Humanistische Union, Berlin
Bundeswehr-Einsatz gegen Schlepper im Mittelmeer – als Mittel gegen die Massenflucht ungeeignet und verfassungswidrig!

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Von: Werner Koep-Kerstin
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„Der Deutsche Bundestag entscheidet am 1. Oktober 2015 über den Antrag der Bundesregierung, bewaffnete Streitkräfte der Bundeswehr als Teil der EU-Operation EUNAVFOR MED (Phase 2) gegen Schlepper im Mittelmeer einzusetzen. Die Humanistische Union (HU) kritisiert, dass dies kein sinnvolles Instrument zur Verhinderung der gegenwärtigen Flüchtlingsströme ist und überdies gegen das Grundgesetz verstößt.
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Bei den Aktivitäten der Schleuser handelt es sich nicht um einen bewaffneten Angriff auf die Bundesrepublik Deutschland oder einen anderen NATO-Staat, sondern um kriminelle Handlungen (das sog. „Einschleusen von Ausländern“). Für deren Bekämpfung ist aber nicht die Bundeswehr, sondern die Bundespolizei gemäß § 6 Bundespolizeigesetz zuständig“, erklärt der Verfassungsrechtler Prof. Martin Kutscha vom Bundesvorstand der HU. „Von Verfassung wegen“, so Kutscha weiter, „darf die Bundeswehr nur zur Verteidigung gegen einen bewaffneten Angriff sowie im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit – insbesondere also der UNO – gemäß Art. 24 Abs. 2 Grundgesetz eingesetzt werden. Ein solches System ist die EU keineswegs. Es ist schlicht unzulässig, die Streitkräfte der Bundeswehr als eine Art Weltpolizei gegen Gesetzesbrecher aller Art einzusetzen.
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Die Verfassungswidrigkeit des geplanten Militäreinsatzes der Bundeswehr belegt auch eine Expertise deutscher Menschenrechtsorganisationen, die im Forum Menschenrechte zusammenarbeiten. [1] Demnach verstößt die Entsendung der Bundeswehr zur Bekämpfung der Schleuser gegen das verfassungsrechtliche Trennungsgebot zwischen Militär und Polizei. „Mit der gewaltsamen Aufbringung von Flüchtlingsbooten werden weitere Menschenleben als „Kollateralschäden“ in Kauf genommen. Der Schleuser wird man so nicht habhaft werden, da diese meist nicht auf den Flüchtlingsbooten sind, sondern im Hintergrund agieren“, mahnt Kutscha.
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Mit dem geplanten neuen Mandat der Bundeswehr vollzieht die Bundesregierung nach Ansicht der HU einen Paradigmenwechsel: Statt der dringend gebotenen Seenotrettung setze sie nun vorwiegend auf die Abschreckung und die Abriegelung von Fluchtmöglichkeiten. Dieser Wechsel steht im Widerspruch zur Willkommenskultur, die die Bevölkerung in Deutschland praktiziert und die Bundesregierung beschwört.
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Mehr als 500.000 Menschen sind seit Jahresbeginn über das Mittelmeer nach Europa gekommen, fast 3000 Menschen starben dabei bzw. gelten als vermisst. [2]
Es ist illusorisch zu glauben, der Flüchtlingsstrom lasse sich durch Militäreinsätze gegen Flüchtlingsboote eindämmen. Solange die Fluchtursachen wie Krieg, bitterste Armut und Perspektivlosigkeit in Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea oder auch in den Flüchtlingslagern Jordaniens und des Libanon anhalten, riskieren die Menschen gefährliche Fluchtwege und nehmen Schlepper in Anspruch, meint der HU-Vorsitzende Werner Koep-Kerstin. „Die EU muss das Sterben im Mittelmeer beenden durch Eröffnung legaler, gefahrenfreier Wege für Flüchtlinge nach Europa sowie den Aufbau einer zivilen europäischen Seenotrettung. Dafür muß das EU-Parlament umgehend die benötigten finanziellen Mittel bereitstellen. Militärischer Aktionismus ist dafür kein Ersatz“, so Koep-Kerstin.
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Quellen:
[1] Forum Menschenrechte: An den Grenzen des Flüchtlingsrechts. Ein völkerrechtliches und menschenrechtliches Positionspapier zur Auslagerung der Grenzkontrollen, Militäreinsätzen und Seenotrettung vom Juni 2015, abrufbar unter www.forum-menschenrechte.de
[2] Angaben lt. Süddeutscher Zeitung v. 30.9.2015″
Quelle:
Humanistische Union
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ergänzende/vertiefende Informationen
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European Union Naval Force – Mediterranean
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Die European Union Naval Force – Mediterranean (EU NAVFOR Med) ist eine multinationale militärische Krisenbewältigungsoperation der Europäischen Union zur Bekämpfung des Menschenschmuggels- und der Menschenhandelsnetze und der Bekämpfung von Schleusern und deren Infrastruktur im südlichen zentralen Mittelmeer zwischen der italienischen und der tunesischen und libyschen Küste.
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Die Abkürzung NAVFOR steht für Naval Forces (deutsch Seestreitkräfte).
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Inhaltsverzeichnis
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Quelle: Wikipedia
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