EU-Finanzkommissar Jonathan Hill: „Banken waren im Auge des Sturms“
Veröffentlicht: 17. März 2015 Abgelegt unter: Banken-Union, Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion, Jonathan Hill (UK), (seit 1.Nov.2014) - AECR | Tags: Bankenregulierung, Mittelstand, Risikomanagement Hinterlasse einen KommentarEU-Finanzkommissar Jonathan Hill: „Banken waren im Auge des Sturms“
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Der neue EU-Kommissar Hill will Banken deutlich weniger regulieren als in den vergangenen Jahren. In seinem ersten Interview mit einer deutschen Zeitung sagt er der SZ, was er sich für den Mittelstand erhofft.
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SZ, 17.März 2015
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Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)
Veröffentlicht: 3. März 2015 Abgelegt unter: bail-in, Bank Recovery and Resolution Directive - Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, Banken-Union, Wolfgang Philipp | Tags: berücksichtigungsfähige Forderungen, BRRD-Umsetzungsgesetz, Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) 28 KommentareSystemänderung: Amputiertes Aktienrecht für Banken
Fachaufsatz von RA Dr.iur. Wolfgang Philipp
(veröffentlicht in Heft 3/2015 – Seite 77-82 – Die Aktiengesellschaft)
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Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG (PDF-224 Seiten)
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Seit 1. Januar 2015 unterwirft ein neues Gesetz Bankkunden gefährlichen Risiken !
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Außerhalb des Aktienrechts kann eine neue Bankenrettungsanstalt durch Verwaltungsakt anordnen, Guthaben der Kunden zur Vermeidung einer Insolvenz der Bank auf Null zu stellen oder in Aktien umzuwandeln.
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Die Folgen dürften dramatisch sein !
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I. Einleitung
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„Die Abwicklungsanordnung (der Abwicklungsbehörde) ersetzt für die hier angeordneten Maßnahmen alle nach Gesellschaftsrecht erforderlichen Beschlüsse und Zustimmungen.“
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Dieser für Zivilrechtler alarmierende Satz steht in einem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten umfangreichen Artikelgesetz (Entwurf mit Begründung 224 Seiten), das durch zwangsweise Umsetzung mehrer Richtlinien und Verordnungen der EU der Rettung „systemrelevanter Banken“ in Deutschland dienen soll (BGBl. I v. 18.12.2014, 2091).
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Hauptbestandteil ist ein „Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG)“, das zum 1.1.2015 in Kraft getreten ist.
Der darin enthaltene eingangs genannte Satz ist wahrlich ein Grund auch für Aktienrechtler, hier nachzusehen und sich mit diesem Gesetz zu befassen.
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Dann stellt sich gravierendes heraus:
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Das Gesetz verändert das geltende deutsche Recht, insbesondere das Aktien- und Insolvenzrecht, soweit es für Banken gilt.
Dieses sehr komplizierte Opus im Ganzen zu beschreiben wäre äußerst aufwendig. Die Grundsätze lassen sich jedoch herausarbeiten und darstellen.
Es handelt sich – zu Ende gedacht und nicht gleich zu erkennen – um einen der schwersten Eingriffe in das deutsche Wirtschaftsleben und Wirtschaftsrecht seit Kriegsende mit unabsehbaren Folgen.
