VG Berlin: Entscheidung zur Verkürzung des Genesenen-Status ist rechtswidrig!

VG Berlin:

Entscheidung zur Verkürzung des Genesenen-Status ist rechtswidrig!

 

Pressemitteilung 6/2020 vom 17.02.2022

 

Die bundesrechtliche Verkürzung der Geltungsdauer des Genesenenstatus durch das Robert Koch-Institut (RKI) ist rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Bei den beiden Antragstellern handelt es sich um natürliche Personen, die nicht gegen das Coronavirus geimpft sind und im Oktober 2021 positiv auf das Virus getestet wurden. Sie wenden sich mit ihrem Eilantrag gegen die unlängst aufgrund der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeveordnung (SchAusnahmV) und der Coronavirus-Einreiseverordnung (CoronaEinreiseV) durch das Robert Koch-Institut vorgenommenen Verkürzung der Geltungsdauer des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate. Damit würden ihre unter der alten Rechtslage noch geltenden Erleichterungen und Ausnahmen von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen in zeitlicher Hinsicht verkürzt. Sie treffe deshalb insbesondere eine zehntätige Quarantänepflicht nach der Rückkehr von ihrem Kurzaufenthalt in Dänemark, einem Hochrisikogebiet, von der sie vor der Neuregelung noch ausgenommen gewesen wären.

Die 14. Kammer hat dem Eilantrag stattgegeben. Nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung sei mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Vorschriften, auf denen die gerügte Verkürzung durch das Robert Koch-Institut beruhe (§ 2 Nr. 5 SchAusnahmV und § 2 Nr. 8 CoronaEinreiseV), sich im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen würden.

Über die Geltungsdauer des Genesenenstatus habe nach den Verordnungsermächtigungen im Infektionsschutzgesetz nämlich die Bundesregierung selbst zu entscheiden. Indem diese die Entscheidung, bei welchen Personen von einer Immunisierung auszugehen ist, in beiden Verordnungen auf das Robert Koch-Institut als Bundesoberbehörde übertragen habe, überschritten diese Regelungen die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung. Schon deshalb bedürfe es hier u.a. keiner Entscheidung, ob die zeitliche Verkürzung von sechs auf drei Monate auf ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe bzw. hinreichend begründet worden sei. Damit betrage die Geltungsdauer des Genesenenstatus für die Antragsteller bis auf Weiteres sechs Monate.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Beschluss der 14. Kammer vom 16. Februar 2022 (VG 14 L 24/22)


VG Ansbach hebt Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage nach einer Infektion mit COVID-19 auf !

VG Ansbach hebt Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage nach einer Infektion mit COVID-19 auf !

 

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat mit heute bekanntgegebenem Beschluss dem Eilantrag von zwei Personen stattgegeben und vorläufig festgestellt, dass der Genesenenstatus der Antragsteller wie in den Genesenennachweisen ausgewiesen fortbesteht und damit sechs Monate beträgt und keine Verkürzung auf 90 Tage erfahren hat.

Die Antragsteller hatten sich mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert und erhielten daraufhin vom zuständigen Gesundheitsamt eine Bescheinigung, womit der Genesenenstatus für sechs Monate nachgewiesen werden könne.

Mit Verordnung vom 14. Januar 2022 wurde § 2 Nr. 5 der SchutzmaßnahmenAusnahmenverordnung (SchAusnahmV) mit Gültigkeit ab 15. Januar 2022 dahingehend geändert, dass diese Norm nun nicht mehr einen Genesenenstatus von sechs Monaten vorsah, sondern bezüglich des Zeitraums des Genesenenstatus auf die Internetseite des Robert Koch-Instituts verwies. Auf der entsprechenden Internetseite des Robert Koch-Instituts findet sich seit dem 15. Januar 2022 der Hinweis, dass der Genesenenstatus maximal 90 Tage betragen dürfe.

