Ein Lotse mit Rückgrat geht von Bord !
Veröffentlicht: 31. März 2015 Abgelegt unter: Deflationsdebatte - Konjunkturimpulse - Verbriefungen - QE-/OMT-Programme - Entmachtung der Parlamente, Emergency Liquidity Assistance (ELA), FREISTAAT BAYERN, Peter Gauweiler, Quantitative Easing, Regierungs- und Systemkritik | Tags: Bayernplan der CSU vom 19.Juli 2013, Europaplan der CSU vom 10.Mai 2014, Mandatsverzicht 5 KommentareEin Lotse mit Rückgrat geht von Bord !
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Sehr bedauerlich, aber auch nachvollziehbar … Peter Gauweiler hat den Kanal voll und legt alle Ämter nieder!
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Pressemitteilung:
Erklärung von Dr. Gauweiler zum Mandatsverzicht vom 31. März 2015:
(Links- und Querverweise by Oeconomicus)
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Dr. Peter Gauweiler
Bayerischer Staatsminister a.D.
31.März 2015
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„Als ich in das CSU-Präsidium berufen wurde, war meine politische Position in Europafragen völlig klar. Ich habe sie durch mehrere Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht und in vielen öffentlichen Äußerungen zum Ausdruck gebracht.
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Wer Peter Gauweiler zum stellvertretenden CSU-Vorsitzenden wählte, wusste genau, welche Positionen in Sachen Euro- und Rettungspolitik damit gewählt wurden. Von mir ist öffentlich verlangt worden, dass ich -weil CSU-Vize- im Bundestag so abstimme, dass ich mich für das Gegenteil dessen entscheide, was ich seit Jahren vor dem Bundesverfassungsgericht und vor meinen Wählern vertrete und was ich als geltenden Inhalt der CSU-Programme verstehe. Dies ist mit meinem Verständnis der Aufgaben eines Abgeordneten unvereinbar.
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Um das, was ich soeben etwas abstrakt gesagt habe, an einigen Beispielen zu erläutern:
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Die CSU sagt in ihren Programmen, es dürfe keine Vergemeinschaftung von Staatsschulden, keine „Eurobonds“, geben.
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Jetzt führt die EZB mit ihrem neuen Staatsanleihen-Ankaufprogramm de facto Eurobonds ein – eine direkte Vergemeinschaftung von Staatsschulden in Höhe von 20% des Ankaufsvolumens, eine indirekte, verschleierte Vergemeinschaftung in Höhe der restlichen 80%.
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„Die Finanzierung von Krisenstaaten über die Notenpresse lehnen wir ab“
(Europaplan der CSU vom 10.Mai 2014)..
Genau das macht die EZB aber jetzt, zum einen mit dem Staatsanleihen-Ankaufprogramm, zum anderen mit den ELA-Krediten an griechische Banken.
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„Einen stabilen Euro kann es dauerhaft nur geben, wenn alle Länder eine konsequente Haushaltsdisziplin einhalten“
(Bayernplan der CSU vom 19.Juli 2013)..
Die EZB aber nimmt mit ihrer Politik, die Zinsen für Staatsanleihen auf Null Prozent zu drücken, den Eurostaaten jeden Anreiz zur Haushaltsdisziplin.
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Und jetzt zu Griechenland, unserem aktuellen Streitpunkt:
„Krisenstaaten dürfen auch künftig nur Hilfen bekommen, wenn sie im Gegenzug Reformen durchführen und ihre Verschuldung bekämpfen. Wenn ein Staat den Auflagen nicht nachkommt, müssen die Hilfen entsprechend gekürzt oder ganz gestrichen werden.“
„Für überschuldete Staaten soll eine geordnete Staateninsolvenz möglich sein. Dazu soll auch die Möglichkeit gehören, die Eurozone vorübergehend zu verlassen und wieder eine eigene Währung einzuführen. Dieser Prozess soll durch gezielte Wirtschaftshilfe und die Möglichkeit zum Wiedereintritt in die Eurozone begleitet werden“
(Europaplan der CSU vom 10.Mai 2014)..
Die Staatsverschuldung Griechenlands ist, wie der griechische Ministerpräsident und der neue Finanzminister ehrlicherweise erklärt haben, nicht tragfähig. Griechenland –so beide ausdrücklich–
„ist seit 2010 ein bankrotter Staat.“
Warum angesichts dessen meine Gegenstimme gegen eine Verlängerung des aktuellen (offensichtlich völlig wirkungslosen und möglicherweise kontraproduktiven) Programms meinerseits ein Verstoß gegen die CSU-Parteidisziplin gewesen sein soll, ist mir unklar..