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Das ist zu begründen:
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II. Eine veränderte Welt
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III. „Systemrelevanz“ und die Folgen
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IV. Das geltende Recht
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V. Eine Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung
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VI. Eingriff in das Aktienrecht
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VII. „Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten“
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VIII. Vergleich mit dem KredReorgG
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IX. Entmachtung der Bankvorstände
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X. Fragwürdige Zulassung zum Börsenhandel
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XI. Überlegungen für Bankkunden
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XII. Ausblick
Wie immer in solchen Fällen ist nicht sicher vorauszusagen, wie das Publikum mit zunächst rein juristisch darzustellenden Risiken umgeht. Sollten private und unternehmerische Kunden, die regelmäßig größere Beträge auf Bankkonten ansammeln müssen, die Konsequenzen ziehen, kommt es zu einem neuen „Crash“, der schlimmer sein kann als alle bisher dagewesenen:
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Die großen systemrelevanten Banken verlieren dann auf breiter Front ihre großen Kunden und können dadurch bis in die Grundlagen ihrer Existenz getroffen werden. Dann würde das neue SAG unter Umständen mehr Insolvenzen selbst herbeiführen als es je verhindern könnte. Ein vorsichtiger Gesetzgeber hätte sich darüber Gedanken machen müssen, dass Gläubiger mit „berücksichtigungsfähigen Forderungen“ auch ihrerseits Gegenmaßnahmen ergreifen könnten. Sich in der Wirtschaft vom Privatrecht zu verabschieden ist der Weg in eine neue Welt, die nichts Gutes verheißt.
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Auszugsweiser Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr.iur. Wolfgang Philipp
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follow-up, 23.06.2015:
Zwischenzeitlich hat Dr. Philipp zu dem Thema ein Sachbuch in für Nicht-Juristen verständlicher Terminologie verfasst, welches gerade erst im Handel verfügbar wird.
Titel: „Rette sich wer kann vor dieser Bankenrettung“ – ISBN 978-3-87336-393-6 – erschienen im Gerhard Hess Verlag
Bezugsquelle
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korrespondierende Beiträge
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22.12.2014
ausführliche Anmerkungen zum Beitrag
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16.10.2014
Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen
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21.08.2014
Die nächste Raubzug-Welle soll nach der parlamentarischen Sommerpause vorbereitet werden
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09.07.2014
Bankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion
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FMA: Bankenabwicklung
Veröffentlicht: 3. März 2015 Abgelegt unter: Banken-Union, Bankenabwicklung, Bankwesen ◦ Eigenkapitalvorschriften ◦ Krisenbewältigung und Bankenabwicklung ◦ Bankenstrukturreform | Tags: Abwicklungsbehörde, BaSAG, BRRD, RICHTLINIE 2014/59/EU Ein KommentarFMA: Bankenabwicklung
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Die Richtlinie 2014/59/EU („BRRD“) und die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 („SRM“) bilden als gemeinsames Regime für die Sanierung und Abwicklung von Banken die sog. „zweite Säule“ der europäischen Bankenunion und schließen an die Regelungen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken („SSM“), die sog. „erste Säule“, an.
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Mit den Vorgaben der BRRD werden materielle Regelungen für die Sanierung und Abwicklung von Banken in den Mitgliedstaaten einer Mindestharmonisierung zugeführt. Mit dem SRM wird darüber hinaus für den Bereich der Abwicklung (und Abwicklungsplanung) von Banken, die einer direkten EZB-Aufsicht unterstehen, eine eigene Abwicklungsbehörde auf europäischer Ebene geschaffen. Diese wird sich für die Durchführung von Abwicklungsmaßnahmen zwar den jeweiligen nationalen Abwicklungsbehörden bedienen, die wesentlichen Entscheidungen werden jedoch durch die europäische Abwicklungsbehörde (teils zusammen mit dem Rat und der Kommission) getroffen werden.
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In Österreich wurde die BRRD durch das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken („BaSAG“) umgesetzt. Das BaSAG ist mit 1.1.2015 in Kraft getreten. Als nationale Abwicklungsbehörde ist die Österreichische Finanzmarktaufsicht („FMA“) vorgesehen.
Um die operative Unabhängigkeit der Abwicklungstätigkeit sicherzustellen und Interessenskonflikte zwischen der Abwicklungsfunktion und anderen, insbesondere Aufsichtsfunktionen der FMA auszuschließen, sind entsprechende organisatorische Vorkehrungen vorgesehen. Die Oesterreichische Nationalbank wird mit der FMA in ihrer Funktion als Abwicklungsbehörde eng zusammenarbeiten.
