Neuauflage des Freihandelsabkommens EU ‒ Mexiko
Veröffentlicht: 24. Oktober 2016 Abgelegt unter: free trade & protection, free trade agreement EU-Japan, FTA EU-MX Hinterlasse einen KommentarNeuauflage des Freihandelsabkommens EU ‒ Mexiko
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CETA und TTIP sind nicht die einzigen Freihandelsabkommen, die von der EU derzeit verhandelt werden. Auch das Abkommen mit Mexiko steht erneut zur Debatte.
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Bei seinem Abschluss vor 16 Jahren galt das globale Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Mexiko, kurz Globalabkommen, als umfassendes Freihandelsabkommen, das nicht nur die Handelsliberalisierung vorantreiben, sondern auch zu sozialem Fortschritt und Demokratieförderung beitragen sollte. Die Ergebnisse nach 16 Jahren sind allerdings gemischt – gerade in Bezug auf Armutsreduzierung, Arbeitsplatzzuwachs und Verringerung negativer sozialer Effekte.
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Seit Juni 2016 befinden sich die EU und Mexiko in Verhandlungen über eine umfassende Neuauflage. Dabei strebt die EU die „Global Europe“-Strategie an, eine Handelsstrategie , die der Union zur externen Wettbewerbsfähigkeit verhelfen soll und zu deren Zielen unter anderem der ungehinderte Zugang zu Energie und Rohstoffen, die beschleunigte Öffnung von Dienstleistungsmärkten, der verschärfte Schutz geistiger Eigentumsrechte von Unternehmen und die Durchsetzung ungehinderter Niederlassungsfreiheit gehören, um den Einfluss weltmarktorientierter EU-Unternehmen auch außerhalb Europas weiter zu stärken.
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Das Abkommen von 1997
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Mexiko war das erste lateinamerikanische Land, das 1997 ein Globalabkommen mit der EU unterzeichnete, das den politischen Dialog, den Handel, die Zusammenarbeit und die sektorbezogene Politik abdeckt. Dieses umfassende Freihandelsabkommen trat im Jahr 2000 in Kraft und wurde damit zu dem bis dato umfassendste Handelsabkommen für die EU.
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Kommuniziertes Ziel des Globalabkommens war es zum einen, die Handelsentwicklung durch eine mehrstufige Liberalisierung zu fördern sowie den Dienstleistungs- sowie Kapital- und Zahlungsverkehr schrittweise zu öffnen. Das öffentliche Auftragswesen wurde dabei nicht gesondert behandelt.
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Daneben wurde beschlossen, den Dialog im Hinblick auf soziale Fragen und Armutsbekämpfung in den Fokus zu rücken. Die EU äußerte, sie strebe eine harmonische Wirtschaftsentwicklung, gestärkt durch die Zusammenarbeit in Bereichen wie Menschenrechte, Demokratie und Grundrechteförderung der gefährdetsten Bevölkerungsgruppen in Mexiko an. Schwerpunkt sollten dabei die Entwicklung der Bevölkerung, die Förderung und Achtung der Menschenrechte, Informations- und Bildungsmaßnahmen und sowie demokratische Grundsätze darstellen 1.
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Eine Analyse des Abkommens aus heutiger Sicht zeigt:
Das Abkommen deckt zwar umfassend besonders viele Themengebiete ab, ein Großteil der neueren Sondervorschriften gingen allerdings nicht unbedingt weiter als bestehende internationale Verpflichtungen. Etwa bei den gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen und den technischem Handelsbarrieren: Dort gingen die Maßnahmen nicht über die mit der Welthandelsorganisation vereinbarten Standards hinaus.
In anderen, handelssensiblen Bereichen, wie etwa dem Dienstleistungssektor, dem öffentlichen Beschaffungswesen oder auch der Wettbewerbspolitik, wurden allerdings über internationale Standards hinaus gehende Bestimmungen getroffen, deren Folgenabschätzung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht klar beleuchtet wurden.
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Saskia Haun – amerika21
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1 Globales Kooperationsabkommen EG-Mexiko
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korrespondierende Infos
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EU-Handelsabkommen in Vorbereitung
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Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten
Veröffentlicht: 2. Oktober 2014 Abgelegt unter: free trade agreement EU-Japan, International Centre for Settlement of Investment Disputes – ICSID (Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten) Hinterlasse einen KommentarDas Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes – ICSID) ist eine internationale Schiedsinstitution mit Sitz in Washington, D.C., das der Weltbankgruppe angehört. Es unterstützt die Streitbeilegung vor allem bei Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten im Rahmen von bilateralen und multilateralen Investitionsschutzabkommen.
