CETA und die öffentliche Daseinsvorsorge

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CETA und die öffentliche Daseinsvorsorge
Ringen um ein wertvolles Gut
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Einer der Punkte, die am Freihandelsabkommen CETA immer wieder kritisiert werden, ist die sogenannte Öffentliche Daseinsvorsorge. Dabei geht es um elementare Dinge wie die Wasserversorgung. Die sei besonders geschützt, sagt die EU-Kommission. Kritiker sehen aber mögliche Schlupflöcher im Vertrag.
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Der Druck ist groß: Noch immer, selbst nach vielen Jahren des Verhandelns, gibt es Kritik an CETA, dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen von EU und Kanada. Eine belgische Region, die Wallonie, hat in den vergangenen Tagen deutlich gemacht, wie hoch umstritten der Freihandel nach wie vor ist. Die Skepsis betrifft eine Vielzahl von Aspekten. Ein Thema, das viele Gegner eint, ist die öffentliche Daseinsvorsorge. Gemeint ist damit scheinbar Selbstverständliches, etwa: die Wasserversorgung.
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Bettina Weiz – DLF
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Anmerkung:
Dankenswerterweise hat die Autorin im Zusammenhang mit diesem hochkomplexen Themenkreis einige bemerkenswerte Akzente, bspw. das (juristische) „Minenfeld“ des Meistbegünstigungsprinzips im Bezug auf die öffentliche Daseinsfürsorge in Freihandelsverträgen, angerissen.
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Hinsichtlich des Managements in der öffentlichen Daseinsfürsorge finden sich ansatzweise ebenfalls einige Bemerkungen zum Spannungsfeld zwischen kommunalem Eigenbetrieb und privatrechtlicher Unternehmensführung, ein Thema, welches im öffentlichen Diskurs sehr viel mehr Beachtung verdient.
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Dies gilt natürlich auch für die Folgen und Wechselwirkungen von vertraglich geregelter Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Unternehmen der Privatwirtschaft in einer Zweckgesellschaft (Stichwort: Public-private-Partnership – PPP) im Zusammenspiel mit Freihandelsabkommen, wobei im Hinblick auf das bereits eifrig verhandelte Dienstleistungsabkommen (TiSA), bestimmt noch vielfältige Fußangeln zu erwarten sind.
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Erfahrungsgemäß wird die Vielzahl der dabei auftretenden Fragen und Sorgen von Politik und Lobbyverbänden heruntergespielt, ein Umstand der alle interessierten Beobachter ermutigen sollte, wachsam zu bleiben und sich intensiv mit diesen Themenkreisen oder Teilaspekten zu beschäftigen und somit der Verantwortung für die Lebensumstände unserer Kinder und Kindeskinder gerecht zu werden.
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Ihr Oeconomicus
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Turkmenischer Präsident in Berlin

Turkmenischer Präsident in Berlin
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Gurbanguly Berdimuhamedow
CC BY-SA 2.0

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Deutschland will laut Kanzlerin Merkel die wirtschaftlichen Beziehungen zu Turkmenistan ausbauen. Bei ihrem Treffen mit Präsident Berdimuhamedov wies sie auf das große Potenzial des energiereichen Staates hin. Zudem gelte es, in Turkmenistan die Menschenrechte institutionell zu sichern.
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Bundesregierung
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Zwischenbemerkung zu den so genannten Menschenrechten
Egon Bahr (Kanzleramtsminister unter Willy Brandt) wurde nicht müde seine -durchaus nachvollziehbare- Bewertung zu diesem Kampfbegriff vorzutragen. Vielleicht ein Grund für die einschlägigen Human-Fundis, ihn posthum entsprechend abzustempeln:
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“In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte.
Es geht um die Interessen von Staaten.
Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt!”

Zitat-Quelle
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Die deutschen Interessenslagen (vielleicht gar durch transatlantisches Diktum angeregt) dürften angesichts der bisherigen wirtschaftlichen Verflechtungen Turkmenistans (s.u.) unschwer zu erkennen sein.
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Ihr Oeconomicus
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Hintergrundinformationen
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A. zur Person Gurbanguly Berdimuhamedow