Gegen diese Verkürzung von sechs Monaten auf 90 Tage wenden sich die Antragsteller. Die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach gab dem Eilantrag statt.

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14. Januar 2022 bei summarischer Prüfung aus formellen Gründen verfassungswidrig sei. Denn der Verweis des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV auf die Internetseite des Robert Koch-Instituts erweise sich bei summarischer Prüfung als verfassungswidrig, da gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verstoßen werde:

Durch den Verweis auf die Internetseite treffe der Gesetzgeber nicht selbst diese wesentliche Regelung über den Genesenenstatus, sondern überlasse dies einer behördlichen Institution. Eine Prüfung, ob die Verkürzung des Genesenenstatus insgesamt verfassungs-widrig ist, nehme das Gericht daher nicht mehr vor.

Der Beschluss wirkt nur zwischen den Verfahrensbeteiligten. 
Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.
(VG Ansbach, Beschluss vom 11. Februar 2022, Az.: AN 18 S 22.00234)

Quelle


VG Cottbus kassiert Verbot von unangemeldeten Corona-Demos

VG Cottbus kassiert Verbot von unangemeldeten Corona-Demos

Am 4. Februar 2022 hat das Verwaltungsgericht Cottbus in einem Eilverfahren entschieden, dass das mit Allgemeinverfügung der Versammlungsbehörde des Landes Brandenburg vom 26. Januar 2022 angeordnete präventive Verbot unangemeldeter Versammlungen rechtswidrig ist.

Untersagt wurden darin insbesondere die als „Cottbuser Spaziergänge“ bezeichneten Versammlungen gegen die Corona-Beschränkungen. Diese Spaziergänge fanden seit Dezember 2021 im Gebiet der Stadt Cottbus ohne Anmeldung statt. Das angeordnete Versammlungsverbot gilt für den Zeitraum vom 31. Januar bis zum 13. Februar 2022.

Nach Auffassung des Gerichts hat die Versammlungsbehörde nicht hinreichend begründet, dass konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass es zu unangemeldeten Versammlungen kommen wird, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer besonders schwerwiegenden Infektionsgefahr oder anderen schwerwiegenden Gefahren der öffentlichen Sicherheit einhergehen.

Der pauschale Verweis auf Verstöße insbesondere gegen die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske und Einhaltung des Mindestabstandsgebots ohne Plausibilisierung und Darlegung konkreter Einzelheiten genügen nicht. Zudem bedürfe es angesichts des hohen Stellenwert der Versammlungsfreiheit stets einer aktuellen Prognose zu den möglichen Infektionsgefahren aufgrund der tatsächlichen Corona-Fallzahlen.

Gegen den Beschluss (Aktenzeichen: VG 3 L 29/22) ist Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt worden.

Pressemitteilung VG Cottbus


VG Osnabrück hält Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage für verfassungswidrig

VG Osnabrück hält Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage für verfassungswidrig

 

 In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück den Landkreis Osnabrück (Antragsgegner) mit Beschluss vom heutigen Tage dazu verpflichtet, dem Antragsteller einen 6 Monate umfassenden Genesenennachweis auszustellen.

Die Kammer hält die Verkürzung des Genesenstatus auf 90 Tage durch den Verweis in der am 14. Januar 2022 geänderten „Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19“ (Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahme­verordnung – SchAusnahmV) auf die Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) für verfassungswidrig und damit unwirksam. Deshalb sei die Verordnung in der Fassung vom 8. Mai 2021 anzuwenden, die den Genesenennachweis für den Zeitraum 28 Tage nach (positiver) PCR-Testung bis 6 Monate bestimme (§ 2 Nr. 5 SchAusnahmV).

Zur Begründung führte die Kammer aus, dass der Genesenenstatus und damit seine Dauer eine hohe Bedeutung für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger habe. Es liege auf der Hand, dass der Ausschluss des Einzelnen von der Teilnahme am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben für den Einzelnen eine hohe Grundrechtsrelevanz, insbesondere in Bezug auf die Allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, die körperliche Unversehrtheit des Art. 2 Abs. 2 GG unter dem Gesichtspunkt der psychischen Gesundheit und auf die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG – sowie auf weitere Grundrechtspositionen – habe.

