350.000 griechische Ruheständler warten auf ihre Rente
Veröffentlicht: 27. Juni 2016 Abgelegt unter: GRIECHENLAND / GREECE, Pensionsfonds und Rentenkassen, Sozialversicherungssystem Hinterlasse einen Kommentar.
350.000 griechische Ruheständler warten auf ihre Rente
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Wie die Deutsche Presse-Agentur zitiert wird, warten aktuell mehr als 350.000 griechische Rentner auf die Auszahlung ihrer Rente. Im schlimmsten Fall werden die Altersbezüge erst mit 24-monatiger Verspätung ausgezahlt.
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Grund hierfür sei die verspätete Auszahlung von staatlichen Subventionen für die defizitären Rentenkassen.
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Die eigentlichen Wurzeln der zahlungsunfähigen Rentenkassen liegen jedoch anderswo:
Auf Druck der Troika hatte Premier Papandreou im Spätherbst 2012 die griechischen Pensionskassen angewiesen, ihre verfügbaren Reserven, von denen noch Anfang 2012 etwa 19 Mrd. EUR in griechischen Staatsanleihen und weitere 1,4 Mrd EUR in T-Bills angelegt waren, ebenfalls in griechischen Staatspapieren anzulegen, was auch pflichtschuldigst umgesetzt wurde.
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Somit erhöhten sich die Engagements der Pensionskassen quasi über Nacht auf 11,1 Mrd EUR von welchen im Rahmen des Schuldenschnitts im Sommer 2012 schlappe 10 Mrd. EUR wertberichtigt werden mussten.
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Den Rentnern, die nun heute diese Auswirkungen zu spüren bekommen, wird es kein Trost sein, dass sich die für die Pensionskassen unwiederbringbar so verbrannten Finanzmittel nicht wirklich verloren sind, sondern sich seither nur in den Bilanzen anderen Hände befinden !
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Wer Anspruch auf Rente hat, müsse sich aktuell zwischen sechs und 24 Monaten gedulden, bis er die Alterssaläre auf dem Konto findet, berichtet dpa. Im Verzug seien sogar vorläufige Renten, die Menschen eigentlich bekommen sollen, damit sie nicht auf Hilfe von Verwandten angewiesen sind. Bei der größten griechischen Rentenkasse der Angestellten (IKA) etwa seien mehr als 85.000 Rentenanträge im Verzug.
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Insgesamt summiere sich der Fehlbetrag in der griechischen Rentenkasse auf stolze zwei Milliarden Euro, so die Presseagentur. Die Gründe hierfür seien vielfältig. So hätten die meisten Rentenkassen früher die Beiträge der Versicherten in griechische Staatsanleihen investiert und seien vom Schuldenschnitt für private Gläubiger von 50 Prozent betroffen gewesen. Auch die weit verbreitete Schwarzarbeit schwäche die Sozialkassen.
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Ihr Oeconomicus
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Nachtrag
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Ein chronologischer Abriss des griechischen Rentendesasters findet sich hier.
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Griechenlands Gläubiger fordern weitere Rentenkürzungen
Veröffentlicht: 6. Juli 2015 Abgelegt unter: GRIECHENLAND / GREECE, Pensionsfonds und Rentenkassen, Sozialversicherungssystem | Tags: Einheitskasse für Selbständige (ETEA), Krankenkassenbeiträge, Soziale Solidaritätszulage für Rentner (EKAS), Versicherungsträger der Landwirte (OGA) 3 KommentareGriechenlands Gläubiger fordern weitere Rentenkürzungen
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Die Gläubiger Griechenlands verlangen weitere rigorose Einsparungen im Rentensystem und behalten sich die Genehmigung jeglicher Änderungen im Arbeitswesen vor.
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Um von 10% bis zu 62% gekürzte Renten sollen alle erhalten, die ab dem 01 Januar 2016 in die Frührente gehen, während ab dem selben Jahr bis 2022 jedes Jahr 6 Monate (und 1 Jahr ab 2022) zu den für die „alten“ Versicherten weiterhin geltenden niedrigeren Altersgrenzen hinzukommen, so dass niemand mehr ein Motiv hat, vor 62 Jahren in Rente zu gehen.