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Berdimuhamedow absolvierte 1979 die stomatologische Fakultät der Staatlichen Medizinischen Hochschule Turkmenistans und schloss die darauf folgende Aspirantur mit dem Dr. med. (Kandidat medicinskich nauk) ab. Ab 1980 arbeitete er als Zahnarzt. Später wurde er in Moskau habilitiert. Er spricht außer seiner Muttersprache und Russisch auch Deutsch.
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Von 1990 bis 1995 war er erst Assistent am Lehrstuhl für Therapeutische Stomatologie, dann Dozent und Dekan an der stomatologischen Fakultät der Medizinischen Hochschule Turkmenistans. Von 1995 bis 1997 war er Direktor des stomatologischen Zentrums des Gesundheitsministeriums von Turkmenistan, bevor er 1997 zum Gesundheitsminister ernannt wurde.
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Seit 2001 war Berdimuhamedow auch stellvertretender Ministerpräsident Turkmenistans. Er war Leibzahnarzt des diktatorisch regierenden Staatschefs Saparmyrat Nyýazow.
Im November 2006 vertrat er Turkmenistan auf dem GUS-Gipfel in Minsk.
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Als Nyýazow am 21. Dezember 2006 starb, übernahm Berdimuhamedow den Vorsitz in der Vorbereitungskommission für das Begräbnis. Noch am gleichen Tag ernannte ihn der Sicherheitsrat Turkmenistans zum interimistischen Nachfolger. Aus den Präsidentschaftswahlen vom 11. Februar 2007 ging Berdimuhamedow als Sieger hervor. Am 14. Februar wurde er als zweiter Staats- und Regierungschef des Landes vereidigt.
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Nach seiner Amtsübernahme wurde der Personenkult um seinen Vorgänger reduziert. Zum Beispiel wird Nyýazow in der englischen Übersetzung offizieller Pressemitteilungen zwar als „Gründer der Nation“, aber nicht mehr als Türkmenbaşy (Vater der Turkmenen) bezeichnet.
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Auch einige besonders exzentrische Dekrete Nyýazows wurden nach dessen Tod zurückgenommen, zum Beispiel im Bereich des Bildungswesens. Stattdessen scheint Berdimuhamedow einen eigenen Personenkult aufzubauen. So ließ er sich anlässlich seines 50. Geburtstags 2007 den eigens für ihn geschaffenen Watan-Orden (Orden des Mutterlandes) verleihen und Gedenkmedaillen mit seinem Porträt sowie eine Autobiographie herausgeben.
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Wie durch die Veröffentlichung von Depeschen US-amerikanischer Botschaften durch WikiLeaks bekannt wurde, beschenkte die russische Firma ITERA Berdimuhamedow mit einer Yacht im Wert von 60 Millionen Euro.
Soweit die von Wikipedia veröffentlichte Lesart.
Tatsächlich wurde diese Yacht von turkmenischen Regierungsstellen als Gegenleistung für die gewährte Möglichkeit zur Onshoregasförderung gefordert.
Übrigens: ITERA verkaufte seine Öl- und Gas-Assets 2013 an den russischen ROSNEFT-Konzern.
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2012 wurde er mit 97,14 Prozent wiedergewählt. Oppositionsparteien waren dabei nicht zugelassen. Berdymuhamedow trat gegen sieben andere Kandidaten an.
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Im April 2013 nahm Berdimuhamedow an einem Pferderennen teil. Kurz nachdem er mit einem Abstand von zwei Pferdelängen als Erster über die Ziellinie kam, stürzte Berdimuhamedow und blieb bewusstlos liegen. Die Gäste, unter denen sich auch ausländische Medien befanden, wurden anschließend angehalten, alle Aufnahmen von dem Sturz zu löschen. Dutzende Personen wurden unter dem Verdacht, Aufnahmen aus der Arena zu schmuggeln, festgenommen. Das Staatsfernsehen sendete das Rennen, erwähnte den Zwischenfall aber nicht und brach das Video kurz nach dem Zieleinlauf abrupt ab.
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B. zu Turkmenistan

