Metamorphosen des Staates – vom Herrschaftsmonopolisten zum Herrschaftsmanager

Metamorphosen des Staates – vom Herrschaftsmonopolisten zum Herrschaftsmanager

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Philipp Genschel / Bernhard Zangl

http://www.gsi.uni-muenchen.de/personen/professoren/zangl/publ/metamorphosen.pdf

I. Was wird aus dem Staat?

Wer übt in der modernen Gesellschaft politische Herrschaft aus? Bis vor kurzem schien die Antwort klar: der Staat.
Heute aber fällt die Antwort weniger eindeutig aus.
[…]

II. Verstaatlichung politischer Herrschaft

Wir beginnen mit zwei Definitionen. Als Staat bezeichnen wir eine Institution, die darauf spezialisiert ist, innerhalb eines bestimmten Territoriums politische Herrschaft auszuüben. Herrschaft bedeutet dabei die Fähigkeit, erstens, kollektiv-verbindliche Entscheidungen zu treffen (Entscheidungskompetenz), diese Entscheidungen, zweitens, mit geeigneten organisatorischen Mitteln umzusetzen (Organisationsmacht) und sie, drittens, normativ soweit rechtfertigen zu können, dass sie auf ein hohes Maß an freiwilliger Befolgung durch die Herrschaftsunterworfenen treffen (Legitimationsfähigkeit).
[…]

II.1 Instrumentelle Verstaatlichung

Die Geschichte der Verstaatlichung von Herrschaft ist zunächst eine Geschichte der Monopolisierung und Ausweitung staatlicher Entscheidungskompetenz. Der aufstrebende Staat beschnitt sukzessiv die eigenständigen Entscheidungsbefugnisse nicht-staatlicher Gewalten wie Kirche, Adel, Zünfte oder Städte, bis schließlich nur mehr der Staat allein, oder eng von ihm geführte ‚staatsnahe’ Agenten, berechtigt waren, kollektiv verbindliche Entscheidungen zu treffen (vgl. Spruyt 1994). Die Entwicklung begann in den Bereichen militärischer Sicherheit und öffentlicher Finanzen. Der werdende Staat beanspruchte das Alleinentscheidungsrecht darüber, wie Sicherheit nach Außen zu gewährleisten und im Inneren zu garantieren sei (Gewaltmonopol).
[…]

II.2 Legitimatorische Verstaatlichung

Mit der zunehmenden Verstaatlichung von Entscheidungskompetenz und Organisationsmacht ging eine Aneignung von Legitimationsressourcen einher.
Ältere Ideen vom Gottesgnadentum wurden durch Staatsvertragslehren abgelöst und die absolute Fürstenmacht durch die Konstitutionalisierung des Staates (vgl. Elias 1969). Letztere erwies sich für die Steigerung der staatlichen Legitimationsfähigkeit als besonders wichtig, wurde ursprünglich aber nicht von den staatlichen Eliten selbst sondern gegen deren Widerstand durchgesetzt.
Den Anfang machten die Revolutionen in Amerika und Frankreich im späten 18. Jahrhundert.
[…]

II.3 Der Staat als (weitgehender) Herrschaftsmonopolist

Die Verstaatlichung von Entscheidungskompetenz, Organisationsmacht und Legitimationsressourcen verlief weder kontinuierlich und bruchlos, noch überall gleich (vgl. Tilly 1990; Spruyt 1994). Verschiedene Staaten folgten verschiedenen „nationalen Eigenwegen“, die im 20. Jahrhundert aber alle zu einer historisch einzigartigen Konzentration von Herrschaftsverantwortung im Staat, ja zu einem weitgehenden Herrschaftsmonopol des Staates, führten (so Reinhard 1999; 2007).
Der Staat gewann dadurch ein Zerstörungspotential, welches gesellschaftliche Katastrophen vom Ausmaß des deutschen Nationalsozialismus, des sowjetischen Kommunismus und der beiden Weltkriege erst ermöglichte. Er wurde zugleich aber auch zum idealen Instrument gesellschaftlicher Selbststeuerung:
[…]

III. Entstaatlichung politischer Herrschaft

[…]

III.1 Instrumentelle Entstaatlichung

[…]

Internationalisierung von Entscheidungskompetenz

[…]

Ausweitung internationaler Entscheidungskompetenz

[…]

Verselbständigung internationaler Entscheidungskompetenz

[…]

Rückgang internationaler Organisationsmacht

[…]

Privatisierung von Organisationsmacht

[…]

Ausweitung privater Organisationsmacht

[…]

Rückgang privater Entscheidungskompetenz

[…]

Transnationalisierung von Entscheidungs- und Organisationsmacht

[…]

Ausweitung transnationaler Entscheidungskompetenz

[…]

Ausweitung transnationaler Organisationskompetenz

[…]
III.2 Legitimatorische Entstaatlichung
[…]
Teil-Konstitutionalisierung internationaler Institutionen
[…]
Teil-Konstitutionalisierung transnationaler Organisationen
[…]

Ent-Konstitutionalisierung privater Akteure?

