Maßnahmen zur Vermeidung von Altersarmut:

Makroökonomische Folgen und Verteilungseffekte
von
Lars P. Feld, Manuel Kallweit und Anabell Kohlmeier
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Walter Eucken Institut
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
August 2013

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1. Einleitung
Altersarmut ist aktuell in Deutschland kein Problem. Seit einigen Jahren wird jedoch eine Diskussion darüber geführt, wie einer in Zukunft ansteigenden Altersarmut begegnet werden soll. Dabei wird selten exakt definiert, was unter Altersarmut zu verstehen ist.
Da es in Deutschland ein umfassendes System der Mindesteinkommenssicherung gibt, das Personen, die die Regelaltersgrenze in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) erreicht haben, bei Bedürftigkeit die Grundsicherung im Alter, die dem politisch bestimmten soziokulturellen
Existenzminimum entspricht, zuzüglich Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt, kann es sich bei dieser nicht um existenzielle Armut handeln.
Vielmehr geht es bei der Diskussion darum, dass die in der GRV erworbenen Rentenansprüche nicht zu einer Rentenzahlung oberhalb eines bestimmten Betrags führen.
Auch in diesem Kontext ist allerdings nicht unbedingt klar, ob Altersarmut dann vorliegt, wenn die Rentenzahlung unterhalb der Grundsicherung im Alter zuzüglich Kosten für Unterkunft und Heizung von heute etwa 700 Euro monatlich liegt, oder wenn sie weniger als 952 Euro (EU-SILC 2011)
beträgt und somit niedriger ist als 60 % des Medianeinkommens, der relativen Einkommensschwelle, ab der nach der Definition der OECD ein
Armutsrisiko besteht.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Altersarmut allein anhand der Rentenzahlung aus der GRV festgemacht werden kann. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass das Einkommen im Alter von weiteren Faktoren, wie beispielsweise privater oder betrieblicher Altersvorsorge und dem Familienkontext abhängig ist.

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Die meisten empirischen Arbeiten, die bisher zu diesem Thema vorliegen, deuten in der Tendenz auf eine Zunahme von Altersarmut in Zukunft – insbesondere in Ostdeutschland – hin (Arent und Nagl 2010, Krenz et al. 2010, Geyer und Steiner 2010, Kumpmann et al. 2012, Simonson et al. 2012). Die Studie „Altersvorsorge in Deutschland 2005“ kommt hingegen eher zu dem Ergebnis, dass zukünftig weniger ein Rückgang der Alterseinkommen als vielmehr eine Veränderung der Struktur hin zu einer zunehmenden Bedeutung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge festzustellen sein wird (Deutsche Rentenversicherung 2007).

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Allerdings können alle diese Arbeiten – u. a. aufgrund einer derzeit unzureichenden Datenlage – nicht sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Faktoren gleichzeitig berücksichtigen. Insofern basiert die aktuelle Diskussion zu einem großen Teil auf einem befürchteten Anstieg der Altersarmut, etwa aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit der Vergangenheit oder der Rentenreformen der vergangenen Jahre.  Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist also unklar, ob Altersarmut zukünftig tatsächlich in einem so hohen Maße zunehmen wird, dass heute ein derart dringender Handlungsbedarf besteht, wie ihn die aktuelle Diskussion suggeriert.

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Dennoch findet diese Diskussion – gerade im Vorfeld der Bundestagswahl im Jahr 2013 – in zunehmender Intensität statt und beinahe alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien haben inzwischen Konzepte gegen Altersarmut vorgelegt.

In deren Mittelpunkt steht wahlweise die Zuschuss-/Lebensleistungsrente (CDU/CSU), die Solidarrente (SPD), die Garantierente (Bündnis 90/Die Grünen) oder die Solidarische Mindestrente (Die Linke).

Darüber hinaus existieren in der Wissenschaft Ansätze, die Rentenberechnung so zu verändern, dass einer potenziell ansteigenden Altersarmut direkt (Fehr et al. 2013a) oder indirekt entgegen gewirkt werden könnte (Breyer und Hupfeld 2009). So ist es zwar das Hauptziel des letztgenannten Ansatzes, durch eine andere, nämlich eine intertemporale oder lebenszyklusbezogene Interpretation des Äquivalenzprinzips Rentenansprüche in der GRV anders zu verteilen (Breyer, 2013). Gleichzeitig wird damit aber auch potentieller Altersarmut entgegengewirkt.

