Terroristen, Gescheiterte Staaten und Schurkenstaaten
Veröffentlicht: 15. Februar 2015 Abgelegt unter: Buch-Tipps & Literatur-Empfehlungen, Warlords | Tags: Abdul Rasul Sajaf, Abdurajak Janjalani, Abu Sajaf, al-Qaida, internationaler Drogenhandel, US-Außenpolitik Hinterlasse einen KommentarTerroristen, Gescheiterte Staaten und Schurkenstaaten
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Die Außenpolitik der USA und der Krieg gegen den Terrorismus
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Mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems und der Auflösung der Sowjetunion war der Kalte Krieg zu Ende gegangen. Vorübergehend erkoren die Washingtoner Haudegen den internationalen Drogenhandel zum neuen Hauptfeind und schickten Truppen nach Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien mit dem Auftrag, die Cocafelder abzubrennen und den Drogenbaronen in Cali, Medellín, Santa Cruz, Tijuana oder Guadalajara das Handwerk zu legen. Der 11. September 2001 jedoch, als 3000 Menschen drei Terroranschlägen in New York, Washington und Pennsylvania zum Opfer fielen, lieferte der US-Regierung neue Argumente für Interventionen im Ausland: den Terrorismus.
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Seither führen die USA (zusammen mit der NATO und anderen) weltweit ihren Krieg gegen den Terror, der sich derzeit überwiegend gegen die sogenannten „Islamisten“ richtet. Und so wie Franklin D. Roosevelt einst den feinen Unterschied zwischen „Hurensöhnen“ im Allgemeinen und „unseren Hurensöhnen“ hervorhob, so unterscheiden die USA auch heute zwischen Islamisten und „unseren Islamisten“.
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Während Islamisten wie Mitglieder von al-Qaida oder dem Islamischen Staat (IS) Feinde sind, die aufs Erbittertste bekämpft werden müssen, werden „unsere Islamisten“
[Fußnote: Dieser Begriff wird in den Medien zumeist äußerst schlampig und oberflächlich verwendet und soll Terroristen bezeichnen, die dem muslimischen Glauben anhängen]
gehegt, finanziert, trainiert und ausgerüstet. So etwa Abdul Rasul Sajaf, ein Warlord in Afghanistan, der für seine Massaker an schiitischen Hazara in Kabul berüchtigt wurde. Bei Abdul Sajaf hatte u. a. der Filipino Abdurajak Janjalani seine militärische Ausbildung erfahren. Später baute Janjalani auf den südphilippinischen Inseln eine Terrororganisation auf, die er nach seinem afghanischen Lehrer Abu Sajaf nannte und auf Entführungen spezialisierte.
[Fußnote: Bekannt wurde die Organisation in Deutschland, als sie am 23. April 2000 eine Gruppe von 22 Gästen sowie Hotelpersonal von der malaysischen Insel Sipadan vor der Ostküste Borneos auf die philippinische Insel Jolo entführte. Unter den Verschleppten befand sich auch die Familie Wallert aus Göttingen.]
Oder im Iran die Volksmudschahedin sowie die Separatistengruppe Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (PJAK), die zwar beide seit Jahren vom US-Außenministerium als Terrororganisationen eingestuft, gleichzeitig jedoch von den USA unterstützt werden.
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Im Gegensatz zu der Rivalität zwischen den USA und der UdSSR birgt dieser Krieg, in dem jeder militante Widerstand gegen eine etablierte Ordnung zu Terrorismus erklärt werden kann, die Gefahr, nie zu enden. Da der Begriff Terrorismus nur sehr vage definiert wird, kann jedes Verbrechen als terroristischer Akt interpretiert werden, der Staaten, Regierungen oder Behörden veranlasst, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
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Arnim Wertz – Telepolis
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Der hier veröffentlichte Text ist ein gekürzter Auszug aus dem morgen im Westend Verlag erscheinenden Buch „Die Weltbeherrscher. Militärische und geheimdienstliche Operationen der USA“ (400 Seiten, EUR 24.99) von Armin Wertz. Wertz, jahrzehntelang als Auslandskorrespondent für Spiegel, Stern und FR in Lateinamerika und Asien tätig, liefert die erste vollständige Chronik aller US-amerikanischen – der geheimen wie der vom Kongress bewilligten – Operationen in unabhängigen Staaten.