RICHTLINIE 2011/95/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

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RICHTLINIE 2011/95/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
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vom 13. Dezember 2011
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über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz,
für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz
und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes
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(Neufassung)
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[Anmerkungen, Kommentare und Querverweise by Oeconomicus]

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DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
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gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstaben a und b,
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auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
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nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),
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in Erwägung nachstehender Gründe:
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(1) Die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (3) muss in wesentlichen Punkten geändert werden. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, eine Neufassung der genannten Richtlinie vorzunehmen.
(2) Eine gemeinsame Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz ersuchen.
(3) Der Europäische Rat kam auf seiner Sondertagung in Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 überein, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (im Folgenden „Genfer Flüchtlingskonvention“) in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 (im Folgenden „Protokoll“) stützt, damit der Grundsatz der Nichtzurückweisung gewahrt bleibt und niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist.
(4) Die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll stellen einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen dar.
(5) Gemäß den Schlussfolgerungen von Tampere sollte das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf kurze Sicht zur Annäherung der Bestimmungen über die Zuerkennung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft führen.
(6) In den Schlussfolgerungen von Tampere ist ferner festgehalten, dass die Vorschriften über die Flüchtlingseigenschaft durch Maßnahmen zu den Formen des subsidiären Schutzes ergänzt werden sollten, die einer Person, die eines solchen Schutzes bedarf, einen angemessenen Status verleihen.
(7) Die erste Phase auf dem Weg zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem ist nun abgeschlossen. Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 4. November 2004 das Haager Programm angenommen, das die Ziele für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vorgibt, die im Zeitraum von 2005 bis 2010 erreicht werden sollen. Im Haager Programm ist die Kommission aufgefordert worden, die Bewertung der Rechtsakte aus der ersten Phase abzuschließen und dem Europäischen Parlament und dem Rat die Rechtsakte und Maßnahmen der zweiten Phase so vorzulegen, dass sie vor Ende 2010 angenommen werden können.
(8) In dem am 15. und 16. Oktober 2008 angenommenen Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl hat der Europäische Rat festgestellt, dass zwischen den Mitgliedstaaten weiterhin beträchtliche Unterschiede bei der Gewährung von Schutz und den Formen dieses Schutzes bestehen und gefordert, dass neue Initiativen ergriffen werden sollten, um die Einführung des im Haager Programm vorgesehenen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu vollenden und so ein höheres Schutzniveau zu bieten.
(9) Im Programm von Stockholm hat der Europäische Rat wiederholt sein Ziel betont, bis spätestens 2012 auf der Grundlage eines gemeinsamen Asylverfahrens und eines einheitlichen Status gemäß Artikel 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) für Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, einen gemeinsamen Raum des Schutzes und der Solidarität, zu errichten.
(10) Angesichts der Bewertungsergebnisse empfiehlt es sich in dieser Phase, die der Richtlinie 2004/83/EG zugrunde liegenden Prinzipien zu bestätigen sowie eine stärkere Angleichung der Vorschriften zur Zuerkennung und zum Inhalt des internationalen Schutzes auf der Grundlage höherer Standards anzustreben.
(11) Die Bemühungen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der für die zweite Phase des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgegebenen Standards, insbesondere die Bemühungen der Mitgliedstaaten, deren Asylsystem vor allem aufgrund ihrer geografischen oder demografischen Lage einem besonderen und unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt ist, sollten mit Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen in geeigneter Weise unterstützt werden.
(12) Das wesentliche Ziel dieser Richtlinie besteht darin, einerseits zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten gemeinsame Kriterien zur Bestimmung der Personen anwenden, die tatsächlich Schutz benötigen, und andererseits sicherzustellen, dass diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein Mindestniveau von Leistungen geboten wird.
(13) Die Angleichung der Rechtsvorschriften über die Zuerkennung und den Inhalt der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sollte dazu beitragen, die Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, zwischen Mitgliedstaaten einzudämmen, soweit sie ausschließlich auf unterschiedlichen Rechtsvorschriften beruht.
(14) Die Mitgliedstaaten sollten die Befugnis haben, günstigere Regelungen als die in dieser Richtlinie vorgesehenen Normen für Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die um internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat ersuchen, einzuführen oder beizubehalten, wenn ein solcher Antrag als mit der Begründung gestellt verstanden wird, dass der Betreffende entweder ein Flüchtling im Sinne von Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Konvention oder eine Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz ist.
(15) Diejenigen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten verbleiben dürfen, nicht weil sie internationalen Schutz benötigen, sondern aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, fallen nicht unter diese Richtlinie.
(16) Diese Richtlinie achtet die Grundrechte und befolgt insbesondere die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundsätze. Sie zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung der Menschenwürde und des Asylrechts für Asylsuchende und die sie begleitenden Familienangehörigen sicherzustellen sowie die Anwendung der Artikel 1, 7, 11, 14, 15, 16, 18, 21, 24, 34 und 35 der Charta zu fördern, und sollte daher entsprechend umgesetzt werden.
(17) In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter diese Richtlinie fallen, sind die Mitgliedstaaten an ihre Verpflichtungen aus den völkerrechtlichen Instrumenten gebunden, denen sie beigetreten sind, einschließlich insbesondere derjenigen, nach denen eine Diskriminierung verboten ist.
(18) Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes vorrangig das „Wohl des Kindes“ berücksichtigen. Bei der Bewertung der Frage, was dem Wohl des Kindes dient, sollten die Mitgliedstaaten insbesondere dem Grundsatz des Familienverbands, dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung des Minderjährigen, Sicherheitsaspekten sowie dem Willen des Minderjährigen unter Berücksichtigung seines Alters und seiner Reife Rechnung tragen.
(19) Der Begriff „Familienangehörige“ muss ausgeweitet werden, wobei den unterschiedlichen besonderen Umständen der Abhängigkeit Rechnung zu tragen und das Wohl des Kindes besonders zu berücksichtigen ist.
(20) Diese Richtlinie lässt das Protokoll über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem AEUV beigefügt ist, unberührt.
(21) Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist ein deklaratorischer Akt.
(22) Konsultationen mit dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge können den Mitgliedstaaten wertvolle Hilfe bei der Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft nach Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bieten.
(23) Es sollten Normen für die Bestimmung und die Merkmale der Flüchtlingseigenschaft festgelegt werden, um die zuständigen innerstaatlichen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention zu leiten.
(24) Es müssen gemeinsame Kriterien für die Anerkennung von Asylbewerbern als Flüchtlinge im Sinne von Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention eingeführt werden.
(25) Insbesondere ist es erforderlich, gemeinsame Konzepte zu entwickeln zu: aus Nachfluchtgründen („sur place“) entstehendem Schutzbedarf, Schadensursachen und Schutz, internem Schutz und Verfolgung einschließlich der Verfolgungsgründe.
(26) Schutz kann, wenn der Wille und die Fähigkeit gegeben sind, Schutz zu bieten, entweder vom Staat oder von Parteien oder Organisationen, einschließlich internationaler Organisationen, geboten werden, die die in dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllen und eine Region oder ein größeres Gebiet innerhalb des Staatsgebiets beherrschen. Ein solcher Schutz sollte wirksam und nicht nur vorübergehender Art sein.
(27) Interner Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden sollte vom Antragsteller in einem Teil des Herkunftslandes, in den er sicher und legal reisen kann, in dem er aufgenommen wird und bei dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlassen kann, tatsächlich in Anspruch genommen werden können. Geht die Verfolgung oder der ernsthafte Schaden vom Staat oder Vertretern des Staates aus, so sollte eine Vermutung dafür bestehen, dass dem Antragsteller kein wirksamer Schutz zur Verfügung steht. Handelt es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen, so sollte die Verfügbarkeit angemessener Betreuungsmöglichkeiten und Sorgerechtsregelungen, die dem Wohl des unbegleiteten Minderjährigen dienen, von der Prüfung der Frage, ob dieser Schutz tatsächlich gewährt werden kann, umfasst werden.
(28) Bei der Prüfung von Anträgen Minderjähriger auf internationalen Schutz sollten die Mitgliedstaaten kinderspezifische Formen von Verfolgung berücksichtigen.
(29) Eine der Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Artikel 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention ist das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen den Gründen der Verfolgung, nämlich Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, und den Verfolgungshandlungen oder dem fehlenden Schutz vor solchen Handlungen.
(30) Es ist ebenso notwendig, einen gemeinsamen Ansatz für den Verfolgungsgrund „Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ zu entwickeln. Bei der Definition einer bestimmten sozialen Gruppe sind die Aspekte im Zusammenhang mit dem Geschlecht des Antragstellers, einschließlich seiner geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung, die mit bestimmten Rechtstraditionen und Bräuchen im Zusammenhang stehen können, wie z. B. Genitalverstümmelungen, Zwangssterilisationen oder erzwungene Schwangerschaftsabbrüche, angemessen zu berücksichtigen, soweit sie in Verbindung mit der begründeten Furcht des Antragstellers vor Verfolgung stehen.
(31) Handlungen im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen sind in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt; sie sind unter anderem in den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen verankert, in denen erklärt wird, dass die „Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“ und dass die „wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“.
(32) Der Begriff „Rechtsstellung“ im Sinne von Artikel 14 kann auch die Flüchtlingseigenschaft einschließen.
(33) Ferner sollten Normen für die Bestimmung und die Merkmale des subsidiären Schutzstatus festgelegt werden. Der subsidiäre Schutzstatus sollte den in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Schutz für Flüchtlinge ergänzen.
(34) Es müssen gemeinsame Kriterien eingeführt werden, die als Grundlage für die Anerkennung von Personen, die internationalen Schutz beantragen, als Anspruchsberechtigte auf subsidiären Schutz dienen. Diese Kriterien sollten völkerrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Rechtsakten im Bereich der Menschenrechte und bestehenden Praktiken in den Mitgliedstaaten entsprechen.
(35) Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes allgemein ausgesetzt sind, stellen für sich genommen normalerweise keine individuelle Bedrohung dar, die als ernsthafter Schaden zu beurteilen wäre.
(36) Familienangehörige sind aufgrund der alleinigen Tatsache, dass sie mit dem Flüchtling verwandt sind, in der Regel gefährdet, in einer Art und Weise verfolgt zu werden, dass ein Grund für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gegeben sein kann.
(37) Der Begriff der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt.
(38) Bei der Gewährung der Ansprüche auf die Leistungen gemäß dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten dem Wohl des Kindes sowie den besonderen Umständen der Abhängigkeit der nahen Angehörigen, die sich bereits in dem Mitgliedstaat aufhalten und die nicht Familienmitglieder der Person sind, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, von dieser Person Rechnung tragen. Unter außergewöhnlichen Umständen, wenn es sich bei dem nahen Angehörigen der Person, die Anspruch auf internationalen Schutz hat, um eine verheiratete minderjährige Person handelt, die nicht von ihrem Ehepartner begleitet wird, kann es als dem Wohl der minderjährigen Person dienlich angesehen werden, wenn diese in ihrer ursprünglichen Familie lebt.
(39) Bei der Berücksichtigung der Forderung des Stockholmer Programms nach Einführung eines einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz und abgesehen von den Ausnahmeregelungen, die notwendig und sachlich gerechtfertigt sind, sollten Personen, denen subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, dieselben Rechte und Leistungen zu denselben Bedingungen gewährt werden wie Flüchtlingen gemäß dieser Richtlinie.
(40) Innerhalb der durch die internationalen Verpflichtungen vorgegebenen Grenzen können die Mitgliedstaaten festlegen, dass Leistungen im Hinblick auf den Zugang zur Beschäftigung, zur Sozialhilfe, zur medizinischen Versorgung und zu Integrationsmaßnahmen nur dann gewährt werden können, wenn vorab ein Aufenthaltstitel ausgestellt worden ist.
(41) Damit Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Leistungen wirksam wahrnehmen können, muss ihren besonderen Bedürfnissen und den speziellen Integrationsproblemen, denen sie sich gegenübersehen, Rechnung getragen werden. Unbeschadet der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, günstigere Normen zu erlassen oder beizubehalten, sollte die Tatsache, dass besonderen Bedürfnissen und den speziellen Integrationsproblemen Rechnung getragen wird, normalerweise nicht zu einer besseren Behandlung führen als derjenigen, die eigenen Staatsangehörigen zuteil wird.
(42) In diesem Zusammenhang sollten Anstrengungen unternommen werden, um insbesondere die Probleme anzugehen, die Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, daran hindern, beschäftigungsbezogene Bildungsangebote und berufsbildende Maßnahmen tatsächlich in Anspruch zu nehmen, unter anderem die Probleme aufgrund von finanziellen Zwängen.
(43) Diese Richtlinie gilt nicht für finanzielle Zuwendungen, die von den Mitgliedstaaten zur Förderung der Bildung gewährt werden.
(44) Es müssen besondere Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um die praktischen Probleme wirksam anzugehen, denen sich Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, bei der Feststellung der Echtheit ihrer ausländischen Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise insbesondere deshalb gegenübersehen, weil sie keine Nachweise vorlegen können und nicht in der Lage sind, die Kosten im Zusammenhang mit den Anerkennungsverfahren zu tragen.
(45) Insbesondere zur Vermeidung sozialer Härtefälle ist es angezeigt, Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, ohne Diskriminierung im Rahmen der Sozialfürsorge angemessene Unterstützung in Form von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren. Bei der Sozialhilfe sollten die Modalitäten und die Einzelheiten der Gewährung der Kernleistungen für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, durch das nationale Recht bestimmt werden. Die Möglichkeit der Einschränkung der Sozialhilfe auf Kernleistungen ist so zu verstehen, dass zumindest eine Mindesteinkommensunterstützung sowie Unterstützung bei Krankheit oder bei Schwangerschaft und bei Elternschaft umfasst sind, soweit diese Leistungen nach dem nationalen Recht eigenen Staatsangehörigen gewährt werden.
(46) Der Zugang zur medizinischen Versorgung, einschließlich physischer und psychologischer Betreuung, sollte für Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, sichergestellt werden.
(47) Die besonderen Bedürfnisse und die besondere Situation von Personen, denen der Flüchtlingsstatus oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, sollten so weit wie möglich in den ihnen angebotenen Integrationsprogrammen berücksichtigt werden, die gegebenenfalls Sprachunterricht und Information über ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit ihrem Schutzstatus in dem betreffenden Mitgliedstaat umfassen.
(48) Die Umsetzung dieser Richtlinie sollte in regelmäßigen Abständen bewertet werden, wobei insbesondere der Entwicklung der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Nichtzurückweisung, der Arbeitsmarktentwicklung in den Mitgliedstaaten sowie der Ausarbeitung gemeinsamer Grundprinzipien für die Integration Rechnung zu tragen ist.
(49) Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung von Normen für die Gewährung internationalen Schutzes an Drittstaatsangehörige und Staatenlose durch die Mitgliedstaaten, für einen einheitlicher Status für Flüchtlinge oder für Personen, die Anspruch auf subsidiären Schutz haben, und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(50) Nach den Artikeln 1und 2 und Artikel 4a Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls (Nr. 21) über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls nicht an der Annahme dieser Richtlinie und sind weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(51) Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls (Nr. 22) über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(52) Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu der Richtlinie 2004/83/EG inhaltlich geändert wurden. Die Verpflichtung zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus der genannten Richtlinie.
(53) Diese Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang I Teil B genannten Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG in innerstaatliches Recht unberührt lassen —
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HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
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KAPITEL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
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Artikel 1
Zweck
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Zweck dieser Richtlinie ist es, Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen, die Anspruch auf subsidiären Schutz haben, sowie für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes festzulegen.