Die Auseinandersetzung der Parteien, aber auch die innerparteiliche Demokratie lebt von dem Respekt der anderen Meinung und dem Wettstreit der Argumente.
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Wie jeder in der Parteiführung habe ich eine Verantwortung gegenüber meiner Partei, und ich habe eine Verantwortung gegenüber meinen Wählern. Und nach der Verfassung habe ich –wie jeder Abgeordnete- eine Verantwortung gegenüber dem ganzen Volk. Ich habe glücklicherweise zwischen diesen verschiedenen Schichten von Verantwortung nie einen Widerspruch sehen müssen.
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Denn das, was wir als Partei beschlossen haben, habe ich meinen Wählern als meine Zielsetzung vorgestellt, und ich war zugleich immer überzeugt, dass dies auch im Interesse des Gemeinwohls das ist, was getan werden muss. Wenn dies –wie geschehen– öffentlich in einen kategorischen Gegensatz zur Parteilinie gestellt wird, muss ich die Konsequenzen ziehen. Entsprechende Erklärungen habe ich –in einem persönlichen Gespräch in Sachen meines Parteiamtes – gegenüber dem CSU-Vorsitzenden und in der gesetzlich vorgeschriebenen Form gegenüber dem Bundestagspräsidenten abgegeben.
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Das Schreiben an den Bundestagspräsidenten hat folgenden Wortlaut:
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Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,
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hiermit verzichte ich gemäß § 46 Abs.1 Nr.4 Bundeswahlgesetz auf mein Bundestagsmandat, da ich den mir vom Wähler erteilten Auftrag nicht mehr so ausführen kann, wie ich es für richtig halte.
Auf meine Zeit im Deutschen Bundestag schaue ich dankbar zurück. Es freut mich, wenn ich –auch durch streitige Auseinandersetzungen mit der Parlamentsmehrheit vor dem Bundesverfassungsgericht– einen Beitrag gegen die Ausdünnung des Demokratieprinzips leisten konnte und damit die Volksvertretung gestärkt habe. Die mir im Bundestag anvertraute Aufgabe der Auswärtigen Kultur -und Bildungspolitik empfehle ich weiter der gesonderten Aufmerksamkeit des Hauses.
Dass Sie selbst, sehr geehrter Herr Präsident Lammert, sich immer wieder für die Rechte des einzelnen Abgeordneten eingesetzt haben –auch gegen den Widerspruch der Fraktionsapparate– war mir immer sympathisch. Dafür meinen persönlichen Dank.
Mit herzlichen Grüßen und allen guten Wünschen an meine Kolleginnen und Kollegen bin ich Ihr
Peter Gauweiler.
Für Presserückfragen steht gerne zur Verfügung:
Anne Huning, M.A., Pressereferentin – Tel.:0176/23950139″
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Quelle:
Pressemitteilung – Dr. Peter Gauweiler
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Das Trapsen dänischer Nachtigallen
Veröffentlicht: 30. Januar 2015 Abgelegt unter: Deflationsdebatte - Konjunkturimpulse - Verbriefungen - QE-/OMT-Programme - Entmachtung der Parlamente, European Exchange Rate Mechanism II, Quantitative Easing | Tags: Wechselkursabkommen 3 KommentareGelegentlich hört man in Werbeaussagen für dänische Produkte oder Firmen das nette Bonmot „Dänen können Sie trauen“, was grundsätzlich nicht bezweifelt werden soll.
Tauscht man jedoch das ‚ä‚ mit einem ‚e‚ und denkt dabei an Notenbanken, erhält diese Aussage eine völlig neue Bedeutung, die durchaus mit einem Fragezeichen versehen werden darf, sofern man von der rühmlichen Haltung der Deutschen Bundesbank einmal absieht.
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Seit dem Beitritt zur Eurozone der Baltischen Staaten (Estland: 01.01.2011 – Lettland: 01.01.2014 – Litauen: 01.01.2015), sowie von Slowenien (01.01.2007), Malta (01.01.2008), Zypern (01.01.2008) und der Slowakei (01.01.2009) nimmt nur noch Dänemark am European Exchange Rate Mechanism II bzw. ERM II teil.
