Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)


Systemänderung: Amputiertes Aktienrecht für Banken
Fachaufsatz von RA Dr.iur. Wolfgang Philipp
(veröffentlicht in Heft 3/2015 – Seite 77-82 – Die Aktiengesellschaft)
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Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG (PDF-224 Seiten)
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Seit 1. Januar 2015 unterwirft ein neues Gesetz Bankkunden gefährlichen Risiken !
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Außerhalb des Aktienrechts kann eine neue Bankenrettungsanstalt durch Verwaltungsakt anordnen, Guthaben der Kunden zur Vermeidung einer Insolvenz der Bank auf Null zu stellen oder in Aktien umzuwandeln.
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Die Folgen dürften dramatisch sein !
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I. Einleitung
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„Die Abwicklungsanordnung (der Abwicklungsbehörde) ersetzt für die hier angeordneten Maßnahmen alle nach Gesellschaftsrecht erforderlichen Beschlüsse und Zustimmungen.“
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Dieser für Zivilrechtler alarmierende Satz steht in einem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten umfangreichen Artikelgesetz (Entwurf mit Begründung 224 Seiten), das durch zwangsweise Umsetzung mehrer Richtlinien und Verordnungen der EU der Rettung „systemrelevanter Banken“ in Deutschland dienen soll (BGBl. I v. 18.12.2014, 2091).
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Hauptbestandteil ist ein „Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG)“, das zum 1.1.2015 in Kraft getreten ist.
Der darin enthaltene eingangs genannte Satz ist wahrlich ein Grund auch für Aktienrechtler, hier nachzusehen und sich mit diesem Gesetz zu befassen.
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Dann stellt sich gravierendes heraus:
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Das Gesetz verändert das geltende deutsche Recht, insbesondere das Aktien- und Insolvenzrecht, soweit es für Banken gilt.
Dieses sehr komplizierte Opus im Ganzen zu beschreiben wäre äußerst aufwendig. Die Grundsätze lassen sich jedoch herausarbeiten und darstellen.
Es handelt sich – zu Ende gedacht und nicht gleich zu erkennen – um einen der schwersten Eingriffe in das deutsche Wirtschaftsleben und Wirtschaftsrecht seit Kriegsende mit unabsehbaren Folgen.
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Das ist zu begründen:
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II. Eine veränderte Welt
[…]
III. „Systemrelevanz“ und die Folgen
[…]
IV. Das geltende Recht
[…]
V. Eine Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung
[…]
VI. Eingriff in das Aktienrecht
[…]
VII. „Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten“
[…]
VIII. Vergleich mit dem KredReorgG
[…]
IX. Entmachtung der Bankvorstände
[…]
X. Fragwürdige Zulassung zum Börsenhandel
[…]
XI. Überlegungen für Bankkunden
[…]
XII. Ausblick
Wie immer in solchen Fällen ist nicht sicher vorauszusagen, wie das Publikum mit zunächst rein juristisch darzustellenden Risiken umgeht. Sollten private und unternehmerische Kunden, die regelmäßig größere Beträge auf Bankkonten ansammeln müssen, die Konsequenzen ziehen, kommt es zu einem neuen „Crash“, der schlimmer sein kann als alle bisher dagewesenen:
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Die großen systemrelevanten Banken verlieren dann auf breiter Front ihre großen Kunden und können dadurch bis in die Grundlagen ihrer Existenz getroffen werden. Dann würde das neue SAG unter Umständen mehr Insolvenzen selbst herbeiführen als es je verhindern könnte. Ein vorsichtiger Gesetzgeber hätte sich darüber Gedanken machen müssen, dass Gläubiger mit „berücksichtigungsfähigen Forderungen“ auch ihrerseits Gegenmaßnahmen ergreifen könnten. Sich in der Wirtschaft vom Privatrecht zu verabschieden ist der Weg in eine neue Welt, die nichts Gutes verheißt.
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Auszugsweiser Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Dr.iur. Wolfgang Philipp
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follow-up, 23.06.2015:
Zwischenzeitlich hat Dr. Philipp zu dem Thema ein Sachbuch in für Nicht-Juristen verständlicher Terminologie verfasst, welches gerade erst im Handel verfügbar wird.
Titel:Rette sich wer kann vor dieser Bankenrettung“ – ISBN 978-3-87336-393-6 – erschienen im Gerhard Hess Verlag
Bezugsquelle
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korrespondierende Beiträge
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22.12.2014
ausführliche Anmerkungen zum Beitrag
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16.10.2014
Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen
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21.08.2014
Die nächste Raubzug-Welle soll nach der parlamentarischen Sommerpause vorbereitet werden
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09.07.2014
Bankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion
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28 Kommentare on “Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)”

  1. almabu sagt:

    Theoretisch müssten noch Milliarden-Beträge an DM im Umlauf sein, hauptsächlich wohl auf dem Balkan und in Osteuropa?