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Artikel 2
Begriffsbestimmungen
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Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a) „internationaler Schutz“ die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus im Sinne der Buchstaben e und g;
b) „Person, der internationaler Schutz zuerkannt wurde“ eine Person, der die Flüchtlingseigenschaft gemäß Buchstabe e oder der subsidiäre Schutzstatus gemäß Buchstabe g zuerkannt wurde;
c) „Genfer Flüchtlingskonvention“ das in Genf abgeschlossene Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967 geänderten Fassung;
d) „Flüchtling“ einen Drittstaatsangehörigen, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will und auf den Artikel 12 keine Anwendung findet;
e) „Flüchtlingseigenschaft“ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder eines Staatenlosen als Flüchtling durch einen Mitgliedstaat;
f) „Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, der aber stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland oder, bei einem Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Artikel 15 zu erleiden, und auf den Artikel 17 Absätze 1 und 2 keine Anwendung findet und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will;
g) „subsidiärer Schutzstatus“ die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen durch einen Mitgliedstaat als Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat;
h) „Antrag auf internationalen Schutz“ das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, und wenn er nicht ausdrücklich um eine andere, gesondert zu beantragende Form des Schutzes außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie ersucht;
i) „Antragsteller“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist;
j) „Familienangehörige“ die folgenden Mitglieder der Familie der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die sich im Zusammenhang mit dem Antrag auf internationalen Schutz in demselben Mitgliedstaat aufhalten, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat:

der Ehegatte der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, oder ihr nicht verheirateter Partner, der mit ihr eine dauerhafte Beziehung führt, soweit nach dem Recht oder der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich vergleichbar behandelt werden wie verheiratete Paare;
die minderjährigen Kinder des unter dem ersten Gedankenstrich genannten Paares oder der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, sofern diese nicht verheiratet sind, gleichgültig, ob es sich nach dem nationalen Recht um eheliche oder außerehelich geborene oder adoptierte Kinder handelt;
der Vater, die Mutter oder ein anderer Erwachsener, der nach dem Recht oder der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats für die Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, verantwortlich ist, wenn diese Person minderjährig und nicht verheiratet ist;
k) „Minderjähriger“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen unter 18 Jahren;
l) „unbegleiteter Minderjähriger“ einen Minderjährigen, der ohne Begleitung eines für ihn nach dem Gesetz oder der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreist, solange er sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befindet; dies schließt Minderjährige ein, die nach der Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dort ohne Begleitung zurückgelassen wurden;
m) „Aufenthaltstitel“ jede von den Behörden eines Mitgliedstaats erteilte und entsprechend dem Recht dieses Mitgliedstaats ausgestellte Erlaubnis oder Genehmigung, die dem Drittstaatsangehörigen oder dem Staatenlosen den Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats gestattet;
n) „Herkunftsland“ das Land oder die Länder der Staatsangehörigkeit oder — bei Staatenlosen — des früheren gewöhnlichen Aufenthalts.
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Artikel 3
Günstigere Normen
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Die Mitgliedstaaten können günstigere Normen zur Entscheidung darüber, wer als Flüchtling oder Person gilt, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, und zur Bestimmung des Inhalts des internationalen Schutzes erlassen oder beibehalten, sofern sie mit dieser Richtlinie vereinbar sind.

