reloaded: Langfristverträge bis 2030 verpflichten zum Kauf russischen Gases | Frontal
Veröffentlicht: 26. Juli 2022 Abgelegt unter: GAZPROM, Nord-Stream I, Russia-Ukraine Crises, Russlands Gegen-Sanktionen, sanctions: implications & interactions (Folgen & Wechselwirkungen), volkswirtschaftliche Selbstverstümmelung | Tags: "Take of Pay" KLausel Hinterlasse einen Kommentarreloaded: Langfristverträge bis 2030 verpflichten zum Kauf russischen Gases | Frontal
Deutschland muss bis 2030 für russisches Erdgas selbst dann bezahlen, wenn das Gas nicht mehr importiert wird. Grund dafür sind Langfristverträge mit Laufzeiten bis zu 30 Jahren, die deutsche Unternehmen mit dem russischen Konzern GAZPROM abgeschlossen haben. Das zeigen frontal-Recherchen.
Insgesamt geht es um mehr als 140 Milliarden Euro. Hintergrund sind die Pläne der Bundesregierung, bis 2024 nahezu unabhängig von russischen Gasimporten zu sein. Dabei wird zum Problem, dass die bestehenden Verträge Mindest-Abnahmemengen vorschreiben, erklärt Jack Sharples vom renommierten Forschungsinstitut Oxford Institute for Energy Studies (OIES).
„Wird diese Menge unterschritten, muss dennoch für Gas bezahlt werden, selbst wenn es nicht abgenommen wird.“
Das sei in sogenannten „Take or Pay“-Klauseln festgelegt.
Nach Daten des OIES liegt diese Mindestabnahmemenge für russisches Gas in Deutschland bei 42 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2021. Diese Mindestabnahmemenge sinke bis 2030 nur leicht auf 40 Milliarden Kubikmeter. Die ökonomischen Auswirkungen der Gasvertragsklauseln sind enorm.
Die „Take or Pay“-Menge hat einen finanziellen Wert von mehr als 140 Milliarden Euro, wenn man einen relativ niedrigen Gaspreis von 50 Euro pro Megawattstunde zugrunde legt. Der Handelspreis für Gas lag zuletzt bei rund 100 Euro pro Megawattstunde.
Nur, wenn die Regierung einen Gasboykott verordnet, könnten die Verträge mit dem Argument „höhere Gewalt“ beendet werden, sagt Jack Sharples. Das aber lehnt die Bundesregierung ab.
(Quelle: ZDFheute Nachrichten, 27.04.2022)
Pressestimmen zu Draghis Abgang
Veröffentlicht: 23. Juli 2022 Abgelegt unter: ITALIEN Hinterlasse einen KommentarPressestimmen zu Draghis Abgang
„In Italien wirft Mario Draghi das Handtuch“, lesen wir in Libération :
„Mario Draghi gibt auf. Keine Chance für ihn, Italien mit so wenig Unterstützung zu regieren.“
Das Ende der Ära Mario Draghi in Italien, ein Schock für ganz Europa, titelt Le Monde :
Der Zeitpunkt könnte für Italien, die Eurozone und die Europäische Union (EU) insgesamt nicht schlechter sein. Dieser „perfekte Sturm“ wurde von Forza Italia (der rechten Partei von Silvio Berlusconi), Liga (der rechtsextremen Partei von Matteo Salvini) und der Anti-Establishment-Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) ausgelöst, die am Mittwoch ihre Teilnahme verweigerten das von Draghi beantragte Vertrauensvotum im Senat.
Die französische Zeitung spricht auch über „die geopolitischen Umwälzungen, die durch die Rückkehr an die Macht bei den bevorstehenden Wahlen dieser Formationen mit einer schwierigen Vergangenheit der Selbstzufriedenheit gegenüber Wladimir Putin hervorgerufen werden könnten. Und dies inmitten der Energiesorgen, die sich dem Winter nähern. Es hänge von den pro-europäischen Italienern ab, sich zu mobilisieren, und von der EU, taktvoll zu handeln, um dieses Albtraumszenario zu vermeiden“, schließt Le Monde.
