VG Ansbach: Kein Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen Eintritts in das Kirchenasyl

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VG Ansbach:
Kein Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen Eintritts in das Kirchenasyl
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Leitsätze:
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Einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen eine Abschiebungsanordnung des Bundesamtes fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse, wenn der Asylbewerber sich im Kirchenasyl der staatlichen Gewalt entzieht. (redaktioneller Leitsatz)
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Das Kirchenasyls ist einem „Untertauchen“ in aufenthaltsmäßiger Hinsicht gleichzusetzen, weil sich der Asylbewerber der staatlichen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht unterordnet, sondern bewusst und gerade solange entzieht, bis die Überstellungsfrist nach der Dublin III-VO abgelaufen ist. (redaktioneller Leitsatz)
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Tenor
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I.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
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Gründe:
[…]
VG Ansbach, Beschluss v. 07.12.2016 – AN 14 S 16.50339
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Anmerkung:
Der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber gab 2003 ein „juristisches Glaubensbekenntnis“ ab:
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„Kirchenasyl ist kein Bruch geltender Gesetze, sondern ein Dienst am Rechtsstaat.“
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Um den vermeintlichen Vorwurf, er könnte wie ein Pharisäer geredet haben, nicht erst entstehen zu lassen, hätte Huber im Lichte der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wohl besser etwas sinnstiftendes getan, z.B. einen signifikanten Teil seiner Alimentierung zu Lasten aller Steuerzahler für Obdachlose zu spenden!
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Ihr Oeconomicus
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korrespondierend:
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29.08.2016
Streit um Kirchenasyl – die Debatte
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25.02.2015
Kirchenasyl – Rechtsbruch oder Akt der Barmherzigkeit?
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Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft
Asyl in der Kirche:
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Erstinformation
Das »Kirchenasyl« steht in einer jahrhundertealten Schutztradition, aus der heraus es sich in den letzten drei Jahrzehnten zu einer Art Institution entwickelt hat, die dann eingreift, wenn Abschiebung in Gefahrensituationen droht.
Das erste Kirchenasyl wurde im Jahr 1983 in Berlin gewährt. 1994 wurde die BAG Asyl in der Kirche e.V. gegründet.
Dieses zugegeben kleine Schutzelement hat mehreren tausenden Menschen das Leben gerettet, hat innerhalb der verfassten Kirche Anstöße gegeben, hat Umkehr ermöglicht, hat Stellungnahmen herausgefordert.
Viele Gemeinden haben in der Flüchtlingssolidarität Stärkung erfahren.
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Diese kurze Erstinformation möchte Gemeinden ermutigen, das Thema „Kirchenasyl“ theologisch und pragmatisch zu durchdenken.
Sie soll außerdem dann, wenn schnelles solidarisches Handeln gefragt ist, eine Hilfestellung bieten. Dabei hat jedes »Kirchenasyl« seinen eigenen Verlauf und seine lokalen Besonderheiten.
Die hier gegebenen Hinweise sind nicht als starres Regelwerk zu verstehen, sondern spiegeln zahlreiche Praxiserfahrungen wieder:
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  • Allgemeine Informationen

    Was ist „Kirchenasyl“?
    Wer berät die Gemeinde?
    Was wird von der Gemeinde erwartet?
    Was wird von der Gemeinde nicht erwartet?
    Wie wird das „Kirchenasyl“ finanziert?
    Wie lange dauert ein „Kirchenasyl“?
    Wird ein „Kirchenasyl“ öffentlich gemacht?
    Ist das „Kirchenasyl“ eine erfolgversprechende Aktion?
    Gibt es rechtliche Konsequenzen für die Gemeinde?
    Wie stehen die Kirchenleitungen zum „Kirchenasyl“?

  • Dublin III und Kirchenasyl

    Was ist Dublin III?
    Warum Kirchenasyl in diesen Fällen?
    Unverzügliche Meldung an die Behörden
    Es braucht ein gerechtes Aufnahme- und Verteilungssystem von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union
    Was es für ein Kirchenasyl bedarf

  • Bedingungen für ein »Kirchenasyl«
  • Hinweise zur Durchführung

    Beratung
    Unterbringung
    Materielle Ressourcen
    Krankenbehandlung
    Kinderbetreuung
    Rechtliche Begleitung
    UnterstützerInnenkreis
    Öffentlichkeitsarbeit
    Gemeindeleben
    Dauer
    Beendigung des „Kirchenasyls“
    Nachbereitung

  • Leitgedanken des »Kirchenasyls«

VGH München: Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen psychischer Erkrankung

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VGH München:
Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen psychischer Erkrankung
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Titel:
Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen psychischer Erkrankung
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Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 3, § 4 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 2
AufenthG § 11 Abs. 7, § 60 Abs. 7
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 19a
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Tenor
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I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Gründe:
[…]
VG München
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Untätigkeitsklage eines somalischen Asylbewerbers teilweise erfolgreich