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KAPITEL II
PRÜFUNG VON ANTRÄGEN AUF INTERNATIONALEN SCHUTZ
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Artikel 4
Prüfung der Tatsachen und Umstände
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(1)   Die Mitgliedstaaten können es als Pflicht des Antragstellers betrachten, so schnell wie möglich alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte darzulegen. Es ist Pflicht des Mitgliedstaats, unter Mitwirkung des Antragstellers die für den Antrag maßgeblichen Anhaltspunkte zu prüfen.
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(2)   Zu den in Absatz 1 genannten Anhaltspunkten gehören Angaben des Antragstellers zu Alter und familiären und sozialen Verhältnissen — auch der betroffenen Verwandten —, Identität, Staatsangehörigkeit(en), Land/Ländern und Ort(en) des früheren Aufenthalts, früheren Asylanträgen, Reisewegen und Reisedokumenten sowie zu den Gründen für seinen Antrag auf internationalen Schutz und sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zu diesen Angaben.
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(3)   Die Anträge auf internationalen Schutz sind individuell zu prüfen, wobei Folgendes zu berücksichtigen ist:

a) alle mit dem Herkunftsland verbundenen Tatsachen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag relevant sind, einschließlich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Herkunftslandes und der Weise, in der sie angewandt werden;
b) die maßgeblichen Angaben des Antragstellers und die von ihm vorgelegten Unterlagen, einschließlich Informationen zu der Frage, ob er verfolgt worden ist bzw. verfolgt werden könnte oder einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. erleiden könnte;
c) die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Antragstellers, einschließlich solcher Faktoren wie familiärer und sozialer Hintergrund, Geschlecht und Alter, um bewerten zu können, ob in Anbetracht seiner persönlichen Umstände die Handlungen, denen er ausgesetzt war oder ausgesetzt sein könnte, einer Verfolgung oder einem sonstigen ernsthaften Schaden gleichzusetzen sind;
d) die Frage, ob die Aktivitäten des Antragstellers seit Verlassen des Herkunftslandes ausschließlich oder hauptsächlich aufgenommen wurden, um die für die Beantragung von internationalem Schutz erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit bewertet werden kann, ob der Antragsteller im Fall einer Rückkehr in dieses Land aufgrund dieser Aktivitäten verfolgt oder ernsthaften Schaden erleiden würde;
e) die Frage, ob vom Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er den Schutz eines anderen Staates in Anspruch nimmt, dessen Staatsangehörigkeit er für sich geltend machen könnte.

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(4)   Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.
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(5)   Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen;
b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;
c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;
d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war; und
e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist.
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Artikel 5
Aus Nachfluchtgründen entstehender Bedarf an internationalem Schutz
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(1)   Die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Antragsteller das Herkunftsland verlassen hat.
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(2)   Die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, kann auf Aktivitäten des Antragstellers nach Verlassen des Herkunftslandes beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind.
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(3)   Unbeschadet der Genfer Flüchtlingskonvention können die Mitgliedstaaten festlegen, dass ein Antragsteller, der einen Folgeantrag stellt, in der Regel nicht als Flüchtling anerkannt wird, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Antragsteller nach Verlassen des Herkunftslandes selbst geschaffen hat.
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Artikel 6
Akteure, von denen die Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden ausgehen kann
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Die Verfolgung bzw. der ernsthafte Schaden kann ausgehen von

a) dem Staat;
b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen;
c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden im Sinne des Artikels 7 zu bieten.
Artikel 7
Akteure, die Schutz bieten können
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(1)   Der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden kann nur geboten werden

a) vom Staat oder
b) von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,

sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.
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(2)   Der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Ein solcher Schutz ist generell gewährleistet, wenn die unter Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat.
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(3)   Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 beschriebenen Schutz bietet, ziehen die Mitgliedstaaten etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Union aufgestellte Leitlinien heran.

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Artikel 8
Interner Schutz
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(1)   Bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz können die Mitgliedstaaten feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern er in einem Teil seines Herkunftslandes

a) keine begründete Furcht vor Verfolgung hat oder keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht oder
b) Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden gemäß Artikel 7 hat,

und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
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(2)   Bei Prüfung der Frage, ob ein Antragsteller begründete Furcht vor Verfolgung hat oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht, oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden in einem Teil seines Herkunftslandes gemäß Absatz 1 in Anspruch nehmen kann, berücksichtigen die Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers gemäß Artikel 4. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, eingeholt werden.

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KAPITEL III
ANERKENNUNG ALS FLÜCHTLING
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Artikel 9
Verfolgungshandlungen
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(1)   Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder
b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