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Turkmenistan ist ein Binnenstaat in Zentralasien am Kaspischen Meer. Nachbarländer sind Iran, Afghanistan, Usbekistan und Kasachstan.
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Das turkmenische Wirtschaftssystem ist nach wie vor weitgehend staatswirtschaftlich organisiert. Gegenüber den Unternehmen tritt der Staat als einziger Anbieter von Inputs auf und ist am Ende der Produktionskette der einzige Abnehmer fertiger Güter und Produkte. Die staatlichen Betriebe und Unternehmen haben keinen Zugang zum Weltmarkt und sind verpflichtet, ihre Produkte zu den staatlich vorgegebenen Preisen zu verkaufen. Zahlreiche Produkte und Dienstleistungen werden von der turkmenischen Regierung hochsubventioniert oder kostenlos an die Bevölkerung weiter gegeben.
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Offiziellen Angaben zufolge soll dieses System der Staatswirtschaft überaus erfolgreich sein und ein reales Wirtschaftswachstum von jährlich 20 Prozent erzielen, womit das Land nach Katar und der Mongolei die weltweit am drittschnellsten wachsende Volkswirtschaft wäre.
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An der Stelle sind trotz zunehmender Gasförderung und der bevorstehenden Erweiterung des Galkynysh-Erdgasfelds erhebliche Zweifel angebracht, da es u.a. auch an der für die Distribution des Erdgases neben der Pre-Caspian und Central Asia-China Gas-Pipelines an weiteren leistungsfähigen Pipelines mangelt. Dieses Defizit soll nun mit dem Bau der TAPI-Pipeline abgemildert werden, deren Fertigstellung derzeit für 2019/2020 geplant ist. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die geplante Streckenführung durch Afghanistan problemlos erfolgen kann.
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Hinzu kommt der Umstand, dass das bislang größte und ergiebigste turkmenische Galkynysh (vormals South Yolotan-Osman) Gasfield -in welches China USD 8 Mrd. investierte- an der Grenze zu Afghanistan liegt.
Bekanntermaßen ist aus heutiger Sicht die Befriedung Afghanistans nicht wirklich absehbar, womit das Risiko, dass die Taliban ihren Macht- und Einflussbereich noch auf turkmenisches Staatsgebiet (mit einem 90-prozentigen muslimischen Bevökerungsanteil) ausweiten könnten, nicht völlig auszuschließen ist.
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Nach im April 2016 vom IWF veröffentlichten Einschätzungen wird für das laufende Jahr ein Gross domestic product, based on current prices von USD 35,398 Mrd, für 2017 von USD 37,77 Mrd., für 2018 von USD 39,814 Mrd. und für 2019 von USD 42,126 Mrd. erwartet.
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Eines der größten Hemmnisse nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung ist die sehr stark ausgeprägte Korruption. Diese bestimmt nahezu jeden Bereich des Wirtschaftslebens und erschwert ausländisches Engagement in erheblichem Maße.
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In vielen Industriebereichen fehlt es an Zulieferbetrieben, so dass bestehende Betriebe auf permanente Importe angewiesen sind. Tatsächlich dienen weite Teile der Industrie v.a. dazu, den Arbeitskräfteüberschuss aufzufangen oder prestigeträchtige High-End Produkte (wie beispielsweise Solarzellen) zu produzieren. Hier müssen die Produktionsanlagen, das Know-How und die zur Produktion notwendigen Inputs vollständig bzw. dauerhaft im Ausland erworben werden, so dass in Turkmenistan keine nennenswerte Wertschöpfung erfolgen kann.
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Neben Gas ist die Baumwolle das wichtigste Exportgut des Landes, das seit den 1990er Jahren einige Verarbeitungsbetriebe für Baumwolle errichtet hat und durch die innerhalb des Landes erfolgende Wertschöpfung die Einnahmen aus dem Baumwollexport deutlich steigern konnte.
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Die bedeutendsten Handelspartner des Landes sind China (wichtigster Empfänger turkmenischen Erdgases und zugleich wichtigster Lieferant von Konsumprodukte), Russland, Iran, Türkei und Weißrussland.
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Die Vertragstreue der turkmenischen Regierung wird als mangelhaft eingeschätzt, was den vertrauensvolle Aufbau von Kooperationen mit ausländischen Investoren erschwert.
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Dies mag einer der Gründe dafür sein, dass seitens der deutschen Wirtschaft lediglich Daimler, Deutsche Bank und Siemens nennenswerte Umsätze in Turkmenistan generieren.
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Auf Wunsch der Kanzlerin sollen nun -reichlich spät- die deutsch-turkmenischen Handelsbeziehungen ausgebaut werden.
Dabei geht es mutmaßlich nicht nur um das beliebte Thema, die deutsche und EU-weite Abhängigkeit von russischen Erdgasimporten zu reduzieren, sondern auch dem wirtschaftlichen un politischen Einfluss von China, Russland, Japan und der Türkei in Turkmenistan etwas entgegenzusetzen.
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Diese Einflüsse treten besonders deutlich zu Tage, wenn man sich die Analyse der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH (GTAI) aus Dezember 2015 zu den Projekten in der turkmenischen Gasindustrie etwas genauer ansieht.
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Im Lichte all dieser Hintergrundinformationen mag man die bei der Pressekonferenz vom 29.08. dargelegten Einlassungen von Merkel und Berdimuhamedow hinsichtlich möglicher Inkonsistenzen untersuchen und entsprechend einordnen.
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Ihr Oeconomicus
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korrespondierende Beiträge
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13.06.2016
Turkmenistan finanziert Bau von TAPI-Pipeline in Afghanistan und Pakistan
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15.03.2016
Turkmenistan, Kasachstan und Iran wollen Schienengütertransport aus Europa und China ausbauen
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05.12.2015
IWF warnt vor Einbruch des Wirtschaftswachstums in Turkmenistan
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Turkmenische Aufträge für KMUs und Hidden Champions
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12.05.2016
Smiths Detection liefert Sicherheitstechnik für Flughafen Aschgabat
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06.05.2016
Großauftrag am Kaspischen Meer:
Horn Glass Industries AG baut Produktionsanlage in Turkmenistan