The Globe&Mail stellt fest, dass „die Unruhen für die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen könnten. Wie viele andere Länder sieht sich Italien infolge der Moskauer Invasion mit steigenden Preisen für alles, von Lebensmitteln bis hin zu Haushaltswaren, konfrontiert. Es leidet auch darunter eine anhaltende Dürre, die die Ernte bedroht. Gleichzeitig bemüht sich Italien um die Umsetzung seines EU-finanzierten Pandemie-Wiederaufbauprogramms. Jegliche Instabilität in Italien könnte auf das übrige Europa übergreifen.“
Laut der Financial Times bedeutet Draghis Abgang „einen Rückschlag für das westliche Bündnis gegen die russische Invasion in der Ukraine. Der italienische Staatschef hat eine kompromisslose Haltung gegenüber Moskau eingenommen und war einer der Hauptarchitekten harter Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Berlusconi, ehemaliger Premierminister, hatte er enge persönliche Beziehungen zu Putin, mit dem er einmal Urlaub machte, während Salvini ein Bewunderer des russischen Führers war.“
La Stampa , zitiert von Eurotopics , charakterisiert das Verhalten der populistischen Parteien als „eine Schande“:
„Es gibt kein anderes Wort, um zu beschreiben, wie die Draghi-Regierung im Senat gescheitert ist“
Und der Corriere della Sera stellt bitter fest: „Auch Draghi, der berühmteste Italiener, den wir hatten und den wir hoffentlich bald wieder im Dienste unseres Landes sehen werden, hat den Preis für das unerbittliche Gesetz der Regierungen der nationalen Einheit bezahlt.“
Der Corriere legte noch eine Schippe drauf und fabulierte „von einem „Drang zur Selbstzerstörung, dem selbst die Besten zum Opfer fallen“
La Vanguardia erklärt: „Der Ernst der Lage lässt sich an der internationalen Reaktion messen – fordert Draghi auf, nicht zurückzutreten, und auch den Druck, der auf alle italienischen Parteien ausgeübt wird, um vorgezogene Neuwahlen zu vermeiden. Dies ist in der Tat ein schlechter Tag für Europa.“
Die BBC stellt fest, dass die politischen Turbulenzen in Italien auch Schlüsselfiguren in einigen Parteien gespalten haben. „Zwei Minister von Forza Italia, Renato Brunetta und Mariastella Gelmini, verließen die Partei aus Protest gegen die Entscheidung, Draghi zu verdrängen. Die populistische Bewegung Cinci Stele, die letzte Woche die Krise ausgelöst hatte, erlebte ebenfalls einen Austritt seine Partei und die Instabilität, mit der Italien jetzt konfrontiert ist, haben die EU-Finanzierung aufs Spiel gesetzt und werden zur Aufgabe von Reformen führen.“
Ich versage mir diesen Vorgang zu kommentieren, möchte stattdessen aus Ferdinand Lassalles: „Was nun?“ Zweiter Vortrag über Verfassungswesen. (1862) Meyer u. Zeller, Zürich: 1863, S. 35 zitieren:
„Dies ist die Macht des Aussprechens dessen, was ist. Es ist das gewaltigste politische Mittel! Fichte constatirt in seinen Werken, daß »das Aussprechen dessen, was ist,« ein Lieblingsmittel des alten Napoleon gewesen, und in der That hat er ihm einen großen Theil seiner Erfolge verdankt. Alle große politische Action besteht in dem Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist.“
Ihr Oeconomicus
Deutschlands Außenhandel erstmals seit 1991 defizitär
Veröffentlicht: 4. Juli 2022 Abgelegt unter: Aussenwirtschaft, ÖKONOMIE - ECONOMICS, Inflation, Innere Sicherheit, John Stuart Mill, Politik + Gesellschaft, Schuldentragfähigkeit, supply chain (Lieferkette/n), sustainable growth - nachhaltiges Wachstum Hinterlasse einen KommentarDeutschlands Außenhandel erstmals seit 1991 defizitär
Bloomberg titelt in seiner Montag-Ausgabe
„Germany Has First Monthly Trade Deficit Since 1991 on Inflation“
Deutsche Verbraucher, Unternehmen und der Staat geben mehr für nach Deutschland eingeführte Waren, Güter und Dienstleistungen aus, als die deutsche Wirtschaft im Ausland an Erlösen erzielte.
Das Defizit summierte sich im Mai des laufenden Jahres auf immerhin rund eine Milliarde Euro. Im Ergebnis des Jahres 2021 führt das Statistische Bundesamt noch einen Außenhandelsüberschuss von 172 Milliarden Euro an.