Es verstoße in Anbetracht der Bedeutung des Genesenenstatus für den Einzelnen gegen Verfassungsrecht, dass der Verordnungsgeber die Dauer des Genesenenstatus mittelbar durch einen (dynamischen) Verweis auf die vom RKI im Internet veröffentlichen Vorgaben auf – aktuell – 90 Tage nach festgestellter Infektion beschränke. Für diese Weiterdelegation auf das RKI fehle es an einer Rechtsgrundlage, der Verweis auf eine sich ständig ändernde Internetseite des RKI sei intransparent und zudem unbestimmt. Ob derartig weitreichende Entscheidungen zudem einem Parlamentsvorbehalt unterlägen, also nur von dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber getroffen werden dürften, oder ob sie auch die Verwaltung treffen dürfe, könne letztlich offenbleiben.

Auch in der Sache fehle es für eine Verkürzung des Genesenenstatus an einer wissenschaftlich fundierten Grundlage. Das RKI habe nicht hinreichend wissenschaftlich aufgearbeitet, ob es belegt sei, dass nach 90 Tagen der Schutz Genesener vor einer Infektion ende.

Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag außerdem erreichen wollte, dass sein Genesenenstatus schon ab dem Zeitpunkt der Entlassung aus der Quarantäne gelten sollte, blieb der Antrag erfolglos. Die 28-Tage-Regelung in der SchAusnahmV aus Mai 2021 beruhe auf nachvollziehbaren wissenschaftlichen Erwägungen. Damit werde sichergestellt, dass mit dem Genesenennachweis auch ein ausreichender Immunschutz einhergehe.

Der Beschluss (Az. 3 B 4/22  ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.

Der Beschluss hat unmittelbar nur Folgen für den Antragsteller, der Anspruch auf den Genesenennachweis zur Dauer von 6 Monaten hat. Andere Genesene, die ihren verkürzten Nachweis nicht akzeptieren, müssten sich deshalb grundsätzlich auch an das Gericht wenden, sofern die Verordnung nicht geändert wird. Das Verwaltungsgericht hat – anders als das Oberverwaltungsgericht – keine allgemeine Normverwerfungskompetenz.

Der Beschluss wird zeitnah in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Justiz (www.rechtsprechung.niedersachsen.de/) veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund wird gebeten, von individuellen Anfragen zur Übersendung des Beschlusses abzusehen.

Quelle:

Presseinformation 02/2022 des Verwaltungsgerichts Osnabrück Az. 3 B 4/22


VGH Mannheim kippt 2G-Regel für den Einzelhandel in Baden-Württemberg

VGH Mannheim kippt 2G-Regel für den Einzelhandel in Baden-Württemberg

 

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit Beschluss vom 25. Januar 2022 § 17 Abs. 1 der Corona-Verordnung mit sofortiger Wirkung insoweit außer Vollzug gesetzt, als die Vorschrift Geltung für die „eingefrorene Alarmstufe II“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO beansprucht. Denn das „Einfrieren der Alarmstufe II“ durch die Corona-Verordnung der Landesregierung sei voraussichtlich rechtswidrig.

Sachverhalt
Der Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen § 17 Abs. 1 der CoronaVO der Landesregierung in der Fassung vom 11. Januar 2022. Sie betreibt ein Schreibwarengeschäft im Ortenaukreis und sieht sich in ihrer Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Schreibwarengeschäfte seien nicht weniger wichtig als Blumengeschäfte, die die Landesregierung zur Grundversorgung rechne und die daher keinen 2 G-Beschränkungen unterlägen. Das Einfrieren der Alarmstufe II sei mit den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes unvereinbar.