(2)   Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
c)
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
d)
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
e)
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und
f)
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3)   Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen.
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Artikel 10
Verfolgungsgründe
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(1)   Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe berücksichtigen die Mitgliedstaaten Folgendes:
a)
Der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
b)
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
c)
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
d)
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.
Je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland kann als eine bestimmte soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet. Als sexuelle Orientierung dürfen keine Handlungen verstanden werden, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten als strafbar gelten. Geschlechtsbezogene Aspekte, einschließlich der geschlechtlichen Identität, werden zum Zweck der Bestimmung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der Ermittlung eines Merkmals einer solchen Gruppe angemessen berücksichtigt;
e)
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Antragsteller in einer Angelegenheit, die die in Artikel 6 genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Antragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2)   Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
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Artikel 11
Erlöschen
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(1)   Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist nicht mehr Flüchtling, wenn er
a)
sich freiwillig erneut dem Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, unterstellt oder
b)
nach dem Verlust seiner Staatsangehörigkeit diese freiwillig wiedererlangt hat oder
c)
eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er erworben hat, genießt oder
d)
freiwillig in das Land, das er aus Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder außerhalb dessen er aus Furcht vor Verfolgung geblieben ist, zurückgekehrt ist und sich dort niedergelassen hat oder
e)
nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder
f)
als Staatenloser nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt wurde, in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
(2)   Bei der Prüfung von Absatz 1 Buchstaben e und f haben die Mitgliedstaaten zu untersuchen, ob die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend ist, so dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung nicht länger als begründet angesehen werden kann.
(3)   Absatz 1 Buchstaben e und f finden keine Anwendung auf einen Flüchtling, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder wenn er staatenlos ist, des Landes, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, abzulehnen.
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Artikel 12
Ausschluss
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(1)   Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er
a)
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß Artikel 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Wird ein solcher Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, genießt er ipso facto den Schutz dieser Richtlinie;
b)
von den zuständigen Behörden des Landes, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Landes verknüpft sind, bzw. gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(2)   Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass er
a)
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
b)
eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Aufnahmelandes begangen hat, bevor er als Flüchtling aufgenommen wurde, das heißt vor dem Zeitpunkt der Ausstellung eines Aufenthaltstitels aufgrund der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft; insbesondere grausame Handlungen können als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft werden, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden;
c)
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen.
(3)   Absatz 2 findet auf Personen Anwendung, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.
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KAPITEL IV
FLÜCHTLINGSEIGENSCHAFT
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Artikel 13
Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft
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Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen, der die Voraussetzungen der Kapitel II und III erfüllt, die Flüchtlingseigenschaft zu.
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Artikel 14
Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung der Flüchtlingseigenschaft
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(1)   Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Flüchtlingseigenschaft ab, beenden diese oder lehnen ihre Verlängerung ab, wenn er gemäß Artikel 11 nicht länger Flüchtling ist.
(2)   Unbeschadet der Pflicht des Flüchtlings, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger Flüchtling ist oder es nie gewesen ist.
(3)   Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen die Flüchtlingseigenschaft ab, beenden diese oder lehnen ihre Verlängerung ab, falls der betreffende Mitgliedstaat nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft feststellt, dass
a)
die Person gemäß Artikel 12 von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen ist;
b)
eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seinerseits, einschließlich der Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente, für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausschlaggebend war.
(4)   Die Mitgliedstaaten können einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn
a)
es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält;
b)
er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.
(5)   In den in Absatz 4 genannten Fällen können die Mitgliedstaaten entscheiden, einem Flüchtling eine Rechtsstellung nicht zuzuerkennen, solange noch keine Entscheidung darüber gefasst worden ist.
(6)   Personen, auf die die Absätze 4 oder 5 Anwendung finden, können die in den Artikeln 3, 4, 16, 22, 31, 32 und 33 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Rechte oder vergleichbare Rechte geltend machen, sofern sie sich in dem betreffenden Mitgliedstaat aufhalten.
KAPITEL V
VORAUSSETZUNGEN FÜR SUBSIDIÄREN SCHUTZ
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Artikel 15
Ernsthafter Schaden
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Als ernsthafter Schaden gilt
a)
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder
b)
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder
c)
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
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Artikel 16
Erlöschen
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(1)   Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.
(2)   Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
(3)   Absatz 1 findet keine Anwendung auf eine Person, der subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, die sich auf zwingende, auf früher erlittenem ernsthaftem Schaden beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, oder wenn sie staatenlos ist, des Landes, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, abzulehnen.
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Artikel 17
Ausschluss
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(1)   Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
a)
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
b)
eine schwere Straftat begangen hat;
c)
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen;
d)
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält.
(2)   Absatz 1 findet auf Personen Anwendung, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.
(3)   Die Mitgliedstaaten können einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen von der Gewährung subsidiären Schutzes ausschließen, wenn er vor seiner Aufnahme in dem betreffenden Mitgliedstaat ein oder mehrere nicht unter Absatz 1 fallende Straftaten begangen hat, die mit Freiheitsstrafe bestraft würden, wenn sie in dem betreffenden Mitgliedstaat begangen worden wären, und er sein Herkunftsland nur verlassen hat, um einer Bestrafung wegen dieser Straftaten zu entgehen.
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KAPITEL VI
SUBSIDIÄRER SCHUTZSTATUS
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Artikel 18
Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus
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Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen, der die Voraussetzungen der Kapitel II und V erfüllt, den subsidiären Schutzstatus zu.
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Artikel 19
Aberkennung, Beendigung oder Ablehnung der Verlängerung des subsidiären Schutzstatus
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(1)   Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.
(2)   Die Mitgliedstaaten können einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus aberkennen, diesen beenden oder seine Verlängerung ablehnen, wenn er nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absatz 3 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen.
(3)   Die Mitgliedstaaten erkennen einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen eine Verlängerung ab, wenn
a)
er nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 2 von der Gewährung subsidiären Schutzes hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen ist;
b)
eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seinerseits, einschließlich der Verwendung falscher oder gefälschter Dokumente, für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend war.
(4)   Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat.
KAPITEL VII
INHALT DES INTERNATIONALEN SCHUTZES
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Artikel 20
Allgemeine Bestimmungen
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(1)   Die Bestimmungen dieses Kapitels berühren nicht die in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Rechte.
(2)   Sofern nichts anderes bestimmt wird, gilt dieses Kapitel sowohl für Flüchtlinge als auch für Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz.
(3)   Die Mitgliedstaaten berücksichtigen bei der Umsetzung dieses Kapitels die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben.
(4)   Absatz 3 gilt nur für Personen, die nach einer Einzelprüfung ihrer Situation als Personen mit besonderen Bedürfnissen eingestuft werden.
(5)   Bei der Umsetzung der Minderjährige berührenden Bestimmungen dieses Kapitels berücksichtigen die Mitgliedstaaten vorrangig das Wohl des Kindes.
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Artikel 21
Schutz vor Zurückweisung
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(1)   Die Mitgliedstaaten achten den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen.
(2)   Ein Mitgliedstaat kann, sofern dies nicht aufgrund der in Absatz 1 genannten völkerrechtlichen Verpflichtungen untersagt ist, einen Flüchtling unabhängig davon, ob er als solcher förmlich anerkannt ist oder nicht, zurückweisen, wenn
a)
es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält, oder
b)
er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.
(3)   Die Mitgliedstaaten können den einem Flüchtling erteilten Aufenthaltstitel widerrufen, beenden oder seine Verlängerung bzw. die Erteilung eines Aufenthaltstitels ablehnen, wenn Absatz 2 auf die betreffende Person Anwendung findet.
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Artikel 22
Information
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Die Mitgliedstaaten gewähren Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, so bald wie möglich nach Zuerkennung des Flüchtlingsstatus oder des subsidiären Schutzstatus Zugang zu Informationen über die Rechte und Pflichten in Zusammenhang mit dem Status in einer Sprache, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen.
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Artikel 23
Wahrung des Familienverbands
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(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Familienverband aufrechterhalten werden kann.
(2)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Familienangehörigen der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die selbst nicht die Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes erfüllen, gemäß den nationalen Verfahren Anspruch auf die in den Artikeln 24 bis 35 genannten Leistungen haben, soweit dies mit der persönlichen Rechtsstellung des Familienangehörigen vereinbar ist.
(3)   Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn der Familienangehörige aufgrund der Kapitel III und V von der Gewährung internationalen Schutzes ausgeschlossen ist oder ausgeschlossen wäre.
(4)   Unbeschadet der Absätze 1 und 2 können die Mitgliedstaaten aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung die dort aufgeführten Leistungen verweigern, einschränken oder entziehen.
(5)   Die Mitgliedstaaten können entscheiden, dass dieser Artikel auch für andere enge Verwandte gilt, die zum Zeitpunkt des Verlassens des Herkunftslandes innerhalb des Familienverbands lebten und zu diesem Zeitpunkt vollständig oder größtenteils von der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, abhängig waren.
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Artikel 24
Aufenthaltstitel
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(1)   So bald wie möglich nach Zuerkennung des internationalen Schutzes und unbeschadet des Artikels 21 Absatz 3 stellen die Mitgliedstaaten Personen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel aus, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
Unbeschadet des Artikels 23 Absatz 1 kann der Aufenthaltstitel, der Familienangehörigen von Personen ausgestellt wird, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, weniger als drei Jahre gültig und verlängerbar sein.
(2)   So bald wie möglich nach Zuerkennung des internationalen Schutzes stellen die Mitgliedstaaten Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, und ihren Familienangehörigen einen verlängerbaren Aufenthaltstitel aus, der mindestens ein Jahr und im Fall der Verlängerung mindestens zwei Jahre gültig sein muss, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
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Artikel 25
Reisedokumente
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(1)   Die Mitgliedstaaten stellen Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise — wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen — für Reisen außerhalb ihres Gebiets aus, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(2)   Die Mitgliedstaaten stellen Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist und die keinen nationalen Pass erhalten können, Dokumente für Reisen außerhalb ihres Hoheitsgebiets aus, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
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Artikel 26
Zugang zur Beschäftigung
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(1)   Unmittelbar nach Zuerkennung des Schutzes gestatten die Mitgliedstaaten Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die Aufnahme einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften, die für den betreffenden Beruf oder für die öffentliche Verwaltung allgemein gelten.
(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, Maßnahmen wie beschäftigungsbezogene Bildungsangebote für Erwachsene, berufsbildende Maßnahmen, einschließlich Schulungsmaßnahmen zur Weiterqualifizierung, praktische Berufserfahrung am Arbeitsplatz und Beratungsleistungen der Arbeitsverwaltungen zu gleichwertigen Bedingungen wie eigenen Staatsangehörigen angeboten werden.
(3)   Die Mitgliedstaaten sind bestrebt, Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, uneingeschränkten Zugang zu den Maßnahmen gemäß Absatz 2 zu erleichtern.
(4)   Die in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften über das Arbeitsentgelt, den Zugang zu Systemen der sozialen Sicherheit im Rahmen der unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit sowie sonstige Beschäftigungsbedingungen finden Anwendung.
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Artikel 27
Zugang zu Bildung
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(1)   Die Mitgliedstaaten gewähren allen Minderjährigen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, zu denselben Bedingungen wie eigenen Staatsangehörigen Zugang zum Bildungssystem.
(2)   Die Mitgliedstaaten gestatten Erwachsenen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, zu denselben Bedingungen wie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt Zugang zum allgemeinen Bildungssystem, zu Weiterbildung und Umschulung.
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Artikel 28
Zugang zu Verfahren für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen
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(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, und eigene Staatsangehörige im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Anerkennung von ausländischen Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen gleich behandelt werden.
(2)   Die Mitgliedstaaten sind bestrebt, den uneingeschränkten Zugang von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die keine Nachweise für ihre Qualifikationen beibringen können, zu geeigneten Programmen für die Beurteilung, Validierung und Bestätigung früher erworbener Kenntnisse zu erleichtern. Solche Maßnahmen müssen im Einklang mit Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (4) stehen.
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Artikel 29
Sozialhilfeleistungen
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(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten.
(2)   Abweichend von der allgemeinen Regel nach Absatz 1 können die Mitgliedstaaten die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang und unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren.
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Artikel 30
Medizinische Versorgung
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(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, zu denselben Bedingungen wie Staatsangehörige des diesen Schutz gewährenden Mitgliedstaats Zugang zu medizinischer Versorgung haben.
(2)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten unter denselben Voraussetzungen wie Staatsangehörigen des den Schutz gewährenden Mitgliedstaats eine angemessene medizinische Versorgung, einschließlich erforderlichenfalls einer Behandlung psychischer Störungen, von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die besondere Bedürfnisse haben, wie Schwangere, Behinderte, Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, oder Minderjährige, die Opfer irgendeiner Form von Missbrauch, Vernachlässigung, Ausbeutung, Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gewesen sind oder unter bewaffneten Konflikten gelitten haben.
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Artikel 31
Unbegleitete Minderjährige
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(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen so rasch wie möglich, nachdem internationaler Schutz gewährt wurde, die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass unbegleitete Minderjährige durch einen gesetzlichen Vormund oder erforderlichenfalls durch eine Einrichtung, die für die Betreuung und das Wohlergehen von Minderjährigen verantwortlich ist, oder durch einen anderen geeigneten Vertreter, einschließlich eines gesetzlich vorgesehenen oder gerichtlich angeordneten Vertreters, vertreten werden.
(2)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der bestellte Vormund oder Vertreter die Bedürfnisse des Minderjährigen bei der Anwendung der Richtlinie gebührend berücksichtigt. Die zuständigen Behörden nehmen regelmäßige Bewertungen vor.
(3)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass unbegleitete Minderjährige folgendermaßen untergebracht werden: entweder
a)
bei erwachsenen Verwandten oder
b)
in einer Pflegefamilie oder
c)
in speziellen Einrichtungen für Minderjährige oder
d)
in anderen für Minderjährige geeigneten Unterkünften.
Hierbei werden die Wünsche des Kindes entsprechend seinem Alter und seiner Reife berücksichtigt.
(4)   Geschwister bleiben so weit wie möglich zusammen, wobei das Wohl des betreffenden Minderjährigen, insbesondere sein Alter und sein Reifegrad, zu berücksichtigen ist. Wechsel des Aufenthaltsorts sind bei unbegleiteten Minderjährigen auf ein Mindestmaß zu beschränken.
(5)   Wird einem unbegleiteten Minderjährigen internationaler Schutz gewährt, ohne dass mit der Suche nach seinen Familienangehörigen begonnen wurde, leiten die Mitgliedstaaten so bald wie möglich nach der Gewährung des internationalen Schutzes die Suche nach diesen ein, wobei sie die Interessen des Minderjährigen schützen. Wurde die Suche bereits eingeleitet, setzen die Mitgliedstaaten diese Suche gegebenenfalls fort. In Fällen, in denen das Leben oder die Unversehrtheit des Minderjährigen oder seiner nahen Verwandten bedroht sein könnte, insbesondere wenn diese im Herkunftsland geblieben sind, ist darauf zu achten, dass die Erfassung, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen über diese Personen vertraulich erfolgt.
(6)   Das Betreuungspersonal für unbegleitete Minderjährige muss im Hinblick auf die Bedürfnisse von Minderjährigen eine angemessene Ausbildung erhalten haben und angemessene Fortbildungen erhalten.
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Artikel 32
Zugang zu Wohnraum
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(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, Zugang zu Wohnraum unter Bedingungen erhalten, die den Bedingungen gleichwertig sind, die für andere Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.
(2)   Bei der Anwendung eines nationalen Verteilungsmechanismus für Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, sind die Mitgliedstaaten bestrebt, Maßnahmen zur Verhinderung der Diskriminierung von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, und zur Gewährleistung der Chancengleichheit beim Zugang zu Wohnraum zu ergreifen.
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Artikel 33
Freizügigkeit innerhalb eines Mitgliedstaats
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Die Mitgliedstaaten gestatten die Bewegungsfreiheit von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in ihrem Hoheitsgebiet unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie für andere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.
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Artikel 34
Zugang zu Integrationsmaßnahmen
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Um die Integration von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in die Gesellschaft zu erleichtern, gewährleisten die Mitgliedstaaten den Zugang zu Integrationsprogrammen, die sie als den besonderen Bedürfnissen von Personen mit Flüchtlingsstatus oder subsidiärem Schutzstatus angemessen erachten, oder schaffen die erforderlichen Voraussetzungen, die den Zugang zu diesen Programmen garantieren.
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Artikel 35
Rückkehr
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Die Mitgliedstaaten können Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist und die zurückkehren möchten, Unterstützung gewähren.
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KAPITEL VIII
VERWALTUNGSZUSAMMENARBEIT
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Artikel 36
Zusammenarbeit
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Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Kontaktstelle und teilt deren Anschrift der Kommission mit. Die Kommission leitet diese Angaben an die übrigen Mitgliedstaaten weiter.
In Abstimmung mit der Kommission treffen die Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen, um eine unmittelbare Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden herzustellen.
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Artikel 37
Personal
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Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Behörden und Organisationen, die diese Richtlinie anwenden, die nötige Ausbildung erhalten haben und in Bezug auf die Informationen, die sie durch ihre Arbeit erhalten, der Schweigepflicht unterliegen, wie sie im nationalen Recht definiert ist.
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KAPITEL IX
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
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Artikel 38
Berichterstattung
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(1)   Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 21. Juni 2015 Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und schlägt erforderlichenfalls Änderungen vor. Diese Änderungsvorschläge beziehen sich vorrangig auf die Artikel 2 und 7. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission bis zum 21. Dezember 2014 alle für die Erstellung dieses Berichts sachdienlichen Angaben.
(2)   Nach Vorlage des Berichts erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens alle fünf Jahre Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie.
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Artikel 39
Umsetzung
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(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um den Artikeln 1, 2, 4, 7, 8, 9, 10, 11, 16, 19, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 35 bis 21. Dezember 2013 nachzukommen. Sie übermitteln der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften.
Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. In diese Vorschriften fügen sie die Erklärung ein, dass Verweise in den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf die durch diese Richtlinie aufgehobene Richtlinie als Verweise auf diese Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten der Bezugnahme und die Formulierung der Erklärung fest.
(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die von dieser Richtlinie betroffen sind.
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Artikel 40
Aufhebung
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Die Richtlinie 2004/83/EG wird für die durch die vorliegende Richtlinie gebundenen Mitgliedstaaten unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang I Teil B genannten Frist für die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht mit Wirkung vom 21. Dezember 2013 aufgehoben.
Für die durch die vorliegende Richtlinie gebundenen Mitgliedstaaten gelten Verweise auf die aufgehobene Richtlinie als Verweise auf die vorliegende Richtlinie nach der Entsprechungstabelle in Anhang II.
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Artikel 41
Inkrafttreten
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Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Die Artikel 1, 2, 4, 7, 8, 9, 10, 11, 16, 19, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34 und 35 gelten ab dem 22. Dezember 2013.
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Artikel 42
Adressaten
Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Straßburg am 13. Dezember 2011.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. BUZEK

