Schluss mit Löcher stopfen – ÖVAG-Aufspaltung voraus !

Die ÖVAG als Spitzeninstitut der Volksbanken löst sich wegen eines absehbaren Milliarden-Kapitallochs geordnet auf.
Die 1,3 Milliarden Euro Staats-Nothilfe könnte verloren sein. Neun Regional- und drei Spezialinstitute entstehen.
[…]
kleinezeitung

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Anmerkung
Es wird sicher spannend zu sehen, in welcher Kategorie das Institut beim im November auslaufenden Banken-Stresstest geführt wird.

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Ihr Oeconomicus


Die Theorie: Stabile Banken für ein stabiles Europa – Die Praxis: Wirkungslose Kontrolle, Banken zocken weiter

Die Theorie: Stabile Banken für ein stabiles Europa

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DIE THEORIE

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat in einer beeindruckenden Ansprache beim 20. Deutschen Bankentag in Berlin die Wichtigkeit stabiler Banken in Europa veranschaulicht:

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Transcript
(Es gilt das gesprochene Wort)

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REDE – Berlin | 08.04.2014

Dr. Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank

Stabile Banken für ein stabiles Europa

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1 Begrüßung

„Sehr geehrter Herr Fitschen, sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen sehr herzlich dafür, heute Abend beim 20. Deutschen Bankentag zu Ihnen sprechen zu können.

Der Film, den wir eben gesehen haben, illustriert, dass Deutsche Bankentage, anfangs hießen sie noch Bankiertage, seit jeher ein Spiegelbild der wechselvollen Geschichte unseres Landes waren.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, heute über die Bedeutung stabiler und gesunder Banken für eine stabile Währungsunion zu sprechen.“

2 Aufarbeitung der Finanzkrise

„Können Sie sich noch an den Agatha-Christie-Film „Mord im Orient-Express“ erinnern?

Der amerikanische Geschäftsmann Mr. Ratchett wird im Zug von Istanbul nach Calais ermordet, der mitreisende Detektiv Hercule Poirot, der im Auftrag des ebenfalls mitreisenden Eisenbahndirektors die Ermittlungen übernimmt, zählt zwölf Messerstiche. Nachdem Poirot herausgefunden hat, dass es sich bei dem Mordopfer in Wirklichkeit um den Verbrecher Cassetti handelte, stellt er in Vernehmungen fest, dass eine ganze Reihe von Passagieren ein Motiv hatte, Cassetti umzubringen. Und so kommt er zu dem Schluss, dass es nicht nur einen Schuldigen für den Mord an Cassetti gibt, sondern zwölf.

Ich erzähle Ihnen das, weil der Chefökonom der BIZ, Claudio Borio, meint, die Suche nach dem Schuldigen für die Finanzkrise erinnere ihn an die Suche nach dem Schuldigen in „Mord im Orient-Express“. Denn ähnlich wie es für das gewaltsame Ableben von Cassetti nicht nur einen Schuldigen gibt, lässt sich auch die Finanzkrise alles andere als monokausal erklären.

Im Gegenteil: Die Analyse der Ursachen der globalen Finanzkrise, aber auch der europäischen Schuldenkrise, zeigt, dass es viele Schuldige, oder sagen wir Verantwortliche, gibt.

Ich glaube, dass niemand hier im Saal bestreiten wird, dass es gravierende Fehlentwicklungen im Bankensektor gab, die zur Krise beigetragen haben. Aber es wurden auch auf Seiten der Notenbanken und der Regulierungsbehörden Fehler gemacht.

Die Notenbanken haben zwar erfolgreich die Inflation bekämpft, aber Anreize zu riskantem Anlegerverhalten gesetzt. Die Regulierungsbehörden haben die daraus resultierenden Gefahren unterschätzt, ebenso wie die Finanzmärkte, an denen sich die Risikoprämien lange Zeit auf außerordentlichen Tiefständen bewegten. Die Politik hat im Vertrauen auf die Effizienz der Finanzmärkte eine Politik der Marktliberalisierung und Deregulierung verfolgt und das damit verbundene Risikopotenzial nicht gesehen, oder nicht sehen wollen.

Die meisten Ökonomen sahen die Risiken im Finanzsystem ebenso wenig, nur einige haben die politischen Entscheidungsträger gewarnt. Der bereits erwähnte Claudio Borio gehörte mit seinen Kollegen von der BIZ zu den wenigen, die auf das Rückschlagpotenzial aus den rasant wachsenden Segmenten der Kreditverbriefungen und der Kreditderivate hinwiesen.

Wenn Finanzmarktökonomen die Risiken nicht sahen, wie hätten dann Kleinanleger und Sparer sich der Risiken bewusst sein sollen, die sie mit manchen ihrer Anlagen, zum Beispiel mit Lehman-Zertifikaten, eingegangen sind? Aber auch die so genannten Retailkunden können nicht ganz aus ihrer Verantwortung entlassen werden. Zum Beispiel, wenn sie auf der Jagd nach höherer Rendite Einlagen tätigten bei ihnen nahezu unbekannten Banken und mögliche Risiken ausblendeten.

Die Finanzkrise hat gezeigt, wie fragil das Finanzsystem ist. Und es hat sich gezeigt, dass das Finanzsystem quasi die Achillesferse der Europäischen Währungsunion ist.

Eine stabile Währungsunion setzt ein stabiles Finanzsystem voraus. Banken spielen im Finanzsystem des Euro-Raums die zentrale Rolle. Die enge Verknüpfung von Banken und Staaten erschwert die dauerhafte Überwindung der Krise im Euro-Raum enorm.

Banken und Staaten haben sich in manchen Ländern in eine gegenseitige Abhängigkeit manövriert, die ein regelrechter Teufelskreis ist: Geht es den Banken schlecht, steigen die Risiken für den Staatshaushalt. Wird deshalb an der Solvenz der Staaten gezweifelt, schlägt das wiederum auf die Banken durch, weil ihnen dann nicht nur ein Notanker fehlt, sondern weil sie zudem noch hohe Bestände an Staatsanleihen in ihren Bilanzen halten und dabei eine ausgeprägte Heimatlandpräferenz haben.

Während der Krise und begünstigt durch Maßnahmen der Krisenpolitik haben viele Banken, insbesondere in den Krisenländern, ihre Bestände an hochverzinslichen Anleihen des jeweiligen Staates sogar noch aufgestockt. Dabei ist die Ratio aus Sicht der einzelnen Bank durchaus nachvollziehbar: Wenn es gut geht, streicht die Bank einen ordentlichen Renditeaufschlag ein, und sollte der Staat zahlungsunfähig werden, steht der Fortbestand der meisten Banken dieses Landes ohnehin in Frage.“

Deleveraging unvermeidbar

„Um zu langfristig tragfähigen Bilanzstrukturen zurückzukehren, ist meines Erachtens ein Deleveraging unvermeidbar. Denn für die Lösung der strukturellen Probleme im europäischen Bankensektor sind vor allem die Banken selbst verantwortlich.

Die Bilanzaktiva der Banken im Euro-Raum hatten sich zwischen 1999 und Mitte 2012 gerade auch infolge der Übertreibungen vor der Finanzkrise mehr als verdoppelt; sie sind von gut 14 Billionen Euro auf fast 35 Billionen Euro angewachsen.

Im gesamten Euro-Raum bauen die Banken mittlerweile ihre Forderungen ab, abgeschlossen ist der Prozess aber noch nicht. Der Rückgang seit Mitte 2012 ist zwar beträchtlich, mit bislang gut 4 Billionen Euro macht er aber gerade mal ein Fünftel der vorherigen Expansion aus.

Das hohe Niveau notleidender Kredite ebenso wie die ausgewiesenen Verluste der Banken sind zusätzliche Indizien dafür, dass insbesondere in den Peripherieländern des Euro-Raums noch ein erheblicher Anpassungsbedarf besteht. Blickt man ferner auf die Erfahrungen, die in den 90er Jahren in Skandinavien und in Japan mit Schuldenkrisen gemacht wurden, spricht einiges dafür, den Bilanzbereinigungsprozess nicht zu verschleppen.“

4 Bankenregulierung als Antwort auf die Krise

„Die Erfahrungen zeigen, dass Bankenkrisen und Finanzkrisen wiederkehrende Phänomene sind, gänzlich vermeiden lassen sich solche Krisen also nie. Dennoch sollte das Mögliche getan werden, um derart gravierende Krisen zu verhindern, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben. Wir brauchen vor allem eine kluge, intelligente Finanzmarktregulierung.