Dieses Wechselkursabkommen legt eine maximale Schwankungsbreite von ± 2,25 % um den festgelegten Leitkurs der Dänischen Krone zum Euro fest. Damit ist die dänische Krone stark an den Euro gebunden, was einen schwankenden Wechselkurs gegenüber Währungen, die nicht an den Euro gebunden sind, zur Folge hat.
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Seit jedoch Mario Draghi mit seiner ‚All-In‘ Poker-Strategie -ähnlich wie weiland John Law– in Diebesmanier die Lebensleistungen fleißiger Menschen in Täuschland und Europa abgreift, scheinen sich in die nächtlichen Träumen dänischer Regierungsmitglieder und vor allem den Verantwortlichen der Dänischen Notenbank die Erinnerungen an schmerzhafte Lektionen aus der lateinischen und skandinavischen Münzunion einzunisten.
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Solche Vorbetrachtungen erhalten angesichts der nun nach dem 19. und 22. Januar 2015 erfolgten dritten Reduzierung des dänischen Leitzinses, eine gewisse Bedeutung.
So dürfte es wohl kaum verwundern, dass nach dem SNB-Befreiungsschlag Spekulationen angestellt werden 1), dass man in Dänemark hinter vorgehaltener Hand über die Aufhebung der Euro-Bindung sinnieren mag.
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Selbstverständlich werden Notenbank und Regierung nicht müde, solchen Überlegungen mit markigen Schwüren entgegenzutreten und für meine Begriffe den Märkten zu oft entgegen zu halten, dass keineswegs daran gedacht sei, über eine Entkoppelung der Krone an den Euro nachzudenken.
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Ein Schelm könnte sich an das Lied „Frau Nachtigall“ aus »Des Knaben Wunderhorn«, eine von 1805 bis 1808 veröffentlichte dreibändige Volksliedersammlung von Achim von Arnim und Clemens Brentano erinnert fühlen.
Die beiden ersten Strophen, beginnen mit den Zeilen »Nachtigall, ich hör dich singen« und »Nachtigall, ich seh dich laufen«, woraus nach Berliner Jargon die bekanntere Interpretation
»Nachtijall, ick hör dir trapsen«
entstand.
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Wie sich dies auf dänisch anhört, läßt sich vermutlich bei der Dänischen Notenbank erfragen.
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Ihr Oeconomicus
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1)
Wirtschaftswoche: Dänemark kämpft um Euro-Anbindung
The Telegraph: Denmark slashes rates to record low to protect peg with euro
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korrespondierende Archiv-Beiträge
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19.01.2015
Deutsche Bank im Sog des abgebrochenen Suizid-Versuchs der SNB
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22.01.2015
Ab März 2015 wird der QE-Tsunami geflutet – Wer geht dabei baden ?
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Ab März 2015 wird der QE-Tsunami geflutet – Wer geht dabei baden ?
Veröffentlicht: 22. Januar 2015 Abgelegt unter: Quantitative Easing | Tags: Geldpolitik 7 KommentareMit ihrer geldpolitischen Verzweiflungstat hat die EZB das ultimative Startsignal zur großen Plünderung gegeben.
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Ab März 2015 sollen mit mtl. € 60 frischen Milliarden Anleihen angekauft werden. Draghi kündigte an, dass die Käufe bis September 2016 andauern sollen, was einem theoretisches Ankaufvolumen von etwas mehr € 1 Billion (ca. € 3000 pro Bürger der Eurozone) entspricht.
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Die Schuldenwirtschaft in ihrem Lauf halten weder Ochs‘ noch Esel auf, so das implizite Bekenntnis der Euro-Glycerin-Jongleure !
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Das bringt uns zu der Gleichung Schulden = Guthaben, was indirekt die Frage beantwortet, wer dabei jenseits der 1%, deren Taschen bereits überquellen, baden geht.
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Die Erwartungen insbesondere von Monsieur le Président und des Rottamatore, die sich beide für eine andere Praxis des Fiskalpaktes durchsetzen wollen, wurden somit erfüllt.
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Hollande lag also mit seiner vor französischen Wirtschaftsbossen geäusserten Einschätzung zum EZB-Entscheid richtig:
“Die EZB wird am Donnerstag ihre Entscheidung über den Kauf von Staatsanleihen fällen. Das wird der europäischen Wirtschaft deutlich mehr Liquidität verleihen und auf das Wachstum unterstützend wirken.”
