CatasTroika und die Drahtzieher der Krise
Veröffentlicht: 30. September 2014 Abgelegt unter: Catastroika, Privatisierung hellenischen Staatseigentums | Tags: Deregulierung, Privatisierung von Volksvermögen 2 KommentareCatasTroika ist ein griechischer Dokumentarfilm von 2012, der die Privatisierung von Staatseigentum und den daraus erkennbaren Angriff auf die Demokratie kritisch untersucht und als Synonym für die komplette Zerstörung eines Landes, dem Verkauf von Staatseigentum und der Verarmung der Bürger steht.
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Maßeinheiten der CatasTroika sind Arbeitslosigkeit, soziale Verarmung, Verringerung der Lebenserwartung, wie auch die Bildung einer neuen Liga von Oligarchen, die die Macht über ein Land übernehmen.
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Drastische Beispiele aus Frankreich, Italien, den USA, Großbritannien, Deutschland und Russland sollen jeden Zweifel ausräumen:
Die Privatisierung ist eine Schocktherapie mit verheerenden Auswirkungen. Wie in Kalifornien, als die Deregulierung des Strommarktes die Preise auf das 30-Fache ansteigen ließ, oder in Ostdeutschland, wo der Ausverkauf des Volkseigentums nach der Wende zu Massenarbeitslosigkeit und Milliardenschulden führte.
Die Filmemacher sind Aris Chatzistefanou und Katerina Kitidi. Die Filmemacher hatten zuvor mit Debtocracy weltweit ein Millionenpublikum erreicht.
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korrespondierende Archivbeiträge:
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Privatisierung hellenischen Staatseigentums
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Public Private Partnership (PPP) – Öffentliche private Partnerschaften (ÖPP)
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Fußball-WM 2018: Saransk wird Fußballhauptstadt
Veröffentlicht: 29. September 2014 Abgelegt unter: Fußball-WM 2018 | Tags: FIFA, Republik Mordwinien, Saransk Hinterlasse einen KommentarDas ausgerechnet Saransk in der Republik Mordwinien neben all den russischen Millionenstädten Austragungsort der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 sein wird, mag manchen überrascht haben.
RBTH sprach mit Alexej Merkuschkin, Vizepräsident der Republik Mordwinien, der die Welt überzeugen will, dass die Fifa eine gute Wahl getroffen hat.
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Alexey Mosko, RBTH
Seltene Erden – Die dunkle Seite der Hightech-Metalle
Veröffentlicht: 28. September 2014 Abgelegt unter: Bergbau, Seltene Erden / Rare earth elements | Tags: Energiewende, Manganknollen, Oxide, Salzsäure, Schwefelsäure Hinterlasse einen Kommentar.
Seltene Erden – Die dunkle Seite der Hightech-Metalle
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Jahrtausende schlummerten sie in der Erde, niemand ahnte, dass es sie überhaupt gab. Heute sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil von Hightech-Produkten wie Smartphones, Hybridautos oder Windturbinen: Seltene Erden. 17 Metalle, deren Gewinnung erhebliche Nachteile mit sich bringt: Denn sie ist kostspielig, verschmutzt die Umwelt, erzeugt radioaktiven Müll und zerstört Landschaften. Die Metalle können nicht einfach abgebaut werden wie Kohle, da sie immer im Verbund mit anderen Erzen und Mineralien auftreten.
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Um Seltenerdmetalle zu gewinnen, werden diese Verbindungen hoch erhitzt und mit Salz- und Schwefelsäure und anderen aggressiven Chemikalien dazu gebracht, sich zu trennen. Trotz der negativen Folgen für die Umwelt will niemand auf sie verzichten. Deshalb forschen Wissenschaftler weltweit nach Möglichkeiten, die Hightech-Metalle in unseren Produkten zu ersetzen, sie intelligent zu recyceln und sauberer zu fördern.
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Die Wissenschaftsdokumentation führt rund um den Globus: unter anderem nach China, dem Weltmarktführer in der Förderung der Seltenen Erden. Allerdings hat man hier auch mit den größten Umweltverschmutzungen zu kämpfen. Und in den USA wurde in Kalifornien gerade die drittgrößte Seltenerd-Mine der Welt wiedereröffnet – mit neuester Technik und höchsten Umweltstandards.
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In Deutschland und Österreich besucht die Dokumentation Weiterverarbeiter und Anwender von Seltenen Erden, die die Komplexität ihrer Prozesse und Produkte vorführen. Wissenschaftler in europäischen und amerikanischen Forschungslabors weihen den Zuschauer in ihre neuesten Ergebnisse bei Substitution und Recycling der Metalle ein. Ein deutsch-französisches Forschungsschiff birgt Manganknollen vom 4.000 Meter tiefen Meeresboden im Pazifik – eine alternative Seltenerdquelle?