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In diesem Beitrag werden – ähnlich wie bei Jess (2010), der u. a. die Einführung der Grundsicherung im Alter in einem Simulationsmodell untersucht – die makroökonomischen Folgen und die Verteilungseffekte verschiedener Ansätze zur Vermeidung zukünftig ansteigender Altersarmut im Rahmen eines numerischen allgemeinen Gleichgewichtsmodells bestimmt.
Dabei werden die von den genannten Maßnahmen ausgehenden Effekte auf zentrale makroökonomische Größen herausgearbeitet. Darüber hinaus werden die resultierenden Verteilungsströme offen gelegt und somit die Wohlfahrtseffekte bestimmt. Da im Rahmen einer modelltheoretischen Arbeit nicht darauf abgezielt werden kann, die existierenden Vorschläge, insbesondere der Parteien, in allen Details abzubilden, sollen hier die vom Kernelement der
jeweiligen Maßnahme ausgehenden Anreizeffekte im Vordergrund stehen.

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Nach einer kurzen Charakterisierung der Vorschläge zur Vermeidung von Altersarmut, welche die im Bundestag vertretenen Parteien vorgelegt haben, und der Vorschläge von Breyer und Hupfeld (2009) sowie Fehr et al. (2013a) wird in Abschnitt 3 der verwendete Modellrahmen dargestellt. In Abschnitt 4 wird zunächst beschrieben, wie die Kernelemente der zentralen Vorschläge aus der Politik und der Wissenschaft in das Modell implementiert werden,
bevor die jeweiligen makroökonomischen Folgen und Verteilungseffekte ermittelt werden.

Der Beitrag schließt in Abschnitt 5 mit einigen Schlussfolgerungen.
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Freiburger Diskussionspapiere zur Ordnungsökonomik
Institut für Allgemeine Wirtschaftsforschung Abteilung für Wirtschaftspolitik
Albert-Ludwigs Universität Freiburg i. Br.
PDF – 32 Seiten


Europa im Würgegriff?

Verschuldung in Deutschland und der EU als Problem der Generationengerechtigkeit

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Vortragsabend mit Prof. Dr. Lars Feld an der Uni Konstanz
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Am Mittwoch, den 12. Juni 2013, besuchte Prof. Lars Feld – Wirtschaftsweiser und Berater der Bundesregierung – aus Freiburg die Universität Konstanz.
Sein Vortrag „Europa im Würgegriff – Verschuldung in Deutschland und der EU als Problem der Generationengerechtigkeit“ begeisterte mehr als 200 studentische und externe Besucher in einem der größten Hörsäle.
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In seinem Vortrag sprach Prof. Feld vom Verschuldungsproblem Deutschlands, insbesondere der jährlichen, strukturellen Neuverschuldung – nicht auf der starken Einnahmenseite, sondern vielmehr auf der Ausgabenseite. Es bestehe eine massive Dringlichkeit zu konsolidieren, auf der anderen Seite aber auf Steuererhöhung zu verzichten, da diese die Wirtschaft abwürgen würden.
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Erste Ansatzpunkte könnten seiner Meinung nach Kürzungen im Etat für Bildung und für Arbeit und Soziales sein:
Die massiven Schülerrückgänge in den vergangenen und in den zukünftigen Jahren würden dies ermöglichen. Zudem sei die arbeitende Bevölkerung dazu angehalten auch über das Generationengerechtigkeit von aktuell 65 bzw. 67 Jahren hinaus erwerbstätig zu sein. Nur so könne gewährleistet werden, dass sich der entstehende Generationenkonflikt entspanne.
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Auf der föderalen Ebene bemängelte Prof. Feld das falsche Anreizproblem, welches sich durch die erst 2020 eintretende Schuldenbremse für die Bundesländer ergebe. Bis zu diesem Zeitpunkt würde es „technisch belohnt“, seine Defizitziele nicht einzuhalten, um dann im neu verhandelten Länderfinanzausgleich beste Konditionen herauszuschlagen. Im Anschluss an seinen Vortrag nahm sich der Referent dankenswerter Weise noch eine Stunde Zeit, um die vielen kontroversen Fragen der Zuhörenden zu beantworten. Vor allem seine Thesen zum europäischen Fiskalpakt und zur Rentenentwicklung sorgten für reichlich Gesprächsstoff.
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Nils H. Ullrich – Videoaufzeichnung – [60:17 Min]
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Podiumsdiskussion: Die Zukunft des Euro