Während Hollande die Dinge direkt aussprach, goss die Kanzlerin in gewohnt nebulöser Weise Baldrian-Tropfen in die pc-konformen Redaktionsstuben, „der Euro stehe nicht vor einer Schicksalswoche“ und betonte die Unabhängigkeit der EZB.
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Dabei klang ihr Diktum wenige Tage zuvor, beim Neujahrsempfang der Deutschen Börse, noch wesentlich schärfer:
“Es muss verhindert werden, dass das Handeln der EZB in irgend einer Weise so erscheinen könnte, dass das, was im Fiskal- und Wettbewerbsbereich gemacht wird, in den Hintergrund tritt. Es passiert sehr schnell, dass man das so sieht, als könnte das Eine das Andere ersetzen. Das geht mit Sicherheit nicht. […] Der Druck auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa muss erhalten bleiben.”
Selbst zum historisch niedrigen Zinsniveau insbesondere für die geschwächten Euro-Staaten sparte Merkel nicht mit diplomatisch verklausulierter Schelte:
“Wer unter diesen Bedingungen es nicht schafft, einigermaßen seine Haushalte zu konsolidieren, dann weiß ich nicht, wie das gehen soll, wenn die Zinsen einmal wieder höher sind. Es ist nicht die Zeit für schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme.”
Ein Schelm könnte nun vermuten, das ihr die Baldrian-Tropfen anläßlich des jüngsten Meinungsaustauschs mit Herrn Draghi überreicht wurden.
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Die gewohnt kluge Argumentation von Jens Weidmann gegen den EZB-Entscheid wurde offenbar nicht zur Kenntnis genommen.
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Dabei ist es schon ein Stück weit bemerkenswert, dass selbst unter Langfingern an den Finanzmärkten die EZB-Entscheidung keineswegs unumstritten ist.
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So ist bspw. Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) davon überzeugt, dass es gelingen könnte, Inflationshoffnungen zu befeuern und lässt profunde Gegenargumente, welche die fragwürdig anmutende geldpolitische Lockerung als Seifenblasen-Effekt darstellen, nicht gelten.
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Weitere Statements:
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Georg Fahrenschon – Sparkassen-Präsident
„Letztlich hatte die Notenbank wohl gar keine andere Chance mehr, als den Versuch zu starten, den von ihr selbst genährten Erwartungen der Märkte gerecht zu werden. […] Ich kann auf breiter Front keine wirklichen Deflationsgefahren erkennen, die es zu bekämpfen gilt.“
Stefan Bielmeier – Chefvolkswirt der DZ Bank
„Die Finanzmärkte gaben und geben sich mit Hingabe der Geldillusion hin – mehr Geld soll auch mehr helfen.“
Kurt J. Lauk – Wirtschaftsrat-Präsident der CDU
„Das wird der nächste Versuch der EZB werden, wirtschaftspolitische Probleme mit geldpolitischen Maßnahmen zu überdecken.“
Michael Kemmer – Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken
„Mit ihrem Aufkaufprogramm dramatisiert die Europäische Zentralbank (EZB) die Preis- und Wirtschaftsentwicklung im Euro-Raum unnötig. Zudem geraten Nutzen und Risiken der Niedrigzinspolitik allmählich in eine ungünstige Schieflage.“
Uwe Fröhlich – Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)
„Mit dieser aktionistischen Politik trägt die EZB zur Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger bei. […] Nach dem geldpolitischen Stakkato der vergangenen Monate muss sich die EZB jetzt in ein ruhigeres Fahrwasser bewegen und auf weitere Liquiditätsspritzen verzichten. Der Euroraum braucht eine geldpolitische Pause.“
Martin Wansleben, DIHK-Hauptgeschäftsführer
„Die EZB ist zum Gefangenen der eigenen Ankündigungen geworden. Sie hat ohne Not nun ihren letzten Trumpf ausgespielt. Dabei überwiegen eindeutig die Risiken: Die Wirkung des Ankaufs von Staatsanleihen auf die Preisentwicklung in der Euro-Zone ist unsicher. Auch die Gefahr von Spekulationsblasen an den Finanzmärkten lässt er weiter steigen.“
Jana Meyer, HSBC Trinkaus
„Enttäuscht hat die EZB auf keinen Fall, sie hat die Geldschleusen deutlich geöffnet und ist den Erwartungen insofern gerecht geworden. Allerdings liegen die neuesten Zahlen zum Volumen nur leicht über dem, was zuletzt bereits durch den Marktgeisterte.“
Jörg Krämer, Commerzbank-Chef-Volkswirt:
