Ab März 2015 wird der QE-Tsunami geflutet – Wer geht dabei baden ?
Veröffentlicht: 22. Januar 2015 Abgelegt unter: Quantitative Easing | Tags: Geldpolitik 7 KommentareMit ihrer geldpolitischen Verzweiflungstat hat die EZB das ultimative Startsignal zur großen Plünderung gegeben.
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Ab März 2015 sollen mit mtl. € 60 frischen Milliarden Anleihen angekauft werden. Draghi kündigte an, dass die Käufe bis September 2016 andauern sollen, was einem theoretisches Ankaufvolumen von etwas mehr € 1 Billion (ca. € 3000 pro Bürger der Eurozone) entspricht.
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Die Schuldenwirtschaft in ihrem Lauf halten weder Ochs‘ noch Esel auf, so das implizite Bekenntnis der Euro-Glycerin-Jongleure !
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Das bringt uns zu der Gleichung Schulden = Guthaben, was indirekt die Frage beantwortet, wer dabei jenseits der 1%, deren Taschen bereits überquellen, baden geht.
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Die Erwartungen insbesondere von Monsieur le Président und des Rottamatore, die sich beide für eine andere Praxis des Fiskalpaktes durchsetzen wollen, wurden somit erfüllt.
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Hollande lag also mit seiner vor französischen Wirtschaftsbossen geäusserten Einschätzung zum EZB-Entscheid richtig:
“Die EZB wird am Donnerstag ihre Entscheidung über den Kauf von Staatsanleihen fällen. Das wird der europäischen Wirtschaft deutlich mehr Liquidität verleihen und auf das Wachstum unterstützend wirken.”
Während Hollande die Dinge direkt aussprach, goss die Kanzlerin in gewohnt nebulöser Weise Baldrian-Tropfen in die pc-konformen Redaktionsstuben, „der Euro stehe nicht vor einer Schicksalswoche“ und betonte die Unabhängigkeit der EZB.
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Dabei klang ihr Diktum wenige Tage zuvor, beim Neujahrsempfang der Deutschen Börse, noch wesentlich schärfer:
“Es muss verhindert werden, dass das Handeln der EZB in irgend einer Weise so erscheinen könnte, dass das, was im Fiskal- und Wettbewerbsbereich gemacht wird, in den Hintergrund tritt. Es passiert sehr schnell, dass man das so sieht, als könnte das Eine das Andere ersetzen. Das geht mit Sicherheit nicht. […] Der Druck auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa muss erhalten bleiben.”
Selbst zum historisch niedrigen Zinsniveau insbesondere für die geschwächten Euro-Staaten sparte Merkel nicht mit diplomatisch verklausulierter Schelte:
“Wer unter diesen Bedingungen es nicht schafft, einigermaßen seine Haushalte zu konsolidieren, dann weiß ich nicht, wie das gehen soll, wenn die Zinsen einmal wieder höher sind. Es ist nicht die Zeit für schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme.”
Ein Schelm könnte nun vermuten, das ihr die Baldrian-Tropfen anläßlich des jüngsten Meinungsaustauschs mit Herrn Draghi überreicht wurden.
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Die gewohnt kluge Argumentation von Jens Weidmann gegen den EZB-Entscheid wurde offenbar nicht zur Kenntnis genommen.
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Dabei ist es schon ein Stück weit bemerkenswert, dass selbst unter Langfingern an den Finanzmärkten die EZB-Entscheidung keineswegs unumstritten ist.
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So ist bspw. Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) davon überzeugt, dass es gelingen könnte, Inflationshoffnungen zu befeuern und lässt profunde Gegenargumente, welche die fragwürdig anmutende geldpolitische Lockerung als Seifenblasen-Effekt darstellen, nicht gelten.