Die Landesregierung (Antragsgegner) ist dem Antrag entgegengetreten. Die Vorschrift über das Einfrieren der Alarmstufe II werde im Anschluss an den Beschluss des VGH vom 20. Januar 2022 zur Rechtswidrigkeit der eingefrorenen Alarmstufe II für Studierende zeitnah aufgehoben. Es handele sich um eine vorübergehend zur Anwendung kommende Ausnahmeregelung, mit der der Verordnungsgeber auf das aktuelle Infektionsgeschehen und den derzeit nur beschränkten wissenschaftlichen Erkenntnisstand reagiere. Die 2 G-Beschränkungen für den Einzelhandel seien rechtmäßig.

Beschluss des VGH
Der 1. Senat des VGH hat § 17 Abs. 1 CoronaVO insoweit außer Vollzug gesetzt, als die Vorschrift Geltung für die „eingefrorene Alarmstufe II“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO beansprucht. Das „Einfrieren der Alarmstufe II“ sei – wie der Senat bereits für Studierende entschieden habe (vgl. Pressemitteilung vom 21. Januar 2022) – voraussichtlich rechtswidrig. Eine Vorschrift, die ausdrücklich „unabhängig“ von der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz weitreichende Zugangsbeschränkungen für nicht-immunisierte Personen normiere, stehe mit den gesetzlichen Vorgaben aus § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG nicht in Einklang. Erhebliche Grundrechtsbeschränkungen könnten nicht abgekoppelt von der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz angeordnet werden. Die Beschränkung des Zugangs zum Einzelhandel sei keine Maßnahme des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG. Der Gesetzgeber sei ausdrücklich davon ausgegangen, dass zu den Maßnahmen des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG nur „niederschwellige“ Maßnahmen gehörten.

Der VGH lehnte den Antrag jedoch insoweit ab, als sich die Antragstellerin gegen die Regelung des § 17 Abs. 1 CoronaVO zur (schwellenwertabhängigen) Alarmstufe i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO und zur (schwellenwertabhängigen) Alarmstufe II i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO wandte. Diese Beschränkungen beruhten voraussichtlich auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage und verletzten die Antragstellerin nicht in ihrer Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsrecht (vgl. auch Pressemitteilung des VGH vom 12. Januar 2022).

Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar (1 S 89/22).

Folgen des Beschlusses
Für den Einzelhandel gilt aufgrund des Beschlusses des VGH nun (Stand heute) die Alarmstufe nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO.

Quelle: Pressemitteilung des VGH Mannheim 


OVG des Saarlandes setzt „2G-Regel“ für Einzelhandel im Saarland außer Vollzug

OVG des Saarlandes setzt „2G-Regel“ für Einzelhandel im Saarland außer Vollzug

 

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat mit Beschluss vom heutigen Tag – 2 B 295/21 – einem Eilantrag mehrerer saarländischer Fachmärkte für Elektronikartikel auf vorläufige Außervollzugsetzung der Zutrittsbeschränkung zu Einzelhandelsgeschäften nach der 2G-Regelung stattgegeben.[1] 

Nach der beanstandeten Bestimmung ist nicht-immunisierten Personen der Zutritt unter anderem zu den Elektronikmärkten verwehrt (sog. 2G-Konzept). Die Entscheidung bedeutet, dass im Saarland bis auf Weiteres die 2G-Regelung im Einzelhandel generell nicht mehr anzuwenden ist.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die angegriffene Regelung gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Bestimmtheit von Normen. Nach der beanstandeten Vorschrift sind von der Zugangsbeschränkung Ladenlokale ausgenommen, deren Waren- oder Dienstleistungsangebot der Deckung des täglichen Bedarfes dient. Diese Formulierung wird durch eine nicht abschließende beispielhafte Aufzählung von Ladengeschäften und Einrichtungen konkretisiert.