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Kürzungen bei Hauptrenten, Beibehaltung der Null-Defizit-Klausel für die Zusatzrenten und Abfindungen, Streichung der Solidaritätszulage für Rentner (EKAS), aber auch sofortige Abschaffung der vorzeitigen Verrentungen ab dem 30 Juni 2016 sind jedoch nur einige der Maßnahmen, welche die Gläubiger in Zusammenhang mit der Versicherungsreform verlangen.
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Parallel akzeptieren die Gläubiger keinerlei Eingriff bei der Arbeitsgesetzgebung, aber auch nicht die von SYRIZA versprochene Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns bis Ende des Jahres. Die wie auch immer gearteten Änderungen im Arbeitswesen müssen sogar vorher erst von selbigen Gläubigern gestattet werden, bevor ihre Umsetzung voranschreiten kann.
Bezeichnend ist, dass für das 2. Halbjahr des laufenden Jahres eine Senkung der Rentenaufwendungen von 0,25% – 0,5% des BIP (450 – 900 Mio. Euro) verlangt wird. Entsprechend wird für 2016 eine weitere Reduzierung der Rentenaufwendungen um 1% des BIP, also um 1,8 Mrd. Euro gefordert. Die zur Erzielung der Senkung der Rentenausgaben vorgeschlagenen Maßnahmen sind:
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Umgehende Abschaffung aller vorzeitigen Verrentungen und Anhebung der Pönale für alle, die ab dem 30 Juni 2015 und nachfolgend in Rente gehen.
(Anmerkung: Dies soll auch für zigtausende Rentenanwärter mit fundamentierten Rentenansprüchen gelten, die sich derzeit in „Warteschlangen“ befinden.)
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Integration aller während der gesamten vorherigen Zeit infolge von Interventionen außerhalb der Fusionierung gebliebenen Kassen in die „Einheitskasse für Selbständige“ (ETEA). Diese Maßnahme beeinflusst offensichtlich die Kasse der Polizeibeamten (TEAPASA), die von der Zusammenlegung ausgenommen wurde, sowie auch all jene Kassen, die in Berufskassen umgewandelt worden sind.
(Anm.: Letztere Kassen mussten entweder die Zwangsfusion mit der ETEA akzeptieren oder sich in sogenannte „Berufskassen“ umwandeln und fortan auf staatliche Zuschüsse zu verzichten.)
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Streichung der „Sozialen Solidaritätszulage für Rentner“ (EKAS) bis Ende 2016.
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Einfrierung jeglicher von der „Lex Loverdos“ vorgesehenen Erhöhungen bei den Hauptrenten bis 2021.
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Gewährung der Basisrente zusammen mit der Analogrente ab dem 30 Juni 2015 und nachfolgend nur an jene, die im Alter von über 67 Jahren in Rente gehen.
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Anhebung der Krankenkassenbeiträge bei Rentnern von derzeit 4% auf 6% sowohl für Haupt- als auch Zusatzrenten.
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Integration (Vereinheitlichung) der Beiträge für alle Kassen auf Basis der Beiträge des Versicherungsträgers für Arbeitnehmer (IKA).
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Größere Kopplung von Beiträgen und Leistungen, was sich in einer zukünftigen Senkung der Renten ausdrückt.
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Ausweitung und Modernisierung der Beiträge und der Versicherungsbasis der Selbständigen. Die Berechnung der Rente soll auf Basis des realen Einkommens erfolgen.
(Anm.: Bisher ist die Höhe der Rente an die Höhe der – obligatorisch oder freiwillig – entrichteten Beiträge gekoppelt.)
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Streichung sozialer (Transfer-) Mittel und ihre Substituierung entweder durch Kürzung von Leistungen (Renten) oder Anhebung der Beiträge.
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Änderungen bei der Verrentung der Landwirte (bzw. der Versicherten des Versicherungsträgers OGA), damit die Bedingungen und Voraussetzungen mit denen der übrigen Versicherten harmonisiert werden.
(Anm.: Da für Versicherte der OGA das Renteneintrittsalter bereits infolge vorheriger „Reformen“ auf 67 Jahre angehoben wurde, kann eine „Harmonisierung“ nur weitere Anhebungen der Beiträge und Wartezeiten und Kürzungen der Leistungen bedeuten.)
