Britischer EU-Kommissar wirft hin !

Britischer EU-Kommissar wirft hin !
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Die Entscheidung Großbritanniens für den Brexit hat zu ersten personellen Konsequenzen in Brüssel geführt. Der britische EU-Kommissar Jonathan Hill ist zurückgetreten. Er teilte mit, er ziehe mit diesem Schritt die Konsequenz aus dem Wahlsieg des Brexit-Lagers.
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Der konservative Lord Hill war bisher in der Kommission für Finanzmärkte und Finanzdienstleistungen zuständig. Seine Aufgaben werden nun an den lettischen EU-Kommissar und Vizepräsidenten der Kommission Valdis Dombrovskis übergeben.
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Quelle: EU-Kommission
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Kommission fordert Mitgliedstaaten zur Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen auf

Kommission fordert Mitgliedstaaten zur Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen auf
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Die Europäische Kommission hat heute Vertragsverletzungsverfahren gegen fünf Mitgliedstaaten eingeleitet und diese aufgefordert, bilaterale Investitionsschutzabkommen mit anderen Mitgliedstaaten („EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen“) zu beenden. In bilateralen Investitionsschutzabkommen sind die Bedingungen für private Investitionen von Staatsangehörigen und Unternehmen eines Staates in einem anderen Staat festgelegt. EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen sind Abkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten.

Die meisten EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen wurden in den 1990er-Jahren zwischen den damaligen Mitgliedstaaten und den später im Zuge der EU-Erweiterungen von 2004,  2007 und 2013 beigetretenen Mitgliedstaaten („EU-13“) geschlossen. Sie sollten privaten Anlegern Sicherheit geben, die in der künftigen EU-13 investieren wollten, aber zum damaligen Zeitpunkt – teilweise aus historisch-politischen Gründen – möglicherweise Bedenken hatten. Ziel der Abkommen war daher eine Stärkung des Anlegerschutzes, zum Beispiel durch Entschädigungen für Enteignungen und Schiedsverfahren für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten.

Seit der Erweiterung dürften solche zusätzlichen Absicherungen nicht mehr notwendig sein, da im Binnenmarkt auch in Bezug auf grenzüberschreitende Investitionen für alle Mitgliedstaaten dieselben EU-Vorschriften gelten (insbesondere die Niederlassungsfreiheit und der freie Kapitalverkehr). Alle Anleger in der EU genießen dank der EU-Vorschriften (z. B. des Verbots der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit) denselben Schutz. Mit den EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen dagegen werden auf bilateraler Basis nur Anlegern aus bestimmten Mitgliedstaaten Rechte verliehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine solche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit mit EU-Recht unvereinbar.

Aus all diesen Gründen hat die Kommission beschlossen, fünf Mitgliedstaaten (die Niederlande, Österreich, Rumänien, Schweden und die Slowakei) aufzufordern, die zwischen diesen Mitgliedstaaten bestehenden EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen zu beenden. Den heute versandten Aufforderungsschreiben gingen Schriftwechsel mit den betreffenden Mitgliedstaaten voraus. Dies ist kein neues Thema. Die Kommission hat alle Mitgliedstaaten über mehrere Jahre wiederholt darauf hingewiesen, dass EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen mit EU-Recht unvereinbar sind. Da jedoch die meisten Mitgliedstaaten auf diese Hinweise nicht reagiert haben, leitet die Kommission nun gegen fünf Mitgliedstaaten die erste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens ein. Gleichzeitig ersucht sie die übrigen 21 Mitgliedstaaten, die noch EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen aufrechterhalten, um Informationen und leitet einen administrativen Dialog mit ihnen ein. Zwei Mitgliedstaaten, Irland und Italien, haben ihre betreffenden Abkommen bereits 2012 bzw. 2013 beendet.

Der für Finanzmarktstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständige EU-Kommissar Jonathan Hill erklärte:

„EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen sind überholt und – wie Irland und Italien mit der Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen gezeigt haben – in einem Binnenmarkt mit 28 Mitgliedstaaten auch nicht mehr notwendig. Wir müssen alle gemeinsam dafür sorgen, dass der rechtliche Rahmen für grenzüberschreitende Investitionen im Binnenmarkt funktioniert.In diesem Zusammenhang ist die Kommission bereit, die Möglichkeit eines Mechanismus für die schnelle und effiziente Mediation bei Investitionsstreitigkeiten zu prüfen.“

Hintergrund

In bilateralen Investitionsschutzabkommen sind die Bedingungen für Investitionen zwischen zwei Staaten festgelegt. Zwischen den EU-Mitgliedstaaten sind noch rund 200 solcher Abkommen in Kraft. Die meisten stammen aus den 1990er-Jahren, als zumindest eines der beteiligten Länder noch nicht Mitglied der EU war. Ziel war es, Investitionen zu fördern, indem die Parteien einander Garantien gegen politische Risiken anboten, die Investitionen beeinträchtigen könnten. Solche Abkommen sind in einem Binnenmarkt mit 28 Ländern überholt. Die laufenden Verfahren betreffen nur EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen, nicht aber bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern.

EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen zersplittern den Binnenmarkt, indem einigen EU-Anlegern auf bilateraler Basis Rechte verliehen werden. Ihre Bestimmungen überschneiden sich mit den EU-Binnenmarktvorschriften für grenzüberschreitende Investitionen und stehen mit ihnen im Widerspruch. Diese Rechtslage betrifft nur bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten. In ihren Aufforderungsschreiben betont die Kommission, dass sich diese Erwägungen auf bilaterale Abkommen beschränken, die EU-Mitgliedstaaten untereinander aufrechterhalten. Sie betreffen keine Investitionsschutzabkommen der Mitgliedstaaten oder der Europäischen Union mit Drittländern, für die andere Erwägungen gelten.

Die EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen wurden zwar in den ersten Jahren nach der Erweiterung kaum in Anspruch genommen, in jüngerer Zeit haben jedoch einige Investoren darauf zurückgegriffen. Die durch diese Abkommen aufgeworfenen Probleme sind nicht nur theoretischer Natur, sondern haben ganz praktische Folgen. So führte ein Schiedsverfahren aus jüngster Zeit, in dem es um ein EU-internes bilaterales Investitionsschutzabkommen ging, zu einem nach Auffassung der Kommission mit EU-Recht unvereinbaren Ergebnis, da der Schiedsspruch eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstellt[1]. Diese Situation kann zu Rechtsunsicherheit für grenzüberschreitend tätige Anleger führen – zu einem Zeitpunkt, zu dem die Förderung eines investitionsfreundlichen Umfelds für die EU höchste Priorität hat.

Die Kommission hat daher die Mitgliedstaaten zur Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen aufgefordert und den fünf Mitgliedstaaten, mit denen sie sich bereits in einem administrativen Dialog2 um Klärung bemüht hatte (Niederlande, Österreich, Rumänien, Schweden und Slowakei), Aufforderungsschreiben übersandt, da die betreffenden Abkommen Gegenstand von Schiedsverfahren waren und Fragen hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit EU-Recht aufwerfen. Das Aufforderungsschreiben stellt die erste Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dar. Gleichzeitig hat die Kommission in EU-Pilot-Verfahren Schreiben an die übrigen 21 Mitgliedstaaten, die EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen aufrechterhalten3, gerichtet und sie um Stellungnahme gebeten.

Nächste Schritte

Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission nun innerhalb von 2 Monaten auf die Aufforderungsschreiben und innerhalb von 10 Wochen auf die EU-Pilot-Schreiben antworten. Für Anfang Oktober wird die Kommission eine Sitzung mit allen Mitgliedstaaten einberufen, um diese dabei zu unterstützen, die bilateralen Investitionsschutzabkommen innerhalb der EU in koordinierter Weise zu beenden.

Darüber hinaus beabsichtigt die Kommission, mit den Mitgliedstaaten und allen Interessierten Gespräche darüber zu führen, wie der Investitionsschutz im Binnenmarkt weiter verbessert werden kann.

Zu den Vertragsverletzungsverfahren im Juni siehe MEMO/15/5162.

Zu Vertragsverletzungsverfahren allgemein siehe MEMO/12/12.

Weitere Informationen über Vertragsverletzungsverfahren:

http://ec.europa.eu/eu_law/infringements/infringements_de.htm

[1] In der Sache Micula ordnete das Schiedsgericht an, dass Rumänien einem schwedischen Investor Schadensersatz zahlen müsse, und setzte sich damit über den Standpunkt der Kommission hinweg, dass ein solcher Schiedsspruch gegen die EU-Beihilfevorschriften verstößt.

2 Mit EU-Pilot-Verfahren soll die Kommunikation und die Lösung von Problemen zwischen den Dienststellen der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten in Fragen der Anwendung des EU-Rechts oder der EU-Konformitätnationaler Vorschriften frühzeitig verbessert werden, bevor ein Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 258 AEUV eingeleitet wird (http://ec.europa.eu/eu_law/infringements/application_monitoring_de.htm).

3 Alle übrigen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Irlands und Italiens, die ihre Abkommen beendet haben.

IP/15/5198

Kontakt für die Medien
Kontakt für die Öffentlichkeit:
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Europäische Kommission – Pressemitteilung, Brüssel, 18 Juni 2015
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korrespondierende Beiträge zum Micula-Schiedsgerichtsverfahren
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14.11.2014
Internationale Schiedsgerichte: Ungleiche Gegner
Schiedsgerichte hebeln das Recht aus. Europäische Steuerzahler kann das noch viele Millionen kosten.
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Petra Pinzler – DIE ZEIT
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27.10.2014
The Micula case: When ISDS messes with EU law
The mooted Investor-State Arbitration System (ISDS) is one of the most controversial elements of the ongoing TTIP negotiations.
[…]
Monique Goyens – European Consumer Organisation – BEUC
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EU-Finanzkommissar Jonathan Hill: „Banken waren im Auge des Sturms“

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Der neue EU-Kommissar Hill will Banken deutlich weniger regulieren als in den vergangenen Jahren. In seinem ersten Interview mit einer deutschen Zeitung sagt er der SZ, was er sich für den Mittelstand erhofft.
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SZ, 17.März 2015
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