Beim Thema Konsequenzen aus der Finanzkrise gibt es bemerkenswerte Wahrnehmungsunterschiede zwischen den Interessenvertretern der Finanzwirtschaft und der breiten Bevölkerung: Während in der Bevölkerung der Eindruck vorherrscht, es habe sich so gut wie nichts getan, beklagen Branchenvertreter bereits ein Übermaß an Regulierung. Es war sogar schon die Rede vom „Regulierungstsunami“.

Ich denke, beides ist unzutreffend. Es hat zahlreiche und bedeutsame Verschärfungen der Regulierung gegeben, von einer Überregulierung kann jedoch keine Rede sein.

Die Regulierungsagenda ist auch noch nicht abgearbeitet. Entscheidend ist es, die Regulierungsschritte stets ursachenadäquat und effektiv auszugestalten und auch das Zusammenspiel der verschiedenen Regulierungen in den Blick zu nehmen.

Die strengeren Eigenkapitalvorschriften und die neuen Liquiditätsregeln nach Basel III, die bis 2019 schrittweise eingeführt werden, haben die Risikotragfähigkeit der Finanzinstitute bereits deutlich verbessert. Die umgesetzten Regulierungsmaßnahmen haben das Finanzsystem tendenziell sicherer und robuster gemacht. Ob es damit hinreichend sicher und robust ist, ist eine andere Frage.

Nach der aktuellen Basel III-Auswirkungsstudie des Baseler Ausschusses hatten die 102 untersuchten großen internationalen Banken zur Jahresmitte 2013 im Durchschnitt eine harte Kernkapitalquote von 9,5 % und die 125 anderen Banken eine Quote von 9,1 %. Die Zielquote für 2019 von 7 % wird damit bereits jetzt im Durchschnitt mehr als erfüllt.

Das heißt natürlich nicht, dass alle Banken den Zielwert von 7 % plus möglicher Zuschläge für globale systemrelevante Banken bereits erreicht haben. Der kumulierte Fehlbetrag der großen, internationalen Banken hat sich im ersten Halbjahr 2013 aber halbiert.

Die acht großen, international aktiven deutschen Banken, die von der Bundesbank untersucht wurden, hatten zum Stichtag 30. Juni eine durchschnittliche Quote von 8,3 %, die 40 kleineren Institute bereits 12,8 %. Der Kapitalbedarf der großen Banken hat sich ebenfalls beinahe halbiert, von 9 Mrd Euro auf 5 Mrd Euro.

In der Zielquote von 7 % ist ein neuer Kapitalerhaltungspuffer von 2,5 Prozentpunkten enthalten. Mit diesem Puffer wird die Fähigkeit geschaffen, Verluste effektiv abzufedern. Er löst damit ein Stück weit das Problem, das der britische Ökonom Charles Goodhart als „regulatorisches Paradoxon“ bezeichnet hat:

Stellen Sie sich vor, Sie kommen nachts an einem fremden Bahnhof an, es steht genau ein Taxi vor dem Bahnhof und das möchten Sie nehmen, um damit zum Hotel zu kommen. Der Taxifahrer sagt Ihnen: Ich kann Sie leider nicht befördern, denn die Stadtverwaltung verlangt, dass immer mindestens ein Taxi vor dem Bahnhof steht.

Mit den hergebrachten Mindestanforderungen ist quasi gewährleistet, dass genau ein Taxi bereit steht. Es kann aber für die Abpufferung von Verlusten nicht genutzt werden, weil ein Unterschreiten mit harten aufsichtlichen Sanktionen verbunden wäre.

Mit den neuen Regeln ist dafür gesorgt, dass wenigstens zwei Taxis bereitstehen. Nun wenden die Taxifahrer ein, je mehr Taxis dastünden und auf Fahrgäste warteten, desto länger wäre die Stehzeit, und Stehzeit sei schließlich teuer.

Bankenvertreter verwenden ein ganz ähnliches Argument, wenn sie sagen, Eigenkapital sei teuer, und daraus den Schluss ziehen, die Forderungen der Bank mit möglichst wenig Eigenkapital zu finanzieren. Das Argument müsste jedoch eigentlich lauten, Fremdkapital ist aufgrund der bestehenden steuerlichen Begünstigung billiger, was eine Finanzierung über Eigenkapital verhältnismäßig unattraktiv macht.

Es macht im Übrigen einen erheblichen Unterschied, ob man im schlimmsten Fall auf ein Taxi warten muss oder ob wir über Stabilitätsrisiken im Finanzsystem reden. Ich denke daher, dass ein Eigenkapitalaufbau über das bisher regulatorisch geforderte Maß richtig ist, um das Finanzsystem robuster zu machen.

Ein Problem, das auch deutsche Banken nicht erst seit der Finanzkrise haben, ist die Ertragsschwäche; das aktuelle Niedrigzinsumfeld stellt dabei nur eine weitere Belastung dar. Die schwache Ertragslage begrenzt grundsätzlich die Thesaurierungsmöglichkeiten der Banken und damit die Fähigkeit, Eigenkapital aufzubauen. Maßnahmen zur Verbesserung der Ertragslage im Bankensektor ermöglichen damit indirekt auch Maßnahmen zur Verbesserung der Risikoabsorption.

Kritiker der Basler Eigenkapitalregeln, wie etwa Martin Hellwig, monieren, dass der risikoorientierte Ansatz des Baseler Regelwerks vorrangig dem Kleinrechnen von Kapitalbedarfen diene. Tatsächlich lag die Leverage Ratio, also die ungewichtete Kapitalquote, der acht großen, international aktiven deutschen Banken, die am Basel III-Monitoring teilgenommen haben, zur Jahresmitte 2013 bei gerade einmal 2,2 %, auf einen Euro Eigenkapital kamen mithin 45 Euro Schulden. Die Leverage Ratio der kleineren Institute lag bei immerhin 4,3 %.

Die geplante Einführung einer Verschuldungsobergrenze – die Zielquote nach Basel III liegt bei 3,0 % – ist zweifellos eine sinnvolle Ergänzung der risikogewichteten Eigenkapitalregeln. Der risikoorientierte Ansatz muss aber weiterhin wesentliches Element der Eigenkapitalregeln bleiben. Eine Verschuldungsobergrenze als alleinige Regel böte den Banken Fehlanreize, höhere Risiken einzugehen.

Ich stimme deshalb meinem Kollegen Mark Carney von der Bank of England zu, der in diesem Zusammenhang sagt, manchmal sei es gut, Gürtel und Hosenträger anzuhaben, damit die Hose nicht rutscht.“

5 Scheitern ermöglichen

„Meine Damen und Herren, der Publizist und Bankenprofessor Wolfram Engels hat einmal geschrieben: „Die Pleite gehört zur Marktwirtschaft“. Im Bankensektor wurde diese an sich selbstverständliche Einsicht bislang allerdings nur unzureichend umgesetzt.

Insbesondere große und stark vernetzte Banken konnten bisher darauf setzen, dass ihr Fortbestand systemrelevant ist und deswegen garantiert ist. „Too big to fail“ ist aber mit den Prinzipien einer Marktwirtschaft nicht vereinbar, ebenso wenig wie „too interconnected to fail„.

Banken müssen  im Fall der Fälle scheitern können. Denn nur die Möglichkeit des Scheiterns gewährleistet die Durchsetzung des Haftungsprinzips. Und nur das Haftungsprinzip sorgt dafür, dass die Wirtschaftsakteure verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen.

Das soll jetzt kein Plädoyer für „small is beautiful“ sein. Internationale Großbanken haben bei unserer Wirtschaftsstruktur durchaus ihre Berechtigung. Das durchaus sinnvolle Einziehen von Dämmen zwischen riskanten, spekulativen Geschäften und dem normalen Kundengeschäft, wie es von der Liikanen-Gruppe vorgeschlagen und von der EU-Kommission aufgegriffen wurde, stellt diese Daseinsberechtigung auch nicht in Frage.