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Die FMA erhält für ihre Tätigkeit als Abwicklungsbehörde weitreichende Befugnisse, um im Falle eines Ausfalls oder drohenden Ausfalls eines Instituts eine geordnete Abwicklung durchführen und die Finanzmarktstabilität wahren zu können. Durch eine geordnete Abwicklung soll unter anderem erreicht werden, dass die Kontinuität kritischer Funktionen gewährleistet, erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität vermieden, sowie öffentliche Mittel und gesicherte Einlagen von Kunden geschützt werden, wenn diese Ziele nicht auch im selben Umfang durch ein Konkursverfahren erfüllt werden könnten.
Leitprinzip hierbei ist, dass die Gläubiger keinen größeren Verlust als im Insolvenzfall erleiden.
Konkret kann die FMA folgende Abwicklungsinstrumente einsetzen:
- Instrument der Unternehmensveräußerung
- Instrument der Errichtung eines Brückeninstituts (Bridge Bank)
- Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten
- Instrument der Gläubigerbeteiligung (bail-in)
Das Instrument der Gläubigerbeteiligung stellt das Kernstück der BRRD dar. Es erlaubt der Abwicklungsbehörde, in einer Verlusttragungskaskade berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten eines Instituts herabzuschreiben oder in Eigenkapital umzuwandeln.
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Die wichtigsten Beispiele für Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Instruments der Gläubigerbeteiligung sind gesicherte Einlagen, Verbindlichkeiten gegenüber Beschäftigten, besicherte Verbindlichkeiten und Interbankverbindlichkeiten mit einer Ursprungslaufzeit von weniger als sieben Tagen.
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Darüber hinaus kann die FMA zur Sicherstellung der Fortführung der Dienstleistungen und Unterbindung negativer Effekte auf die Finanzstabilität die Trennung der werthaltigen Vermögenswerte von den wertgeminderten oder ausfallgefährdeteren Vermögenswerten vornehmen.
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Zu diesem Zweck kann die FMA Anteile an einem Institut oder sämtliche oder einen Teil der Vermögenswerte eines Instituts auf einen privaten Käufer oder eine Brückenbank ohne Zustimmung der Anteilseigner übertragen.
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Für eine wirksame Abwicklung international tätiger Institute und Gruppen ist die Zusammenarbeit zwischen Union, Mitgliedstaaten und Drittlandabwicklungsbehörden erforderlich.
Zu diesem Zweck sollen „Resolution Colleges“ – unter der Leitung der Abwicklungsbehörde des Mutterinstituts – errichtet werden, welche für die Abwicklung zuständig sind.
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Die Finanzierung einer Abwicklung wird primär über eine Beteiligung der Eigentümer und Gläubiger erfolgen („bail-in“).
Falls die Kosten der Abwicklung nicht ausreichend durch das „bail-in“ getragen werden können, steht ein Abwicklungsfonds zur Verfügung, der von den Banken entsprechend ihrer Verbindlichkeiten und ihrem Risikoprofil zu dotieren ist.
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FMA Österreichische Finanzmarktaufsicht – letzte Änderung: 02.03.2015
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korrespondierende Beiträge
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22.12.2014
IWF diktiert Gesetzgebung in Zypern
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16.10.2014
Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen
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21.08.2014
Die nächste Raubzug-Welle soll nach der parlamentarischen Sommerpause vorbereitet werden
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Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen
Veröffentlicht: 16. Oktober 2014 Abgelegt unter: Bank Recovery and Resolution Directive - Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, Banken-Union, ESM, Sitzungsprotokolle | Tags: einheitlicher Abwicklungsfonds, ESM-Finanzierungsgesetz, Finanzhilfeinstrumente Ein KommentarDeutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 54. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. September 2014
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Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
54. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 25. September 2014
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PDF – [196 Seiten] – Quelle: Deutscher Bundestag
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Auszug:
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Tagesordnungspunkt 3:
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- a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014
zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen
und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG 1 des Rates,
der Richtlinien 2001/24/EG 2, 2002/47/EG 3, 2004/25/EG 4, 2005/56/EG 5, 2007/36/EG 6, 2011/35/EU 7, 2012/30/EU 8 und 2013/36/EU 9
sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 10 und (EU) Nr. 648/2012 11 des Europäischen Parlaments und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz)
Drucksachen 18/2575, 18/2626 – 4884 C.
