‚Münchhausen‘-Rede zur Wirtschafts- und Währungsunion von Dr. Theodor Waigel im Deutschen Bundestag (12. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Dezember 1991)
Veröffentlicht: 17. Februar 2014 Abgelegt unter: Dr. Theodor Waigel (21. Apr 1989-27. Okt 1998), Konvergenz - Konvergenzkriterien, MAASTRICHT MANIFEST, Prof. Dr. Karl Schiller (13. Mai 1971-7. Juli 1972), Wirtschafts- und Währungsunion | Tags: Alcide de Gasperi, Bundesbank, D-Mark, Dr. Horst Köhler, EZB, Geldwertstabilität, Haushaltsdefizit, Inflation, Jean Monnet, Kohäsion, Konrad Adenauer, Konvergenzkriterien, Ludwig Erhard, Maastricht, Paul-Henri Spaak, Prof. Dr. Hans Tietmeyer, Prof. Dr. Karl Schiller, Prof. Dr. Wilhelm Hankel, Robert Schuman, Staatsverschuldung, Stabilität, Subsidiaritätsprinzip Hinterlasse einen Kommentar.
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Im Dezember 1991 hat der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs in Maastricht den „Vertrag über die Europäische Union“ vereinbart.
Wirtschaftlicher Kern dieses Vertragswerkes ist es, bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine Europäische Wirtschafts- und Währungsunion zu schaffen. Die wirtschaftliche Integration mit dem Europäischen Binnenmarkt als Herzstück ist bereits weitgehend realisiert.
Die Europäische Währungsunion (EWU), samt gemeinsamer Währung, bildet das Ziel und den Abschluss der währungspolitischen Integration in Europa.
Die wichtigsten Stationen von der Vorbereitung bis zur Umsetzung der Wirtschafts- und Währungsunion sollen hier in loser Folge nachgezeichnet werden.
Bemerkenswerte Zitate seitens der EU-Verzückten als auch kritische Bewertungen renommierter Persönlichkeiten sollen die historischen Betrachtungen abrunden.
Als Auftakt soll die ‚Münchhausen‚-Rede des damaligen Bundesfinanzministers, Dr. Theodor Waigel zur Wirtschafts- und Währungsunion im Deutschen Bundestag (12. Wahlperiode — 64. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. Dezember 1991) hier dargestellt werden. Den Rest des Beitrags lesen »
Die Vorgeschichte des Euro als Dominostein der europäischen Einigung
Veröffentlicht: 7. März 2011 Abgelegt unter: €URO, EUROPÄISCHE UNION (EU), Konvergenz - Konvergenzkriterien, Spinelli Report | Tags: Altiero Spinelli, Bretton Woods, ECU, Euro, Euro-Zone (EU-Mitgliedsländer OHNE eigene Währungssouveränität), Eurojargon, EWG, EWWU, EZB, Gold-Standard, IWF - IMF, Konvergenzkriterien, NORWEGEN, Pierre Werner, Schengen-Abkommen, Union Europäischer Föderalisten, US-Dollar, Vereinigte Staaten von Europa, Vertrag von Maastricht, Volksabstimmung - Plebiszit - Bürgerreferendum, Währungsreform, Werner-Plan, Winston Churchill, Zitat, Zollunion Ein KommentarZitat zur Einstimmung
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„Europa ist wie eine Wohngemeinschaft. Jeder greift in die Haushaltskasse, und keiner bringt den Müll runter.“
[Matthias Beltz (1945 – 2002), deutscher Kabarettist]
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Die Vorgeschichte des Euro
als Dominostein der europäischen Einigung
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Geschichte ist nicht nur, was wir in der Schule oder während der Studien- und Ausbildungszeit lernen, sondern insbesondere das, was tagtäglich geschieht.
Jeden Tag wird Geschichte auf’s Neue gemacht, morgen ist schon gestern Geschichte und das Heute ist das Gestern von morgen. Will man das morgen, also die Zukunft gestalten, ist es unerläßlich das Heute, also die Gegenwart zu verstehen. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn man das Gestern, also die Vergangenheit kennt und versteht.