Anreize, immer größer zu werden, sollten aber abgebaut werden. Die Systemrisikopuffer und die höheren Kapitalanforderungen für  systemrelevante Institute sind Instrumente, die diesem Anreiz entgegenwirken. Ihre Einführung ist daher zu begrüßen.

An den Taxistand der großen Bahnhöfe gehören also wenigstens drei Taxis und nicht nur zwei, um das Bild noch einmal aufzugreifen.

Die Kapitalpuffer stellen jedoch nur eine erste Verteidigungslinie dar, damit Banken negative Entwicklungen besser auffangen können. Dies ist gerade für Banken wichtig, deren Abwicklung besonders schwierig wäre. Weitere Maßnahmen sind nötig, damit große und stark vernetzte Banken im Extremfall auch scheitern können.“

6 Bankenunion
6.1 Gemeinsamer Abwicklungsmechanismus

„Ein wesentlicher Baustein eines stabileren Bankensystems besteht darin, die regulatorischen Voraussetzungen für eine geordnete  Abwicklung von gescheiterten Banken zu schaffen. Hierfür müssen Verfahren etabliert werden, mit denen sich das Haftungsprinzip effektiv umsetzen lässt.

Mit der Verabschiedung harmonisierter Abwicklungsregeln für Banken (BRRD-Richtlinie) und dem Beschluss über einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus (SRM) wurden in der EU zuletzt wichtige Fortschritte erzielt. Die neuen Regeln sollen im Grundsatz sicherstellen, dass zukünftig in Schieflage geratene Banken abgewickelt werden können und dafür deren Eigentümer und Gläubiger in Haftung genommen werden.

Der SRM sieht ausdrücklich vor, dass ein von Banken gespeister Abwicklungsfonds erst in zweiter Linie einspringen soll. Öffentliche Mittel sollen nur in letzter Instanz eingesetzt werden. Damit ermöglicht der ausgehandelte Abwicklungsmechanismus trotz vereinzelter Ausnahmen im Detail, die Ergebnis der Kompromissfindung sind, die Durchsetzung eines fundamentalen marktwirtschaftlichen Grundsatzes.

Die Bundesbank begrüßt die Einigung als eine wichtige Ergänzung der gemeinsamen europäischen Aufsicht. Wir halten eine Primärrechtsänderung aber weiterhin für erforderlich, zumal die Entscheidungsprozesse nach wie vor komplex erscheinen. Ziel sollte die Schaffung einer europäischen Abwicklungsbehörde mit klaren Entscheidungsstrukturen sein.

Noch nicht abschließend geklärt, für Sie aber von besonderem Interesse ist die Frage, welche Banken wie viel zum gemeinsamen Abwicklungsfonds beizutragen haben. Angemessen wäre es, die Beiträge nach Institutsgröße und institutsspezifischem Risiko zu differenzieren.

Die Beiträge für die Zielausstattung des Fonds in Höhe von 55 Mrd. Euro sollen über einen Zeitraum von acht Jahren, beginnend ab 2016, von den Banken eingezahlt werden, was aus meiner Sicht ein angemessener Zeitrahmen ist, um die Mittel zu mobilisieren. Ich fände es außerdem richtig, wenn die in der SRM-Verordnung eingeräumte Möglichkeit genutzt wird, die bereits eingezahlten Beiträge der Banken in die nationalen Abwicklungsfonds dabei zu berücksichtigen.

Eine europäische Einlagensicherung wird derzeit zu Recht nicht als prioritär angesehen. Gemeinsame Einlagensicherung bedeutet nämlich zwangsläufig gemeinsame Haftung. Gemeinsame europäische Haftung verlangt aber nach einer gemeinsamen europäischen Kontrolle, die über die Schaffung einer gemeinsamen Bankenaufsicht hinausgehen würde.“

6.2 Gemeinsamer Aufsichtsmechanismus

„Am 4. November möchte die EZB bereit sein, um mit der gemeinsamen Bankenaufsicht (SSM) zu beginnen. Dazu ist ein hoher Einsatz von allen Beteiligten erforderlich. Es handelt sich um ein Projekt, das mit der Schaffung der Währungsunion vergleichbar ist, aber in siebenfacher Geschwindigkeit umgesetzt werden soll.

Derzeit führt die EZB in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsehern eine umfassende Bilanzprüfung bei 128 Banken durch, die aus heutiger Sicht Kandidaten für eine direkte Aufsicht durch die EZB sind.

Wenn bei der Bilanzüberprüfung und beim Stresstest Rekapitalisierungsbedarf festgestellt wird, ist dieser unter nationaler Aufsicht entstanden; es handelt sich gewissermaßen um Altlasten. Deswegen liegt es in der Verantwortung der jeweiligen Mitgliedstaaten, diese Altlasten zu bereinigen, bevor die Verantwortung auf die EZB übergeht. Vorrangig sollten private Mittel aufgebracht werden, um Kapitallücken zu schließen. Falls das aber nicht möglich ist, sollte das Mitgliedsland für die Rekapitalisierung sorgen, sofern die Bank über ein tragfähiges Geschäftsmodell verfügt.

Dieser Bilanzcheck ist für die Aufsicht und die betroffenen Banken ein erheblicher Kraftakt. Aber er ist eine Grundvoraussetzung, um einen glaubwürdigen Start der gemeinsamen Bankenaufsicht hinzubekommen, um Vertrauen in die Banken wiederherzustellen und die Kreditvergabe im Euro-Raum wieder in Gang zu bringen. Deswegen müssen die sogenannte Asset Quality Review und der anschließende Stresstest auch streng und anspruchsvoll sein.

Für die Banken bedeutet die Überprüfung einen hohen administrativen Aufwand. Insofern sind entsprechende Klagen nachvollziehbar. Wenn man sich ein umfassendes Bild machen will, ist eine intensive Analyse aber nicht zu vermeiden. Mitunter ist ja auch vom „Herz- und Nierencheck“ der Banken die Rede.

Bevor ein Fußballclub einen neuen Spieler unter Vertrag nimmt, wird er ihn auch erst einmal gründlich untersuchen, und das wird keine Diagnose per Augenschein sein.

Natürlich gibt es Ärzte, die auch überflüssige Untersuchungen durchführen. Aber ein guter Arzt achtet auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Auch beim Bilanzcheck ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren, wobei zu bedenken ist, dass eine derart umfassende Überprüfung noch nie durchgeführt wurde.“

7 Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen beenden

„Die Bankenunion schließt eine offene Flanke im Rahmen der Währungsunion, indem sie das Finanzsystem ein Stück weit stärkt. Sie trägt auch dazu bei, die unheilvolle Verknüpfung von Staaten und Banken etwas zu lösen.

Um diesen Nexus aber wirksam und dauerhaft zu durchbrechen, sind meiner Meinung nach weitergehende Schritte erforderlich. Insbesondere ist die regulatorische Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen und anderen Forderungen an die öffentliche Hand zu beenden.

Wenn Staatsanleihen risikoadäquat mit Eigenkapital unterlegt werden müssten und Obergrenzen für entsprechende Ausleihungen festgelegt wären, so wie es bei Krediten an private Schuldner üblich ist, wäre der Anreiz für Banken, ihren Hebel zu vergrößern, indem sie in Staatsanleihen investieren, deutlich geringer. Es wäre damit auch ein zentraler Beitrag, um unser Bankensystem stabiler zu machen, weil damit ein Anreiz zu übermäßiger Fremdfinanzierung genommen wäre.

Dass mit Martin Blessing kürzlich ein führender Vertreter der deutschen Kreditwirtschaft einen ähnlichen Vorschlag gemacht hat, ist ein erfreuliches und ermutigendes Zeichen, weil erkennbar wird, dass die Unterstützung zunimmt. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble hat kürzlich gefordert, dass dieses Thema auf die politische Agenda müsse.