Die einzelnen im Ausnahmekatalog genannten Ladenlokale und die amtlichen Ausführungen in der Begründung der Regelung lassen, so das OVG, den Schluss zu, dass der Begriff der Deckung des täglichen Bedarfs nicht alleiniges Abgrenzungsmerkmal für die Befreiung von der Zutrittsbeschränkung ist.

Nach welchen konkreten Kriterien sonstige Einzelhandelsbetriebe, die ebenfalls nicht grundbedarfsdeckend sind, von der Ausnahmeregelung erfasst werden sollen, bleibe unklar. Denn weder aus dem Ausnahmekatalog noch aus der amtlichen Begründung ergäben sich einheitliche, objektivierbare Kriterien für den erweiterten Geltungsbereich der Regelung. Es sei aber nicht Aufgabe der Gerichte, anstelle des Verordnungsgebers eigene Vorgaben festzulegen, die in der angegriffenen Regelung selbst keinen Ursprung hätten.

Abgesehen davon ergeben sich nach Auffassung des zuständigen Senats weitere durchgreifende Bedenken im Hinblick auf die angegriffene Regelung, weil der Verordnungstext selbst keine Regelung enthalte, wie sogenannte Mischbetriebe einzuordnen seien. Lediglich in der amtlichen Begründung seien hierzu Ausführungen erfolgt. Demzufolge komme es letztlich auf den Gesamteindruck des Betriebes anhand einer ganzheitlichen Betrachtung individueller Natur an. Die konkrete Einordnung obliege dabei den zuständigen Behörden vor Ort. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts führe dies letztlich zu einer uneinheitlichen Vollzugspraxis.

Schließlich betont der zuständige Senat, dass ungeachtet der vorläufigen Außervollzugsetzung der Zutrittsbeschränkungen nach der 2 G-Regelung im Einzelhandel generell die vom Verordnungsgeber beziehungsweise in einschlägigen Hygienekonzepten übergreifend vorgegebenen allgemeinen Maßnahmen und Vorkehrungen der Kontaktvermeidung zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Infektion mit dem SARS-CoV2-Virus immer eingehalten werden müssen.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

[1] § 6 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) in der Fassung vom 13. Januar 2022 (Amtsblatt des Saarlandes Teil I vom 13.01.2022, Seite 14 f.

Pressemitteilung 1/22 des OVG des Saarlandes


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof setzt „2G-Regel“ für Einzelhandelsgeschäfte vorläufig außer Vollzug

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof setzt „2G-Regel“ für Einzelhandelsgeschäfte vorläufig außer Vollzug

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die 2G-Regel für Einzelhandelsgeschäfte vorläufig außer Vollzug gesetzt. Damit habe man einem Eilantrag der Inhaberin eines Beleuchtungsgeschäfts in Oberbayern stattgegeben, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Demnach sei eine 2G-Zugangsbeschränkung für Betriebe des Einzelhandels zwar grundsätzlich möglich, die konkrete bayerische Regelung erfülle die Voraussetzungen aber nicht.

Insbesondere im Hinblick auf die – ausdrücklich nicht abschließend gemeinte – Aufzählung von Ausnahmen und die uneinheitliche Behandlung von sogenannten „Mischsortimentern“ lasse sich der angefochtenen Verordnung nicht mit hinreichender Gewissheit entnehmen, welche Ladengeschäfte von der Zugangsbeschränkung erfasst würden, hieß es zur Begründung. Gegen den Beschluss des Gerichts gibt es keine Rechtsmittel.

BayVGH, Beschluss vom 19. Januar 2022, Az. 20 NE 21.3119

 

Bleibt die Frage wer nun für die bis dato kollektiv aufgekommenen Schäden der unrechtsmäßigen 2G Regelung in Haftung genommen werden kann. Daneben darf man gespannt sein, wie das Bußgeldverfahren des Kreisverwaltungsreferates der Stadt München gegen Media-Markt-Saturn wegen Verletzung der 2G-Regel wohl weitergeht, fragt sich

Ihr Oeconomicus