Deshalb sei hier versucht, den Themenkomplex Euro/Euro-Krise/Euro-Rettungsschirm, der uns fast täglich begegnet mit einem kurzen historischen Abriss zu beleuchten:
Zusammenfassung des Prozesses der europäischen Einigung
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chronologisch dargestellter Überblick der wichtigsten Meilensteine:
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1946:
Winston Churchill regt in einer Rede an der Universität Zürich die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa an, allerdings ohne Großbritannien.
Rede von Winston Churchill (Zürich, 19. September 1946) – Ton-Dokument, englisch [05:33 Min]
Redetext, deutsche Übersetzung
Sir Winston Churchill’s speech in the University of Zurich, 1946 – Part 1
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Sir Winston Churchill’s speech in the University of Zurich, 1946 – Part 2
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1947:
Der Internationale Währungsfond [IWF], dessen Gründung 1944 in Bretton Woods [USA] beschlossen wurde, nimmt seine Arbeit auf. Ein fester Wechselkurs zwischen dem US-Dollar und den übrigen Währungen wird festgelegt; er orientiert sich am Gold-Standard.
Ab 1947 erhielt der Fond den Status einer Sonderorganisation der UNO, wobei der Fonds gegenüber der UNO keiner Rechenschaftspflicht unterliegt. Mittlerweile sind 184 Staaten Mitglied beim IWF.
Nach seinen Statuten hat er folgende Aufgaben:
- Finanzielle Kooperation zwischen den Staaten durch eine ständige Institution ermöglichen.
- Internationalen Handel zu unterstützen und zu verstärken und dadurch Wachstum und Beschäftigung in den Mitgliedsstaaten zu fördern
- Stabile Währungsbeziehungen sichern, Währungswettbewerb verhindern
- Internationales Zahlungssystem ermöglichen, damit Zahlungsschwierigkeiten kein Hindernis für Handel und Wachstum sind
- Finanzielle Hilfe bei der Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten
- Unausgewogenheiten in den Zahlungsbilanzen der Mitglieder verhindern und abmildern
Finanzierung
Finanziert wird der IWF durch die Einzahlungen der Mitglieder. Als Grundlage für die Berechung der Quote werden das Bruttoinlandsprodukt, der Außenhandel und die Währungsreserven jedes Mitgliedlandes herangezogen. Die Quote ist wichtig, weil sie die Basis bildet für:
- Einzahlungsverpflichtungen
- Zugriffsmöglichkeiten eines Landes zu den IWF-Krediten
- das Stimmrecht im Gouverneursrat als höchstes Entscheidungsgremium des IWF
Diese Quoten werden alle 5 Jahre überprüft und ggf. geändert. Mit einer Quote von 45,16 Prozent der Stimmen verfügen die sog. G-8 Staaten im Fonds über eine erhebliche Macht (USA: 17,11%, Japan: 6,14%, Deutschland 6%, Frankreich und Großbritannien: je 4,95%, Italien: 3,26%, Kanada: 2,99%, Russland: 2,75%)
1948:
Eine Währungsreform in den von des Westalliierten besetzten Zonen Deutschlands ruft die D-Mark ins Leben.
1948:
Der Haager Europakongress (7. bis zum 10. Mai 1948) legte die Basis für eine Union zwischen den Europäern. Die privat initiierte Konferenz brachte verschiedene Gruppen der europäischen Einheitsbewegung zusammen.
Unter der Schirmherrschaft von Winston Churchill diskutierten über 700 europäische Aktivisten, vor allem aus der u.a. von Altiero Spinelli gegründeten Union Europäischer Föderalisten und dem United Europe Movement, über die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen eines geeinten Europas.
Die verschiedenen Verbände beschlossen, sich zur Europäischen Bewegung zu vereinigen, die Ende 1948 gegründet wurde. Das in Den Haag erarbeitete Abschlussmanifest gab außerdem die Initialzündung zur Gründung des Europarats 1949.