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Inhaltsverzeichnis
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1 Allgemeines und Geschichte
Das ICSID ist eine von fünf internationalen Organisationen, die der Weltbankgruppe angehören. Es hat seinen Sitz in Washington, D.C., wo sich auch das Hauptquartier der Weltbank befindet und ist im gleichen Gebäude ansässig. Das ICSID ist allerdings keine Sonderorganisation der Vereinten Nationen gemäß Artikel 57 der UN-Charta.
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Das ICSID wurde unter Führung der Weltbank im Rahmen der „Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsbürgern anderer Länder“ gegründet. Gründungsdokument und Rechtsgrundlage ist das „Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten“ von 1965. Das Übereinkommen trat am 14. Oktober 1965 in Kraft. Im Juni 2014 haben die ICSID-Konvention 159 Länder gezeichnet, wovon 150 die Ratifikationsurkunden hinterlegt haben und damit Vertragsstaaten geworden sind.
Deutschland ist Gründungsmitglied.
In den ersten 30 Jahren seines Bestehens, hat das ICSID im Schnitt nur einen Fall pro Jahr betreut. Seit 1995 ist die Fallzahl stark angestiegen. Im Geschäftsjahr 2008 verzeichnete ICSID einen Rekordanstieg auf 48 Anrufungen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (seit Gründung bis Januar 2010 305 Fälle, davon 73% auf Basis von bi- oder multilateralen Investitionsschutzabkommen)..
Mit Wirkung zum 3. November 2007 ist Bolivien aus dem ICSID ausgetreten. Ecuador hat die Konvention mit Wirkung zum 7. Januar 2010 gekündigt, Venezuela mit Wirkung zum 25. Juli 2012.
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2 Organisation und Aufbau
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3 Zweck und Charakter des ICSID
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4 Zuständigkeitsbereich des ICSID
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5 Verfahren
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5.1 Bestellung der Schiedsrichter
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5.2 Rechtsbehelfe
Anders als die meisten anderen Schiedssprüche, können die Urteile von ICSID-Tribunalen nicht von nationalen Gerichten aufgehoben werden. Die ICSID-Konvention selbst bietet drei Rechtsbehelfe:
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Ist die Auslegung eines Schiedsspruchs unklar, kann jede Partei eine verbindliche Interpretation verlangen, die möglichst von dem Schiedsgericht vorgenommen werden soll, die den Schiedsspruch ursprünglich erlassen hat.
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Sind nach Erlass des Schiedsspruchs Tatsachen bekannt geworden, die den Spruch wesentlich beeinflusst hätten, kann eine Partei innerhalb von 90 Tagen nach Bekanntwerden der Tatsache eine Abänderungverlangen. Das Recht erlischt spätestens drei Jahre nach Erlass des Schiedspruchs.
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Auch eine Aufhebung des Schiedsspruchs kann innerhalb von 120 Tagen beantragt werden. Über ihn entscheidet ein sog. „Annulment Committee“ aus drei Personen, die der Vorsitzende des Administrative Council aus dem ICSID-Panel auswählt. Voraussetzung der Aufhebung ist, dass das Tribunal nicht korrekt zusammengestellt wurde seine Kompetenz „offensichtlich“ überschritten hat, Korruption eines Schiedsrichters, gewichtige Abweichungen von grundlegenden Verfahrensregeln oder das Fehlen einer Begründung des Schiedsspruchs (Art. 52 ICSID-Konvention).
Etwas anderes gilt für Schiedsverfahren im Rahmen der Additional Facility: Sie unterliegen dem jeweils anwendbaren Schiedsverfahrensrecht am Schiedsort und können vor den dortigen Gerichten angegriffen werden (in Deutschland gem. § 1061 ZPO).
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6 Wirkung der ICSID-Schiedsurteile
Der ergangene Schiedsspruch muss vom Mitgliedsland unmittelbar und wie ein letztinstanzliches Urteil, das durch eigene Gerichte des jeweiligen Staates ergangen ist, von dem Staat umgesetzt werden. Das ICSID-Übereinkommen berührt jedoch nicht die Grundsätze der Staatenimmunität gegen Vollstreckungen.