„Da das Programm 19 Monate laufen soll, dürften mehr als 1000 Milliarden Euro in den Markt gepumpt werden. Das Kaufprogramm ist damit deutlich größer, als es die meisten Experten erwartet hatten. Darüber hinaus hat Draghi gesagt, dass solange gekauft wird, wie es die Inflation notwendig erscheinen lässt. Das könnte darauf hindeuten, dass die EZB im Falle einer anhaltend niedrigen Inflation noch einmal nachlegt. Nach QE ist vor QE.“
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Auch aus dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) ist deutliche Kritik zu hören:
„Die EZB untergräbt damit die Anreize für eine nachhaltige Haushaltsdisziplin und Schuldenpolitik“
Mit Isabell Schnabel haben sich auch die Wirtschaftsweisen zu Wort gemeldet:
„Das Programm ist insofern geschickt gemacht, als dass es der EZB eine gewisse Flexibilität lässt, wie viele Anleihen tatsächlich angekauft werden. Erholen sich die Inflationserwartungen schnell, kann der Ankauf von Anleihen eingestellt werden. Ebenso kann das Programm aber auch über September 2016 hinaus verlängert werden. Insgesamt liegt das Programm am oberen Rand dessen, was erwartet wurde. Für problematisch halte ich die begrenzte Risikoteilung, diese setzt ein falsches Signal. Denn dies stellt die Erwartung in Frage, dass die EZB genügend politische Unterstützung hat, um alles in ihrer Macht Stehende zu tun („whatever it takes“), falls es zur Stabilisierung des Euro nötig sein sollte. Die Wirkung des Programms wurde hierdurch unnötig geschwächt.
Ausserdem ist zu befürchten, dass strukturelle Reformen verzögert werden, wenn die Länder des Euro-Raums sich allein auf die Geldpolitik verlassen. Das wäre ein großer Fehler.“
Hinsichtlich des Ankaufs von Staatsanleihen erscheint besonders bemerkenswert, dass man Griechenland drei Tage vor einer möglicherweise richtungsweisenden Wahl mit dem hinterlistigen Hinweis, Athen könne ebenfalls vom Ankaufprogramm profitieren, sofern die Vorgaben der Troika eingehalten werden einen saftigen Fleischknochen vor die Nase hält.
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Das immer wieder gern angeführte Argument, ein niedrig bewerteter Euro (aktueller Kurs: 1,4445) sei ein positiver Export-Effekt ist zwar aus nicht ganz von der Hand zu weisen, dabei wird jedoch oft vergessen, dass sich die Einfuhren entsprechend verteuern und ggfls. auch Risiken und Folgen eines aufflammenden Währungskrieges keinesfalls unterschätzt werden dürfen.
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Im Zusammenhang mit steigenden Importpreisen werden sich Kaufkraftverluste einstellen, was voraussichtlich zu einem Rückgang der Konsumausgaben führen kann. Wechselwirkungen hinsichtlich geringerer Kapazitätsauslastungen und in der Folge auch Arbeitsplatz-Abbau sind ebenfalls nicht auszuschließen.
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Da die Früchte der geldpolitischen Lockerungen vermutlich nicht in der realen Wirtschaft ankommen, werden Asset-Inflations-Effekte begünstigt, was zu weiter steigenden Immobilienpreisen führen kann und damit auch Einfluss auf Mieten nach sich zieht.
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Mit einiger Sicherheit ist davon auszugehen, dass sich die Schuldentragfähigkeit von Unternehmen und Privatpersonen reduziert, was Neu-Investitionen weiter schrumpfen lässt.
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Längerfristig betrachtet könnten solche Entwicklungen auch die bisherigen deutschen Rekord-Steuereinnahmen in Mitleidenschaft ziehen.
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Das Argument, mit dem QE-Programm seien die potentiellen Haftungsrisiken des deutschen Steuermichels gestiegen, läßt Draghi nicht gelten, sondern streut den restlichen EZB-Bau-Sand in die Augen seiner Kritiker und argumentiert, dass den überwiegenden Teil der Risiken die nationalen Notenbanken tragen, welche größtenteils auch das Programm umsetzen werden. Acht Prozent des Gesamtprogramms kauft auch die EZB an nationalen Anleihen – was etwa € 90 Mrd ausmacht. Zudem werden im Umfang von zwölf Prozent des Gesamtpakets Wertpapiere europäischer Institutionen wie etwa der europäischen Investitionsbank gekauft. Dieses Risiko teilen sich die nationalen Notenbanken, auch für die Käufe der EZB selbst soll das gelten.