In seiner gefeierten Ansprache verglich Churchill die Sowjetunion mit einer Bedrohung, gegen die es sich zu wehren gelte.
1950:
Am 9. Mai 1950 schlug der französische Außenminister Robert Schuman in einer Rede die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) vor, deren Mitglieder ihre Kohle- und Stahlproduktion zusammenlegen sollten.
Die EGKS (Gründungsmitglieder: Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Belgien und Luxemburg) war die erste einer Reihe supranationaler europäischer Institutionen, die schließlich zur heutigen Europäischen Union wurden.
1951:
Am 18. April 1951 wurde in Paris der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) unterzeichnet. Er trat am 23. Juli 1952 in Kraft und seine Laufzeit war auf fünfzig Jahre begrenzt. Der Vertrag ist am 23. Juli 2002 ausgelaufen.
1957:
Frankreich, Italien, West-Deutschland, Belgien, die Niederlande und Luxembourg unterzeichnen die Römischen Verträge , durch die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft [EWG] begründet wird.
Erinnerungen zum 50. Jahrestag
1962:
Ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln, Preiskontrolle, Subventionen, Produktivität …
1962 muss die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Landwirtschaft zu Hilfe kommen, die von zwei Kriegen geschwächt ist. In 50 Jahren ist der Anteil des Agrarsektors am Gesamthaushalt der EWG von 70% auf 40% gefallen. Trotz dieses Rückgangs steht die GAP sehr in der Kritik:
Überproduktion, hohe Sozialkosten, aufgegebene Betriebe, zu hohe Umverteilungen…
1967:
Die EWG wird zur Europäischen Gemeinschaft [EG] fortentwickelt.
1968:
Durch die Zollunion werden Zölle zwischen den EG-Staaten abgeschafft und Importbeschränkungen aufgehoben. Zwischen EG- und Nicht-EG-Staaten gilt eine einheitliche Zoll-Rate.
1969:
Der nach dem Luxemburger Pierre Werner benannte Werner-Plan sieht die Einführung einer Gemeinschaftswährung innerhalb von 10 Jahren vor.
1971:
Die USA geben den Gold-Standard und das System der festen Wechselkurse auf, was auch den Werner-Plan zu Fall bringt.
1972:
Die EG-Staaten rufen den Europäischen Währungsverbund ins Leben. Am 26. September 1972 lehnt Norwegen in einer Volksabstimmung den EG-Beitritt ab.
1973:
Durch den Beitritt von Großbritannien, Irland und Dänemark wächst die Zahl der EG-Mitglieder auf neun an.
1979:
Im März wird die künstliche Europäische Währungseinheit ECU [European Currency Unit] geschaffen.
Im Juni finden die ersten direkten Wahlen für das Europa-Parlament statt.
1981:
Griechenland wird EG-Mitglied.
1986:
Spanien und Portugal werden aufgenommen.
1990:
Im Juni wurde das Schengen-Abkommen zwischen Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten unterzeichnet. Es sieht vor, bis 1995 die Grenzkontrollen zwischen diesen Ländern abzuschaffen, zudem soll es in der Asyl- und Sicherheitspolitik eine bessere Koordination geben. In den folgenden zwei Jahren werden auch Italien, Spanien, Portugal und Griechenland Schengen-Mitglieder.
1990:
Bei der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) handelt es sich um einen Prozess der Harmonisierung der Wirtschafts- und Währungspolitik der EU-Mitgliedstaaten, die die Einführung des Euro als gemeinsame Währung ermöglichen soll. Sie war Gegenstand einer Regierungskonferenz im Dezember 1991 in Maastricht.
Die WWU entwickelte sich in drei Stufen:
- Stufe I (1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1993): Liberalisierung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten, engere wirtschaftspolitische Abstimmung der Regierungen, verstärkte Zusammenarbeit der Zentralbanken;
- Stufe II (1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1998): Konvergenz der innerstaatlichen Wirtschafts- und Währungspolitiken (Ziele: Preisstabilität und Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite), Errichtung des Europäischen Währungsinstituts (EWI) und danach der Europäischen Zentralbank (EZB) im Jahr 1998;
- Stufe III (seit 1. Januar 1999): unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse, Einführung der einheitlichen Währung an den Devisenmärkten und im elektronischen Zahlungsverkehr. Einführung des Euro-Bargelds.