Im Namen des Rates
Der Präsident
M. SZPUNAR

(1)  ABl. C 18 vom 19.1.2011, S. 80.
(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 27. Oktober 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 24. November 2011.
(3)  ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12.
(4)  ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.
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Quelle:
Amtsblatt der Europäischen Union – 20.12.2011
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Schmutzige Deals: Nach der Türkei jetzt Libyen?

Schmutzige Deals: Nach der Türkei jetzt Libyen?
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Nach dem Pakt mit dem neo-osmanischen Sultan plant die Bundesregierung offenbar einen weiteren schmutzigen Deal.
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Nach dem Vorbild der Türkei soll jetzt auch mit Libyen ein Abkommen geschlossen werden; mit einem „failed state“ ohne richtige Regierung, in dem der IS sein Unwesen treibt und Flüchtlinge in Camps misshandelt und gefoltert werden.
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MONITOR-Journalisten waren in Libyen unterwegs und belegen mit ihrer Reportage (für zartbeseitete nicht geeignet), dass die Bundesregierung offenbar jede menschenrechtliche Hemmschwelle verloren hat, wenn es nur um das Ziel geht, Flüchtlinge von Deutschland fern zu halten.
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Wie zwischenzeitlich bekannt wurde, will die EU offenbar noch eine Schippe drauflegen und erwägt -wie aus einem 17-seitigen Dokument des Europäischen Auswärtigen Dienstes hervorgeht, welches der AFP vorliegt- in dem nordafrikanischen Krisenstaat den Aufbau von Inhaftierungseinrichtungen für tausende im Land dahinvegetierender Flüchtlinge.
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Dabei spielt es offenbar keine Rolle, warum sich diese Menschen überhaupt erst auf die Reise begeben haben … aber dies ist eine ganz andere „systemische Großbaustelle“, die separat zu beleuchten sein wird.
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Zunächst bleibt festzuhalten, dass man auf der Kommandobrücke -wie so oft- an so genannten Problemlösungen herumbastelt, die erfahrungsgemäß weitaus größere Probleme nach sich ziehen.
Gerade im Fall Libyen wird dies besonders deutlich, wenn man sich die Chronik des 2011 angezettelten Bürgerkriegs nochmals vor Augen führt. In diesem Zusammenhang mag man sich in Erinnerung rufen, dass mit der mutwilligen Vernichtung der Herrschaft Muammar al-Gaddafis die jetzt sichtbare Flüchtlingsproblematik in Nordafrika erst ausgelöst wurde.
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Bekanntermaßen hat Gaddafi bereits im März 2011 eindringlich darauf hingewiesen, dass nur ein einheitliches und stabiles Libyen die Flucht von unzähligen Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten nach Europa verhindern könne.
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In einem Interview, welches kurz vor seiner Ermordung aufgenommen wurde, prophezeite Gaddafi den Friedens- und Freiheitsheuchlern der NATO-Mitgliedsstaaten:
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„Now listen you, people of Nato.
You’re bombing a wall,
which stood in the way of African migration to Europe,
and in the way of al-Qaeda terrorists.
This wall was Libya. You’re breaking it.
You’re idiots,
you will burn in hell
for thousands of migrants from Africa and for supporting al-Qaeda.
It will be so.“
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Es erscheint müßig darauf hinzuweisen, dass aufgrund übergeordneter hegemonialer Interessen (vgl. mit Hillary Clintons Email leaks) Gaddafi’s Warnung vorsätzlich ignoriert wurde, eine Haltung, die nun -für jedermann sichtbar- ihre Wirkung entfaltet.
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Nachdem die Bundeskanzlerin großzügig mit dem Refugee-Honey Pie winkt, werden sich die libyschen Pseudo-Machthaber dieser Wohltat kaum verweigern, wobei versprochene Gegenleistungen auch schon mal in Vergessenheit geraten könnten.
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Zwischenzeitlich wurde der Angstschweiß mediokrer EU-Gestalten -der zugleich Auslöser des Milliarden-Bieter-Verfahrens ist- auch in Kenia und dem Niger erschnüffelt.
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Offenbar angeregt durch den süssen Duft will man in Kenia aus angeblicher Angst vor Aktivitäten der somalischen Terrorgruppe Al-Shabaab zwei Flüchtlingscamps mit rund 600,000 Schutzsuchenden schließen. Dieser Vorsatz gleicht einer Drohkulisse, die einen signifikanten Flüchtlingsschub ggfls. zum europäischen Klondike auslösen kann, womit der Einsatz um die größten Refugee-Trüffel hinreichend definiert ist.
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Das Flüchtlingstransit-Land Niger nimmt gar nicht erst am Pokertisch Platz, sondern fordert -vorerst- von der EU ganz nonchalant schlappe 1,1 Mrd. €, was satten 18 % des BIPs oder knapp 45 % der Auslandsverschuldung (2,7 Mrd. US$) entspricht.
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Es darf gewettet werden, dass weitere menschenfreundliche Präsidialgestalten, etwa aus Äquatorialguinea, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Burundi, Kongo, Mauretanien, Nigeria, Ruanda, Sierra Leone, Somalia, Sudan, Südsudan oder Zentralafrikanischer Republik, vielleicht sogar angeregt durch die Musketiere des Weißen Hauses (IMF – Weltbank – WTO) nicht eher Ruhe geben, bis man ihnen ebenfalls ein Stück des Kuchens zubilligt.
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Bevor nun verzückte Refugee-Trommler solche Entwicklungen mit „Ist doch alles prima, sinnvoll angelegtes Geld zum Wohle der hungernden Menschen“ kommentieren, wäre an dieser Stelle eine gehörige Portion Nachhilfe hinsichtlich der Kreativität hochdotierter Lobbyvertreter etwa aus der Agrar-, Bergbau- Pharma-, oder Rüstungsbranche anzuraten, oder sich mit dem Instrumentenkasten so genannter Economic Hitmen zu beschäftigen.
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Man muss keine Kassandra sein, um die Prognose zu wagen, dass am Ende des Tages die segensreichen Wohltaten alle verputzt sind, während die Fluchtursachen kaum fühlbar beseitigt wurden und sich die Lebensbedingungen der Menschen in diesen Vorzeigestaaten nicht verbessert haben.
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Mindestens ebenso traurig wird dann zu konstatieren sein, dass die jämmerlichen Großmäuler, die all dies verbockt haben, aufgrund der Schlafmützigkeit europäischer Wähler, entweder noch immer in den Kommandozentralen herumlungern, oder sich völlig entdrückt an den Früchten ihrer Machenschaften laben. Genau diesen Umstand scheint Gaddafi unterschätzt zu haben, als er jene Puppets zu Höllenfeuer verfluchte.
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Ihr Oeconomicus
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1000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Berchesgadener Land aufgegriffen (++updates)