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Die Umsetzung wird an der Jacobs University in Bremen erforscht. Und die Dokumentation begleitet eine Probebohrung nach Seltenen Erden in Sachsen. Hier könnte schon bald eine Mine entstehen, in der kein radioaktiver Abfall anfällt.
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Was bedeutet eigentlich ‚political correctness‘ ?
Veröffentlicht: 27. September 2014 Abgelegt unter: politische Semantik | Tags: political correctness Hinterlasse einen KommentarWas bedeutet eigentlich ‚political correctness‘ ?
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The answer my friend provided by ‚The wise monkeys‘ below:
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Erklärungsversuche
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Die österreichische Politikwissenschaftlerin und Historikerin Katrin Auer schreibt zum „Wesen der Political Correctness“:
„Die Funktion des Metadiskurses zur political correctness ist die Bildung eines Modelles, anhand dessen das Wesen d.h. Inhalte, Ideologie und Methode von pc identifizierbar gemacht werden sollen. Es werden ausschließlich Denkbilder verwendet, deren soziale Bewertung und Verurteilung im Alltagswissen hegemonial ist.
Denkbilder mit totalitären und diktatorischen Eigenschaften sind im Anti-pc-Diskurs ebenso stark zu finden wie religiöse und ethische Metaphern. Political correctness wird dann u.a. als Dogma, Inquisition, Zensur, Meinungsterror, Hetze, Relikt des Dritten Reiches, sprachlicher Benimmkodex, pharisäisch, Blockwartsystem, Diskursapartheid, Balkanisierung des Denkens, totale(r) rhetorisch-diskursive(r) Vernichtungswille, Gedankenpolizei, Diktatur oder Gesinnungsterror bezeichnet.
Mit Hilfe dieser Denkbilder werden Inhalte und politische Zielsetzungen ausgeblendet und heruntergespielt, während an deren Stelle ihre angeblich intolerante und totalitäre Theorie und Praxis gesetzt werden. Bei den meisten totalitären Denkbildern handelt es sich zudem um solche, die seit 1945 im revisionistischen und revanchistischen Wortschatz der extremen Rechten gebräuchlich sind. In diesem Fall kann eine eindeutige Einflussnahme bzw. Nutzung der Anti-pc-Begrifflichkeiten durch rechtsextreme Diskurse festgestellt werden.“
Quelle:
Katrin Auer: „Political Correctness“ – Ideologischer Code, Feindbild und Stigmawort der Rechten
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‚Political Correctness‘: Versuch einer satirisch anmutenden Aufarbeitung der Begrifflichkeit
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EU hat 1634-seitiges CETA-Vertragswerk ins Netz gestellt (!)
Veröffentlicht: 26. September 2014 Abgelegt unter: CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement), Investitionsschutzabkommen - International Investment Treaties | Tags: Bildungsanerkennung, Datenschutz, Finanzdienstleistungen, Fritz Glunk, Investitionsschutz, ISDS-Schiedsklauseln, kommunale Selbstverwaltung, Niederlassungsfreiheit, Organstreitverfahren, Prof. Dr. Axel Flessner, Ratchet-Klausel, Richterliches Rechtsprechungsmonopol, Sozialstandards, Subsidiaritätsklage, Urheberrecht, Verfassungsbeschwerde, Vertragsabschlusskompetenz, Zuwanderung 12 KommentareEU hat 1634-seitiges CETA-Vertragswerk ins Netz gestellt (!)
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PDF – (1634 Seiten)
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Ihr Oeconomicus
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Erkenntnisse & Kommentare
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TTIP steht heftig in der Kritik
Unechter Freihandel
„Freihandel“ ist das große Argument für die Freihandelsabkommen, jetzt mit Kanada (CETA) und mit den Vereinigten Staaten von Amerika (TTIP), das alle Kritik an diesen Abkommen zu ersticken sucht. Für gegenseitige Vorteile echten Freihandels fehlen aber die Voraussetzungen. Die Abkommen werden den unechten Freihandel verstärken, welcher den Nutzen der international agierenden Finanzoligarchie und ihrer Unternehmen stärkt, nicht den Wohlstand der Völker mehrt. Die Grundlagen der sogenannten Freihandelspolitik, der sich die Europäische Union verschrieben hat, sollten bedacht sein, bevor konkrete Freihandelsabkommen geschlossen werden. Ich äußere mich als Staatswissenschaftler, der notwendig Staatsrechtslehre und Volkswirtschaftslehre zur Einheit verbindet.
