Spain’s Catalan parliament approves independence vote law (Gesetz für Unabhängigkeitsreferendum angenommen)
Veröffentlicht: 19. September 2014 Abgelegt unter: independència de Catalunya - Unabhängigkeit für Katalonien | Tags: Artur Mas, La Estelada 8 Kommentare
La Estelada, das Symbol der Unabhängigkeit für Katalonien
CC – Author: Huhsunqu
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Unbeirrt will man in Katalonien nach der schottischen Absage an die Unabhängigkeit den eigenen Abspaltungsprozess vorantreiben. Noch am Freitagabend beschloss das Regionalparlament in Barcelona mit 106 Ja- zu 28 Nein-Stimmen ein Gesetz, das unverbindliche Referenden in Katalonien zulässt und damit den Weg für eine am 9. November geplante Volksbefragung freimachen soll. Das Gesetz wurde von allen politischen Gruppierungen mit Ausnahme der konservativen Volkspartei und der antinationalistischen Partei Ciutadans unterstützt.
Nach dem Parlamentsbeschluss bleibt Mas nun eine Woche Zeit, offiziell eine Volksbefragung einzuberufen. Die Regierung in Madrid lässt keinen Zweifel daran, dass sie gegen das Gesetz sowie das geplante Referendum beim Verfassungsgericht Einspruch erheben wird.
[…]
Cornelia Derichsweiler – NZZ
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BBC: Catalan parliament approves independence vote
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Streben nach Unabhängigkeit: Katalonien will an Referendum festhalten
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Der juristische Hintergrund des Konfliktes zwischen der spanischen Regierung und der Regierung der Autonomie Katalonien:
2010 gab sich die katalanische Autonomieregierung ein „Estatut“. Dieses wurde damals vom spanischen Verfassungsgericht als verfassungskonform akzeptiert.
Basierend auf dem Paragraphen 122 dieses Estatuts, will nun der militante Separatist und Präsident ALLER Katalanien in Personalunion, Artur Mas, die juristische Grundlage seiner „Consulta“ aufbauen.
Das entsprechende Gesetz hat das katalanische Parlament vergangenen Freitag angenommen. Wenn Artur Mas es verabschiedet und ins Gesetzesblatt stellt wird es vermutlich vom Verfassungsgericht Spaniens sofort als illegal qualifiziert und kassiert. Warum?
Es gibt zwei Gründe:
Consultas, Befragungen, jedoch nicht Referenden(!) nach Artikel 122 dürfen nur über Kompetenzen der autonomen Regierung Kataloniens durchgeführt werden. Die Zerstörung der nationalen Einheit Spaniens durch einseitig erklärten Austritt Kataloniens aus Spanien gehört nicht zu diesen Kompetenzen.
Referenden sind nach Artikel 149.1.32 der spanischen Verfassung dem spanischen Staat vorbehalten.
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Besten Dank für diesen wichtigen Input.
Ich denke jedoch nicht, dass sich die Unabhängigkeitsbewegung davon wirklich einschüchtern lässt… und steter Tropfen höhlt den Stein.
Weder Rajoy noch (s)ein Verfassungsgericht können dauerhaft gegen 1,8 Millionen Menschen ein Referendum verhindern, selbst dann nicht, falls Artur Mas auf einer Bananenschale ausrutschen sollte.
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Da bin ich mir gar nicht so sicher? Nicht darin, dass Mas sich nicht einschüchtern lassen würde, sondern darin, ob er nicht wegen dieser juristischen Mängel sich nicht lieber in vorgezogene Neuwahlen flüchten würde? Er müsste dann nur noch einen Schuldigen in seinem Duldungspartner ERC finden, der bisher in den Umfragen deutlich vor dem (nicht-)regierenden Parteienbündnis CiU liegt. Artur Mas musste Anfangs vom Massenaufgebot auf der Straße überrascht, das vor ein, zwei Jahren übrigens deutlich größer war, sozusagen „zum Jagen getragen“ werden. Wenn sich hinter den Kulissen, die Legitimität der unversteuerten Auslandsvermögen der herrschenden Klasse für diese zufriedenstellend regeln lassen, dann ist vieles möglich in Katalonien…
Zu den angeblich 1,8 Mio Demonstranten auf 200.000 m², oder 9 Personen pro m², habe ich in meinem Blog ja schon einiges gesagt. Die echte Zahl wird um die 900.000 gelegen haben, was 2 Personen pro m² entspräche. Aber solche Halbierungen bzw. Verdoppelungen von Teilnehmerzahlen von Demonstrationen je nach Interessenlage der befragten Seite, sind in Spanien völlig normal, auch in Madrid…
Die Grundsatzfrage, ob eine Minderheit aus Eigeninteresse einseitig aber verbindlich in die Rechte der Mehrheit eingreifen darf und diese sich dies gefallen lassen müsste, die ist natürlich auch nicht beantwortet, wenn die Katalanen noch zehn Jahre auf der Straße demonstrieren.