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1000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Berchesgadener Land aufgegriffen
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Rund 1000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind der Bundespolizei im Oktober bei Grenzkontrollen im Raum Freilassing aufgefallen. Wie das Polizeipräsidium Oberbayern-Süd mitteilte, haben Schleierfahnder die Kinder und Jugendlichen im Rahmen der Amtshilfe übernommen.
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Das Jugendamt des Landratsamtes Traunstein überprüfte daraufhin das Alter und fragte auch nach mitreisenden Angehörigen. Kinder und Jugendliche, die tatsächlich allein unterwegs waren, wurden laut Polizei anschließend in entsprechende Einrichtungen gebracht.
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Der Bericht sagt leider nichts dazu aus, welcher Nationalität diese UmF angehören.
Rechnet man besagte 1,000 UmF auf Deutschland hoch, könnten bereits 10,0000 Minderjährige im Land sein.
Geht man hinsichtlich des Familiennachzugs nur von Faktor 5 aus, dürfen wir uns mittelfristig auf mindestens 50,000 Nachzügler freuen.
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Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang an eine Reportage von Uli Gack, die am 10. September ausgestrahlt wurde.
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Gack berichtete aus der nordirakischen Provinz Dohuk, wo sich offenbar 16 Flüchtlingscamps befinden. Das größte Zeltlager soll schlappe 250,000 Menschen beherbergen.
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Die Leute sind abhängig von schwindenden Lebensmittelrationen, die mehr schlecht als recht von UNHCR gereicht werden und träumen allesamt von der Reise nach Deutschland.
Den richtigen Dreh hat man dank entsprechender Informationen im Arabischen Fernsehen auch schon raus:
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„Mein 14-jähriger Sohn macht sich auf den Weg. Er hat die besten Chancen. Minderjährige werden in Deutschland nicht ausgewiesen und dürfen ihre Familie nachholen, so hörte ich es in den Nachrichten….“
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Die ersten ankommenden Familien könnte man übrigens ganz prima im Kanzleramt unterbringen, da sich die davorliegende große Freifläche als Kinderspielplatz geradezu anbietet.
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Kanzlerin samt Entourage könnten derweil in der Amerikanischen Botschaft unterkommen, nach deren Pfeifen ja ohnehin getanzt wird.
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Rufen wir all diesen freundlichen Menschen, ihren Nachbarn und deren Nachbarn (all over the globe) ein happy Helloween zu und fiebern dem Tag ihrer Ankunft entgegen.
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Ihr Oeconomicus
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korrespondierende updates
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18.06.2016
Nachdenkseiten: Vom Schicksal der Verdammten
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20.04.2016
EU-Parlament: MEPs discuss fate of 10,000 refugee children that have gone missing
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30.01.2016
TheGuardian: according to Europol 10,000 refugee children are missing
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Anmerkung:
Vermutlich hat die Befürchtung, dass diese Kinder bestimmten Organisationen mit bösen Absichten in die Hände gefallen sein könnten, nichts mit Kassandra-Rufen gemein.
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Ihr Oeconomicus
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DNA-Test vor Familiennachzug

DNA-Test vor Familiennachzug
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Anerkannte Flüchtlinge, die ihre Familie nach Österreich holen wollen, müssen sich einem DNA-Test in der Gerichtsmedizin unterziehen. Denn nur die engsten Angehörigen von Asylberechtigten dürfen nachgeholt werden.
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Bisher waren es vorwiegend junge Männer, die die Flucht nach Österreich wagten – hauptsächlich aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Wenn ihr Asylverfahren positiv abgeschlossen ist und sie als anerkannter Flüchtling gelten, können sie beim Asylamt einen Antrag stellen, ihre Familie nachzuholen. Allerdings gilt das nur für die Ehefrau und minderjährige Kinder, nicht für andere Verwandte.
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Um die Verwandtschaft zweifelsfrei zu klären, braucht es ein Abstammungsgutachten, sagt der Molekularbiologe Franz Neuhuber von der Salzburger Gerichtsmedizin:
„Das funktioniert so, dass die DNA-Muster der Personen, die hier aufhältig sind, und der Personen im Heimatland verglichen werden. Dann kann man eindeutig feststellen, ob diese Personen miteinander verwandt sind oder nicht.“
[…]
ORF – 12.09.2015
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Anmerkung:
Nach den Bestimmungen des deutschen AufenthG sind solche Vorkehrungen bislang nicht vorgesehen, womit sich eine weitere Ursache für die Verwendung der Begrifflichkeit „Täuschland“ offenbart.
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Ihr Oeconomicus
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Schwankender Westen ? – Alfred Schier im Dialog mit Prof. Udo Di Fabio

Schwankender Westen ? – Alfred Schier im Dialog mit Prof. Udo Di Fabio – (04.10.2015)
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Zwölf Jahre war Udo Di Fabio Richter am Karlsruher Bundesverfassungsgericht. In dieser Zeit hat er die rechtliche Verfassung der Bundesrepublik entscheidend mitgeprägt. Im Dialog mit Alfred Schier spricht Di Fabio über identitätsstiftende Werte und Fundamente der deutschen Gesellschaft, die Finanzkrise im Euroraum und über Herausforderungen und Chancen durch die Flüchtlingsströme.
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In der Öffentlichkeit profilierte sich Di Fabio als politisch engagierter Publizist. Rund zehn Jahre nach seinem vielbeachteten Erstling „Die Kultur der Freiheit“ präsentierte er kürzlich sein neues Werk „Schwankender Westen“. Darin analysiert er die Grundlagen der westlichen Gesellschaft und welche Auswirkung Krisen, aber auch Bedrohungen, wie zum Beispiel der „IS“, auf sie haben.
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Auszug:

[Hervorhebungen und Querverweise by Oeconomicus]