CatasTroika und die Drahtzieher der Krise

CatasTroika ist ein griechischer Dokumentarfilm von 2012, der die Privatisierung von Staatseigentum und den daraus erkennbaren Angriff auf die Demokratie kritisch untersucht und als Synonym für die komplette Zerstörung eines Landes, dem Verkauf von Staatseigentum und der Verarmung der Bürger steht.

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Maßeinheiten der CatasTroika sind Arbeitslosigkeit, soziale Verarmung, Verringerung der Lebenserwartung, wie auch die Bildung einer neuen Liga von Oligarchen, die die Macht über ein Land übernehmen.

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Drastische Beispiele aus Frankreich, Italien, den USA, Großbritannien, Deutschland und Russland sollen jeden Zweifel ausräumen:
Die Privatisierung ist eine Schocktherapie mit verheerenden Auswirkungen. Wie in Kalifornien, als die Deregulierung des Strommarktes die Preise auf das 30-Fache ansteigen ließ, oder in Ostdeutschland, wo der Ausverkauf des Volkseigentums nach der Wende zu Massenarbeitslosigkeit und Milliardenschulden führte.
Die Filmemacher sind Aris Chatzistefanou und Katerina Kitidi. Die Filmemacher hatten zuvor mit Debtocracy weltweit ein Millionenpublikum erreicht.

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korrespondierende Archivbeiträge:

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Privatisierung hellenischen Staatseigentums

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Public Private Partnership (PPP) – Öffentliche private Partnerschaften (ÖPP)

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Brückentage bis zur nächsten Krise

A view along a bridge with metal girders overhead and a wooden deck
Pond Eddy Bridge
from the Pennsylvania side of the Delaware River
CC – Author: Beyond My Ken

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Brückentage bis zur nächsten Krise
ein Beitrag von Markus Gaertner

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Wir alle suchen fieberhaft Sachwerte, in die wir unser Bares retten können, bevor der nächste Komet an den Börsen einschlägt und die Hyänen von Wolfgang Schäuble und Mario Draghi eine gnadenlose Treibjagd auf uns starten.

Was wäre da als Anlage besser geeignet als ein öffentliches Gebäude, das der Staat partout nicht mehr haben, ja regelrecht loswerden will?

In Pennsylvania steht als eines von vielen solcher Gebäude aus dem Tafelsilber des bankrotten Uncle Sam die “Pond Eddy Bridge” über den Delaware River zum Verkauf. Das eiserne Monster ist 111 Jahre alt und wird kaum noch befahren. Die Farbe ist stark bleihaltig und würde die zuständige Kommune zu viel Geld kosten. Also soll jemand das Bauwerk aus dem Jahr 1903 erwerben und gefälligst abtransportieren.

Zu Schrott darf es allerdings nicht verarbeitet und verhökert werden, weil es historischen Wert hat. Also: Wer über ein großes Grundstück verfügt, schon immer mal mit einer ollen Brücke über den Atlantik schippern wollte und ganz besonders verzweifelt über eine sichere Verwahrung seines Barbestandes ist, der hat es hier mit einem potentiellen Volltreffer zu tun.

Die Enkel werden begeistert sein über einen so tollen Spielplatz !

Bevor jetzt ein Brücken-Run einsetzt, weil alle sich einen späteren Banken-Run ersparen wollen: Ihr habt Zeit Leute. Allein Pennsylvania hat 11 Brücken zum Verkauf gestellt. Und ganz ehrlich: Die sind allemal mehr wert, als Anleihen von Portugal, Spanien oder Frankreich, für die wir später nur höhnische Bemerkungen von Finanzministern, oder Schmähbriefe von Finanzämtern erhalten, wenn uns die Nachricht über die Total-Amputation unseres Vermögens zugestellt wird.