Klar ist, dass entsprechende Regeln – ähnlich wie Basel III – über einen längeren Zeitraum und stufenweise eingeführt werden müssten.“

8 Rolle der Notenbanken

„Wie ich anfangs verdeutlicht habe, lassen sich die strukturellen Probleme im europäischen Bankensektor  nur mit strukturellen Maßnahmen überwinden.

Die Geldpolitik, das möchte ich hier ganz klar betonen, kann diese strukturellen Probleme im Finanzsektor nicht lösen. Dazu haben wir weder die Mittel noch das Mandat.

Als Notenbank können wir nicht die Solvenzprobleme angeschlagener Institute lösen. Was wir können ist, vorübergehenden Liquiditätsengpässen entgegenzuwirken.

So haben wir (im November 2013) im EZB-Rat beschlossen, die Vollzuteilungspolitik mindestens bis Mitte 2015 fortzusetzen. Ausreichende Sicherheiten vorausgesetzt, erhalten Banken vorerst also weiterhin so viel Liquidität, wie sie nachfragen. Eines dürfen wir schließlich nicht vergessen: Das europäische Finanzsystem ist ein bankbasiertes Finanzsystem, und das wird sich so schnell auch nicht ändern.

Erfolgreiche Geldpolitik basiert auf Voraussetzungen, die sie nicht alle selbst schaffen kann. Ein funktionierendes Bankensystem gehört ebenso dazu wie solide Staatsfinanzen.

Meine Damen und Herren, derzeit sind die Inflationsraten im Euro-Raum sehr niedrig und deutlich unterhalb unserer Definition von Preisstabilität von nahe, aber unter 2 %. Unseren Prognosen zufolge wird die Phase niedriger Inflationsraten auch noch eine Weile andauern, bis die Teuerungsraten allmählich wieder Richtung 2 % steigen werden.

Vor dem Hintergrund des geringen Inflationsdrucks ist die expansive Ausrichtung der Geldpolitik angemessen.

Gleichzeitig möchte ich betonen, dass das von manchen heraufbeschworene Risiko einer sich selbst verstärkenden deflatorischen Abwärtsspirale aus sinkenden Löhnen und Preisen ebenfalls gering ist, trotz derzeit sehr niedriger Inflationsraten im Euro-Raum. Diese sind vor allem Folge sinkender Energiepreise und der Anpassungsprozesse in den Krisenländern. Mit der zunehmenden wirtschaftlichen Erholung der Krisenländer dürfte dort auch der Preisauftrieb wieder an Schwung gewinnen.

In der Erwartung allmählich steigender Inflationsraten hat der EZB-Rat auf seiner vergangenen Sitzung die geldpolitischen Zügel nicht weiter gelockert. Wir verfolgen die Entwicklung aber sehr genau und sind gegebenenfalls zu weiteren Maßnahmen bereit, um einer zu lange anhaltenden Periode niedriger Inflationsraten effektiv zu begegnen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass wir mit allen derzeit im Raum stehenden geldpolitischen Maßnahmen Neuland betreten würden. Daher stellen sich Fragen nach der Effektivität solcher Maßnahmen und nach den mit ihnen verbundenen Risiken und Nebenwirkungen. Außerdem müssen wir als EZB-Rat die Grenzen unseres geldpolitischen Mandats und die Vorgaben der Europäischen Verträge beachten.

Klar ist für mich auch, dass die Risiken mit der Dauer der Niedrigzinspolitik zunehmen, während die positiven, stimulierenden Wirkungen nachlassen. Darauf hat kürzlich auch der Bankenverband zu Recht hingewiesen.

An der Niedrigzinspolitik für einen längeren Zeitraum festzuhalten, als es für die Sicherung der Preisstabilität notwendig wäre, wie es zum Beispiel dasDIW kürzlich gefordert hat, um die Staatsschulden im Euro-Raum tragbarer zu machen, darf für uns keine Option sein. Damit würden wir uns in ein Regime fiskalischer Dominanz begeben und gegen unser Mandat verstoßen.

Vor allem würden wir das Vertrauen der Bürger in die Notenbanken aufs Spiel setzen; sie vertrauen darauf, dass die Geldpolitik unverrückbar am Ziel der Geldwertstabilität ausgerichtet ist. Letztlich würden wir unser wichtigstes Kapital verspielen, denn Geld ist nun mal nichts anderes als geronnenes Vertrauen.“

9 Schluss

„Meine Damen und Herren, ich habe Sie am Beginn meiner Rede an den Film „Mord im Orient-Express“ erinnert. Wie ich bereits erwähnte, fand Hercule Poirot heraus, dass es nicht einen Täter gab, sondern zwölf. Es handelte sich um einen Fall von Lynchjustiz: Der Tote war schuld am Tod eines kleinen Mädchens, und die Zwölf standen alle in irgendeiner Beziehung zu diesem Mädchen.

Poirot präsentierte aber auch noch eine zweite Theorie, nach der ein Unbekannter in den Zug eingedrungen und nach der Tat geflohen sei. Diese Theorie wurde schließlich vom Eisenbahndirektor der Polizei präsentiert, so dass die wahren Täter am Ende der Strafverfolgung entgehen.

Im Hinblick auf die Finanz- und Schuldenkrise kann und darf die Verantwortung nicht auf einen ominösen Unbekannten geschoben werden. Es geht darum, die richtigen Konsequenzen aus der Krise zu ziehen, um derartige Krisen in Zukunft nach Möglichkeit zu vermeiden.

Die Konsequenzen, die mit Blick auf den Finanzsektor gezogen werden müssen, sind umfangreich. Aber es wurde schon einiges erreicht.

Ohne stabile und gesunde Banken kann es keine stabile Währungsunion geben.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.“

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Quelle: Deutsche Bundesbank

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Die Praxis: Wirkungslose Kontrolle, Banken zocken weiter

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DIE PRAXIS

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In Folge der Finanzkrise wollten Bundesregierung und EU die Finanzindustrie an die kurze Leine legen.
Doch die mächtige Lobby der Finanzindustrie hat es geschafft, viele der neuen Regeln aufzuweichen.