Die Daten des Statistischen Bundesamts bestätigen dies! Allerdings führt die Statistik im Mai noch einen nominellen Überschuss von 500 Millionen auf. Negativ ist der saisonal bereinigte Wert.
Den Grund sehen die Experten darin, dass inflationsbedingt die Kosten für die laufenden Importe im Mai um 2,7 Prozent gestiegen sind, während die Exporterlöse zugleich um 0,5 Prozent fielen. Für das Letztere dürften insbesondere die Auswirkungen der antirussischen Sanktionen, aber auch die allgemein weltweit schwächelnde Konjunktur, verantwortlich sein.
Die Preise für Importe wie Energie, Nahrungsmittel und von der Industrie verwendete Teile waren im Mai um mehr als 30 Prozent höher als vor einem Jahr, während die Preise für Exporte im selben Zeitraum nur etwa halb so stark stiegen.
Auch wenn die Daten inflationsbereinigt weniger bemerkenswert aussehen, wird der Außenhandel immer noch einen negativen Beitrag zum deutschen Wachstum leisten, das ebenfalls in realen Werten berechnet wird, sagte Oliver Rakau, Wirtschaftswissenschaftler an der Oxford School of Economics in Frankfurt am Main, gegenüber Bloomberg. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten und hoher Unsicherheit seien die Aussichten für den Handel „eher düster“, warnte er.
Vorerst kann das Defizit der Außenhandelsbilanz der deutschen Wirtschaft kaum gefährlich werden:
Nach drei Jahrzehnten großer Überschüsse im Außenhandel haben die Unternehmen und Haushalte fast ausnahmslos Ersparnisse angehäuft, die noch Jahre für den Ausgleich eines etwaigen Defizits sorgen können. Ausgeglichen werden kann ein Außenhandelsdefizit zudem durch gesteigerte Investitionen und durch Instrumente der Währungspolitik.
Das echte Risiko liegt hier in der Zahlungsfähigkeit europäischer Schuldner:
Das plötzliche Defizit der deutschen Außenhandelsbilanz kommt nicht den hauptsächlich europäischen Ländern zugute, die zuvor Jahrzehnte lang die Leidtragenden ihres Überschusses waren. Während deutsches Geld nun nach Russland und in andere außereuropäische Länder fließt, bleiben die vor allem südeuropäischen Handelspartner Deutschlands weiter auf ihren Schuldenbergen sitzen.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht in den Zahlen vom Mai Warnzeichen für eine dauerhafte besorgniserregende Entwicklung. „Der Exportabschwung ist eingeläutet“, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier der Mainpost. Die Exporteure seien immer weniger in der Lage, die durch Lieferketten bedingten Kosten-steigerungen an internationale Kunden weiterzureichen, die Kunden schauen sich zunehmend nach günstigeren Alternativen um. Außerdem kämen wichtige Importgüter zur notwendigen Weiterverarbeitung häufig nicht an, insbesondere wegen der Corona-Lockdowns in China. Ein Ende der Preissteigerungen und Lieferkettenprobleme ist laut DIHK nicht in Sicht.
Sollte sich die Momentaufnahme zu einer veritablen Tendenz ausweiten, werden sich die politisch verantwortlichen Vollträumer im Zusammenhang mit dem Streben nach immerwährendem wirtschaftlichen Wachstum gut überlegen müssen, wie die vorsätzlich herbeigeführte Zeitenwende den Betroffenen mit all seinen Folgen und Wechsel-wirkungen möglichst konnotativ vermittelt werden kann.
Schon John Stuart Mill prognostizierte im Zusammenhang von fortgesetztem wirtschaftlichen Wachstum starkes Suchtpotential insbesondere bei dem unabweisbaren Verlangen nach dem damit verbundenen Erlebniszustand, dem die Kräfte des Verstandes untergeordnet werden.
Tja und bleibt diese ökonomische Sucht-Droge aus, setzt die Produktion von „Glückshormonen“ wie Serotin und Dopamin mit gravierenden Folgen aus, ggfl. gekennzeichnet durch extreme Angst, Panik, starke Erregung oder wahnhaft veränderte, teils paranoide Wahrnehmungen, befürchtet
Ihr Oeconomicus
korrespondierend
Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)
Abyssus abyssum invocat