Dass Amerika so schlimm abgewirtschaftet hat, das dürfte selbst einige Pessimisten noch überraschen. Aber es gibt auch (sehr vereinzelte) Lichtblicke. Zum Beispiel diesen: Das bankrotte Detroit, das vor über einem Jahr die größte kommunale Pleite Amerikas hinlegte, nähert sich einem Sanierungsplan. Dieser scheint sich dadurch auszuzeichnen – wenn ihn die Banken nicht noch bis zur Unkenntlichkeit abnagen – dass die Pensionäre weitaus besser wegkommen als die Halter von Anleihen.

Die 32.000 Pensionäre der Stadt sehen jetzt einem Haarschnitt von 4,5% entgegen. Zugegeben: Das ist immer noch hässlich. Aber gegen jene 27%, die der Finanz-Notverwalter des Rathauses zu Beginn des Jahres eingeplant hatte, ist das eine spürbare Erleichterung. Bemerkenswert: Der Bundesstaat (also doch Steuerzahler), private Spender und Stiftungen haben 816 Mio. Dollar beigesteuert, um die schwindsüchtigen Pensionskassen wieder etwas aufzufüllen.

Uns drängt sich aber die Frage auf, ob alle Reichen in den USA flächendeckend bei einem solchen Konzept mitziehen würden. Gefragt wären die gleichen Manager und Banker, die eher damit beschäftigt sind, das Vermögen wohlhabender Klienten in Steueroasen zu verfrachten und Firmen gegen astronomische Gebühren Börsenhüllen in Europa zu vermitteln, damit sie in den USA dauerhaft Steuern vermeiden können.

Und ob die geballte Solidarität der 1% reichen würde, um sämtliche Pensionslöcher zu stopfen, ist noch eine ganz andere Frage. Detroit ist also, was es ist: Eine Show, ein Darbietung für das US-Volk, dem vorgeführt werden soll, dass der amerikanische Traum nicht völlig kaputt sei. Ob das jemand glaubt, wagen wir hier gar nicht zu fragen.

Aus welchem Grund sollten die 315 Mio. Amerikaner solche Ammenmärchen auch glauben. Sie erfahren jeden Tag neu auf bedrückende Weise, wie stark sie ausgequetscht worden sind. Man lese den jüngsten Quartalsbericht von McDonald´s durch. Im dritten Vierteljahr hintereinander klingeln die Kassen der Burger-Braterei in den USA weniger als im Vorquartal.

Auch in Europa gehen die Kunden seltener in die “Restaurants” der Fast Food-Kette. Im Juli hat McDonald´s weltweit einen Umsatzrückgang erlitten. Nicht einmal die Burger-Neulinge in Indien und China vermochten den Spieß umzudrehen.

Was McDonald´s vor allem in seinem Heimatmarkt USA (ein Drittel des globalen Umsatzes) zusetzt, ist die wachsende Konkurrenz von Burger-Flippern, die noch billiger sind. Das aber sagt eigentlich alles über die immer wieder versprochene Erholung in den USA, die ausbleibt, weil die Konsumenten einfach völlig ausgezehrt sind.

Auch Coca-Cola berichtet zur Wochenmitte enttäuschende Zahlen, vor allem der Verkauf von Diet Coke stagniert. Woher das alles kommt, kann man unter anderem in diesem Bericht von Bloomberg nachlesen: Die Inflation läuft dem Wachstum der Wirtschaft davon, die Geldbeutel schrumpfen sogar ohne die entwürdigenden und schädlichen Minizinsen der Notenbanken.

Wie dem auch sei, in den USA suchen die Leitmedien schon wieder Schuldige im Ausland für ihre hausgemachte Misere. Bei MoneyNews wird uns heute folgende Erklärung für die Dümpelwirtschaft in den den USA geboten:

„Just as the U.S. economy is strengthening, other countries are threatening to drag it down. Employers in the U.S. are creating jobs at the fastest pace since the late 1990s and the economy finally looks ready to expand at a healthy rate. But sluggish growth in France, Italy, Russia, Brazil and China suggests that the old truism, “When the U.S. sneezes, the rest of the world catches a cold,” may need to be flipped. Maybe the rest of the world will sneeze this time, and the U.S. will get sick.“

Auf Deutsch: Die USA stehen ja gar nicht schlecht da, sie werden nur von schwachen Volkswirtschaften wie Frankreich, Italien, Russland, Brasilien und China nach unten gezogen.

Und nur für den Fall, dass ernüchterte US-Anleger daran denken sollten, Aktien zu verkaufen: Da per Definition die US-Konjunktur ja gut ist, und lediglich von schwächelnden Handelspartnern in eine Abwärts-Spirale gesogen wird, gibt es eigentlich nur politische Gründe um Aktien abzustoßen.