1 Richtlinie 82/891/EWG:
„Der Schutz der Interessen von Gesellschaftern und Dritten erfordert es, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Spaltung von Aktiengesellschaften zu koordinieren, sofern die Mitgliedstaaten die Spaltung zulassen.
Im Rahmen der Koordinierung ist es besonders wichtig, die Aktionäre der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften angemessen und so objektiv wie möglich zu unterrichten und ihre Rechte in geeigneter Weise zu schützen.“
2 Richtlinie 2001/24/EG
„Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten“
3 Richtlinie 2002/47/EG
„Finanzsicherheiten„
4 Richtlinie 2004/25/EG
„Übernahmeangebote“
5 Richtline 2005/56/EG
„Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten“
6 Richtlinie 2007/36/EG
„Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften“
7 Richtlinie 2011/35/EU
„Verschmelzung von Aktiengesellschaften“
8 Richtlinie 2012/30/EU
„Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten.“
9 Richtlinie 2013/36/EU
„Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen“
10 Verordnung (EU) Nr. 1093/2010
„Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde)“
11 Verordnung (EU) Nr. 648/2012
„OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister“
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- b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Mai 2014 über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge
Drucksachen 18/2576, 18/2627 – 4884 C
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- c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des ESM-Finanzierungsgesetzes
Drucksachen 18/2577, 18/2629 – 4884 D
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- d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Finanzhilfeinstrumente nach Artikel 19 des Vertrags vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus
Drucksachen 18/2580, 18/2628 – 4884 D
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Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister – BMF- 4885 A
Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) – 4887 B
Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) – 4888 D
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – 4891 A
Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) – 4892 C
Dr. Axel Troost (DIE LINKE) – 4894 B
Manfred Zöllmer (SPD) – 4895 B
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – 4896 D
Antje Tillmann (CDU/CSU) – 4897 D
Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) – 4899 B
Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE)- 4900 B
Norbert Barthle (CDU/CSU) – 4901 C
Alexander Radwan (CDU/CSU) – 4903 A
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Präsident Dr. Norbert Lammert
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„Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Bundesfinanzminister.“
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(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
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Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen:
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„Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Mit den vorliegenden vier Gesetzentwürfen schaffen wir wichtige Bausteine zum Aufbau der europäischen Bankenunion. Mit dieser Bankenunion ziehen wir die Lehre aus der Finanz- und Bankenkrise; denn die Finanz- und Bankenkrise hat uns mit ihrer unglaublichen Dynamik ja gezeigt, dass die Banken heute – jedenfalls alle großen, die global bzw. grenzüberschreitend tätig sind – mit einer nationalen Aufsicht nicht mehr hinreichend zu beaufsichtigen sind. Wir brauchen eine grenzüberschreitende Bankenaufsicht. Deswegen ist es richtig, dass wir mit der europäischen Bankenunion eine europäische Bankenaufsicht für die großen, systemrelevanten Banken schaffen..
Der zweite Grund für diese Bankenunion ist, dass es notwendig ist, das Risiko auf dem Gebiet des Finanzsektors von der Reduzierung der Staatsverschuldung zu trennen. Diese Verbindung hat sich ja in den zurückliegenden Jahren der Euro-Krise als ein besonders erschwerendes Element bei der Überwindung der Krise und der Rückgewinnung des Vertrauens in unsere europäische Währung erwiesen.
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Für diese Bankenunion konnten wir bei den gegebenen europäischen Verträgen die Aufsicht nur bei der Europäischen Zentralbank schaffen. Anderenfalls hätten wir eine neue europäische Institution schaffen müssen. Dafür braucht man eine Vertragsänderung; dafür braucht man einstimmige Entscheidungen. Das war nicht möglich. Deswegen ist die Rechtsgrundlage nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Artikel 127 Absatz 6, wonach durch einstimmigen Beschluss im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht Aufgaben auf die EZB übertragen werden können.