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    • Oeconomicus sagt:

      Das vermag ich nicht zu beurteilen.

      Wie jedoch nach der physischen Euro-Einführung zu hören war, sollen u.a. mit vermuteten D-Mark Schwarzgeldern große Mengen an Flugtickets der Business- und First-Class internationaler Airlines gebucht worden sein, welche binnen Jahresfrist gegen Euronen stornokostenfrei wieder zurückgegeben werden konnten.

      Man darf davon ausgehen, dass es daneben auch weitere phantasievolle Wege gab, um solche Altbestände zu tauschen.

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      • almabu sagt:

        Dies alles setzte aber die Akzeptanz des Bargeldes voraus! Wenn es nur noch elektronischen Zahlungsverkehr gibt, dann würden solche „kreativen Geldwechsel-Spiele“ definitiv entfallen!

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      • Oeconomicus sagt:

        „Wenn es nur noch elektronischen Zahlungsverkehr gibt…“

        Zur Zeit ist ein solches Szenario aus vielfältigen Gründen -ungeachtet denkbarer Alternativen- ohne eine gleichgeschaltete Weltregierung kaum vorstellbar.

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      • almabu sagt:

        Muss jetzt in den Stall, das Schwein und die Hühner füttern und dem Hasen das Fell über die Ohren ziehen, dann noch ein wenig Holz hacken und sehen, ob meine Igel noch leben..;-)

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    • stromerhannes sagt:

      Praktisch und tatsächlich wird ein grosser Teil von Bargeldgeschäften im Kosovo z.B. auf Wochenmärkten noch in DM abgewickelt. Das konnte ich im letzten Sommer auf einer Motorradtour in der Region selber feststellen. Insofern liegst Du mit „Balkan“ goldrichtig.

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  2. stromerhannes sagt:

    Nachtrag:

    Konto und Sparbuch abgeräumt, aus Fonds ausgestiegen. In physisches Edelmetall umgewandelt.
    Pfändungsschutzkonto eingerichtet.

    Mittlere Summe Bargeld in drei Währungen im Haus; Tresor 400kg alt und gebraucht für € 250,– erstanden.
    Ausserdem noch eine NV (Nichtveranlagung) beim Finanzamt durchgeboxt…

    Wir werden von Kriminellen regiert.

    Wehren wir uns kreativ!

    Erkennen mildert den Aufprall.

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    • Oeconomicus sagt:

      Vielleicht noch darüber nachdenken, nicht genveredeltes Saatgut, alkoholische Getränke und medizinische Notvorräte einschl. geeigneter tools zu bevorraten.

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      • stromerhannes sagt:

        Wenn Sie wüssten….

        Sogar kleine Stallungen + Auslauf für Hühner, Schweine und Stallhasen sind incl. Streu und Futter betriebsbereit.

        Erkennen mildert den Aufprall.

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      • Oeconomicus sagt:

        Klingt gut … dann bedarf es noch eines funktionierenden Netzwerkes, das sich ‚just in case‘ ergänzt.

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      • almabu sagt:

        Wann geht denn die Welt unter? Macht mir keine Angst, Jungs!

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      • Oeconomicus sagt:

        Tja, wir haben diese Gesetze weder gemacht, noch die Hasadeure gewählt, wir können uns lediglich pro-aktiv darauf einstellen und vor allem darüber informieren.

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      • almabu sagt:

        Die genannten Voraussetzungen wären bei mir zwar alle gegeben, trozdem bedürfte es im Ernstfall eines Vorlaufs von mindestens einem halben Jahr, schätze ich mal?

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    • almabu sagt:

      „…Mittlere Summe Bargeld in drei Währungen im Haus…“

      Also wenn, wie offenbar in einigen Ländern ernsthaft diskutiert wird, dass Bargeld abgeschafft und nur noch elektronischer Zahlungsverkehr erlaubt wird, dann können Sie mit Ihrem Bargeld das Kaminfeuer entzünden, oder?

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      • Oeconomicus sagt:

        „… dass Bargeld abgeschafft…“

        Das sollen die erstmal versuchen … dabei könnte festgestellt werden, dass insbesondere die deutsche Bevölkerung der Deutschen Bundesbank (s. Art. 14 Bundesbankgesetz) mehr glaubt als dem Heiligen Geist.

        Und falls dies doch gelingen sollte, wäre dies für ausgeschlafene Unternehmer ein wunderbares, temporäres Geschäftsmodell.

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      • almabu sagt:

        Also in Skandinavien wird überwiegend elektronisch gezahlt, habe ich mir sagen lassen?

        In Spanien wird dies gerade in einer Studie forciert, mit der Begründung man könne so dem grassierenden Schwarzgeld entgegen wirken. Die meisten 500€ Scheine sollen angeblich in Spanien und Italien zirkulieren?