Es gäbe hier noch ein paar interessante Nebenaspekte, wie z.B. die Frage, wer legte fest welches Territorium, welcher Schuldenanteil, welche Pensionsvermögensanteile nach welchen Kriterien abgetrennt werden sollte?
Nennen Sie mir bitte ein Beispiel in der westlichen Welt, wo solch eine Unabhängigkeitsbewegung erfolgreich zur Sezession eines Landes, eines EU- und NATO-Staates geführt hätte?
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Besten Dank auch für diesen Beitrag.
Ihre Kommentare haben mich dazu angeregt, diesen gesamten Themenkomplex etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
In einem gesonderten Beitrag möchte ich versuchen, hierzu einige Gedanken zu entwickeln.
Just be patient 🙂
Ihr Oeconomicus
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Ich freue mich schon darauf 😉
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Es scheint noch mehr Separatisten zu geben auf der Welt:
„…The results of a Reuters/Ipsos poll released on Friday show that 24 percent of Americans strongly support or tend to support the idea of their state separating from the union…“
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Angenommen Sie sind Katalane und haben das Gefühl zu viele Steuern an Madrid zahlen zu müssen. Madrid reagiert auf ihre Einwände ablehnend und sagt alle müssten Steuern zahlen. Sie geben sich durch ihr Parlament das Recht eine Volksbefragung durchzuführen mit dem Ziel keine Steuern mehr an Madrid zahlen zu müssen. Sie haben zwar keine Kompetenz über die Steuererhebung, wollen aber mit der Volksbefragung Druck ausüben und Fakten schaffen. Schließlich haben ihnen vermutlich ALLE in der Volksbefragung bestätigt keine Steuern an Madrid zahlen zu wollen und in der Demokratie muss man schließlich auf das Volk hören, oder?
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Was die Katalanen wollen ist klar und in sofern aus ihrer Sicht nachvollziehbar.
Es handelt sich um die Entsolidarisierung des reichsten Teils Spaniens vom armen Rest. Anfechtbar und abzulehnen sind die gefälschten Gründe, bis hin zu Geschichtsfälschung und vor allem der Versuch diesem Ansinnen ein legales Mäntelchen zu geben.
Während die Zentralregierung in Madrid, gebildet derzeit aus der konservativen PP unter ihrem autistischen Präsidenten Mariano Rajoy und die sozialistische PSOE in unterschiedlichem Umfang über eine Verfassungsänderung juristische Voraussetzungen für Föderalismus und womöglich auch Referenden schaffen wollen, die dann aber für ALLE Spanier in GLEICHER WEISE zu gelten hätten, setzen die Katalanen konsequent auf die EINSEITIGE Eigenermächtigung und Übernahme von ihnen derzeit rechtlich nicht zustehenden Kompetenzen.
Das ist so, als wenn ich mir selbst eine scheinbare Rechtsgrundlage dafür schaffe, ab Morgen keine Steuern mehr zu zahlen!
Dagegen MUSS ein Staat und seine Organe wie das Verfassungsgericht vorgehen. Wenn die Verfassung eines Landes als oberste Rechtsgrundlage beliebig wird, dann kann man sie abschaffen. Ein Vergleich mit Schottland ist pure Polemik, denn im Gegensatz zu Katalonien war Schottland ein eigenständiges Königreich, das sich vertraglich mit England verbündete.
Jeder Teil, jeder m², des spanischen Staatsgebietes gehört symbolisch allen Spaniern gemeinsam. Es kann nicht sein, dass ein Teil der Spanier einseitig einen Teil des Landes für sich fordert, die Rechte der Anderen bestreitet, sie zu Ausländern im eigenen Land machen will, dafür kostspielige weltweite und nationale Doppelstrukturen und einen Propaganda-TV-Moloch unterhält der permanent „Spanien beraubt uns“ gehirnwäscheartig in die Köpfe hämmert während es in Wahrheit die regierenden Familienclans sind, welche die Autonomie seit Jahrzehnten berauben und fröhlich Steuermittel zweckentfremden?
Ich sehe eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
Die Separatisten setzen ihr Ziel eigenmächtig, illegal und womöglich gewaltsam um, was zwar riskant ist, aber nicht zwangsläufig zum Bürgerkrieg führen müsste, oder
Spanien gibt sich einen Verfassungsrahmen, gültig für ALLE, der größere Autonomie oder gar die Teilung des Landes rechtlich zu lässt. Mir ist derzeit allerdings weltweit kein Land bekannt, das seine eigene Auflösung, juristisch klar und sauber geregelt, in seiner Verfassung stehen hätte?
Was Artur Mas, der Getriebene der radikalen Separatisten, derzeit aber versucht sind durchschaubare, unseriöse, verlogene Taschenspielertricks und verfälschte Begründungen. Das ist schlicht Unrecht.
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