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Ich erwähne das deswegen, weil es nicht ganz unproblematisch ist, geldpolitische Verantwortung und Bankenaufsicht in ein und derselben Institution anzusiedeln. Es ist ganz wichtig, dass beim Aufbau der Bankenaufsicht innerhalb oder bei der EZB die Trennung zwischen beiden Verantwortungsbereichen so strikt wie möglich durchgeführt wird, um jeden Interessenkonflikt zu vermeiden, ja, um auch den Anschein von möglichen Interessenkonflikten zu vermeiden. Ich füge die Bemerkung hinzu: Auch vor diesem Hintergrund bin ich über die derzeit von der EZB begonnene Debatte über den etwaigen Ankauf von Verbriefungsprodukten nicht besonders glücklich; genau dies könnte diese Diskussion bestärken.“
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(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
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„Ich finde, man sollte das vorsichtig bedenken.
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In der europäischen Bankenaufsicht, mit deren Vorbereitung die EZB beschäftigt ist – am 4. November 2014 soll diese Bankenaufsicht ihre Arbeit aufnehmen –, werden etwa 120 europäische Banken und Bankengruppen – die systemrelevanten; von jedem Mitgliedsland mindestens eine – der europäischen Bankenaufsicht unterstellt. Sie umfassen etwa 85 Prozent der gesamten Bilanzsumme aller europäischen Finanzinstitute, sodass der Großteil der europäischen Banken der europäischen Bankenaufsicht untersteht. Es sind auch rund 20 Banken und Bankengruppen aus Deutschland dabei.
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Die kleineren Institute – das sind in insgesamt gegenwärtig mehrere Tausend; davon stammt ein großer Teil aus Deutschland – unterliegen weiterhin der nationalen Aufsicht. Auch das ist wichtig zu betonen. Die grenzüberschreitenden, systemrelevanten Institute werden der europäischen Bankenaufsicht unterstellt. Wie gesagt, die kleineren Institute unterstehen weiterhin der nationalen Aufsicht. Im Übrigen führt die Übertragung der nationalen Aufsichtsaufgaben auf die Europäische Zentralbank auch zu neuen Berichtspflichten der EZB gegenüber Rat, Europäischem Parlament und auch nationalen Parlamenten, soweit es die jeweiligen Banken anbetrifft. Auch das ist wichtig.
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Die Europäische Zentralbank führt derzeit die notwendigen Vorbereitungen durch mit der Prüfung der Bilanzen aller zu übernehmenden Banken und mit den entsprechenden Stresstests, die sicherstellen sollen, dass die Banken, die von der europäischen Bankenaufsicht übernommen werden, genügend Kapital haben. Wir haben die Antragsfrist für den Soffin bis zum 31. Dezember kommenden Jahres verlängert, damit wir, wenn deutsche Banken im Zusammenhang mit dem Stresstest Probleme haben sollten – derzeit zeichnet sich das nicht ab –, notfalls in der Lage wären, die entsprechenden Mittel, um handeln zu können, zur Verfügung zu haben.
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Das Entscheidende beim BRRD-Umsetzungsgesetz, also bei der Umsetzung der europäischen Richtlinie, die die Abwicklung und die Sanierung von Kreditinstituten in Europa vorsieht – das ist übrigens eine Richtlinie, die in ganz Europa gilt, weil sie eine Frage des gemeinsamen Binnenmarkts, also des europäischen Rechts ist –, ist, dass in Zukunft im Sanierungs- oder Abwicklungsfall mindestens 8 Prozent von Eigentümern und Gläubigern getragen werden müssen. Das ist die in der EU-Restrukturierungsrichtlinie vorgesehene Mindestvorschrift für ein Bail-in, die umgesetzt werden muss. Wir schaffen auch für den Abwicklungsmechanismus, den sogenannten SRM, in der Euro-Zone eine entsprechende Vorschrift.