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Ihr Oeconomicus
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korrespondierende Hintergrund-Informationen
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Grundzüge der Bankenregulierung in Deutschland
Stand: März 2010
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Grundzüge der Bankenregulierung in Deutschland
1. Bedarf an Bankenregulierung
1.1 Bedarf an der Regulierung von Märkten schlechthin
1.1 Natürliches Monopol
1.1.2 Marktunvollkommenheiten
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1.2 Warum Banken?
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1.2.1 Kosten der Abwicklung von Transaktionen
1.2.2 Bereitstellung von Liquidität
1.2.3 Delegierte Überwachung
1.2.4 Risikotransformation
1.3 Warum Bankenregulierung?
1.3.1 Exogene und endogene Risiken
1.3.2 Idee einer Regulierung durch den Markt
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1.3.3 Grenzen der Regulierung durch den Markt
1.3.4 Grenzen der Regulierung durch den Staat 1.4 Warum stärkere Regulierung bei Banken?
1.4.1 Grenzen der Rationalität und der Risikobereitschaft der Einleger
1.4.2 Infolge der Fristentransformation gefährdete Liquidität
1.4.3 Gefahr von Koordinationsfehlern zwischen den Einlegern
1.4.4 Domino-Effekt
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2. Konzeption der Bankenregulierung
2.1 Ziele der Bankenregulierung
2.2 Gestaltungsmöglichkeiten
2.2.1 Repräsentationshypothese
2.2.2 Konzeptionelle Alternativen
2.2.2.1 Prudential Regulation oder Pre-Commitment Approach
2.2.2.2 Regelgebundene oder diskretionäre Aufsicht
2.2.2.3 Quantitative oder qualitative Aufsicht
2.2.3 Formen der Aufsicht
2.2.3.1 Informationspflichten und andere transparenzerhöhende Ansätze
2.2.3.2 Restriktionen und Auflagen
2.2.3.3 Eingriffe in die Bank bei akuten Problemen
2.3 Konkrete Ansatzpunkte für die Bankenregulierung
2.3.1 Direkte Einlagenversicherung
2.3.1.1 Freiwillige oder zwingende Einlagensicherung
2.3.1.2 Zur Risikoabhängigkeit der Prämien
2.3.1.3 Einlegerschutz, Institutsschutz und Staatsgarantien
2.3.2 Risikobegrenzung durch Eigenkapitalvorschriften
2.3.2.1 Differenzierung verschiedener Risikoarten
2.3.2.2 Unterlegung von Risiken mit Eigenkapital
2.3.2.3 Interpretation der Eigenkapitalvorschriften als Risikoabdeckungsnorm?
2.3.2.4 Interpretation der Eigenkapitalvorschriften als Risikobegrenzungsnorm!
2.3.2.5 Grundsätzliche Kritik an Eigenkapitalnormen
2.3.3 Begrenzung der Fristentransformation 2.3.4 Aufsicht über bankbetriebliche Prozesse
2.3.5 Aufsicht über den Handel mit Kreditrisiken
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3. Geschichte der Bankenregulierung in Deutschland
3.1 Vor dem Reichs-Kreditwesengesetz
3.1.1 Gewerbefreiheit bis 1931
3.1.2 Notverordnungen nach 1931
3.2 Reichs-Kreditwesengesetz
3.3 Kreditwesengesetz
3.3.1 Erste Reformen
3.3.2 3. KWG-Novelle
3.4 Zunehmende Europäisierung
3.4.1 4. KWG-Novelle
3.4.2 5. KWG-Novelle
3.4.3 6. KWG-Novelle
3.4.4 Basel II und die »7. KWG-Novelle«
3.4.4.1 Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht
3.4.4.2 Basel II
3.4.4.3 Umsetzung in nationales Recht
3.5 Weitere Entwicklungen und Reaktionen auf die Finanzmarktkrise
3.5.1 CRD II und CRD III
3.5.2 Überarbeitung der MaRisk
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4. Einzelne Regelungsbereiche
4.1 Überblick über das KWG
4.2 MaRisk
4.2.1 Grundlagen und Struktur
4.2.2 Wichtige Prinzipien
4.3 FinDAG
4.3.1 Allfinanzaufsicht
4.3.2 Aufsicht nur im öffentlichen Interesse
4.3.3 Organisation
4.3.4 Finanzierung und Rechnungslegung
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Literatur
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Prof. Dr. Werner Neus
Universität Tübingen, Abteilung Bankwirtschaft
Mohlstraße 36, 72074 Tübingen
E-Mail: werner.neus@uni-tuebingen.de
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Präzisierungen zum Basel-III-Regelwerk

Offenbar beteiligt sich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) nun nicht mehr verdeckt an der “Produktion von Nebelkerzen”, sondern scheint sich beim Basel-III-Regelwerk auf die Seite der Lobby-Armeen der Finanzwirtschaft geschlagen zu haben.

Dass diese Sichtweise selbst von unseren Qualitätsmedien dem einfachen Volk verkauft wird, könnte ein Hinweis darauf sein, wie sicher sich die selbstgefällige Zockerbande hinsichtlich der Umsetzung fühlen muss.
Obgleich Markus Frühauf in dem zitierten FAZ-Aufsatz versucht hat, den Finger in die Wunde zu legen, entbehrt seine Kritik einer schonungslosen Offenlegung von “fair-value-Bewertungen” nach den IAS/IFRS-Standards, als auch eines noch deutlicheren Hinweises darauf, dass die Leverage-Ratio keinesfalls als klar definierte Größe zu betrachten ist.
Der Knackpunkt hierbei ist u.a. eine mögliche Konvertierung des Bilanzstandards von IAS/IFRS zu US-GAAP, wie bereits bei Credit Suisse und UBS geschehen.
Bezogen auf die Bilanz der Deutschen Bank könnte ein solcher Wechsel einen Unterschied von geschätzten € 750 Mrd. ausmachen, womit die Aussagekraft von Vergleichen der Leverage-Ratio zwischen international tätigen Großbanken hinreichend deutlich wird.

Es ist zu befürchten, dass Bankenaufsicht und -Stresstest nunmehr zur Farce werden (vgl. mit meinen kritischen Erläuterungen vom 9. Jan. 2014).

Bereits in 2006, also vor Einführung der Eigenkapitalvorschriften für Banken (Basel II) kam zu den verabschiedeten Auflagen (auch unter dem Begriff 3-Säulen-Modell -Mindestkapitalanforderungen, Bankenaufsichtlicher Überwachungsprozess, Erweiterte Offenlegung- bekannt) erhebliche Kritik auf, welche sich leider mit Ausbruch der Finanzkrise weitgehend bestätigte.

So äusserte sich damals Prof. Dr. Jürgen Singer (Institut für Handel und Banken (IHB), Universität Leipzig)
Auszug:

„Die deutschen Kreditinstitute beschäftigen sich seit mehreren Jahren intensiv mit Basel II und der institutsinternen Umsetzung. Nicht nur Teams aus verschiedenen Abteilungen befassten sich in lang dauernden Gremiensitzungen mit Basel II, in großem Umfang wurden externe Dienstleister (Beratungsunternehmen oder Software-Häuser) in die Umsetzung oder in die Entwicklung eines eigenen Ansatzes eingeschaltet. Basel II lässt sich salopp formuliert als hoch lukrative ABM der Beratungsbranche bezeichnen.

Das Basel-II-Konzept verfolgt lobenswerte Zielsetzungen:

Das Adressenausfallrisiko soll genauer berücksichtigt werden, die Risikoprämie soll mehr als zuvor nach der Situation des Kreditnehmers berechnet werden, Quersubventionen sollen abgebaut werden, ein ruinöser Wettbewerb wie in der Vergangenheit erscheint vermeidbar, Bestandsrisiken sind zu vermindern. Letztlich sinkt auch die Wahrscheinlichkeit von Systemrisiken, wie sie beispielsweise durch die Finanzierung der japanischen Bubble Economy entstanden sind.

Ob diese angestrebte, risikoärmere Welt realisiert werden kann, ist aber zweifelhaft. Leider geben manche Indizien aus den Kreditabteilungen zu denken:

  • Risikoprämien werden nicht in der erforderlichen Höhe eingefordert, da ansonsten Kreditgeschäfte verloren gehen, so die bereits vor Jahren geäußerte Befürchtung von Priewasser;
  • Die Kreditstandards werden gesenkt, um eine bessere Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen;
  • Sicherheiten werden hoch eingestuft, um unter die Bagatellgrenze des §18 KWG zu fallen;
  • Immobilien werden hoch bewertet, um eine niedrige Eigenkapitalbindung durch die Einstufung als Realkredit zu erreichen und
  • Mitarbeiter kennen inzwischen die Ansatzpunkte der Ratingverfahren, um eine bessere Ratingeinstufung zu erhalten und damit die Rechtfertigung für das erforderliche Kreditvotum zu erreichen. Um ihre Zeitvorgaben zu erfüllen, werden die Ermessensspielräume ausgenutzt, denn ansonsten sind Bonus, Arbeitsplatz oder Karriereplanung gefährdet.

Die Ursachen für diese Entwicklung liegen in dem nachvollziehbaren Bestreben, Volumen zu erhalten und Erträge zu generieren.
Manche Institute, die sich vor einigen Jahren aus dem Firmenkreditgeschäft „verabschiedet“ hatten, kommen heute auf diesen Markt zurück und akquirieren über den Preis sowie über die Anforderungen an die Bonität.
Der steigende Wettbewerb erzwingt dann das Abgehen von dem Basel-II-Konzept, will man nicht Kunden und Volumen an Wettbewerber verlieren.

Ob in den USA Basel II eingeführt wird, ist ohnehin fraglich. Erste Anzeichen für das Aufschieben sind bereits erkennbar, da große Institute inzwischen Einwände geltend machen und negative Folgen für ihre Wettbewerbsfähigkeit befürchten. Sollte in absehbarer Zeit die US-Konjunktur absinken, wofür die Indizien Immobilienblase, ausufernde Konsumentenverschuldung sowie Haushalts- und Handelsbilanzdefizit sprechen, dann dürften manche US-Banken in Schwierigkeiten kommen.