        In meinem Supermarkt um die Ecke zahlt eine bestimmte Klientel ihre 3,65€ stets mit Karte, die beim dritten, vierten Durchziehen manchmal auch gelesen wird…

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      • Oeconomicus sagt:

        „In Spanien wird dies gerade in einer Studie forciert..“

        Lassen Sie uns darüber nochmal in sieben Monaten reden.

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      • almabu sagt:

        Sehr gerne,
        trotzdem sehe ich eine Beschränkung auf elektronischen Zahlungsverkehr als eine Art von Versklavung der dann gläsernen Menschen. So ein Konto ist dann auch schnell mal gesperrt…

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      • Oeconomicus sagt:

        Genau so ist es … und die denkbaren Alternativen sind nicht jedermann zugänglich.

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      • almabu sagt:

        Hier in der Nähe, ich glaube es ist in Bad Salzuflen, gibt es ein paar Geschäfte, die in der Vor-Weihnachtszeit noch DM akzeptieren und da laufen die Geschäfte immer noch ziemlich gut, wie man hört…

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      • Oeconomicus sagt:

        Ein hübsches Marketing-Instrument, welches nicht nur dort zu beobachten ist.

        Jede Landeszentralbank tauscht D-Mark in Euro um.

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      • almabu sagt:

        Die Schweizer haben es gut:

        Ihren Franken gibt es seit über hundert Jahren und er gilt immer noch, während DM, Mark der DDR, Franc, Gulden, Pesetas, Lira, Kuna und wie sie alle hießen nur noch als Urlaubssouvenirs dienen…

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      • stromerhannes sagt:

        Falls es tatsächlich dazu kommen sollte, dann wird anlässlich eines Kurzurlaubes vor Ort in „zeitlose Währung“ umgewandelt. Die passt dann in eine Hosentasche oder in einen Jutebeutel.

        Für meinen zusätzlichen Holzherd in der Küche und einem Kamin mit Einsatz und Warmwasserzubereitung habe ich genug getrocknetes Holz. (In aller Bescheidenheit)

        Insofern rege ich an, statt des nächsten Urlaubs einmal über Photovoltaik als Insellage nachzudenken. Auch Zisterne für Brauchwasser ist nicht schlecht. Geht leider nur bei eigener Immo.

        Bei Interesse : das Netz ist voll von brauchbaren Ratschlägen zur Krisenvorsorge und Vermögenserhalt.

        Vor Jahren erhielt ich meine Anregungen dazu aus den Seiten von meinem Freund Michael Winkler; der mit dem Tageskommentar.

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  3. stromerhannes sagt:

    stromerhannes
    21. August 2014 um 17:14

    …..nach Artikel 19 des Vertrags vom 2. Februar 2012
    zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus…

    Dazu fällt mir spontan die Änderung der AGB´s und deren Artikel 19 (Haftung der Kreditinstitute) für alle Banken und Sparkassen ein.

    Lautet doch der letzte Halbsatz: “..oder von Hoher Hand des Aus- und Inlandes…”

    Langsam ist es an der Zeit, sowohl in Brüssel und auch in Berlin über den Begriff “Tyrannenmord” ernsthaft nachzudenken.

    Mit diesem Gesetzestext ist der Zugriff auf unsere Konten geplant!

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  4. Infoliner sagt:

    Müsste die Bank das nicht dem Klienten mitteilen? Sonst wird es ja nicht Bestandteil der vertraglichen Verbindung?

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    • Oeconomicus sagt:

      Schauen Sie einfach mal in die aktuelle Fassung der AGB Ihrer Bank.

      Hier noch eine Pressemitteilung des Deutschen Bankenverbandes vom 9. Juli 2014:
      „Bankenverband begrüßt nächsten Schritt auf dem Weg zur Bankenunion“

      „Die nationale Umsetzung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten (BRRD) ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Bankenunion. Hiermit wird vor allem sichergestellt, dass künftig in erster Linie Anteilseigner und Gläubiger eines Instituts für dessen Verluste aufkommen müssen. Einer Sozialisierung von Risiken aus Bankgeschäften wird entgegengewirkt“, so Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, anlässlich der Verabschiedung des Regierungsentwurfs für ein BRRD-Umsetzungsgesetz. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollte jedoch, so Kemmer weiter, mit Nachdruck darauf hingewirkt werden, dass die diesbezüglichen Bestimmungen (Bail in) EU-weit gleichzeitig in Kraft treten.

      Richtig sei insbesondere auch, so Kemmer, dass mit dem neuen Instrument der Sanierungsplanung die Eigenverantwortung der Institute bei der Bewältigung einer Krise betont werde. Bei den an diese Pläne gestellten Anforderungen sollte jedoch insbesondere mit Blick auf kleinere und mittlere Privatbanken dem Proportionalitätsgrundsatz Rechnung getragen werden. Privatbanken müssten – anders als Institute in Verbünden – die gesetzlichen Regelungen weitgehend individuell umsetzen. Kemmer: „Mittelständische Banken müssen sich auch unter der neuen Regulierung eigenständig auf dem Markt behaupten können.“

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