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Nach diesen 8 Prozent der Bilanzsumme, die zunächst von Eigentümern und Gläubigern, den Anlegern der Banken, getragen werden müssen, müssen in der Euro-Zone dann die Banken selber, also die Banken, die der europäischen Bankenaufsicht unterstellt werden, im Rahmen eines Bankenfonds Vorsorge treffen, damit im Falle eines weiteren Finanzierungsbedarfs die Finanzindustrie selbst dafür aufkommen kann und eben nicht mehr, wie in der Finanzkrise, der Steuerzahler. Der Sinn des Ganzen ist, dass nicht mehr die Steuerzahler das Risiko tragen, sondern die Banken selber: zunächst die Eigentümer und Anleger und darüber hinaus die Banken selber.“
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(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
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„Dieser europäische Bankenfonds, dessen Einrichtung wir ebenfalls in den Gesetzentwurf aufgenommen haben, soll innerhalb von acht Jahren auf eine Summe von etwa 1 Prozent der gesicherten Einlagen des europäischen Bankensystems – das sind 55 Milliarden Euro – aufgefüllt werden. Die Banken müssen dazu entsprechende Beiträge zahlen.
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Die Beiträge werden durch nationale Gesetze beschlossen. Das ist deswegen wichtig, weil wir keine Rechtsgrundlage für eine europäische Bankenabgabe haben. Deswegen müssen nationale Gesetze nach einheitlichem Maßstab erlassen werden. Die Einzelheiten, wie die Beiträge genau ausgestaltet werden, liegen noch nicht fest. Aber es ist nach den Vorschlägen der Kommission jetzt schon klar, dass die kleineren Institute weniger bezahlen müssen und dass der Hauptanteil der Bankenabgabe von den großen, risikorelevanten Instituten – so entspricht es auch dem Sinn der Regelung – getragen werden muss. Das ist der entscheidende Punkt.
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Wir haben übrigens auch sichergestellt, dass die Institutssicherung der Bankengruppen, der Sparkassen, Raiffeisenbanken und der Kreditgenossenschaften als Institutssicherungen anerkannt werden, so wie wir auch in der Einlagensicherungsrichtlinie, die wir im nächsten Jahr beraten und beschließen müssen – sie ist nicht Bestandteil dieses Pakets –, gewährleisten werden, dass die Einlagensicherung nicht vergemeinschaftet wird. Es bleibt bei dem Einlagensicherungssystem. Die Einlagensicherungssysteme unserer Banken- und Sparkassengruppen bleiben anerkannt. Sie müssen allerdings noch leistungsfähiger werden, damit sie im Notfall in der Lage sind, die Anforderungen zu erfüllen. Diese Bemerkung füge ich im Hinblick auf aktuelle Sorgen hinzu.
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Die Bankenabgabe, die in diesen europäischen Fonds aufgrund nationaler Gesetze einbezahlt wird, wird schrittweise vergemeinschaftet. Bis die Bankenabgabe innerhalb von acht Jahren voll einbezahlt ist, haften die Mitgliedstaaten, die die Gesetze machen und die Gesetze vollziehen müssen, dafür, dass die Banken die Abgabe zahlen. Das ist entscheidend. Wir haben auf europäischer Ebene keine Möglichkeit, die Zahlung dieser Abgabe durchzusetzen. Deswegen müssen die nationalen Gesetzgeber und die nationalen Regierungen in der Verantwortung bleiben, dass diese Regelung nicht nur beschlossen, sondern auch angewendet wird. Das ist in Europa immer ein großes Problem.“
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(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
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„Bis zur vollen Einzahlung der Beiträge haften also die Mitgliedstaaten.