Basel II würde, sollte es eingeführt und stringent umgesetzt werden, zu einem neuerlichen Credit Crunch beziehungsweise Credit Squeezing wie bereits Anfang der neunziger Jahre führen.
Um die Konjunktur zu stützen wird vermutlich das Regulierungswerk Basel II in dieser Situation bis auf weiteres verschoben werden. Weitere Problempotenziale sind in dem ausufernden Derivategeschäft oder in der Hedgefonds- beziehungsweise Private Equity-Manie zu vermuten.

Wenn europäische Banken dann die ungleiche Wettbewerbssituation beklagen, dürfte auch in Europa Basel II ausgesetzt oder der vorgesehene Einführungstermin gestrichen werden. Die Jubelarien über Basel II erinnern fatal an die Euphorie und das Hosiannah bei der Einführung von Basel I.
Die hochgesteckten Erwartungen über 
Basel I erfüllten sich nur teilweise, weshalb dann Basel II angedacht worden ist.

Wenn der Präsident der BaFin inzwischen über Basel III und IV laut philosophiert, so gibt dies Anlass zu Befürchtungen:

Müssen sich die deutschen Kreditinstitute dauerhaft vor allem mit Basel-Konzepten herumquälen?
Gibt es dann Basel unendlich? – Basel V, VI, VII, VIII, IX…..!“

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Wie wir gerade leidvoll erfahren müssen, haben sich die damaligen Befürchtungen von Prof. Singer mehr als bestätigt!
Eigentlich sollte an dieser Stelle erneut die leider rhetorische Frage erhoben werden, wann wir die Spielcasinos der Zocker endgültig schließen, uns deren Lobby-Armeen entledigen und die Polit-Aufseher in den Wellness-Oasen der GULAG-Hotelgruppe unterbringen?

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Auf die Mittäterschaft der Statistikbehörden beim Abrauchen von Propaganda-Nebel soll an der Stelle nicht separat eingegangen werden, diesen Job hat dankenswerterweise bereits Heiner Flassbeck in seinem aktuellen Kommentar übernommen …

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Ihr Oeconomicus

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Link-Empfehlungen

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Basel II

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Capital Requirements Directive („Richtlinie über Eigenkapitalanforderungen“)

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Basel III-Publikationen des Basel Committee on Banking Supervision

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Lobby-Erfolg für Banken – Aufseher weichen Regeln auf

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Leverage Ratio ist alles andere als simpel

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Dokumenten-Sammlung zu Basel III

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Bilanzfälschung legalisiert – wie Banken tricksen

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Zahl der säumigen Schuldner steigt an (u.a. mit Bewertungen von Prof. Wilhelm Hankel)

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von bail-in-Gefahren, toxischen Risiken, „Zündschnur-Verlängerungs-Kaninchen“ und Vabanque-Spielern

zur Einstimmung:

Grundgesetz

I. Die Grundrechte (Art. 119)


„Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.
Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.“

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Was lernen wir daraus?
Das hungrige „GroKodil“ kann schon jetzt  -ohne Veränderung lästiger Gängeleien des GGes- individuelle Lebensleistungen in seinem gierigen Schlund verschlingen!

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In ihrem Bestseller  „Atlas shrugged“ formulierte die Ausnahme-Philosophin Ayn Rand ihre Sichtweise zum Thema Geld wie folgt:

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Portrait of Ayn Rand (February 2 1905 – March 6, 1982)
CC – Urheber: Manuelredondoduenas

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„Geld ist das Barometer der Rechtschaffenheit einer Gesellschaft.

  • Wenn Sie feststellen, dass Handel nicht im gegenseitigen Einverständnis, … sondern im Zwang ausgeübt wird,
  • wenn Sie erfahren, dass Sie um Werte zu erzeugen, … eine Genehmigung von denjenigen einholen müssen, welche keine Werte erzeugen,
  • wenn Sie sehen, dass das Geld zu jenen wandert, … die nicht mit Gütern handeln, sondern mit Privilegien,
  • wenn Sie merken, dass Menschen nicht durch Arbeit, … sondern durch Bestechung und Beziehungen reicher werden und durch Gesetze geschützt sind, Gesetze, die Ihnen keinen Schutz vor den Plünderungen gewähren, sondern (im Gegenteil) jene schützen,
  • wenn Korruption belohnt und Ehrlichkeit einem Selbstopfer gleichkommt,
  • DANN WISSEN SIE, dass Ihre Gesellschaft dem Untergang geweiht ist.“
. Den Rest des Beitrags lesen »

Zahlen, Daten, Fakten der Kreditwirtschaft

Welches sind die größten deutschen Institute in Deutschland? Wie viele Menschen arbeiten im Kreditgewerbe? Wie viele Girokonten und Online-Konten gibt es? Wie hoch sind die Spareinlagen in Deutschland?

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Auf diese und andere Fragen gibt die neue Publikation „Zahlen Daten, Fakten der Kreditwirtschaft“ anschauliche Antworten.

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Auf 20 Seiten präsentiert die Broschüre Grafiken und Tabellen zu den Themen Struktur, Zahlungsverkehr, Einlagen und Kredite.

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Damit soll dem Leser die Möglichkeit gegeben werden, kurzfristig und einfach einen Überblick über interessante Kennziffern der deutschen Kreditwirtschaft zu erhalten.

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» Weitere Statistiken über Banken in Deutschland

Als PDF-Dokument zum Download

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Quelle: Bankenverband

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Kurzbewertung:
Hübsch aufbereitetes Zahlenmaterial, welches dem aufgeklärten Leser nicht wirklich neue Erkenntnisse liefert, da ein Großteil der Daten auch in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank abgebildet sind.

Wer sich Hinweise etwa zur Relation toxischer Ausleihungen, Assets oder Derivaten im Verhältnis zum jeweiligen Kernkapital (Tier 1 Rating) einzelner Institute erwartet, wird  nicht fündig und sollte andere Datensammlungen vorziehen.

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Erläuterungen zur Kernkapitalquote
Zur Ermittlung der für die Kernkapitalquote relevanten Eigenmittel („Tier-Aggregate“), die in den Jahresabschlüssen der Kreditinstitute angegeben werden müssen (engl. „tier“, Rang) gibt es verschiedene Berechnungsmethoden.

Tier-1-Kapital (Kernkapital):
Stammkapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen, Eigene Aktien im Bestand, als Verpflichtung zum Erwerb eigener Aktien ausgewiesenes Eigenkapital, Anpassungen aus der Währungsumrechnung, Minderheitsanteile, nicht kumulative Vorzugsaktien und Sonderposten für allgemeine Bankrisiken.
Vom Tier-1-Kapital vollständig abzuziehen sind unter anderem der Goodwill und sonstige immaterielle Vermögenswerte. Die Summe hieraus wird ins Verhältnis gesetzt zu den risikotragenden Aktiva. Der sich hieraus ergebende Prozentsatz ist die Kernkapitalquote.

Nicht zum Kernkapital gehören die weiteren Tier-Aggregate:

Tier-2-Kapital (Ergänzungskapital):
Unrealisierte Gewinne aus notierten Wertpapieren, sonstige Wertberichtigungen für inhärente Risiken, kumulative Vorzugsaktien, anrechenbare nachrangige Verbindlichkeiten. Vom Tier-2-Kapital abzuziehen sind die in § 10 Absatz 6 und § 10 Absatz 6a KWG in Verbindung mit § 10a KWG erwähnten Positionen.

Tier-3-Kapital (Drittrangmittel):
Als Drittrangmittel werden kurz-bis mittelfristige nachrangige Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mindestens zwei, aber weniger als fünf Jahren angerechnet. Diese dürfen nur zur Unterlegung der Anrechnungsbeträge von Marktrisikopositionen verwendet werden. Hinzugerechnet werden darf der anteilige Gewinn, der bei Glattstellung aller Handelsbuchpositionen entstünde (unrealisierter Handelsbuchgewinn).
Als Summe aller Tier-Aggregate ergibt sich das aufsichtsrechtliche Eigenkapital.

Die Kernkapitalquote ergibt sich nun aus der Summe des Tier-1-Kapitals, geteilt durch den Anrechnungsbetrag aller (Adress-)Risikopositionen (hier sind noch Anrechnungsbeträge für das Marktrisiko und das operationelle Risiko zu berücksichtigen).