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Weitere Statements:
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Georg Fahrenschon – Sparkassen-Präsident
„Letztlich hatte die Notenbank wohl gar keine andere Chance mehr, als den Versuch zu starten, den von ihr selbst genährten Erwartungen der Märkte gerecht zu werden. […] Ich kann auf breiter Front keine wirklichen Deflationsgefahren erkennen, die es zu bekämpfen gilt.“
Stefan Bielmeier – Chefvolkswirt der DZ Bank
„Die Finanzmärkte gaben und geben sich mit Hingabe der Geldillusion hin – mehr Geld soll auch mehr helfen.“
Kurt J. Lauk – Wirtschaftsrat-Präsident der CDU
„Das wird der nächste Versuch der EZB werden, wirtschaftspolitische Probleme mit geldpolitischen Maßnahmen zu überdecken.“
Michael Kemmer – Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken
„Mit ihrem Aufkaufprogramm dramatisiert die Europäische Zentralbank (EZB) die Preis- und Wirtschaftsentwicklung im Euro-Raum unnötig. Zudem geraten Nutzen und Risiken der Niedrigzinspolitik allmählich in eine ungünstige Schieflage.“
Uwe Fröhlich – Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)
„Mit dieser aktionistischen Politik trägt die EZB zur Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger bei. […] Nach dem geldpolitischen Stakkato der vergangenen Monate muss sich die EZB jetzt in ein ruhigeres Fahrwasser bewegen und auf weitere Liquiditätsspritzen verzichten. Der Euroraum braucht eine geldpolitische Pause.“
Martin Wansleben, DIHK-Hauptgeschäftsführer
„Die EZB ist zum Gefangenen der eigenen Ankündigungen geworden. Sie hat ohne Not nun ihren letzten Trumpf ausgespielt. Dabei überwiegen eindeutig die Risiken: Die Wirkung des Ankaufs von Staatsanleihen auf die Preisentwicklung in der Euro-Zone ist unsicher. Auch die Gefahr von Spekulationsblasen an den Finanzmärkten lässt er weiter steigen.“
Jana Meyer, HSBC Trinkaus
„Enttäuscht hat die EZB auf keinen Fall, sie hat die Geldschleusen deutlich geöffnet und ist den Erwartungen insofern gerecht geworden. Allerdings liegen die neuesten Zahlen zum Volumen nur leicht über dem, was zuletzt bereits durch den Marktgeisterte.“
Jörg Krämer, Commerzbank-Chef-Volkswirt:
„Da das Programm 19 Monate laufen soll, dürften mehr als 1000 Milliarden Euro in den Markt gepumpt werden. Das Kaufprogramm ist damit deutlich größer, als es die meisten Experten erwartet hatten. Darüber hinaus hat Draghi gesagt, dass solange gekauft wird, wie es die Inflation notwendig erscheinen lässt. Das könnte darauf hindeuten, dass die EZB im Falle einer anhaltend niedrigen Inflation noch einmal nachlegt. Nach QE ist vor QE.“
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Auch aus dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) ist deutliche Kritik zu hören:
„Die EZB untergräbt damit die Anreize für eine nachhaltige Haushaltsdisziplin und Schuldenpolitik“
Mit Isabell Schnabel haben sich auch die Wirtschaftsweisen zu Wort gemeldet:
„Das Programm ist insofern geschickt gemacht, als dass es der EZB eine gewisse Flexibilität lässt, wie viele Anleihen tatsächlich angekauft werden. Erholen sich die Inflationserwartungen schnell, kann der Ankauf von Anleihen eingestellt werden. Ebenso kann das Programm aber auch über September 2016 hinaus verlängert werden. Insgesamt liegt das Programm am oberen Rand dessen, was erwartet wurde. Für problematisch halte ich die begrenzte Risikoteilung, diese setzt ein falsches Signal. Denn dies stellt die Erwartung in Frage, dass die EZB genügend politische Unterstützung hat, um alles in ihrer Macht Stehende zu tun („whatever it takes“), falls es zur Stabilisierung des Euro nötig sein sollte. Die Wirkung des Programms wurde hierdurch unnötig geschwächt.
Ausserdem ist zu befürchten, dass strukturelle Reformen verzögert werden, wenn die Länder des Euro-Raums sich allein auf die Geldpolitik verlassen. Das wäre ein großer Fehler.“
Hinsichtlich des Ankaufs von Staatsanleihen erscheint besonders bemerkenswert, dass man Griechenland drei Tage vor einer möglicherweise richtungsweisenden Wahl mit dem hinterlistigen Hinweis, Athen könne ebenfalls vom Ankaufprogramm profitieren, sofern die Vorgaben der Troika eingehalten werden einen saftigen Fleischknochen vor die Nase hält.