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Erst wenn die Beiträge voll einbezahlt sind, gibt es auch die Möglichkeit der direkten Bankenrekapitalisierung aus dem europäischen Rettungssystem. Diese direkte Bankenrekapitalisierung aus dem europäischen Rettungssystem bleibt allerdings nachrangig. Es ist in jedem Fall so: Zunächst müssen die Eigentümer und Gläubiger die 8 Prozent der Bilanzsumme der Bank zahlen. Danach springt die Finanzindustrie selbst zur Bankensicherung ein, und dann gibt es noch die Möglichkeit – Voraussetzung dafür ist aber, dass der Mitgliedstaat einen Antrag stellt –, dass mit dem Mitgliedstaat die entsprechenden Bedingungen, die Konditionalität, vereinbart wird. Es gibt keine Mittel aus dem europäischen Rettungsschirm ohne einen Antrag des Mitgliedstaates und ohne eine mit dem Mitgliedstaat zu vereinbarende Konditionalität. Das ist das entscheidende Element, der Grund, warum der europäische Rettungsschirm so erfolgreich gewesen ist.
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Wir haben durchgesetzt, dass das auch bei der direkten Bankenrekapitalisierung gilt, die im Übrigen nur dann infrage kommt, wenn ein Mitgliedstaat zur indirekten Bankenrekapitalisierung nicht in der Lage ist. Ich sage ausdrücklich: Die direkte Bankenrekapitalisierung ist nachrangig. Diese Haftungskaskade haben wir sichergestellt.
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Das Entscheidende bei allen europäischen Regulierungen ist:Wir müssen auf all das achten, solange unsere gemeinsame Währung auf einer Währungsunion beruht, die eben nicht ihre Entsprechung in einer Finanz- und Wirtschaftsunion bzw. in einer politischen Union hat. Es ist das Grundprinzip der Konstruktion der europäischen Währung, dass die Währung vergemeinschaftet ist und wir eine gemeinsame Geldpolitik haben, weswegen sich die Mitgliedstaaten an die Verabredungen für die Finanz- und Wirtschaftspolitik halten sollten. Das ist vielfach Gegenstand aktueller Diskussionen. Würden sich alle an das, was vereinbart worden ist, halten, hätten wir weniger Probleme in Europa. Auch das muss man gelegentlich sagen.“
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(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
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„Weil dies so ist, müssen wir Fehlanreize in Europa vermeiden. Deswegen muss klar sein: Es wird niemand – ich sage das auch im Hinblick auf eine aktuelle Debatte in einem anderen Zusammenhang – eine Chance haben, ohne die Vereinbarung von Anpassungsprogrammen in den Mitgliedstaaten, die sogenannte Konditionalität, auf Mittel des europäischen Rettungsschirms Zugriff zu bekommen. Die 80 Milliarden Euro, die wir in den europäischen Rettungsschirm einbezahlt haben, sind keine Verfügungsmasse für alle möglichen kreativen Ideen an neuen Finanzierungsinstrumenten, sondern sie sind eine Vorsorge dafür, dass die europäische Währung stabil bleibt und das Vertrauen der Finanzmärkte behält. Das haben wir erfolgreich eingeführt. Der Grund für die Einführung dieses Rettungssystems war eigentlich, dass man es hat, ohne es zu brauchen.“
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(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es! Wie bei der Feuerwehr!)
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„Genau das ist der Sinn eines Sicherungssystems: dass es nicht immer gebraucht wird. Deswegen stehen diese 80 Milliarden Euro auch nicht für alle möglichen kreativen Gestaltungsideen in Europa zur Verfügung.“
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(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
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„Meine Damen und Herren, damit komme ich zu meiner letzten Bemerkung. Wir haben, obwohl die Konstruktion der europäischen Währung kompliziert ist und viele am Anfang gezweifelt haben, ob sie überhaupt funktioniert – die Debatte über die Frage „Kann eine Geldpolitik mit unterschiedlichen Finanz- und Wirtschaftspolitiken klappen?“ haben viele Ökonomen über Jahrzehnte geführt –, die Vertrauenskrise gut überwunden, weil wir ganz konsequent an dem Grundsatz „Hilfe und Solidarität gegen Hilfe zur Selbsthilfe“ festgehalten haben. Es geht immer um Hilfe zur Selbsthilfe.