Die Verhandlungen des Schiedsgerichts und der Schiedsspruch selbst bleiben geheim, es sei denn, die beiden Parteien stimmen einer Veröffentlichung zu. Diese Zustimmung erfolgt aber in der großen Mehrzahl der entschiedenen Fälle und die Schiedssprüche können im Internet im Volltext nachgelesen werden.
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7 Kritik
In der deutschen Öffentlichkeit gerieten bilaterale Investitionsabkommen und Investitionsschutzabkommen und die hierin vorgesehenen Schiedsverfahren in jüngerer Zeit zum Gegenstand kritischer Betrachtungen. Insbesondere folgende zwei Vorfälle trugen hierzu bei:
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Das schwedische Energieunternehmen Vattenfall hat im April 2009 vor einem internationalen Schiedsgericht eine Klage gegen Umweltauflagen eingereicht, welche die Umweltbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg dem Unternehmen im Zuge der Genehmigung zur Errichtung des Kohlekraftwerks Moorburg gemacht hat. Das Verfahren endete ohne Schiedsspruch durch Vergleich der Parteien.
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Vattenfall klagte ebenfalls vor einem Schiedsgericht gegen die Aufkündigung des Atomkonsenses im Rahmen des Atomausstiegs nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Anders als bisweilen berichtet, richtet sich die Schiedsklage nicht gegen den Atomausstieg als solchen. Es geht vielmehr um die Frage, ob die Bundesrepublik das Gebot des „Fair and Equitable Treatment“ verletzt hat, indem sie den Atomkonsens von einem Tage auf den Andern aufgekündigt hat.
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7.1 Fehlende Transparenz
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7.2 Fehlender Instanzenzug
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7.3 Einschränkung staatlicher Souveränität
Auch wird kritisiert, dass die völkervertraglichen Regeln zum Investitionsschutz dem Gaststaat ein zu enges „Korsett“ an Regeln auferlegten, sodass dem Staat sein souveränes Recht, Dinge in seinem Staatsgebiet zu regeln („right to regulate“ oder „policy space“) verloren gehe. Befürworter antworten hierauf, dass es auch Teil der Souveränität sei, sich vertraglich zu binden. Die Staaten hätten ihren „policy space“ nicht verloren, sondern bewusst völkervertraglich gestaltet. Zudem bleibe dem Staat stets unbenommen, seine Regulierungen durchzusetzen, notfalls auch unter Bruch des völkerrechtlichen Investitionsregimes – er müsse „nur“ dafür zahlen.
Völkervertraglicher Investitionsschutz existiert in Deutschland seit 1959. Große öffentliche Aufmerksamkeit erlangte er in den OECD-Staaten aber erst nach Jahrzehnten weltweit praktizierten Investitionsschutzes, als diese Staaten selbst zu Beklagten wurden. In den USA geschah dies Ende der 1990er Jahre, als mexikanische Unternehmer unter dem NAFTA die US-Staaten verklagten, in Deutschland gegen Ende des letzten Jahrzehnts, als Vattenfall Deutschland verklagte. Dies wurde teilweise damit erklärt, dass die Rechtssysteme in westlichen Staaten genügend Schutz über den normalen Rechtsweg böten und ein Ausweichen auf das intransparente Verfahren vor dem ICSID nicht notwendig sei, hingegen in Ländern wie beispielsweise Pakistan Korruption an der Tagesordnung sei.
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7.4 Position der EU-Kommission
Auch die EU, der seit 1. September 2009 für bilaterale Investitionsabkommen und Investitionsschutzabkommen die alleinige Kompetenz zusteht, hat sich den Transparenz-Gedanken und die Besorgnis um den „policy space“ zu Eigen gemacht: EU-Handelskommissar Karel De Gucht versicherte 2013 mit Blick auf die TTIP-Verhandlungen:
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EU-Investitionsvereinbarungen werden ausdrücklich festhalten, dass sie legitime Regierungspolitik nicht aushebeln können.
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Die EU-Kommission werde energisch gegen Unternehmen vorgehen, die juristische Schlupflöcher nutzen, um rechtsmissbräuchliche Klagen gegen Regierungen zu konstruieren.
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Die EU-Kommission werde die Investitionsverfahren der öffentlichen Überprüfung zugänglich machen.
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Die EU-Kommission werde jegliche Interessenkonflikte ausmerzen; die Schiedsrichter in EU-Fällen müssen außerhalb jeglichen Verdachts stehen.