[…]

III.3 Herrschaft jenseits des Staates

[…]

Der Staat ist nicht mehr alleinige Herrschaftsinstanz

[…]

IV. Vom staatlichen Herrschaftsmonopol zum staatlichen Herrschaftsmanagement

[…]

IV.1 Instrumentelle Komplementarität

[…]

Entscheidungsvorgaben und Organisationshilfen für transnationale Akteure

[…]

IV.2 Legitimatorische Komplementarität

[…]

Staatliche Legitimation für private Akteure

[…]

IV.3 Der Staat als Herrschaftsmanager

[…]

V. Wandlungen des Staates

[…]

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Strafanzeige von Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 6 von 6

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gewünschten Ziele erreicht werden oder erreicht werden können, sehr viel größer ist. Als
Täter kommen in Betracht weitere Mitglieder der Bundesregierung und die Verwaltung
des EFSF-Rettungsfonds.

Der hier zugrunde liegende nur in Kürze dargestellte Sachverhalt hätte längst zu einem
Eingreifen der Staatsanwaltschaft geführt, wenn etwa der Vorstand einer Bank oder einer
Versicherung solche Geschäfte machen würde. Es ist nach diesseitiger Auffassung Pflicht
der Staatsanwaltschaft, diese Vorgänge intensiv zu prüfen, einer rechtlichen Würdigung
zuzuführen und gegebenenfalls Anklage zu erheben. Es sei besonders hervorgehoben,
dass es sich bei der EFSF trotz des politischen Hintergrundes um eine ganz normale
Aktiengesellschaft privaten Rechts handelt. Die für dieses Institut handelnden Vorstands-
mitglieder, Aufsichtsratsmitglieder oder sonstigen Einfluss nehmenden Berater sind nicht
anders zu behandeln als in sonstigen Fällen vergleichbarer Art.

Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt, diesen außerordentlich bedrückenden
und schwerwiegenden Sachverhalt entsprechend zu prüfen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt

PS: Soeben erhalte ich aus einem Zeitungsarchiv weitere Unterlagen, teils in deutscher,
teils in englischer Sprache, aus denen sich ergibt, wie im Vorfeld insbesondere
Hedgefonds darauf spekuliert haben, dass die ja (leichtfertigerweise) angekündigte
Rückkaufaktion ihnen hohe Kursgewinne bescheren werde. Allein ein einziger
Hedgefonds hat nach diesem Bericht an dieser Aktion eine halbe Milliarde Euro
verdient, ohne dass dies in irgendeinem öffentlichen Interesse Deutschlands oder
Europas liegt, es handelt sich um eine Veruntreuung von Geld durch den Bundes-
finanzminister zu Lasten der Steuerzahler.

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Strafanzeige von Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 5 von 6

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Eine solche Begründung ist durch nichts zu rechtfertigen. Sie dient nur dazu, die EFSF
auch vor den geringsten Verlusten zu schützen, denn sie hat allenfalls noch 19 Mio. € zu
verlieren, höhere Verluste führen zur sofortigen Insolvenz. Portugal-Anleihen wurden per
28.12.2011 mit 86, 61,45 bzw. sogar nur 47,20 % gehandelt, Irland-Anleihen lagen bei
92,19 bzw. 87,10 % des Nennwertes

– Anlage 6 -.

Es gibt keinen Grund, Anleihen, welche Portugal und Irland bei der EFSF (auch noch zu
niedrigeren Zinsen) aufgenommen haben, höher zu bewerten als andere von ihnen
aufgenommene Anleihen, die an der Börse handelbar sind. Es besteht der dringende
Verdacht, dass bei der EFSF in großem Umfange Bilanzfälschung betrieben wird, um das
Entstehen auch nur der geringsten Verluste zu vermeiden. Es sei in Erinnerung gerufen,
dass nach den zugrunde liegenden Verträgen die EFSF als praktisch vermögenslose
Gesellschaft am Markt bis zu 440 Mrd. € aufnehmen und dieses Geld als „Stabilitäts-
hilfen“ an notleidende Euro-Staaten weitergeben soll.