Untätigkeitsklage eines somalischen Asylbewerbers teilweise erfolgreich
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Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat heute der Klage eines somalischen Asylbewerbers teilweise stattgegeben und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verpflichtet, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils über den Asylantrag zu entscheiden.
Ein „Durchentscheiden“ des Asylantrages in dem Sinne, dass das Gericht selbst (erstmalig) über den Asylantrag des Klägers entscheide, komme aber nicht in Betracht (siehe zum Hintergrund: Presseinformation Nr. 19/2015 vom 07.10.2015).
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Zur Begründung der Entscheidung führte das Gericht aus, die Untätigkeitsklage sei zulässig, weil das BAMF ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist über das Asylbegehren entschieden habe.
Bei der Frage, ob die behördliche Bearbeitungsdauer angemessen sei, seien die Interessen des Asylbewerbers und des BAMF gegeneinander abzuwägen. Im konkreten Fall des Klägers sei – nach inzwischen 16 Monaten seit Antragstellung – die angemessene Entscheidungsfrist abgelaufen. Die angeführte Überlastung der Behörde stelle sich nicht als lediglich vorübergehende, sondern vielmehr als dauerhafte, seit über 2,5 Jahren anhaltende Überlastung dar. Aus der Statistik des Bundesamtes ergebe sich, dass es insbesondere seit dem Jahr 2012 ständig mehr Asylanträge als Entscheidungen gebe. Die hohen Steigerungen der Asylanträge im laufenden Jahr seien zwar nicht vorhersehbar gewesen, jedoch für den Fall des Klägers nicht von Bedeutung, weil er seinen Antrag bereits im Jahr 2014 gestellt habe.
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Ein „Durchentscheiden“ komme deshalb nicht in Betracht, weil dem Kläger sonst die behördliche Tatsacheninstanz, nämlich das Verfahren vor dem Bundesamt, genommen würde. Auch europarechtliche Vorgaben sähen eine strikte Trennung zwischen dem behördlichen Verfahren und dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vor.
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Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen eines Monats nach Zustellung mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.
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Verwaltungsgericht Osnabrück – Presseinformation 20/2015 vom 14.10.2015
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korrespondierende Beiträge
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14.10.2015
Somalier erzwingt Entscheidung über Asyl
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12.10.2015
Asylantrag: Somalier klagt gegen langes Verfahren
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Dublin-Verordnung: Deutschland muss Asylverfahren durchführen

Dublin-Verordnung: Deutschland muss Asylverfahren durchführen
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Über andere EU-Mitgliedstaaten eingereiste Asylbewerber können vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Durchführung des Asylverfahrens verlangen, wenn Deutschland nach der Dublin-Verordnung der EU für die Prüfung des Asylantrags zuständig geworden ist. Das hat das Oberverwaltungsge­richt am 16.09.2015 in zwei Fällen entschieden, in denen die deutschen Behörden die Asyl­bewerber nicht inner­halb der in der Dublin-Verordnung vorgesehenen Frist in den ursprünglich zuständi­gen Mit­gliedstaat Spanien überstellt hatten. Dies führt nach der Verordnung dazu, dass die Zuständigkeit auf Deutschland übergeht.
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Die Kläger sind guineische Staatsangehörige. Sie stellten in Deutschland Asylan­träge, nachdem sie illegal über Spanien in die EU eingereist waren. Deutschland hatte deshalb nach der Dublin II-Verordnung (für seit dem 1.1.2014 gestellte Asylan­träge gilt die in weiten Teilen inhaltsgleiche Dublin III-Verord­nung) Spanien um Auf­nahme ersucht, das damit auch einverstanden war. Das Bun­desamt für Migration und Flüchtlinge lehnte daraufhin die Asylanträge als unzu­lässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an. In der Folgezeit überstellten die deutschen Behörden die Kläger aber nicht innerhalb der in der Dublin II-Verordnung vorgesehenen Frist, die im Regelfall sechs Monate beträgt, nach Spanien. Auch nachdem Deutschland deshalb nach der Dub­lin II-Verordnung zuständig für die Prüfung des Asylantrags geworden war, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Durchführung des Asylverfahrens weiter ab. Zur Be­gründung machte es geltend, Asylbewerber könnten sich auf den Fristablauf nicht berufen. Dies hatten erstinstanzlich auch die Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Köln angenommen. Weiter verwies das Bun­desamt für Migration und Flüchtlinge darauf, es stehe nicht endgültig fest, dass Spa­nien die Kläger nicht auf­nehmen werde.
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Der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts ist dem nicht gefolgt. Die Kläger könnten nach nationalem und nach Unionsrecht verlangen, dass der nach der Dublin-Verord­nung zuständige Mitgliedstaat Deutschland das Asylverfahren durchführe. Etwas an­deres gelte nur dann, wenn die Aufnahmebereitschaft eines anderen Mit­gliedstaats fest­stehe. Der Asylbewerber dürfe nicht zu einem „refugee in orbit“ werden, für den kein Mitgliedstaat verantwortlich sei. Hier habe aber Spanien nach Ablauf der Über­stellungsfrist nicht erklärt oder erkennen lassen, dass es die Asylan­träge der Kläger prüfen werde. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe in beiden Fällen nichts dafür vorgetra­gen, dass Spanien die Überstellung auch nach dem Zuständigkeitswechsel noch akzeptieren werde.
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Das Oberverwaltungsgericht hat jeweils wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
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Aktenzeichen: 13 A 2159/14.A – VG Düsseldorf, 13 K 8286/13.A – 13 A 800/15.A – VG Köln 15 K 696/14.A
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Pressemitteilung – Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – 16.09.2015
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Vertiefenden Informationen und Meinungsbilder zu den Rechtsgrundlagen der Asylpolitik in Deutschland und Europa finden sich hier.
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