Bisher haben 18 der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union die einheitliche Währung eingeführt.
Drei Mitgliedstaaten haben die gemeinsame Währung nicht eingeführt, nämlich das Vereinigte Königreich und Dänemark, für die eine Ausnahmeregelung gilt, sowie Schweden, das den Euro nach einem negativ verlaufenen Volksentscheid im September 2003 ebenfalls nicht eingeführt hat. Die Staaten, die der Union am 1. Mai 2004 bzw. am 1. Januar 2007 beigetreten sind, sollten den Euro einführen, sobald sie alle Konvergenzkriterien hierfür erfüllen. Eine Ausnahmeregelung wurde ihnen in den Beitrittsverhandlungen nicht gewährt.
1991:
Das Abkommen über die Sozialpolitik wurde im Dezember 1991 von 11 Mitgliedstaaten – das Vereinigte Königreich wollte sich nicht daran beteiligen – unterzeichnet. Es legt zum einen die sozialpolitischen Ziele im Einklang mit der Sozialcharta von 1989 fest: Förderung der Beschäftigung, Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, Bekämpfung der Ausgrenzung, Förderung der Humanressourcen usw. Zum anderen schreibt es die Verfahren für die Annahme sozialpolitischer Maßnahmen fest und bekräftigt die Schlüsselrolle der Sozialpartner in diesem Bereich.
Bei seiner Unterzeichnung war das Abkommen dem Protokoll über die Sozialpolitik beigefügt, mit dem das Vereinigte Königreich die anderen Mitgliedstaaten ermächtigte, auf dem Gebiet der Sozialpolitik voranzuschreiten, ohne selbst teilzunehmen.
Nach dem Regierungswechsel im Mai 1997 erklärte sich das Vereinigte Königreich bereit, seinen Sonderweg aufzugeben. Daraufhin wurde das Abkommen über die Sozialpolitik mit dem Amsterdamer Vertrag in das einschlägige Kapitel des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft eingegliedert. Diese Einbindung führte zur förmlichen Aufhebung des Protokolls über die Sozialpolitik.
1991:
Mit dem Ziel bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine Europäische Wirtschafts- und Währungsunion zu schaffen, hat der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs im Dezember 1991 in Maastricht den „Vertrag über die Europäische Union“ vereinbart.
Der damaligen Bundesfinanzministers, Dr. Theodor Waigel fasste diese Vereinbarung in seiner ‚Münchhausen-Rede‘ am 5. Dezember 1991 vor dem Deutschen Bundestag zusammen.
1992:
Am 7. Februar unterzeichnen die 12 EG-Länder den Vertrag von Maastricht, der am 1. November 1993 in Kraft tritt.
Die EG heißt nun Europäische Union [EU]. Der Vertrag sieht die Einführung einer gemeinsamen Währung bis zum 1. Januar 1999 [als Buchgeld – 1. Januar 2002 auch als Bargeld] vor. Voraussetzung für die Teilnahme sind Konvergenzkriterien, d. h. das Defizit muss unter drei, die Schulden müssen unter 60 Prozent des BIP liegen. Zudem werden eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik sowie eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Justiz und des Innern vereinbart.
1993:
– EU-Beitrittskriterien
Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung in Kopenhagen Beitrittskriterien festgelegt, die 1995 vom Europäischen Rat in Madrid bestätigt wurden.
Um EU-Mitglied werden zu können, muss ein Staat drei Bedingungen erfüllen:
- Politisches Kriterium: institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten
- Wirtschaftliches Kriterium: funktionsfähige Marktwirtschaft und Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten
- Acquis-Kriterium: Fähigkeit, die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu übernehmen und sich die Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion zu Eigen zu machen (Übernahme des „Acquis communautaire„, d. h. des gemeinschaftlichen Besitzstands)
Damit der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen beschließen kann, muss das politische Kriterium erfüllt sein.