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Das immer wieder gern angeführte Argument, ein niedrig bewerteter Euro (aktueller Kurs: 1,4445) sei ein positiver Export-Effekt ist zwar aus nicht ganz von der Hand zu weisen, dabei wird jedoch oft vergessen, dass sich die Einfuhren entsprechend verteuern und ggfls. auch Risiken und Folgen eines aufflammenden Währungskrieges keinesfalls unterschätzt werden dürfen.
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Im Zusammenhang mit steigenden Importpreisen werden sich Kaufkraftverluste einstellen, was voraussichtlich zu einem Rückgang der Konsumausgaben führen kann. Wechselwirkungen hinsichtlich geringerer Kapazitätsauslastungen und in der Folge auch Arbeitsplatz-Abbau sind ebenfalls nicht auszuschließen.
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Da die Früchte der geldpolitischen Lockerungen vermutlich nicht in der realen Wirtschaft ankommen, werden Asset-Inflations-Effekte begünstigt, was zu weiter steigenden Immobilienpreisen führen kann und damit auch Einfluss auf Mieten nach sich zieht.
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Mit einiger Sicherheit ist davon auszugehen, dass sich die Schuldentragfähigkeit von Unternehmen und Privatpersonen reduziert, was Neu-Investitionen weiter schrumpfen lässt.
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Längerfristig betrachtet könnten solche Entwicklungen auch die bisherigen deutschen Rekord-Steuereinnahmen in Mitleidenschaft ziehen.
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Das Argument, mit dem QE-Programm seien die potentiellen Haftungsrisiken des deutschen Steuermichels gestiegen, läßt Draghi nicht gelten, sondern streut den restlichen EZB-Bau-Sand in die Augen seiner Kritiker und argumentiert, dass den überwiegenden Teil der Risiken die nationalen Notenbanken tragen, welche größtenteils auch das Programm umsetzen werden. Acht Prozent des Gesamtprogramms kauft auch die EZB an nationalen Anleihen – was etwa € 90 Mrd ausmacht. Zudem werden im Umfang von zwölf Prozent des Gesamtpakets Wertpapiere europäischer Institutionen wie etwa der europäischen Investitionsbank gekauft. Dieses Risiko teilen sich die nationalen Notenbanken, auch für die Käufe der EZB selbst soll das gelten.
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Im Klartext: Deutschland muß nicht vollständig für die Anleihekäufe haften !
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Soweit Draghi’s Einlassungen, die man sofort als Märchenstunde entlarvt, wenn man sich Eigenkapital und dessen Verteilungsschlüssel der EZB ansieht. Käme es zu einem Ausfall des geschöpften Fiat money muss „ein Dummer“ gefunden werden, der dafür einsteht. Es darf genau einmal geraten werden, wer dies wohl sein könnte.
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Böse Zungen die nun einwenden könnten, soweit wird sicher nicht kommen, sei empfohlen, sich über den Umfang toxischer Risiken bspw. in italienischen Bankbilanzen sehr genau zu informieren. Dabei könnte die Erkenntnis entstehen, dass Draghi’s Wunsch die vollgesogenen Banken Südeuropas zu entlasten, bei dem QE-Entscheid Pate gestanden haben könnte.
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Neben Hans-Werner Sinn, der in diese Richtung argumentiert teilt auch der Finanzwissenschaftler Jörg Rocholl solche Überlegungen:
„Riskante Anleihen werden nun von den Banken auf die Notenbanken übertragen. Auch wenn dies den gewünschten Erfolg hat, die Banken zu sanieren, kommt es den Steuerzahler teuer zu stehen und setzt völlig falsche Anreize.“
So far, so bad !
Etwaigen Mitlesern aus dem Club betreuter Denker sei empfohlen, die hier geäußerten Gedanken mit dem Label ‚Verschwörungs-Theorie‘ zu versehen und sich auf die sicher positiven Bewertungen zum heutigen QE-Entscheid bei der Aktuellen Kamera zu freuen.
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Gute Nacht, Täuschland !
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Ihr Oeconomicus
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ECB-PRESS RELEASE
22 January 2015 – ECB announces expanded asset purchase programme
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Mario Draghi zum Kauf von Staatsanleihen am 22.01.2015
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