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Min. 0.35
Schier:
„Professor di Fabio, soeben erschienen, Ihr neuestes Buch „Schwankender Westen“.
Warum wankt, warum schwankt unsere westliche Gesellschaft ?“
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Di Fabio:
„Unsere westliche Gesellschaft ist seit der Weltfinanzkrise etwas aus dem Tritt gekommen.
1990, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks hat man noch erwartet, dass der Westen jetzt die dominante Wirtschaftsform wird, ohne Konkurrenten. Heute sehen wir, dass an der Peripherie Europas Staaten zerfallen, dass die amerikanische Gesellschaft nach neuer Stärke ruft und sich selbst im Krisenmodus zu befinden scheint.
Ja, und wir mit der Flüchtlingsfrage, aber auch mit der Europäischen Integration inzwischen erhebliche Probleme vor uns sehen.“
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Min. 1.24
Schier:
„Diese Flüchtlingsfrage würde ich gerne als Erstes besprechen. Hunderttausende, vielleicht sogar eine Million Menschen kommen dieses Jahr nach Deutschland. Das ist doch zunächst einmal ein Anzeichen dafür, wie attraktiv unser Land, unsere Gesellschaft ist. Also ich würde sagen, „strahlender Westen“ und nicht „wankender Westen“.“
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Di Fabio:
„Ja, wankend nenne ich den Westen noch nicht, sondern schwankend.
Schwanken kann man beispielweise, wenn man einen Entschluss treffen will. Ich werbe für dieses Gesellschaftsmodell und ich bin auch der Überzeugung, dass der Westen stark und attraktiv ist.
Nur, wer stark ist, der vergißt manchmal, seine eigenen Grundlagen genügend zu pflegen, das geht uns privat allen so, und das geht den Gesellschaften, den Nationen, den politischen Gemeinschaften auch so.
Im Westen müssen wir darüber nachdenken, wie wir unsere Stärke eigentlich behalten können.
Dass der Westen attraktiv ist, das sehe ich genau so, das ist ein Grund dafür, dass die Menschen in den Westen drängen. Manche drängen aber auch in den Westen, weil sie ihre Staatlichkeit, ihr Friedensordnung verloren haben, und da sollten wir kritisch hinschauen, warum so etwas geschieht.“
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Min. 2.45
Schier:
„Schauen wir mal diese Flüchtlingskrise etwas genauer an. Sehen Sie in dieser Flüchtlingskrise auch Elemente, die unsere Gesellschaft, unsere Werte, unsere Kultur bedrohen könnten ?“
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Di Fabio:
„Jede Krise hat immer zwei Möglichkeiten. Die Krise kann Erneuerung sein, kann Bereicherung sein, sie kann aber auch, wenn sie nicht gemeistert wird, wenn die falschen Entscheidungen getroffen werden, kann sie auch ins Negative rutschen.
Insofern ist die Rede von der Flüchtlingskrise bei den Zahlen über die wir reden und die Bewegungen die wir beobachten, wie ich glaube, keine falsche Terminologie, aber Chance und Risiko.“
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Min. 3.31
Schier:
„Angela Merkel hat gesagt, das Asylrecht kennt keine Obergrenze.
Ist das absolut so, oder gibt es am Ende doch eine Begrenzung durch die Aufnahmefähigkeit unseres Staates ?“
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Di Fabio:
„Das Asylrecht des Grundgesetzes ist ein subjektives Recht und enthält in der Tat keine Quantitäten, insofern hat die Kanzlerin meines Erachtens nur die Rechtslage wiedergegeben. Aber, was wir heute erleben, ist ja kein Ansturm von Asylberechtigten.
Man kann -streng genommen- auf dem Landweg gar nicht als Asylberechtigter nach Deutschland kommen, weil Artikel 16a des Grundgesetzes die Einreise aus sicheren Drittstaaten nicht zum Asyl rechnet.
So gesehen erleben wir keinen Ansturm von Asylberechtigten, denn die Menschen, die auf dem Landwege kommen, sie sind Flüchtlinge, sie sind Einwanderer, Einwanderungswillige, aber die allerwenigsten davon haben den subjektiven Anspruch auf Asyl, den unser Grundgesetz verspricht.“
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Min. 4.37
Schier:
„Ich würde da gern man nachfragen.
Also zunächst mal ist unser Asylrecht unbegrenzt, also zigmillionen Flüchtlinge auf der Welt könnten hier einen Asylantrag stellen, vielleicht sogar hunderte Millionen, wenn die aus Diktaturen, Bürgerkriegsländern kommen.
Welchen Sinn macht so ein Asylrecht, das potentiell einer Milliarde Menschen die Rettung in Deutschland verspricht, auf der anderen Seite, weil das ja offensichtlich nicht handbar ist, machen wir alles, damit diese Menschen nicht nach Deutschland kommen können und der einzige Ausweg, der dann bleibt, ist die Flucht über’s Mittelmeer mit 3000 Toten.“
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Di Fabio:
„Der Punkt ist der, wer auf dem Landweg nach Deutschland kommt, muss ja aus einem anderen, bereits sicheren Land kommen.
Er muss aus Österreich kommen, er muss aus Polen kommen, er muss aus Ungarn kommen und das bedeutet, dass er in Deutschland keinen Asylanspruch hat.
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Min. 5.35
Schier:
„Das ist doch graue Theorie! Eine Million Menschen kommen, da können Sie doch so häufig wie Sie wollen sagen, er hätte theoretische keinen Anspruch. Faktisch sind die Menschen da und wir können sie nicht wegschicken.“
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Di Fabio:
Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
Der Anspruch ist nicht gegeben, wenn man über Österreich ins Land kommt, weil man aus Österreich kommt.
Es gibt kein Recht, sich das Land in dem man sich flüchten will, auszusuchen, es gibt kein subjektives Recht darauf.
Wir haben uns völkerrechtlich verpflichtet, Menschen die in Not sind aufzunehmen, die aus Bürgerkriegsgebieten kommen, aus humanitären Gründen. Diese Aufnahme ist zahlenmäßig begrenzt.
Unser Asylrecht trifft in den meisten Fällen über die wir heute reden gar nicht zu. Das muss man im Auge behalten, denn wer aus sicheren Drittstaaten kommt, ich wiederhole es nochmal, der hat kein Asylrecht als subjektives, einklagbares Grundrecht.“
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Min.6.30
Schier:
„Also hätte die Kanzlerin am Ende doch nicht recht, weil die Menschen, die zu uns kommen, die können wir sehr wohl begrenzen, das ist unser Recht zu sagen, wir nehmen nur fünfhundertausend auf und dann ist Schluss ? Das ist durchaus vereinbar mit unserem Grundgesetz ?“
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Di Fabio:
„Im Europäischen System ist eigentlich vorgesehen, dass Asylverfahren an der Außengrenze stattfinden, also in den Ländern, in denen die Asylsuchenden zuerst ankommen. Dort soll bereits geprüft werden, ob ein Anspruch besteht und wenn er nicht besteht, dann müssen sie die Europäische Union wieder verlassen. Wenn er besteht, dann bleiben sie prinzipiell in diesem Land und dann muss man sich über eine gerechte Verteilung unterhalten. So ist das in der Tat heute das theoretische System.
Was wir erleben ist, dass die Menschen durchgeleitet werden, wir sprechen heute von Flüchtlingskorridoren durch Europa nach Deutschland hin. Das heißt aber nur, dass die Prüfung, die ansonsten in Griechenland, in Italien oder in Ungarn hätte stattfinden sollen, jetzt in Deutschland stattfindet.
Deshalb reden wir über Asylverfahren und über die Geschwindigkeit, in denen sie stattfinden sollen.“
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Min. 7.46
Schier:
„Wenn ich Sie richtig verstehe, haben wir es doch mit einem völligen Zusammenbruvh des Europäischen Rechts zu tun. Eigentlich dürften die Flüchtlinge gar nicht auf diese Art und Weise zu uns kommen, aber dieses Recht findet keine Anwendung in der Praxis.“
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Di Fabio:
Ja, das ist im Ergebnis so, nur würde ich hier da kein Menetekel für die Europäische Integration sehen.
Das Europäische Integrationsprojekt ist kein großes, bundesstaatliches Projekt, das am Reißbrett entworfen wurde und in einer „begeisterten verfassungsgebenden Versammlung“ verabschiedet wurde, sondern das Europäische Projekt ist ein immer wieder lernendes Projekt, das ich über Krisen fortentwickelt, eigentlich vom ersten Tag an.
Was wir heute erleben ist, dass das Schengen-System und die Dublin-Verordnung, dass die sich offensichtlich im Praxistest nicht bewähren und reformiert werden müssen. Das weiß jeder Politiker und da werden wir Europäische Lösungen finden müssen.
Zur Zeit sind sie noch nicht hinreichend sichtbar.“
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Min. 8.55
Schier:
„Das Schengen-Abkommen sagt, wir verzichten auf Grenzkontrollen innerhalb der EU, weil diese Kontrollen an den Außengrenzen stattfinden. Wenn jetzt aber diese Kontrolle an den Außengrenzen zusammenbricht, wie zum Beispiel in Griechenland bei der Grenze zur Türkei, heißt das dann im Ergebnis, dass man Schengen aussetzen, aufkündigen muss, weil ansonsten der Kollaps am Ende steht ?“
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Di Fabio:
„Das Schengen-System sieht vor, dass befristet Grenzkontrollen durchgeführt werden können, gerade dann, wenn die Kontrolle an der Außengrenze versagt. Dazu hat sich ja Deutschland auch entschieden, das geht, das ist noch kein aufkündigen, sondern das ist ein Verhalten innerhalb des Schengen-Systems. Aber, so etwas ist befristet, es kann keine Dauerlösung sein und wir werden in Deutschland vermutlich nicht anfangen, unsere Grenze ernsthaft zu befestigen, wie wir das an der Außengrenze der Union, wenn wir an Spanien an Ungarn denken, erleben. Aber, wir brauchen eine Lösung. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, entweder wir verstärken die Außenkontrolle, also Frontex zu einer richtigen Grenzpolizei ausweiten, mit oder ohne Unterstützung der Grenzstaaten, oder aber, wir führen die Binnenkontrollen wieder dauerhaft ein und das wäre dann das Scheitern des Schengen-Systems.“
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Min. 10.24
Schier:
„Wenn ich Sie richtig verstehe, hat der Staat, hat Deutschland durchaus das Recht, die Zuwanderung zu begrenzen und das naheliegendste um die Zuwanderung zu begrenzen, ist ja der Schutz der Grenzen, entweder der Binnengrenzen oder der Außengrenzen.
Wie muss man vor diesem Hintergrund dann beurteilen, was Viktor Orban da in Ungarn macht ?
Ist das mit Europäischem Recht vereinbar, mit Stacheldraht die Außengrenzen zu sichern ?“
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Di Fabio:
„Die Sicherung der Außengrenze ist im Blick auf Ungarn vielleicht nicht das so gravierende Problem, denn die Sicherung der Außengrenze ist den Ungarn, die eine solche Außengrenze unterhalten, zur Pflicht gemacht. Die Frage ist, wie man’s macht, ob man eine Grenze human und effektiv sichert, oder ob man die Grenzsicherung und die Unterbringung gegen -im Vergleich zu Europäischen Mindeststandards- dann so macht, dass jeder der als Flüchtling, als Einwanderungswilliger kommt, möglichst schnell weiterreist, ein ‚race to the bottom‘, der in manchen Mitgliedstaaten ausgebrochen ist. Man macht es unbequem, damit Menschen weiterreisen. Das ist natürlich europarechtswidrig.
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korrespondierende Beiträge
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20.09.2015
Dublin-Verordnung: Deutschland muss Asylverfahren durchführen
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18.09.2015
Verfassungswidrige Einwanderung von Flüchtlingen nach Deutschland
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Brandgefährliche Rechtslage: Straftaten von Flüchtlingen ohne zwingende Auswirkung auf Asylverfahren

Brandgefährliche Rechtslage !
Straftaten von Flüchtlingen ohne zwingende Auswirkung auf Asylverfahren
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Wird ein Flüchtling rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, ist die Anerkennung/Beibehaltung seines Status ausgeschlossen und es droht die Abschiebung!
Jedoch gibt es in einem solchen Fall ein „Aber„, nämlich die Prüfung, ob tatsächlich abgeschoben werden kann. Gilt der Herkunftsstaat als nicht sicher, bleiben auch Straftäter in Deutschland.
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Diese Bewertung ergibt sich u.a. aus den Vorschriften der Artikel 50 bis 60a des AufenthG.
Beispielhaft sei an dieser Stelle der Artikel 60 „Verbot der Abschiebung“ zitiert:
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  • (1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes angefochten werden.

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  • (2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylverfahrensgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

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  • (3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

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  • (4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

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  • (5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

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  • (6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

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  • (7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

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  • (8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes erfüllt.