Die so beschaffene Gesellschaft ist durch die absolut unvertretbare und nur als kriminell
zu bezeichnende Fehlleitung von Geldern an die Gläubiger des griechischen Staates,
deren Anleihen von diesem zu überhöhten Kursen zurückgekauft wurden, belastet.

Die in Rede stehende Fehlleitung hätte auch vermieden werden können, wenn der BFM
und die EFSF beim griechischen Staat darauf gedrungen hätten, dass zumindest kein
Gläubiger seine Anleihe für 33,8 % an den griechischen Staat verkaufen kann, der sie zu
niedrigeren Kursen erworben hat. Das wäre in jedem Einzelfalle durchaus nachprüfbar
gewesen. Dann wären wenigstens Spekulationsgewinne dieser Art vermieden worden.
Freilich wäre die Subventionierung der Altgläubiger, die bereits bis zu fast 90 % durch
Kursverluste verloren hatten, immer noch geblieben.

Dass die Rückkaufaktion außer der Begünstigung von Banken und Hedgefonds
Griechenland nichts gebracht hat, ergibt sich auch aus einer Ausarbeitung des Professors
Henning Klodt, gegenwärtig Leiter des Zentrums Wirtschaftspolitik des Instituts für
Weltwirtschaft

– Anlage 7 -.

Es ist offenkundig, dass der Kreis der Täter, der dafür verantwortlich ist, dass öffentliche
Gelder mit dem Ziel oder dem Effekt ausgegeben werden, in Milliardenhöhe Banken und
Hedgefonds Vorteile zukommen zu lassen, ohne dass die vom Deutschen Bundestag

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Strafanzeige von Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 4 von 6

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fährdet den Bundeshaushalt in vielfacher Milliardenhöhe. Es ist nicht damit zu rechnen,
dass die über die EFSF geflossenen rund 10 Mrd. € jemals an die EFSF zurückfließen: Die
Begünstigten kommen als Schuldner nicht in Frage, der griechische Staat ist zahlungs-
unfähig. Das ist schon daraus zu ersehen, dass in einem anderen gleichzeitig ab-
laufenden Projekt dem griechischen Staat von der EFSF für 10 Jahre Zinsstundung ge-
währt worden ist, was für die EFSF Zinsausfälle in Milliardenhöhe bedeutet. Die Not
wendigkeit dieser Zinsstundung ist der Beweis für die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands.

Ich überreiche Ihnen des weiteren als

Anlage 5

einen Aufsatz „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität AG“, den ich zur Beschreibung
der EFSF in der Fachzeitschrift „Die Aktiengesellschaft“ 2010, Seite 538, veröffentlicht habe.

Des weiteren empfehle ich, den EFSF-Jahresabschluss 2011 über den Internetauftritt der
EFSF unter http://www.efsf.europa.eu/attachments/efsf_annual_accounts_2011.pdf ab-
zurufen. Die katastrophale finanzielle Lage der EFSF wird daraus ersichtlich. Von
besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass sie entgegen allen Rechtsvorschriften, die
sonst in Europa gelten, die von ihr an Irland und Portugal gewährten Darlehen, die nach
Seite 26 des Prüfungsberichtes (verfasst von Pricewaterhouse Coopers) von den
Ratingagenturen nur noch schlecht bewertet wurden (Moody’s mit Ba2 und Ba1,
Standard&Poor’s mit BBB und BBB+ bzw. Fitch mit BB+ und BBB+), nicht teilweise
abgeschrieben hat. Eine solche Abschreibung ist jedenfalls nach deutschem Handelsrecht
(§ 253 Abs. 3 HGB) zwingend vorgeschrieben, es ist der Wert anzusetzen, der sich aus
einem Börsen oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. In Höhe der Abschreibung
entstehen Bilanzverluste.
Diese seltsame Handhabung wird auf Seite 26 mit dem folgenden Satz begründet:

„Moreover EFSF intends to keep its loans and AFS portfolio
investments until maturity so the fluctuation of the market price of
these assets does not affect EFSF.“

Das heißt im Ergebnis: Die EFSF hält sich nicht an die Regel, dass die Börsenkurse
maßgebend sind sondern bilanziert die von ihr herausgegebenen Darlehen weiterhin zu
100 % mit dem Nennwert mit der Begründung, die Darlehen sollten bis zur ihrer
Fälligkeit gehalten werden.