Quelle:
dikaiologitika.gr – Übersetzung und Erstveröffentlicht – Griechenland-Blog
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Sozialversicherungssystem in Griechenland steht vor Zusammenbruch
Veröffentlicht: 9. November 2014 Abgelegt unter: GSEE (Privatsektor), Pensionsfonds und Rentenkassen, Sozialversicherungssystem, TROIKA | Tags: Mindestrente Ein KommentarSozialversicherungssystem in Griechenland steht vor Zusammenbruch
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Das HWWI veranschlagt die als stille staatliche Verschuldung charakterisierten Defizite der nächsten 50 Jahre im Versicherungssystem Griechenlands auf über eine Billion Euro.
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Eine vom dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) ausgearbeitete Studie charakterisiert das Versicherungssystem in Griechenland und die sich aus diesem ergeben Forderungen als “stille staatliche Verschuldung”.
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Die Technokraten des Instituts schätzen ein, dass der astronomische Betrag von ungefähr 1,08 Billionen Euro nötig ist, damit es möglich wird, die in den kommenden 50 Jahren im Versicherungssystem entstehenden Defizite zu decken. In heutigen Preisen entspricht dieser Betrag ungefähr dem Sechsfachen des BIP des Landes …
Ab 2016 wird der Zusammenbruch des Systems beginnen
Der Troika sind die ungeheuren Probleme des griechischen Versicherungssystems bekannt und betrachtet sie als eine “tickende Zeitbombe”. Zwecks deren Entschärfung verlangt sie mit zunehmendem Druck die Ergreifung von Maßnahmen, die sich in einer ersten Phase auf die Einschränkung der vorzeitigen Verrentungen beziehen. Gleichzeitig verlangt sie, dass die für die Gewährung der Mindestrente erforderliche Versicherungszeit von derzeit 15 Jahren auf 20 Jahre erhöht wird.
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Die Versicherungsmathematischen Studien über die Überlebensfähigkeit der griechischen Versicherungskassen werden das Problem bis zu einem gewissen Grad zeigen. Sie werden jedoch nicht dramatisch das Bild des Versicherungssystem ändern, wie dieses auch in einer einschlägigen Studie des INE / GSEE abgebildet worden ist. Den wissenschaftlichen Mitarbeitern der Gewerkschaften liegen Daten vor, die zeigen:
- 2015 ist das letzte Jahr, in dem die grenzwertige Balance des Versicherungssystem aufrecht erhalten wird. Bleiben die Dinge wie gehabt, wird ab 2016 der Zusammenbruch beginnen.
Die Rücklagen des Sozialversicherungssystems in Griechenland sanken in den letzten fünf Jahren um 21,5 Mrd. Euro. Konkret tangierten die Rücklagen der Kassen im vergangenen Jahr 4,5 Mrd. Euro, gegenüber 26 Mrd. Euro im Jahr 2009. Die hohe Arbeitslosigkeit, die flexiblen Beschäftigungsformen, die niedrigen Löhne und die hohe Steuerhinterziehung kosten das System fast 20 Mrd. Euro.
- Die Schulden des öffentlichen Sektors an das Versicherungssystem betragen über 12 Mrd. Euro.
Während der Periode der Memoranden erreichten die Kürzungen der Haupt- und Zusatzrenten insgesamt das Niveau von 4,2 Mrd. Euro. Allein für die Periode 2013 – 2014 entsprechen die Kürzungen der Hauptrenten, Zusatzrenten, Abfindungen und sozialen Beihilfen 43% des Gesamtbetrags volkswirtschaftlicher Austerität, als 5,5 Mrd. Euro von den 11,6 Mrd. Euro.
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Die Forderung nach Kontrolle des Anstiegs der Rentenaufwendungen in Griechenland, parallel mit dem Anstieg der Rentner-Bevölkerung um 70%, signalisiert die Aussicht auf einen Absturz des Niveaus der Rentenleistungen (Haupt- und Zusatzrenten, soziale Beihilfen, Abfindungen usw.) und allgemein der sozialen Leistungen (Senkung der öffentlichen Gesundheitsausgaben 2010 – 2012 um 35%), als Beitrag zur Senkung der Defizite der Versicherungskassen und Beschränkung der Abweichung der öffentlichen Verschuldung im Verhältnis zum BIP.
- Es wird bereits eine signifikante Zunahme neuer Rentner verzeichnet (40.000 im Jahr bis 2009, 100.000 Jahre nach 2010).
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(Quelle: dikaiologitika.gr) — Übersetzung: Griechenland-Blog