Das aber, erklärt der Investment-Stratege bei Wells Capital Management, Jim Paulsen, sei etwas, was “nur Loser” tun würden.

Im Klartext: Dass es Euch wirtschaftlich miserabel geht, ist die Schuld anderer auf diesem Planeten. Dass Konflikte rund um die Welt den Börsen etwas anhaben sollen, denken nur Feiglinge und vaterlandslose Gesellen. Also wartet gefälligst mit dem Verkauf Eurer Aktien, bis die nächste Krise begonnen hat und die Banken und Hedgefonds bereits ausgestiegen sind.

Dann, liebe Narren, dürft Ihr wieder Aktionär spielen – und billig verkaufen, damit Ihr mit dem Rest der Ersparnisse die gut bekannten Kasinos erneut retten könnt.

Dann, liebe Leute, kaufe ich mir wirklich lieber eine Brücke, die keiner mehr will.

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Erstveröffentlichung im Blog von Markus Gaertner

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Lieber Markus, ganz herzlichen Dank für diesen Augenöffner!

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Anmerkung

Jetzt dürfen wir gespannt sein, ob und wann die Brücken-Buyout-Idee als PPP-Modell für Private Equity Investoren die Dobrindt-Schäuble-Ministerien erreicht.
Schließlich wurde rund 15% aller 39,000 Brückenflächen in Täuschland ein ungenügender Zustand attestiert.
Eine gute Gelegenheit für eine breit angelegte Kompetenz- und Marketing-Offensive der Bundesregierung, etwa nach dem liebgewonnenen Vorbild „Unser Dorf soll schöner werden“ aus dem letzten Jahrhundert ?
Damit auch unsere Brücken schöner werden (und die anstehenden Sanierungskosten nicht den Bundeshaushalt belasten), könnte man auf erfahrene Organisationen, wie etwa der Allianz, der Deutschen Bank, dem von Roland Koch geführten Baukonzern Bilfinger, und als europäische Variante auf Cofiroute S.A. (Tochtergesellschaft des französischen Baukonzerns Vinci) zurückgreifen, die ein solches Modell sicher gerne unterstützen würden.
Hinsichtlich des rechtlichen und steuerlichen Rahmens künftiger Brücken-Schatzbriefe (die Anspielung auf das eingestellte Bundesschatzbriefe-Programm ist durchaus beabsichtigt) könnte man vertrauensvoll auf das einschlägige know-how von Freshfields Bruckhaus Deringer LLP oder Hengeler-Mueller zurückgreifen.
Am Ende des Tages ließe sich mit einem solchen Ansatz das Gerechtigkeits-Empfinden der CSU bei europäischen Mautsystemen nicht nur abrunden, sondern beim Bürger gar einen Kreativitäts-Wettbewerb zur Gestaltung der schönsten Brücken in Täuschland auslösen.
Fazit:
Bleibt zu hoffen, dass wir von solch ironisch gemeintem Gedankengut verschont bleiben!

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Ihr Oeconomicus


Nachlösen von Maidan-Tickets

TANSTAAFL:
„There ain’t no such thing as a free lunch

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Diese Redewendung erlangte eine gewisse Popularität durch den Science-Fiction-Autor Robert A. Heinlein in seinem Roman The Moon Is a Harsh Mistress (Der Mond ist eine herbe Geliebte“von 1966.
Der Roman beschäftigt sich mit den Problemen, welche aus unreflektierter Inkaufnahme einseitiger Wirtschaftspolitik entstehen können.

In libertären Kreisen ist sowohl Heinlein’s Buch als auch die Phrase recht beliebt und der Satz wird oft in Lehrbüchern der Ökonomie zitiert.
Sinngemäß übersetzt lautet die simple Kernaussage „Nichts ist umsonst!“ und soll das Konzept der Opportunitätskosten veranschaulichen.
Der amerikanische Makro-Ökonom Nicholas Gregory Mankiw (Harvard University) beschreibt das Konzept folgendermaßen:

„Um eine Sache zu bekommen, die wir mögen, müssen wir üblicherweise eine andere Sache aufgeben, die wir mögen.
Entscheidungen zu treffen bedeutet, Ziele gegeneinander abzuwägen.“

Im Zuge eines kollektiven Macht-Climax war offenbar vielen der inländischen  Maidan-Jünger eine solche Erkenntnis verwehrt. Die bittere Lernkurve daraus wird nunmehr überdeutlich!