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solche, die solche Kursverluste erlitten hatten, weil sie die Anleihen zu höheren Kursen
gekauft hatten, sondern in großem Umfange auch solche, welche wegen der niedrigen
Börsenkurse die Möglichkeit hatten, die Anleihen zu Preisen zu erwerben, welche weit
unter dem jetzigen „Rückkaufskurs“ lagen. Wer zu 11 % gekauft hatte, konnte seinen
Einsatz verdreifachen. Begünstigt hiervon sind in erster Linie Hedgefonds und Banken,
aber sicherlich auch private Anleger.

Professor Westermann stellt außerdem überzeugend dar, dass der griechische Staat von
dieser Aktion keinen Nutzen hat, so dass im Ergebnis entscheidender Effekt der ganzen
Aktion die Begünstigung der Alt und Neugläubiger des griechischen Staates ist.
Professor Dr. Westermann ist als sachverständiger Zeuge bzw. als Sachverständiger
gegebenenfalls erreichbar an der Universität Osnabrück, Internationale Wirtschaftspolitik,
Rolandstr. 8, 49069 Osnabrück.

Das Geld der deutschen und der anderen europäischen Steuerzahler wurde also unter
Mitwirkung der Bundesregierung an völlig fremde Personen, Banken und Kapitalsammel-
stellen verschoben, ein Vorgang, der auch nicht zufällig sein kann; wer hier die Strippen
in Wirklichkeit gezogen hat, wäre von der Staatsanwaltschaft aufzuklären.

II.

Rechtlich ist diese Aktion vor dem folgenden Hintergrund zu betrachten: Die EFSF ist eine
kleine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts mit einem Grundkapital von nur
28,513 Mio. €. Durch Verluste in den Jahren 2010 und 2011 in Höhe von 9,009 Mio. € ist
noch ein Eigenkapital in Höhe von 19,500 Mio. € übrig geblieben, die Entwicklung im
Jahre 2012 ist nicht bekannt.

Weiteres Vermögen hat die EFSF nicht. Alle Zahlungen, die sie an Griechenland und
andere Staaten (in 2011 Portugal und Irland) leistet, muss sie selbst durch Kreditauf-
nahmen refinanzieren. Dass ihr Verlustrisiko hier immens ist liegt auf der Hand. Für die
Schulden der EFSF haften die 17 Mitgliedsstaaten mit Ausnahme derjenigen, die selbst
Hilfeleistungen erhalten (sogenannte „Stepping out Guarantors“), den Gläubigern, nicht
aber etwa der EFSF als zusätzliche Einlageverpflichtung. Die Haftung ist eine teilschuld-
nerische (nicht also: gesamtschuldnerische) Haftung, auf Deutschland entfällt ein Anteil
von rund 29 %, der sich noch erhöhen kann.

Die hier vorliegende gewaltige Verschiebung öffentlicher Mittel, die weder der „Rettung
des Euro“ noch der Rettung Griechenlands diente bzw. auch nur dienen konnte, ge-

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Strafanzeige von Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 2 von 6

Strafanzeige von Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 2 von 6

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fazilität AG“ (EFSF) finanziert. Ich überreiche anbei einen soeben erschienenen
Artikel des Professors für Volkswirtschaftslehre im Fachgebiet Internationale Wirtschaftspolitik
an der Universität Osnabrück, Frank Westermann, aus der FAZ vom 17.12.2012

– Anlage 1 -.

In diesem Artikel wird die inzwischen abgelaufene Schuldenrückkaufaktion des
griechischen Staates im einzelnen dargestellt. Westermann kommt zu dem Ergebnis,
dass die von der EFSF stammenden Mittel vom griechischen Staat dazu benutzt wurden,
seine Staatsanleihen zu Kursen zurückzukaufen, die weit über den zuvor erreichten
Börsenkursen lagen. Er schreibt, vor September 2012 hätten griechische Staatspapiere
durchschnittlich etwa einen Preis von 18 % des Nennwertes gehabt. Insbesondere infolge
einer weiteren Ankündigung vom Finanzminister Wolfgang Schäuble im Oktober 2012, im
konkreten Falle Griechenlands die Staatsschulden aus den EFSF-Mitteln zurückzukaufen,
stieg der Preis weiter bis auf 35 % am 03.12.2012. Schon diese Ankündigung war eine
fachlich absolut indiskutable Fehlleistung, die Mehrkosten von mehreren Milliarden Euro
ausgelöst hat. Das Thema ist wochenlang in der Presse „breitgetreten“ worden, eine
solche Aktion kann man aber allenfalls dann durchführen, wenn sie ohne Vorankündigung
erfolgt (so etwa wie die Währungsreform 1948).