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Im Klartext: Deutschland muß nicht vollständig für die Anleihekäufe haften !
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Soweit Draghi’s Einlassungen, die man sofort als Märchenstunde entlarvt, wenn man sich Eigenkapital und dessen Verteilungsschlüssel der EZB ansieht. Käme es zu einem Ausfall des geschöpften Fiat money muss „ein Dummer“ gefunden werden, der dafür einsteht. Es darf genau einmal geraten werden, wer dies wohl sein könnte.
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Böse Zungen die nun einwenden könnten, soweit wird sicher nicht kommen, sei empfohlen, sich über den Umfang toxischer Risiken bspw. in italienischen Bankbilanzen sehr genau zu informieren. Dabei könnte die Erkenntnis entstehen, dass Draghi’s Wunsch die vollgesogenen Banken Südeuropas zu entlasten, bei dem QE-Entscheid Pate gestanden haben könnte.
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Neben Hans-Werner Sinn, der in diese Richtung argumentiert teilt auch der Finanzwissenschaftler Jörg Rocholl solche Überlegungen:
„Riskante Anleihen werden nun von den Banken auf die Notenbanken übertragen. Auch wenn dies den gewünschten Erfolg hat, die Banken zu sanieren, kommt es den Steuerzahler teuer zu stehen und setzt völlig falsche Anreize.“
So far, so bad !
Etwaigen Mitlesern aus dem Club betreuter Denker sei empfohlen, die hier geäußerten Gedanken mit dem Label ‚Verschwörungs-Theorie‘ zu versehen und sich auf die sicher positiven Bewertungen zum heutigen QE-Entscheid bei der Aktuellen Kamera zu freuen.
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Gute Nacht, Täuschland !
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Ihr Oeconomicus
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ECB-PRESS RELEASE
22 January 2015 – ECB announces expanded asset purchase programme
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Mario Draghi zum Kauf von Staatsanleihen am 22.01.2015
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Die überforderte Geldpolitik: Droht das Ende der Euro-Rettungsstrategie?
Veröffentlicht: 19. Januar 2015 Abgelegt unter: Deflationsdebatte - Konjunkturimpulse - Verbriefungen - QE-/OMT-Programme - Entmachtung der Parlamente, DEMOKRATIE, Euro- und Finanzkrise, Prof. Dr. Henning Vöpel - HWWI, Quantitative Easing | Tags: Austerität, DEMOKRATIE, Euro-Rettungsstrategie, Geldpolitk, Grenzen der Glaubwürdigkeit, Grenzen der Legitimation, Grenzen der Wirksamkeit, Schuldenschnitt, SYRIZA, US-Zinswende Hinterlasse einen KommentarDie überforderte Geldpolitik: Droht das Ende der Euro-Rettungsstrategie?
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Es mehren sich die Anzeichen, dass die bisherige Euro-Rettungsstrategie an ihre Grenzen stößt:
an die Grenzen der Wirksamkeit, an die Grenzen der Legitimation und damit an die Grenzen der Glaubwürdigkeit.
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Die erneute Diskussion um einen Austritt Griechenlands, der verzweifelte Schritt der Schweizer Nationalbank und die bevorstehende US-Zinswende bringen die Euro-Rettungspolitik in arge Bedrängnis.
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Im Mittelpunkt des Ganzen: die Europäische Zentralbank (EZB). Die EZB soll im Alleingang den Euro retten und kämpft verzweifelt um den Innen- und Außenwert des Euro. Es wird immer deutlicher, dass die Geldpolitik überfordert ist und von der Politik überfordert wird.
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat der EZB Rückendeckung für den massenhaften Ankauf von Anleihen („Quantitative Easing“) gegeben. Genau in diesem Moment gerät erneut ein Austritt Griechenlands aus dem Euro in die Diskussion.
Nachdem sich in Griechenland mit dem Linksbündnis Syriza unter Alexis Tsipras Widerstand gegen die Reform- und Austeritätspolitik formiert hat, wurde von der Bundesregierung ein Ausschluss und ein Schuldenschnitt Griechenlands in Erwägung gezogen, weil sich die systemischen Risiken soweit reduziert hätten, dass die Folgen eines Austritts beherrschbar wären.