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8 Literatur
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9 Weblinks
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10 Einzelnachweise
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Quelle: Wikipedia
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korrespondierende Beiträge
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ISDS: Das Unrechts-System der Konzerne
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vertiefende Quellen, file cases & more
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Investment Treaty Arbitration
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EU wirbt für Freihandelsabkommen mit Japan
Veröffentlicht: 18. Juli 2012 Abgelegt unter: free trade agreement EU-Japan | Tags: Karel De Gucht Hinterlasse einen KommentarFreihandelsabkommen mit Japan soll Europas Unternehmen neue Chancen auf dem japanischen Markt bringen
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Die Europäische Kommission schlug den 27 EU-Staaten heute (Mittwoch) entsprechende Verhandlungen vor. Japan ist Europas zweitgrößter Handelspartner in Asien. EU-Handelskommissar Karel De Gucht sagte:
„Die EU und Japan stellen gemeinsam mehr als ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Den vielversprechenden japanischen Markt weiter zu erschließen, könnte die europäischen Exporte nach Japan um ein Drittel erhöhen. Allein in der EU könnte dies zu 400.000 neuen Arbeitsplätzen führen.„
Der Vorstoß wird von vielen Industriezweigen etwa der Pharma-, Lebensmittel- und Dienstleistungsindustrie unterstützt. Mit Blick auf die Sorge um Wettbewerbsnachteile europäischen Firmen gegenüber der hochentwickelten Industrienation und die derzeitigen nicht-tarifären Handelshemmnisse in Japan hob der Kommissar die starke europäische Verhandlungsposition hervor. Man werde die Verhandlungen abbrechen, wenn Japan keine konkreten Ergebnisse liefere. Auch werde die EU keine Zölle senken, bevor Japan nicht die regulatorischen Hürden für den Handel abbaue.
De Gucht betonte die wachstumsfördernde Bedeutung von Freihandelsabkommen.
„Wenn wir all unsere derzeit vorbereiteten Freihandelsabkommen besiegeln, könnten wir die EU-weite Wirtschaftsleistung um 2 Prozent oder 250 Milliarden Euro steigern“,
so De Gucht weiter. Die Kommission setzt auf eine wirtschaftliche Erholung Europas durch vertiefte Beziehungen zwischen der EU und ihren wichtigsten Handelspartnern. So könnte die Umsetzung des Außenhandelsprogramms mehr als 2 Millionen Arbeitsplätze in der gesamten EU schaffen. Bis 2030 werden rund 90 Prozent des Wirtschaftswachstums außerhalb von Europa generiert werden. Insbesondere bei einer schwachen Inlandsnachfrage wird daher die Erschließung der Märkte in Drittstaaten immer wichtiger.
Die EU bleibt der weltweit größte Exporteur, Importeur, Geber und Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen. Die Liberalisierung des Handels ist eine wichtige Strukturreform, die Schaffung neuer Innovationsimpulse und Produktivitätswachstum vorantreiben soll.
Jetzt liegt der Ball bei den Mitgliedstaaten. Sie müssen nun über ein Mandat für die Verhandlungen der Kommission mit Japan entscheiden.
Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
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Pressemitteilung – EU-Kommission – Vertretung in Deutschland
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Anmerkungen
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Klar, dass dieser Vorstoß von den Lobbyarmeen der Pharma-, Lebensmittel- und Dienstleistungsindustrie unterstützt werden, wenn nicht sogar initiiert wurden.
Sofern man am Ende des Tages dieses free trading agreement durchwinkt, woran es vermutlich auch aufgrund des tiefschlafenden ‚Souveräns‘ kaum Zweifel geben mag, dürfen wir uns insbesondere bei der verstärkten Einfuhr von japanischen Produkten auf deren etwaige Fukushima-Konterminierung einstellen.
Bereits 2011 wurde bekannt, dass die EU den Becquerel-Grenzwert für japanische Lebensmittelimporte quasi durch die Hintertür nach oben angepasste (Details siehe hier).
Ansonsten darf man immer wieder erstaunt sein, woher Protagonisten wie Karel De Gucht ihre prognostischen Weisheiten nehmen, selbst dann wenn solche Formulierungen meist im Konjunktiv erfolgen und damit dem Leser Interpretationsspielräume einräumen.
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Ihr Oeconomicus