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Die Geschichte der fünf Länder, die Rettungsprogramme bekommen haben, ist eine Erfolgsgeschichte. Sie alle haben die strukturellen Reformen umgesetzt und sind auf dem richtigen Weg. Diejenigen, die heute Probleme haben, können aus dieser Erfolgsgeschichte lernen. Es führt kein Weg daran vorbei, dass jedes Mitgliedsland seine eigenen Reformen und Strukturanpassungen durchführt. Dann werden wir alle gemeinsam in Europa Erfolg haben.
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Die Bankenunion, die wir mit diesen vier Gesetzen schaffen, ist ein wichtiger Schritt, um in einer Zeit voller Ungewissheiten Europa noch ein Stück stabiler und handlungsfähiger zu machen. Deswegen bitte ich Sie um sorgfältige Beratung und am Ende um Zustimmung zu diesen Gesetzentwürfen.“
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(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
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Anmerkung
… Beitrag wird fortgeführt
Ihr Oeconomicus
Bankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion
Veröffentlicht: 9. Juli 2014 Abgelegt unter: ausgewählte Publikationen, bail-in, Banken-Union | Tags: BRRD-Umsetzungsgesetz, Michael Kemmer Hinterlasse einen KommentarBankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion
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„Die nationale Umsetzung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten (BRRD) ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Bankenunion. Hiermit wird vor allem sichergestellt, dass künftig in erster Linie Anteilseigner und Gläubiger eines Instituts für dessen Verluste aufkommen müssen. Einer Sozialisierung von Risiken aus Bankgeschäften wird entgegengewirkt“, so Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, anlässlich der Verabschiedung des Regierungsentwurfs für ein BRRD-Umsetzungsgesetz. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollte jedoch, so Kemmer weiter, mit Nachdruck darauf hingewirkt werden, dass die diesbezüglichen Bestimmungen (Bail in) EU-weit gleichzeitig in Kraft treten.
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Richtig sei insbesondere auch, so Kemmer, dass mit dem neuen Instrument der Sanierungsplanung die Eigenverantwortung der Institute bei der Bewältigung einer Krise betont werde. Bei den an diese Pläne gestellten Anforderungen sollte jedoch insbesondere mit Blick auf kleinere und mittlere Privatbanken dem Proportionalitätsgrundsatz Rechnung getragen werden. Privatbanken müssten – anders als Institute in Verbünden – die gesetzlichen Regelungen weitgehend individuell umsetzen.
Kemmer:
„Mittelständische Banken müssen sich auch unter der neuen Regulierung eigenständig auf dem Markt behaupten können.“
Quelle:
Pressemitteilung des Deutschen Bankenverbandes, 09.07.2014
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Anmerkung
Sehr verständlich, dass der Bankenverband die bevorstehende Gesetzesinitiative begrüßt. Schließlich bedeutet dies einen ultimativen Freibrief zum Zocken … und wenn’s nun mal schief geht .. so what, dann holt man aus dem Instrumentenkasten das tool mit der hübschen Bezeichnung ‚bail in‘.
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Ihr Oeconomicus
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Ecofin-Meeting in Athen
Veröffentlicht: 2. April 2014 Abgelegt unter: Banken-Union, GRIECHENLAND / GREECE | Tags: Dr. Wolfgang Schäuble, ECOFIN Hinterlasse einen KommentarDie Finanzminister der EU (Ecofin) haben sich am Mittwoch, dem zweiten Tag ihres informellen Treffens in Athen, den Reformen im Bankwesen gewidmet.
Bahnbrechende Entscheide oder Entwicklungen gab es erwartungsgemäss nicht, da die wichtigsten Beschlüsse für die eine Reform, die Bankenunion, bereits gefällt worden sind und eine zweite Debatte, jene über strukturelle Reformen («Trennbanken-Regeln»), noch ganz am Anfang steht.
[…]
NZZ
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Treffen der EU-Finanzminister – Schäuble zur Finanzlage von Griechenland
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korrespondierende Archiv-Beiträge:
Kategorie „Banken-Union“