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Doch was als Befreiungsschlag gedacht war, erweist sich als Boomerang.
Austerität oder Demokratie? – lautet das Dilemma, das nun die EZB hochoffiziell und höchstrichterlich auflösen darf und soll. Doch damit hat sich die Euro-Rettungspolitik selbst in einen unheilvollen logischen Widerspruch verstrickt und sich selbst schachmatt gesetzt: Die EZB verletzt ihr Mandat und sichert (dadurch) die Demokratie.
[…]
Prof. Dr. Henning Vöpel
HWWI Standpunkt | 19. Januar 2015 | Geldpolitik
19. Januar 2015 | http://www.hwwi.org | standpunkt@hwwi.org
sibyllinischer Hilferuf anonymer EZB Insider ? (++follow-up)
Veröffentlicht: 27. Oktober 2014 Abgelegt unter: asset backed securities, Deflationsdebatte - Konjunkturimpulse - Verbriefungen - QE-/OMT-Programme - Entmachtung der Parlamente, Mario Draghi, Outright Monetary Transactions (OMT), Quantitative Easing | Tags: Kreditverbriefungen, Pfandbriefaufkäufe, quantitative easing (QE), Staatsanleihenkauf, Vitor Constâncio Hinterlasse einen KommentarNach Einschätzung von Insidern aus dem Umfeld der EZB-Spitzengremien soll den EZB-Rat die Sorge um anhaltende Konjunkturschwächen im Euro-Raum umtreiben.
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Offenbar sei man der Meinung, dass die bisherigen Stabilisierungs-Maßnahmen der EZB nicht ausreichen könnten, um den mannigfaltigen Problemen innerhalb der Euro-Zone in ausreichender Form zu begegnen.
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Intern wachse deshalb der Druck, eventuell schon Anfang kommenden Jahres eine noch stärkere Lockerung der Geldpolitik zu erwägen, wie Reuters unter Bezug auf mit den Debatten in der EZB vertraute Personen berichtet.
„Einige Leute wissen, dass der aktuell laufende Plan nicht ausreicht. Er ist einfach zu klein, und das Problem ist viel, viel größer“
zitiert das Handelsblatt unter Berufung auf die Reuters-Meldung Personen, die nicht namentlich genannt werden wollten.
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Die EZB hat vergangene Woche mit dem Aufkauf von Pfandbriefen begonnen, sie will noch im vierten Quartal anfangen, Kreditverbriefungen zu erwerben. EZB-Chef Mario Draghi hatte unlängst erklärt, sein Ziel sei es, die Bilanz der Notenbank wieder auf das Volumen von Anfang bis Mitte 2012 aufzublähen – das wären etwa eine Billion Euro mehr als zurzeit.
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Offenbar bereiten die Notenbanker um EZB-Präsident Mario Draghi hinter den Kulissen den Aufkauf von Unternehmensanleihen vor.
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Wie das Handelsblatt weiter schreibt, sei dabei eine intensiv diskutierte Option auch der in Deutschland extrem kritisch bewertete Aufkauf von Staatsanleihen von Euro-Mitgliedsländern, womit der Legitimationsdebatte um unzulässige Staatsfinanzierung durch die EZB neue Nahrung zugeführt wird.
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Somit mag sich die Frage erheben, ob die der/die EZB-Insider mit den veröffentlichten Einschätzungen quasi einen sibyllinischen Hilferuf hinsichtlich der Grenzen des EZB-Mandats in die öffentliche Debatte einbringen wollten.
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Ihr Oeconomicus
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follow-up, 26.11.2014
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Staatsanleihenkauf: EZB will Anfang 2015 Entscheidung treffen
Die Europäische Zentralbank könnte bereits im ersten Quartal kommenden Jahres eine Grundsatzentscheidung über den Kauf von Staatsanleihen im Kampf gegen die drohende Deflation treffen.
Die EZB erwarte zwar, dass sich ihre Bilanz durch die bereits beschlossenen Maßnahmen wie Geldspritzen für die Banken und den Kauf von Kreditverbriefungen und Pfandbriefen wieder auf das Niveau von Anfang 2012 und damit um gut eine Billion Euro aufblähe.