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Nachlösen von Maidan-Tickets
Seitens des IWF, der EU-Kommission und den translatlantischen Freunden wurde ein Schierlingsbecher bereitet, welcher dem Volk nun -nach russischem Duktus- ‚durch illegitime Volksverräter‘ serviert wird.

So wird künftig den rund 13,7 Mio ukrainischen Rentnern nicht mehr zugemutet, sich mit ihren mtl. Rentenbezügen von durchschnittlich (umgerechnet) € 128 vorwiegend von Kaviar ernähren zu müssen. Mit der angedachten Halbierung dieser Unsummen wird also gesundheitliche Vorsorge getroffen, während den Rentnern auf der Krim -auch im Zuge der Rubel-Einführung (zunächst als Parallelwährung)- eine Verdoppelung ihrer bisherigen Rentenbezüge droht!

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Nebenbei bemerkt:
Den 13,7 Mio Rentnern stehen ca. 15,2 Mio Steuerzahler gegenüber … tendenziell ist davon auszugehen, dass sich bis 2015/2016 eine 1:1 Relation ergibt. Während der Anteil der jährlichen Rentenzahlungen noch 2001 im Verhältnis zum BIP bei 9,1% lag und bis 2009 auf 18,1% anwuchs, explodierte dieser Wert nach offiziell nicht bestätigten Schätzungen informierter Kreise auf zwischenzeitlich (Stand 2012/2013) 60% des BIPs .. Tendenz weiterhin steigend!
Wie weiterhin zu hören ist, soll das aktuelle Finanzloch des staatlichen Pensionsfonds (PFU) bei ca. $ 3,4 Mrd liegen!

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Daneben dürfen alle im Land lebenden ukrainischen Staatsangehörigen (vermutlich mit einigen Ausnahmen!) ihre Solidarität mit den Nachfolgern des verfassungswidrig abgesetzten Chorknaben Yanukovych bekunden.

Wie aus informierten  Kiever Kreisen zu hören ist, beabsichtigt das Ukrainische Parlament die Einführung einer 25%igen Deposit-Tax, was man sich als eine Abwandlung bereits erlebter Zyprisierungsmaßnahmen vorstellen darf. Von diesem Raubzug, den sich dem Vernehmen nach auch der IWF ‚gewünscht‚ haben soll, sind allerdings nur Guthaben ab 100.000 Hryvnia betroffen, eine Summe die umgerechnet ca. € 8.900 entspricht!
Yevhen Sihal, Abgeordneter der „Partei der Regionen“ erwartet dadurch Impulse für die Binnenkonjunktur, Reduzierung der Kosten für Unternehmens-Kredite, sowie zusätzliche Assets für die staatliche Rentenversicherung.

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Hierzu war seitens der National Bank of Ukraine (NBU) die diplomatische Bemerkung zu hören

‚man sei besorgt über die Politisierung ökonomischer Belange‘

was der Kabarettist Dieter Nuhr vermutlich so zu interpretieren wüßte:

„Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten!“

Yevhen Sihal, den man im Fanclub der Gasprinzessin verorten darf, wird von den Konsequenzen seines Parlaments-Vorstosses vermutlich nicht sonderlich betroffen sein, da er bei Ausbruch der Finanzkrise in 2008 einen Teil seiner Finanzanlagen verlor und es danach mit dem kärglichen Rest seines einstigen Vermögens nicht mehr in die Liste der 50 reichsten Ukrainer schaffte.

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Als weiteren Aspekt zur annähernden Eindämmung des desolaten Zustandes der ukrainischen Volkswirtschaft dürfte die Forderung des IWF nach Privatisierung von Volksvermögen zu bewerten sein.
Da man in schlechten Zeiten schnelle Erfolge benötigt -in unserem Falle um einen veritablen Staatsbankrott abzuwenden-, fallen idR die Preise, insbesondere für werthaltige Assets, besonders deutlich.
Wir werden sehen, ob und in welcher Weise sich das deutsche Sprichwort

„Wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“

bei den Privatisierungsanstrengungen erfüllen wird.
Das ‚Lichtlein‘ könnten menschenfreundliche Oligarchen, die sich im Schweiße ihres Angesichts während der letzten Jahre ihre Spargroschen quasi vom Munde abgespart haben (dem Vernehmen nach sollen die 200 reichsten Ukrainer in den letzten Jahren mehr als $ 135 Mrd ergaunert angehäuft haben) ggfls. bereitstehen könnten, für ganz kleines Geld dem ukrainischen Staat unter die Arme zu greifen.
Natürlich müssen sich solche Investitionen auch dauerhaft rechnen, wie wir aus tausenden in Deutschland zustande gekommenen PPP-Verträgen wissen.