So, jetzt können Sie sicher bewerten, in welcher Kategorie die Zuflüsse europäischer Banken seit dem Lehman-Event zu finden sind.
Deren Eigenkapitalbasis wurde seither verstärkt mit rund € 225 Mrd. frischem Kapital (also Kapitalerhöhungen) und weiteren € 275 Mrd. an direkten und indirekten Staatshilfen.
In welcher Weise beeinflussen nun diese beiden Zahlen die Kernkapitalquote der Banken in toto?
Die Antworten finden sich spätestens im November 2014, wenn Draghi’s Transparenz-Offensive, also die Ergebnisse des EZB-Stresstests vorliegen.

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Bis dahin wird der Steuermichel noch eine Reihe von Überraschungen erleben, die man in den Zahlen, Daten und Fakten der Bankenverband-Broschüre vergeblich suchen wird!

Ihr Oeconomicus

zur Vertiefung:

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Die Risikoberichterstattung deutscher Banken: Erhebung des Branchenstandards
Autoren:
Dr. Tobias Schlüter, Universität zu Köln, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre
Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Universität zu Köln, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre,
M.Sc. Tim Weber, WGZ Bank AG. M.Sc. Michael Zander, WGZ Bank AG.

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Inhalt

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1 Einleitung
2 Literatureinordnung und Hintergrund
2.1 Literaturüberblick
2.2 Grundlagen des Geschäfts- und Lageberichts
2.3 Formen der Risikopublizität bei Banken
2.4 Zielsetzungen der Risikopublizität
3 Datengrundlage
4 Anforderungskatalog und Indexzusammensetzung
4.1 Struktur des Anforderungskatalogs
4.2 Aufbau des Risikoberichterstattungsindex (RIX)
5 Ergebnisse
5.1 Risikoberichterstattungsindex – Gesamt
5.2 Analyse der Abschnitte / Risikoarten
5.2.1 Kreditrisiko
5.2.2 Liquiditätsrisiko
5.2.3 Marktpreisrisiko
5.2.4 Operationelles Risiko
5.3 Analyse der Bankgruppen
6 Robustheit
6.1 Institutsgröße
6.2 Abschlussart
6.3 Geschäfts- / Risikoschwerpunkt
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau des Geschäftsberichts einer Bank
Abbildung 2: Struktur qualitativer Merkmale im Anforderungskatalog
Abbildung 3: Zeitliche Entwicklung des RIX – absolut sowie prozentual
Abbildung 4: Zeitliche Entwicklung des RIX nach Abschnitten getrennt
Abbildung 5: Berichtete Liquiditätsrisikoausprägungen und Relevanz
Abbildung 6: Verwendete Methoden zur Messung des Liquiditätsrisikos
Abbildung 7: Angaben zur Liquiditätsreserve
Abbildung 8: Methoden zur Ermittlung des Value-at-Risk
Abbildung 9: Hauptsächlich verwendete Konfidenzniveaus zur Ermittlung des VaR
Abbildung 10: Backtestingergebnisse für den VaR
Abbildung 11: Meldegrenzen für Operationelle Risiken
Abbildung 12: Entwicklung des RIX nach Bankgruppen
Abbildung 13: RIX nach Bankgröße kontrolliert
Abbildung 14: RIX für große Banken
Abbildung 15: RIX für Banken mit Konzern- bzw. Einzelabschluss
Abbildung 16: Entwicklung des RIX nach Bankgruppen – Nur Konzernabschlüsse
Abbildung 17: Entwicklung des RIX* nach Bankgruppen – Risikoschwerpunkt

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Bankseminar Uni Köln – PDF [72 Seiten]

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Aus dem Archiv:
Bilanzfälschung legalisiert – wie Banken tricksen: “fair value”-Bewertungen in Bank-Bilanzen


EZB beginnt vor Übernahme der Aufsichtsfunktion mit umfassender Bewertung

PRESSEMITTEILUNG DER EZB:
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23. Oktober 2013 – EZB beginnt vor Übernahme der Aufsichtsfunktion mit umfassender Bewertung

  • Große Banken werden Risikobewertung, Prüfung von Aktiva-Qualität und Stresstest unterzogen
  • Bewertung beginnt im November und dauert zwölf Monate
  • Maßnahme soll Transparenz, Korrekturen und Vertrauensbildung fördern

Heute gibt die Europäische Zentralbank (EZB) Einzelheiten der umfassenden Bewertung bekannt, die sie als vorbereitende Maßnahme vor Übernahme der vollen Verantwortung für die Aufsicht im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus durchführt. Zudem wird die Liste jener Banken veröffentlicht, die Gegenstand der Bewertung sind. Die Bewertung stellt eine wichtige Etappe bei der Vorbereitung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus dar und ist generell als Schritt hin zu mehr Transparenz bei den Bankbilanzen und zu einer einheitlicheren Vorgehensweise im Bereich Aufsicht in Europa zu sehen.

Aufgenommen wird die Bewertung, die zwölf Monate in Anspruch nehmen wird, im November 2013. Sie wird gemeinsam mit den zuständigen nationalen Behörden (National Competent Authorities – NCAs) jener Mitgliedstaaten durchgeführt, die am einheitlichen Aufsichtsmechanismus teilnehmen, und durch unabhängige Dritte auf allen Ebenen der EZB und der NCAs unterstützt.

Durch die Bewertung sollen vor allem drei Ziele – Transparenz, Korrekturen und Vertrauensbildung – erreicht werden: Transparenz durch die Verbesserung der Qualität der verfügbaren Informationen zur Situation der Banken, Korrekturen durch Ermittlung und Umsetzung gegebenenfalls notwendiger Korrekturmaßnahmen und Vertrauensbildungda sich alle Interessenträger gewiss sein können, dass die Banken grundlegend solide und vertrauenswürdig sind.

Die Bewertung setzt sich aus drei Elementen zusammen:

  • Erstens erfolgt eine aufsichtliche Risikobewertung, bei der die Hauptrisiken – u. a. Liquidität, Verschuldungsgrad und Refinanzierung – in quantitativer und qualitativer Hinsicht geprüft werden.
  • Zweitens wird eine Prüfung der Aktiva-Qualität (Asset Quality Review – AQR) zur Steigerung der Transparenz in Bezug auf die Engagements von Banken vorgenommen. Hierbei wird die Qualität der Bankaktiva auf den Prüfstand gestellt, u. a. wird analysiert, ob die Bewertung der Aktiva und Sicherheiten adäquat ist und die damit zusammenhängenden Rückstellungen angemessen sind.
  • Und drittens wird ein Stresstest durchgeführt, mit dem die Widerstandsfähigkeit der Bankbilanzen bei Stress-Szenarien untersucht wird.

Diese drei Elemente greifen eng ineinander. Grundlage der Bewertung wird eine Eigenkapitalquote von 8 % hartem Kernkapital sein, wobei sowohl für die AQR als auch für das Basisszenario des Stresstests die in der Eigenkapitalrichtlinie IV/Eigenkapitalverordnung, einschließlich Übergangsregelungen, enthaltene Definition herangezogen wird. Einzelheiten zum Stresstest werden zu einem späteren Zeitpunkt in Abstimmung mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde bekanntgegeben.

Den Abschluss der umfassenden Bewertung bildet die Veröffentlichung – in zusammengefasster Form – der Ergebnisse auf Länder- und Bankenebene nebst etwaigen Empfehlungen für aufsichtliche Maßnahmen. Diese umfangreichen Ergebnisse, die auch die im Rahmen der drei Säulen der umfassenden Bewertung gewonnenen Erkenntnisse enthalten, werden veröffentlicht, bevor die EZB im November 2014 die Aufsichtsfunktion übernimmt.

Mario Draghi, der Präsident der EZB, äußerte sich wie folgt zu diesem Thema:

„Eine einheitliche umfassende Bewertung, die auf alle bedeutenden Banken – die rund 85 % des Bankensystems des Euroraums ausmachen – gleichermaßen Anwendung findet, ist ein wichtiger Schritt nach vorn für Europa und für die Zukunft der Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets. Transparenz ist hierbei das oberste Ziel. Wir gehen davon aus, dass durch die Bewertung das Vertrauen des privaten Sektors in die Solidität der Banken des Eurogebiets und in die Qualität ihrer Bilanzen gestärkt wird.“

Nähere Einzelheiten können der Übersicht über die wichtigsten Merkmale der umfassenden Bewertung entnommen werden (siehe Link).