„Wir müssen aber natürlich genau darauf gucken, ob sich das Tempo der Ausweitung mit dieser Erwartung deckt“
sagte EZB-Vizepräsident Vitor Constancio am Mittwoch in London.
„Während des ersten Quartals kommenden Jahres sollten wir in der Lage sein, besser zu beurteilen ob das der Fall ist.“
[…]
Handelsblatt
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follow-up, 28.11.2014
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Deutsche und französische Bonds in der Krise
Die Renditen deutscher und französischer Bonds gehen in den Keller. Grund sind die Spekulationen über eine weitere Lockerung der EZB-Geldpolitik. Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt.
[…]
WiWo
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follow-up, 04.12.2014
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EZB-Debatte über Anleihekäufe: Wie viel Geld druckt Draghi?
Die EZB hat hohe Erwartungen geweckt. Die meisten Ökonomen rechnen damit, dass sie bald Staatsanleihen kauft. Doch vor der heutigen Sitzung sind entscheidende Details noch offen.
[…]
Handelsblatt
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follow-up, 05.12.2014
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EZB-Rat debattiert 1000-Milliarden-Euro-Kaufprogramm
Die Anleihekäufe der Zentralbank sind innerhalb der EZB heftig umstritten. Doch die Befürworter einer geldpolitischen Lockerung drängen. Nach Informationen der F.A.Z. wird im EZB-Rat über größere Anleihekäufe gesprochen als bislang bekannt.
[…]
Philip Plickert – FAZ
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follow-up, 17.12.2014
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„Staatsanleihekäufe sind kein Wundermittel“
Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat vor rund 70 Mitgliedern des Internationalen Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten Forderungen zurückgewiesen, der EZB-Rat solle zeitnah zusätzliche unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen in Form einer Programms zur geldpolitischen Lockerung – auf Englisch Quantitative Easing – beschließen.
„Vor dem Hintergrund der eher bescheidenen und unsicheren Wirkung sowie der Risiken und Nebenwirkungen und der zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eindeutig gegebenen Notwendigkeit, beurteile ich derzeit ein breit angelegtes QE-Programm skeptisch“
sagte Weidmann.
Viele Beobachter gehen davon aus, dass der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) im kommenden Jahr ein solches Programm – in Form von Staatsanleihekäufen – wegen der anhaltend gedämpften Preisaussichten im Euro-Raum beschließen wird.
[…]
Bundesbank
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follow-up, 20.12.2014
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EZB-Vize Constâncio warnt vor „gefährlichem Teufelskreislauf“
Die stetig fallenden Ölpreise schüren bei der Europäischen Zentralbank die Angst vor einer Deflation. EZB-Vize Constâncio warnt vor einem „gefährlichem Teufelskreislauf“.
[…]
WiWo
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Anmerkung
Man mag sich zu Recht fragen, wovon der portugiesische EZB-Vize nachts träumt.
Einerseits orakelt er von einem gefährlicher Teufelskreis aus sinkenden Preisen, steigenden realen Lohnkosten, sinkenden Gewinnen, schrumpfender Nachfrage und weiter sinkenden Preisen, was Rezessions-Ängste beflügeln könne.
Andererseits räumt er ein, dass einige Monate mit negativen Inflationsraten noch keine Deflation bedeute und spricht gleichzeitig von Erholungstendenzen der Wirtschaft in Irland und Spanien.
Zugleich sieht er jedoch die Notwendigkeit, dass die EZB im Kampf gegen die Deflation alle möglichen Instrumente, auch den umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen, einsetzen müsse, was zuletzt Jens Weidmann sehr fundiert kritisiert hatte.
Im selben Atemzug versucht er dann, die vorher getroffenen Überzeugungen zu relativieren und weißt darauf hin, dass es bei der EZB „keine Obsession, unbedingt Staatsanleihen zu kaufen“ gäbe.
Also was jetzt ??
Im Lichte deutlicher Asset-Inflation-Anzeichen -speziell in Deutschland- mag man ein wenig amüsiert Constâncio’s Bewertung, an Aktien- und Immobilienmärkten sei keine Blasenbildung erkennbar, zur Kenntnis nehmen.
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Ihr Oeconomicus
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follow-up, 30.12.2014
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„Deflation ist gefährlich“
Der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) warnt vor dauerhaft sinkenden Preisen im europäischen Währungsraum und verteidigt den umstrittenen Kauf von Staatsanleihen.
[…]
WiWo