Jedes beitrittswillige Land muss die Beitrittskriterien erfüllen. Heranführungsstrategie und Beitrittsverhandlungen geben hierfür den Rahmen und die erforderlichen Instrumente vor.
1995:
Finnland, Schweden und Österreich treten er nun 15 Mitgliedstaaten umfassenden EU bei. Am 26.März tritt das Schengen-Abkommen in Kraft. Dadurch wird ein EU-Binnenmarkt geschaffen. Grenzkontrollen gibt es zwischen den meisten Ländern nun nicht mehr. Im Dezember wird auf dem EU-Gipfel in Madrid beschlossen, die künftig Gemeinschaftswährung EURO zu nennen.
1998:
Am 3. Mai legen elf Euro-Staaten den 1. Januar 1999 als Startdatum der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion [EWWU] und des Euro fest. Am 2. Juni nimmt die Europäische Zentralbank in Frankfurt die Arbeit auf.
Präsident wird der Holländer Wim Duisenberg.
dazu:
Sprachführer „Eurojargon“
Bedienstete der EU-Institutionen und Journalisten, die in den Medien über die Tätigkeiten der EU berichten, verwenden häufig „Eurojargon“, d. h. Ausdrücke, die nur im Kreise der „Eingeweihten“ verstanden werden. Dieser Eurojargon kann für die Öffentlichkeit sehr verwirrend sein.
Deshalb hat man seitens der EU diesen Sprachführer erstellt, um auch Sie in die „Geheimnisse des Eurojargon“ einzuweihen.
zum Eurojargon
Fahrplan zu den weitreichenden EWU-Entscheidungen im Frühjahr 1998
Veröffentlicht: 3. November 1997 Abgelegt unter: Konvergenz - Konvergenzkriterien, Wirtschafts- und Währungsunion | Tags: Konvergenzkriterien Hinterlasse einen KommentarAnfang 1998 wird Großbritannien turnusgemäß für ein halbes Jahr die Präsidentschaft in der Europäischen Union übernehmen. Nachdem die britische Regierung kürzlich eine Teilnahme ihres Landes für die nächsten Jahre ausgeschlossen hat, ist es nicht ohne Ironie, daß gerade in diesem Zeitraum die große Entscheidung zur Europäischen Währungsunion (EWU) ansteht.
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Ziel dieses Artikels ist es, einen groben Überblick über den im Frühjahr nächsten Jahres anstehenden Entscheidungsprozess zu geben, soweit dies aus heutiger Sicht möglich ist.
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Ende Februar/Anfang März: Konvergenzdaten von Eurostat
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Ende März: Konvergenzberichte des EWI und der Europäischen Kommission
[…]
April: parlamentarische Konsultationen
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1.-3. Mai: Empfehlung des Ecofin-Rates und Entscheidung des Europäischen Rates
[…]
Rolle der Bundesbank und des BVerfG noch offen, aber wohl ohne großes Risiko
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Die Rolle der Deutschen Bundesbank im Entscheidungsprozeß gab wiederholt Anlaß zu Spekulationen. Ein “Minderheitsvotum” der Bundesbank im Gutachten des EWI ist nicht auszuschließen, erscheint aus heutiger Sicht aber eher unwahrscheinlich. Unabhängig davon ist mit einer expliziten Stellungnahme der Bundesbank im Hinblick auf die erreichte Konvergenz zu rechnen, da sie im Zuge der parlamentarischen Beratungen in Deutschland wahrscheinlich zu einer eigenen Beurteilung aufgefordert wird. Dieser Aufforderung würde sie sicherlich nachkommen. Dabei könnte die Bundesbank etwa hinsichtlich der Dauerhaftigkeit der Konvergenzerfolge oder der Notwendigkeit struktureller Reformen möglicherweise eine etwas kritischere Haltung einnehmen
als andere Institutionen. Ihren offiziellen Einfluß wird die Bundesbank aber primär im Rahmen des EWI-Berichts zur Geltung
bringen.