Medienanfragen sind an Frau Jill Forde oder Frau Uta Harnischfeger zu richten unter +49 69 1344 7455.

Europäische Zentralbank
Generaldirektion Kommunikation und Sprachendienst
Kaiserstraße 29, D-60311 Frankfurt am Main
Tel.: +49 69 1344 7455
E-Mail: info@ecb.europa.eu | Website: www.ecb.europa.eu | Ansprechpartner für Medienvertreter 

Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.

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Anmerkung
Der Prüfungsansatz ist sinnvoll und richtig, schlimmstenfalls jedoch unzureichend, da nicht erkennbar ist, ob überhaupt und falls ja, in welchem Umfang ausserbilanzielle Risiken (Special Purpose Vehicles, Stillhalter-Geschäfte, Derivate-Engagements) ebenfalls einer intensiven Prüfung unterzogen werden.
Daneben sind derzeit keine Hinweise ersichtlich, ob und in welcher Weise Assets in den Bankbilanzen, die nach IAS-Standards nach dem fair-value-Prinzip bewertet sind, einer kritischen Untersuchung unterzogen werden sollen.
Ausserdem erscheint es zwingend geboten, alle relevanten Daten und Fakten einer intensiven Prüfung zu unterziehen, die sich auf Kredit-Engagements mit staatlichen und halbstaatlichen Schuldnern beziehen. Besonders spannend hierbei wäre es, die aktuelle und künftige Risiko-Qualität z.B. von Kassenkrediten und ausgereichten Darlehen an US-Municipals zu überprüfen.
Wenn man schon Begrifflichkeiten wie Transparenz und Rückgewinnung von Vertrauen in den Ring wirft, sollten drei weitere Aspekte unbedingt in die Bedingungen der Stress-Tests mit einfließen:

  1. Verschärfung der Definition von non-performing loans (bislang geht es hier um Engagements, die seit mind. 90 Tagen nicht mehr bedient werden – eine drastische Verkürzung dieser Frist erscheint mir dringend geboten)
  2. eine kritische Würdigung juristischer Risiken insbesondere hinsichtlich etwaiger Sanktionen der US-Behörden im Zusammenhang mit intransparenten oder fragwürdigen Geschäftspraktiken, für welche es ggfls. Rückstellungsbedarf geben mag. 
  3. last but not least sollte darüber nachgedacht werden, wie man -als Folge des Libor-Skandals– etwaige Zinsrückforderungen seitens geschädigter Kunden bewerten möchte.

Ihr Oeconomicus


EZB verliert den Überblick:

Stress-Tests für Banken verschoben
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Die EZB hat die für dieses Jahr geplanten Stresstests für die Banken abgesagt und auf 2014 verschoben. Damit will die EZB die Möglichkeit erhalten, den Banken vor dem Stresstest noch einmal unauffällig unter die Arme greifen zu können. Danach soll die Banken-Union stehen – und damit der Zugriff auf die deutschen Spareinlagen eine sanftere Rettung ermöglichen.
[…]
DWN
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EU-Bankenaufsicht verschiebt Stresstests
Nur nichts überstürzen: Um Fehler zu vermeiden und mögliche Überraschungen zu umgehen, wird der geplante Stresstest für die Großbanken der Eurozone verschoben. Besonders die Bafin befürchtete sonst heillose Verwirrung.
[…]
Handelsblatt
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Unverbindlicher Zuspruch – EU-Parlament verschiebt Abstimmung zur EZB-Bankenaufsicht
Das Europäischen Parlament ist zwar für eine EZB-Bankenaufsicht, hat den ausgehandelten Kompromiss aber noch nicht abgesegnet. Abstimmen wollen die EU-Abgeordneten erst, wenn die Rechenschaftspflicht der EZB gegenüber dem Parlament vertraglich gesichert ist. Ein Überblick zu den Reaktionen.
[…]
euractiv
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Europäische Bankenaufsicht – FAQ
Noch ist nichts endgültig entschieden, aber die Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament, Rat und EU-Kommission zur einheitlichen Europäischen Bankenaufsicht nähern sich ihrem Ende. Mit diesem als Element der Bankenunion geplanten Mechanismus sollen vor allem die großen europäischen Banken und Institute, die öffentliche Unterstützung erhalten, von der Europäischen Zentralbank (EZB) kontrolliert werden.
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Für die gemeinsame Aufsicht sprechen mehrere Gründe: Kompetenzgerangel zwischen Aufsichtsbehörden einzelner Ländern wird verringert, wenn eine Bank in mehreren EU-Ländern tätig ist. Zudem räumt die europäische Aufsicht mit einem grundlegenden Problem auf: Zahlreiche der Vorgaben für die Bankenaufsicht und -regulierung sind in Form von EU-Richtlinien formuliert. Diese müssen in nationalstaatliches Recht übersetzt werden, was einen gewissen Raum für inhaltliche Anpassungen lässt.
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Andererseits birgt die europäische Aufsicht durchaus Risiken. Selbst wenn es gelingt, die Aufsichtsfunktion streng von der Funktion als Zentralbank zu trennen, bedeutet dies einen Machtzuwachs für eine durchaus umstrittene Behörde, die schon jetzt ein gewaltiges wirtschaftspolitisches Gewicht hat. Zudem besteht die Gefahr, dass Banken mit unterschiedlicher Risikostruktur und abweichenden Geschäftsmodellen von der zentralen Aufsicht genauso behandelt werden wie die Big Player. Dazu deutet sich in den Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament inzwischen ein Kompromiss an, nach dem das neu geschaffene Aufsichtsgremium in der EZB formell für die Aufsicht aller Banken zuständig ist, die konkrete Arbeit aber je nach Größe und Komplexität der entsprechenden Banken aufgeteilt wird. So würde die EZB mit Sicherheit zuständig für die Deutsche Bank, kaum aber für die Sparkasse oder Volksbank. Die müssten sich nach wie vor mit der deutschen Bankenaufsicht Bafin auseinandersetzen.
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Um den Informationsaustausch zwischen EZB und nationalen Behörden zu gewährleisten, richten die Aufseher ein neues Gremium unter dem Dach der EZB ein aus EZB-Vertretern und Mitarbeitern der nationalen Aufsichtsbehörden.
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Die demokratische Kontrolle der neuen Institution ist ein weiterer Knackpunkt in den Verhandlungen: So macht sich das EU-Parlament stark für ein demokratisches Abstimmungsverfahren ohne Blockademinderheiten für das Gremium der Aufsichtsbehörden und dafür, dass die Vorsitzenden dieses Gremiums vom Plenum bestätigt werden müssen. Außerdem beharren die Parlamentarier auf dem Recht, die Arbeit des Gremiums in nichtöffentlichen Sitzungen unter die Lupe nehmen zu dürfen. Beides kommt beim Rat nicht besonders gut an.
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Richtig umgesetzt bringt eine gemeinsame Aufsicht durchaus Vorteile, sie kann aber nur einer von mehreren Schritten sein, mit denen die Lehren aus der Finanzkrise gezogen werden. Neben dem ebenfalls zur Zeit verhandelten Abwicklungsmechanismus, der ein Konkursverfahren für Banken einführt, und einer europäischen Einlagensicherung ist die Einführung eines Trennbankensystems und die Verkleinerung der größten Banken erforderlich. Ein Trennbankensystem, wie es in den USA als Lehre aus der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren geschaffen und 1999 abgeschafft wurde, verbietet einer Bank mit normalen Kundeneinlagen das Handeln auf eigene Rechnung an den Finanzmärkten. Gut umgesetzt und mit ausreichendem Abstand zwischen den dann getrennten Geschäfts- und Investmentbanken verringert sich das Risiko einer Ansteckung von Investmentbanken auf Geschäftsbanken ganz erheblich. Und selbst wenn eine Investmentbank dem Ruin entgegen geht, bleibt das Zahlungssystem davon relativ unberührt.
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