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  • (9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

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  • (10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
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Im Lichte dieser Erkenntnisse ist die noch gestern geäusserte Behauptung von Bundesinnenminister, Dr. Thomas de Maizière erneut zu bewerten:
„Wir wollen die Verfahren beschleunigen, damit schnell klar ist, dass diejenigen, die bleiben, integriert werden, und diejenigen, die nicht bleiben dürfen, schnell unser Land verlassen.“
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An der Stelle sei jedoch auf die von der Bundesregierung beschlossene Änderung und Be­schleu­ni­gung von Asyl­ver­fah­ren hingewiesen, die vorsieht, dass die Landesregierungen notwendige Rückführungen von vollziehbar Ausreisepflichtigen aus humanitären Gründen zukünftig nur noch für maximal 3 Monate aussetzen können.
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Der Beschluss sieht auch vor, dass für vollziehbar Ausreisepflichtige, die unter keinen Umständen für ein Bleiberecht in Betracht kommen und deren Ausreisedatum und Reisemöglichkeit feststehen, die Leistungsgewährung auf die Zeit bis zu diesem Datum zu befristen ist. Nimmt der vollziehbar Ausreisepflichtige die Ausreisemöglichkeit schuldhaft nicht wahr, erhält er fortan grundsätzlich nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie an Mitteln zur Körper- und Gesundheitspflege.
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Aus den dargelegten Fakten mag man im Hinblick auf eine wünschenswerte und stringente Umsetzung von Abschiebeverfahren seine Schlüsse ziehen und diese dem Bundesinnenminister übermitteln. Wer mag kann dies auf postalischem Weg tun und bei dieser Gelegenheit vielleicht ein kleines, aufmunterndes Geschenk (s. hier) beifügen.
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Fazit:
Zu der aus meiner Sicht nach wie vor wahrzunehmenden brandgefährlichen Rechtslage sei der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt zitiert und damit all jenen, die sich um einen negativen Wandel in unserer Gesellschaft sorgen, aus dem Herzen spricht:
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„Die Nachsicht von Politik und Justiz
wird unter den Tätern als Ermunterung und Einladung verstanden,
weitere Straftaten zu begehen.
Und wenn sie dadurch im Asylverfahren sogar noch begünstigt werden,
hat das mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun,
es ist ein Stück aus dem politischen Tollhaus dieser Tage“.
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Ihr Oeconomicus
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Kleiner Nachtrag
für Alle, die sich noch nicht intensiver mit dem hier erwähnten Beschluss der Bundesregierung beschäftigen konnten:
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Nach derzeitiger Planung sollen die entsprechenden Gesetzesinitiativen am 15. Oktober in 2. und 3. Lesung des Deutschen Bundestags beraten werden und danach den Abgeordneten zur Abstimmung vorgelegt werden.
Für den 16. Oktober ist die Einholung der Zustimmung des Bundesrates vorgesehen, womit aus heutiger Sicht noch etwas Zeit bleibt um die Länder Brandenburg und Thüringen von der Notwendigkeit ihrer Zustimmung zu überzeugen.
Nach Unterzeichnung des dann vorliegenden Gesetzes durch den Bundespräsidenten soll das Gesetz am 1. November in Kraft treten.
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Än­de­rung und Be­schleu­ni­gung von Asyl­ver­fah­ren be­schlos­sen

Än­de­rung und Be­schleu­ni­gung von Asyl­ver­fah­ren be­schlos­sen
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Das Bundeskabinett hat heute den vom Bundesminister des Innern vorgelegten Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes verabschiedet.
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Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière äußert sich zufrieden über den heutigen Beschluss:

„Das Bundeskabinett hat heute auf meinen Vorschlag das große Gesetzespaket beschlossen, das ich mit der Verkündung der Prognose von 800.000 vorgeschlagen habe und was wir bei dem Flüchtlingsgipfel am vergangenen Donnerstag verabredet haben.

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Dieses große Gesetzespaket hat vier Ziele:

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  • Wir wollen Vorschriften wegräumen, die uns bisher daran hindern, schnell anständige Unterkünfte, winterfeste Unterkünfte für Flüchtlinge zu bauen.
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  • Wir wollen die Integration derjenigen, von denen wir wissen, dass sie bei uns bleiben, verstärken. […] Im Bereich der Integration derer, die eine Bleibeperspektive haben, wollen wir von Beginn an die Sprach- und Integrationskurse öffnen. Wir wollen so früh wie möglich diejenigen, die bleiben dürfen, in Arbeit bringen, sie sollen sich beim Sport, sie sollen sich in anderer Weise beteiligen dürfen und es muss klar sein, dass Sie dann gefordert und gefördert werden.
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  • Wir wollen die Verfahren beschleunigen, damit schnell klar ist, dass diejenigen, die bleiben, integriert werden, und diejenigen, die nicht bleiben dürfen, schnell unser Land verlassen. […] Hier dauern die Verfahren zu lang und wir tun uns schwer, sie tatsächlich dazu zu bewegen, unser Land zu verlassen. Das ändern wir mit einer ganzen Reihe von Vorschriften.
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  • Wir wollen Fehlanreize reduzieren, damit auch tatsächlich diejenigen, die keine Bleibeperspektive haben, das Land auch verlassen. […] Und wir wollen ein klares Signal an diejenigen, die sich aufmachen wollen, und die keine politische Verfolgung (geltend machen können) und die nicht aus einem Bürgerkriegsland kommen, wir wollen ihnen sagen, kommt gar nicht erst, Ihr müsst unser Land wieder verlassen.“
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Die Regelungen im Einzelnen
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Mit dem Gesetz werden das Asylverfahrensgesetz (jetzt Asylgesetz), das Asylbewerberleistungsgesetz, das Aufenthaltsgesetz, das Baugesetzbuch und weitere Gesetze geändert.
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Folgende Regelungen bilden den Kern der Maßnahmen:
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    • Der Bund beteiligt sich strukturell, dauerhaft und dynamisch an den gesamtstaatlichen Kosten, die in Abhängigkeit von der Zahl der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen. Durch eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung nach dem Finanzausgleichsgesetz entlastet der Bund die Länder von Kosten für Asylbewerber, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und bei der Kinderbetreuung. Außerdem werden die Leistungen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau im Rahmen der Entflechtungsmittel aufgestockt.
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    • Albanien, Kosovo und Montenegro werden zu sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 Grundgesetz bestimmt, um die Asylverfahren der Staatsangehörigen dieser Länder weiter zu beschleunigen.
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    • Um die Asylverfahren priorisieren und zügig bearbeiten zu können, sollen Asylbewerber verpflichtet werden können, bis zu sechs Monate, solche aus sicheren Herkunftsstaaten bis zum Abschluss des Verfahrens, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu verbleiben. Die Landesregierungen können Rückführungen vollziehbar Ausreisepflichtiger aus humanitären Gründen zukünftig nur noch für maximal 3 Monate aussetzen.
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  • Um die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu erleichtern, werden Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Standards ermöglicht, ebenso gibt es Erleichterungen bei den Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien und den energetischen Anforderungen an Wärmeschutz bzw. Anlagentechnik in Gebäuden für Asylbewerber und Flüchtlinge.
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    • Mögliche Fehlanreize für unberechtigte Asylanträge werden beseitigt:
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        • Der bisher mit dem „Taschengeld“ abgedeckte Bedarf soll künftig, sofern mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, in Erstaufnahmeeinrichtungen in Form von Sachleistungen (auch Wertgutscheine) erbracht werden. In anderen Gemeinschaftsunterkünften kann ebenso verfahren werden.
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        • Geldleistungen werden höchstens einen Monat im Voraus ausgezahlt.
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        • Für vollziehbar Ausreisepflichtige, die unter keinen Umständen für ein Bleiberecht in Betracht kommen und deren Ausreisedatum und Reisemöglichkeit feststehen, ist die Leistungsgewährung auf die Zeit bis zu diesem Datum zu befristen. Nimmt der vollziehbar Ausreisepflichtige schuldhaft die Ausreisemöglichkeit nicht wahr, erhält er fortan grundsätzlich nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie an Mitteln zur Körper- und Gesundheitspflege.
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    • Die Einführung der Gesundheitskarte bleibt den Ländern überlassen. Der Bund schafft die dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen von den Ländern verpflichtet werden können, gegen Kostenerstattung die Krankenbehandlungen bei Asylbewerbern zu übernehmen. In diesem Zusammenhang kann die Ausgabe einer elektronischen Gesundheitskarte vereinbart werden. Die Leistungen sollen sich wie bisher im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes bewegen.
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    • Der Impfschutz für Asylbewerber wird verbessert.
    • Es soll ermöglicht werden, dass Asylsuchende, die über eine abgeschlossene Ausbildung in einem medizinischen Heilberuf verfügen, in die medizinische Erstversorgung von anderen Asylsuchenden in den (zentralen) Aufnahmeeinrichtungen/Unterkünften eingebunden werden dürfen.
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    • Der Bund öffnet die Integrationskurse für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und stockt die hierfür vorgesehenen Mittel entsprechend dem gestiegenen Bedarf auf. Darüber hinaus wird eine verstärkte Vernetzung zwischen Integrationskursenund berufsbezogenen Sprachkursen hergestellt, unter verstärkter Einbeziehung der Bundesagentur für Arbeit. Kurzfristig sollen auch im Rahmen des Arbeitsförderungsrechts Maßnahmen zur Vermittlung erster Kenntnisse der deutschen Sprache gefördert werden.
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  • Personen mit guter Bleibeperspektive werden künftig bereits frühzeitig die für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlichen vermittlungsunterstützenden Leistungen der aktiven Arbeitsförderung erhalten können.
  • Die Strafbarkeit von Schleusern wird verschärft. Künftig gilt für sie eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten.
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In den Fällen, in denen die Kommunen Kostenträger sind, geben die Länder die vom Bund erhaltenen Mittel weiter. Der Bund unterstützt Länder und Kommunen zudem beim Neubau von Wohnungen und bei der Ausweitung des Bestands an Sozialwohnungen.
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Quelle: BMI
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korrespondierende Beiträge
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Neues Asylgesetz: Reaktionen aus den Parteien am 29.09.2015
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