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Zur Realisierung solcher Nothilfe-Erträge könnten sich die Preise für Waren und Dienstleistungen übernommener Staatsbetriebe erhöhen
.. ein weiterer Beleg dafür, dass eben Nichts umsonst ist!

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Liebe Ukrainerinnen und Ukrainer,
lernen Sie von Chevron und Exxon, wenn Sie für den vermeintlichen free-lunch künftig bezahlen dürfen:

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Ihr Oeconomicus

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Geheime Geschäfte von Politik und Wirtschaft

DER GEPLÜNDERTE STAAT

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Um öffentliche Bauvorhaben und Dienstleistungen während der Eurokrise weiter finanzieren zu können, hat die Politik ein fragwürdiges Finanzierungsmodell erfunden – Öffentliche private Partnerschaften, kurz ÖPP genannt. Dabei investieren private Unternehmen in ganz Europa in die öffentliche Infrastruktur, um sie anschließend zu betreiben. Es handelt sich um ein Finanzierungskonzept, das vollkommen intransparent ist. Angeblich sollen Bund und Länder dadurch entlastet werden, doch es zeigt sich, dass private Unternehmen hier wohl eher Profit auf Kosten des Staates machen.

Die Dokumentation berichtet anhand der wichtigsten Beispiele – darunter die Hamburger Elbphilharmonie, das umstrittene Milliardenprojekt des Pariser Justizpalastes, der Ausbau der Autobahn A7 in Norddeutschland oder der Neubau der TGV-Strecke zwischen Tours und Bordeaux – über die Erfahrungen mit ÖPP in Deutschland und Frankreich. Zu Wort kommen Befürworter und Gegner aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sowie staatliche Finanzkontrolleure wie der Präsident des Bundesrechnungshofs, Dieter Engels.

Für die großen Investmentbanken und Baukonzerne ist ÖPP ein wichtiges Instrument, um den klammen Staaten trotz Schuldenbremse Aufträge zu entlocken und Milliarden zu leihen. Im Gegenzug erhalten sie dafür zum Teil zweistellige Renditegarantien, und das über Laufzeiten von bis zu 30 Jahren. In der Regel sind die Absprachen zwischen Staat und Konzernen geheim. So geheim, dass selbst die zuständigen Abgeordneten in den Parlamenten nicht informiert sind. „Die parlamentarische Kontrolle wird ausgebremst“, beklagt sich Anton Hofreiter, Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Grünen.

ÖPP sei ein Modell, von dem alle profitieren, sagen Befürworter wie der ehemalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Aber je mehr ÖPP-Projekte es europaweit gibt und je länger sie laufen, desto deutlicher zeichnet sich ab: ÖPP werden in Wirklichkeit oft schöngerechnet.

Den Autoren gelingt es, ein Stück Geheimpolitik auszuleuchten. Berichtet wird, wie die Idee für ÖPP entstand, warum die Finanzierung zum Staatsgeheimnis erklärt wird, wer verdient – und wer am Ende bezahlt. Es geht um den staatlichen Ausverkauf, um folgenreiche Milliardengeschäfte, , und darum, wie Politiker aus guten und manchmal schlechten Gründen mit ÖPP die Zukunftsfähigkeit Europas verspielen.

Mehr Informationen auf: http://www.arte.tv/future

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Archiv-Beiträge:
Public Privat Partnership (PPP) – Öffentliche private Partnerschaften (ÖPP)


Erläuterungen zu asset backed securities

Aufmerksame LeserInnen mögen sich an Warren Buffets Einschätzungen zu Derivaten erinnern:

„Derivatives are financial weapons of mass destruction.“
(zu deutsch: „Derivate sind finanzielle Massenvernichtungswaffen“)
Zitat-Quelle: BBC NEWS, 4. März 2003

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asset backed securities

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Nachfolgend soll der Versuch unternommen werden, dem geneigten Publikum in möglichst allgemein verständlicher Terminologie einige Grundlagen der Verbriefungs-Märkte näher zu bringen.

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File:Borrowing Under a Securitization Structure.png

Borrowing Under a Securitization Structure
public domain – Author: Sheila C. Bair

[Als Abbildung 3 findet sich diese Strukturskizze einer ABS-Finanzierung auf Seite 11
der facettenreichen wissenschaftlichen Arbeit (Erkenntnis-Stand August 1997)
von Jan Ebberg (Uni Konstanz) mit Begrifflichkeiten in deutscher Sprache wieder]

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Was versteht man unter Asset Backed Securities? Den Rest des Beitrags lesen »