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Nach der EWU-Entscheidung (oder auch früher) ist mit einer Anrufung des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu rechnen (vier deutsche Professoren [Anm. Hankel et.al.] haben diesen Schritt bereits angekündigt).
Die Chancen, daß die EWU-Mitgliedschaft Deutschlands durch ein verfassungsgerichtliches Urteil untersagt werden könnte, erscheinen allerdings sehr gering. Es ist fraglich, ob das Gericht den Fall überhaupt annehmen und sich erneut mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der EWU beschäftigen wird. Nach verbreiteter Auffassung haben Regierung und Parlamente auch und gerade im Licht des BVerfG-Urteils zum Maastricht-Vertrag bei der Auslegung der Teilnahmebedingungen für die EWU einen gewissen Spielraum, den der Vertrag ausdrücklich vorsieht. In dem zitierten Urteil gesteht das Gericht dem Europäischen Rat ausdrücklich “Einschätzungs-, Bewertungs- und Prognosespielräume” zu, er dürfe sich aber nicht von den vertraglich festgelegten Konvergenzkriterien lösen. Eine vertragswidrige Aufweichung der Kriterien kommt somit nicht in Frage, wird angesichts der beeindruckenden Konvergenzbilanz der voraussichtlichen EWU-Gründungsmitglieder aber wohl ohnehin nicht erfolgen.
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Ziel ist ein harmonischer Entscheidungsprozess
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Wenn im Vorfeld der EWU überhaupt noch Finanzmarktturbulenzen drohen, so ist die Phase vor der großen Entscheidung Anfang Mai 1998 sicher die gefährlichste. Unsicherheiten und Spekulationen über den Teilnehmerkreis (oder auch die bilateralen Umrechnungskurse zwischen den teilnehmenden Währungen) könnten noch zu Irritationen auf den internationalen Finanzmärkten führen, die im Extremfall kurz vor dem Ziel sogar zu erneuten Divergenzen in der Zins- und Wechselkursentwicklung führen könnten (allerdings ohne die Erfüllung der Kriterien noch zu gefährden).
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Zu heftigen Marktreaktionen würde es vor allem dann kommen, wenn die Entscheidungen des Europäischen Rates hinsichtlich der Teilnehmer (vom Starttermin 1999 ganz zu schweigen) sich nicht mit den Erwartungen der Finanzmarktakteure decken oder wenn die Entschließungen von Bundestag und Bundesrat von den Empfehlungen des EWI und der Kommission abweichen.
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Wir halten derartige Szenarien allerdings für wenig wahrscheinlich.
Gleichwohl: Um derartige Turbulenzen von vornherein auszuschließen, werden die beteiligten Entscheidungsträger aller Voraussicht
nach versuchen, den Prüfungs-, Abstimmungs- und Entscheidungsprozess so transparent und berechenbar wie möglich zu gestalten.
Denkbar erscheint zunächst ein gewisser informeller Meinungsaustausch zwischen EWI und der Europäischen Kommission, um widersprüchliche Beurteilungen der Konvergenzlage in der EU zu vermeiden.
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Zwischen den nationalen Regierungen ist außerdem mit einer frühzeitigen, inoffiziellen Abstimmung hinsichtlich des Teilnehmerkreises zu rechnen. Denn ein EU-Gipfel Anfang Mai, auf dem tatsächlich noch kritische Entscheidungen anstünden, wäre zumindest aus Sicht der Finanzmärkte sehr problematisch. Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, dürften die heiklen Entscheidungen daher bereits weitgehend gefallen und der Öffentlichkeit signalisiert worden sein, wenn die EU-Staats- und Regierungschefs mit ihren Ministern Anfang Mai in Brüssel eintreffen.