Aus der beiliegenden Kursübersicht per 23.05.2012 ist zu ersehen, dass Griechenland­-
anleihen damals sogar nur noch mit 11,51, 11,45 bzw. 11,61 % gehandelt wurden

– Anlage 2 -.

Per 15.11.2012 hatte sich der Kurs infolge der Rückkaufankündigung bereits auf 22 bis
23 % erhöht

– Anlage 3 -.

Am 06.12.2012 standen sie zwischen 29 und 30 %. Der vom griechischen Staat gezahlte
Rückkaufskurs betrug 33,8 % des Nennwertes

– Anlage 4 -.

Wie in dem Artikel dargestellt ist, waren Nutznießer der Rückkaufsaktion in erster Linie
Alt‑ und Neugläubiger des griechischen Staates, deren Anleihen zurückgekauft wurden.
Durch den hohen Preis von 33,8 % wurden Kursverluste, welche diese Gläubiger bereits
erlitten hatten, aus Mitteln der EFSF ersetzt. Unter den Begünstigten waren nicht nur

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… weiter mit Seite 3/6

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Aufarbeitung des griechischen Schuldenrückkaufes – Teil 2: Strafanzeige gegen den Bundesminister der Finanzen

Aufarbeitung des griechischen Schuldenrückkaufes
Teil 2

Wie bereits im Teil 1 dieser Aufarbeitung angekündigt, sollen einige Gesichtspunkte der Rückkauf-Aktion, insbesondere im Zusammenhang mit der Vorankündigung dieser Maßnahmen, hinsichtlich juristischer Relevanz untersucht werden.
Der renomierte Bankjurist, Herr RA Dr.iur. Wolfgang Philipp, der auch mit seiner Verfassungsklage gegen das Bundesgesetz zu dem Vertrag vom 02.02.2012 zur Ein­richtung des ESM für Aufmerksamkeit sorgte, hat den komplexen Sachverhalt des griechischen Schuldenrückkauf-Programmes juristisch bewertet und am 19.12.2012 Strafanzeige gegen den Bundesminister der Finanzen, Herrn Dr. Wolfgang Schäuble bei der Oberstaatsanwaltschaft Berlin erstattet.
Herr Dr. Philipp Philipp ist seit langem ein hartnäckiger Gegner der Euro-Politik der Bundesregierung. Er hat dies wiederholt bei öffentlichen Veranstaltungen etwa der Freien Wähler heftig kritisiert.
Im Auftrag von Herrn Dr. Philipp wird die Strafanzeige auf diesem Blog der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Zwischenzeitlich hat auch Günther Lachmann auf seinem Blog GEOLITICO den Sachverhalt zusammengefasst … besten Dank, werter Herr Lachmann.

Strafanzeige von Dr. iur. Wolfgang Philipp – Seite 1 von 6

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RAe Philipp & Koll., Kolpingstr. 18, 68165 Mannheim
Herrn Oberstaatsanwalt
bei dem
Landgericht Berlin
10617 Berlin
 
Mannheim, 19.12.2012 – Unser Zeichen: Ph/ar

 

Strafanzeige gegen den Bundesminister der Finanzen,
Wolfgang Schäuble,
Bundesministerium der Finanzen, Wilhelm-
­str. 97, 10117 Berlin, u.a. wegen Untreue

Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt,

nachstehend unterbreite ich Ihnen den folgenden Sachverhalt, den ich
unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen bitte:

I.

Nach meiner Auffassung hat Herr Bundesfinanzminister Schäuble in
Milliardenhöhe Amts‑ bzw. Haushaltsuntreue begangen, die wie alle
anderen Untreuehandlungen auch, unter § 266 StGB fallen

– dazu Tröndle/Fischer, StGB, § 266, Rdnr. 12 b -.

Gegenstand des zu betrachtenden Problemkreises ist der in den letzten
Wochen durchgeführte und in der Presse dargestellte Rückkauf
griechischer Staatsanleihen durch den griechischen Staat. Dieser Rück-
­kauf wurde mit Zustimmung des Bundesfinanzministers in Höhe von
rund 10 Mrd. € aus Mitteln der „Europäischen Finanzstabilisierungs­-

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© by Herrn RA Dr. iur. Wolfgang Philipp
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