Podiumsdiskussion: Die Zukunft des Euro

Podiumsdiskussion

Anlässlich des 60. Geburtstags von Herrn Prof. Dr. Norbert Berthold veranstaltet der Lehrstuhl VWL IV der Julius-Maximilians-Universität Würzburg am 8. November 2012 eine Podiumsdiskussion mit dem Titel “Die Zukunft des Euro”.
Die Diskutanten sind Prof. Dr. Norbert Berthold, Prof. Dr. Lars Feld, Prof. Dr. Otmar Issing und Prof. Dr. Hans-Werner Sinn. Moderiert wird die Veranstaltung von Dr. Rainer Hank, die Laudatio hält Prof. Dr. Wolf Schäfer.
Eintrittskarten für die Veranstaltung können im Sekretariat des Lehrstuhls VWL IV (Raum 297 in der Neuen Universität am Sanderring 2) abgeholt werden.
Quelle
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Der Euro-Kuchen schmeckt nicht
Hochkarätig besetztes Symposium in Würzburg diskutiert Handlungsalternativen
Der Euro hat Risse bekommen. Sie ziehen sich tief durch die anfangs so harte Währung und hinterlassen eine Furche der Furcht. Ist der Zusammenbruch des Euroraums noch zu verhindern? Ja, meinen die Ökonomen Prof. Dr. Norbert Berthold, Prof. Dr. Lars Feld, Prof. Dr. Otmar Issing und Prof. Dr. Hans-Werner Sinn. Über die richtige Strategie haben die streitbaren Wissenschaftler hingegen zum Teil deutlich voneinander abweichende Meinungen. Das wurde auf einem Symposium in Würzburg deutlich, das der leitende Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Dr. Rainer Hank moderierte.
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Für Berthold wäre ein Erodieren des südlichen Währungsraumes nicht zwangsläufig erfolgreich:

„Griechenland schafft es nicht, den Weg einer internen Abwertung zu gehen. Auch nach einem Austritt würde ich eher die Gefahr einer Preis-Lohn-Preisspirale sehen.“

Stattdessen sprach er sich im proppevollen Audimax der Universität Würzburg für den Austritt wirtschaftlich starker Länder als letztes Mittel aus:

„In Deutschland ist der Euro Staatsräson. Aber bei den ökonomisch weitgehend gesunden kleinen Ländern wie Finnland, den Niederlanden oder Österreich kann ich mir einen Austritt durchaus vorstellen. Währungssysteme sind in der Vergangenheit nie im Zentrum, sondern immer am Rand implodiert.“

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Jörg Rieger – Wirtschaftliche Freiheit

Euro-Crash könnte Deutschland bis zu 3,5 Billionen kosten

Euro-Crash könnte Deutschland bis zu 3,5 Billionen kosten

Ein Auseinanderbrechen der Eurozone würde die deutsche Wirtschaftsleistung dauerhaft um bis zu 10 Prozent verkleinern, sollte die Euro-Zone auseinanderbrechen. Diese Befürchtung hegt Lars Feld, Wirtschaftsprofessor an der Uni Freiburg und Mitglied des Sachverständigenrates. Auch ein alleiniger Austritt Griechenlands wäre extrem kostspielig und würde sich negativ am deutschen Arbeitsmarkt bemerkbar machen.
Der Leiter des Walter-Eucken-Instituts, der seit 2011 Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage ist, rechnet vor, was ein Zusammenbruch des Euro-Systems den deutschen Staat kosten könnte. „Die Bruttoforderungen Deutschlands gegenüber den anderen Euro-Ländern betragen rund 3,5 Billionen Euro“, sagte Feld vor Wirtschaftsjournalisten in Frankfurt. Zugleich räumte er ein, dass natürlich niemals alle diese Forderungen abgeschrieben werden müssten.
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