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Jens Dallmeyer – DB Research
Fortschritte auf dem Wege zur Konvergenz (1996)
Veröffentlicht: 30. November 1996 Abgelegt unter: DEUTSCHE BUNDESBANK, EUROPÄISCHE UNION (EU), EZB, Konvergenz - Konvergenzkriterien | Tags: Österreichische Nationalbank, öffentliche Haushalte, öffentliche Verschuldung, Bundesbank, Defizite, Europäisches Währungsinstitut, Konvergenz, Konvergenzkriterien, Leistungsbilanz, Lohnstückkosten, Preisstabilität, Verbraucherpreise, Wechselkursentwicklung, Zentralbanken, Zinsdifferenzen Hinterlasse einen KommentarFORTSCHRITTE AUF DEM WEGE ZUR KONVERGENZ – 1996
November 1996C3 Europäisches Währungsinstitut, 1996
Postfach 10 20 3 1, D-60020 Frankfurt am MainÜbersetzt und gedruckt im Auftrag der Deutschen Bundesbank und der Oesterreichischen Nationalbank
Alle Rechte vorbehalten. Die Anfertigung von Photokopien für Ausbildungszwecke und nicht kommerzielle Zwecke ist gestattet vorausgesetzt, die Quelle wird angegeben.
Druck Kern & Birner GmbH + Co., D-60486 Frankfurt am Main
ISBN 92-9166-329-8 (online)Inhalt
Zusammenfassung
Einleitung I
Kapitel I
Konvergenzkriterien
I Wichtige Gesichtspunkte bei der Beurteilung der Konvergenz im Jahr 1996
2 Das Kriterium der Preisstabilität2.1 Entwicklung der Verbraucherpreise im Vergleich zum Referenzwert
2.2 Jüngste Entwicklungen der Verbraucherpreise: Tendenzen und Bestimmungsfaktoren
2.3 Beurteilung
3 Das Kriterium zur Lage der öffentlichen Haushalte
3.1 Die Lage der öffentlichen Haushalte im Vergleich zu den Referenzwerten
3.2 Die öffentlichen Defizite
3.3 Die öffentliche Verschuldung
3.4 Beurteilung
4 Das Kriterium der Wechselkursentwicklung
4.1 Entwicklung der Wechsellturse seit Oktober 1994
4.2 Bestimmungsfaktoren
4.3 Entwicklung der gewogenen Außenwerte
4.4 Beurteilung
5 Das Zinskriterium
5.1 Jüngste Ergebnisse im Vergleich zum Referenzwert
5.2 Jüngste Entwicklung der langfristigen Zinssätze: Tendenzen und Bestimmungsfaktoren
5.3 Jüngste Entwicklung der Zinsdifferenzen und ihre Bestimmungsfaktoren
5.4 Beurteilung
6 Sonstige Faktoren bei der Beurteilung der Konvergenz
6.1 Einführung
6.2 Entwicklung der Lohnstückkosten und anderer Preisindizes
6.3 Lage und Entwicklung der Leistungsbilanz
6.4 Integration der Märkte
6.5 Die Entwicklung der ECU
7 Beurteilung der in den einzelnen Ländern erzielten Ergebnisse
Anhang 1
Statistische Fragen und Fortschritte bei der Harmonisierung von Statistiken zu den Konvergenzindikatoren
Kapitel I1
Erfüllung der an die nationalen Zentralbanken gestellten rechtlichen Anforderungen für die Teilnahme am ESZB
I Einleitung
2 Unabhängigkeit der Zentralbanken
2.1 Institutionelle Unabhängigkeit
2.2 Personelle Unabhängigkeit
2.3 Funktionelle Unabhängigkeit
2.4 Finanzielle Unabhängigkeit
3 Unvereinbarkeiten zwischen dem Vertrag und den Satzungen der nationalen Zentralbanken im Bereich der Unabhängigkeit der Zentralbanken
4 Andere rechtliche Anforderungen an die nationalen Zentralbanken für die Teilnahme am ESZB
5 Änderung der Rechtsvorschriften
Anhang 1
Institutionelle Merkmale der nationalen Zentralbanken in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter besonderer Berücksichtigung der Unabhängigkeit der Zentralbanken
Verzeichnis der Kästen, Tabellen und Abbildungen
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