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Prof. Dr. Karl-Albrecht Schachtschneider – 28.10.2014
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Zustimmung zu CETA wäre verfassungswidrig
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Souveränität – an diesen drei Grundpfeilern sägt das geplante EU-Kanada-Abkommen CETA. Dennoch wollen Sigmar Gabriel und Co. das Abkommen auf jeden Fall – und nehmen mögliche Milliardenklagen in Kauf. Der Rechtsprofessor Prof. Dr. Axel Flessner ist darüber verwundert und verrät im Interview, was hinter diesen Absichten stecken könnte.
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campact – 24.09.2014
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CETA nicht verharmlosen – keine Entwarnung beim Investorenschutz
Gutachten spielt Sonderrechte für Konzerne herunter
Zwei Tage vor dem EU-Kanada-Gipfel in Ottawa warnt Attac davor, die Gefahren durch das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) zu verharmlosen.
“Es bleibt dabei: CETA darf nicht unterzeichnet werden”
sagt Roland Süß vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.
“Insbesondere beim geplanten Investorenschutz gibt es keinen Anlass für Entwarnung. Der Vertragstext strotzt nur so vor unklaren Formulierungen, die viel Spielraum für Interpretationen im Sinne der Konzerne lassen. Mit CETA würde eine intransparente Paralleljustiz mit Sonderrechten für Konzerne etabliert. Das ist und bleibt inakzeptabel.”
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attac – 24.09.2014
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Das CETA-Abkommen mit Kanada ist rechtswidrig
Jetzt sind wir nicht mehr auf Vermutungen angewiesen: Die 1500 Seiten des Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) liegen vor, Ende September wollen die Vertragspartner sie in Ottawa unterschreiben. Was sie dort unterschreiben, ist wenig amüsant. Mehr noch: Es gibt Anlass zu der Frage, ob die EU-Kommission zu den Verhandlungen bestimmter Kapitel des Abkommens überhaupt befugt war, mit anderen Worten: Ist CETA rechtswidrig?
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Fritz Glunk – Blog: Dr. Norbert Häring – 07.09.2014
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follow-up, Oktober 2014
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Europa- und verfassungsrechtliche Vorgaben für das
Comprehensive Economic and Trade Agreement der EU und Kanada (CETA)
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Juristisches Kurzgutachten im Auftrag von attac/München
Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano, LL.M. (EUI)
Johan Horst, LL.M. (Georgetown)
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Zentrum für europäische Rechtspolitik (ZERP)
Fachbereich Rechtswissenschaft, Universität Bremen
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[Anmerkungen, Hervorhebungen und Link-/Querverweise by Oeconomicus]
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A. INHALTSVERZEICHNIS
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B. FRAGESTELLUNG
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C. RECHTSGUTACHTEN
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I. EUROPARECHTLICHE ANFORDERUNGEN AN DAS CETA
1. Verbandskompetenz der EU
a) Investitionsschutz: Materielle Regelungen
b) Investitionsschutz: Streitbeilegung zwischen Investor und Staat
c) Weitere Sachbereiche
d) Schaffung von Ausschüssen
e) Zwischenergebnis
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2. Ratifikationsverfahren auf Unionsebene
a) Zustimmung des Europäischen Parlaments
b) Einstimmigkeit im Rat
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3. Materielle Rechtmäßigkeit
a) ISDS-Schiedsklauseln des CETA
aa) Der Grundsatz der Autonomie der Unionsrechtsordnung
bb) Die Autonomie der Unionsrechtsordnung und ISDS-Klauseln
cc) Verletzung der Autonomie der Unionsrechtsordnung
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b) Die Ausschuss-Struktur des CETA-Abkommens
aa) Joint Committee
bb) Committee on Services and Investment
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c) Menschen- und umweltrechtliche Anforderungen
aa) Materieller Verpflichtungsgehalt der Umwelt- und Menschenrechte für die EU
bb) Menschen- und Umweltrechte beim Abschluss des CETA
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(1) Keine Absicherung der Menschen- und Umweltrechtsstandards im Investitionsschutzrecht
(a) Die Praxis der Investitionsschiedsgerichte
(b) Die Investitionsschutzklauseln des CETA
(c) Fehlende menschen- und umweltrechtliche Gewährleistungen im CETA
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(2) Fehlende Sozialstandards
(3) Mangelhafte Gesundheits- und Umweltstandards
(4) Fehlender Schutz von Individual- und Allgemeingütern
d) Kommunale Selbstverwaltung, Art. 4 Abs. 2 EUV
[„Die Union achtet die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und ihre jeweilige nationale Identität, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Sie achtet die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit. Insbesondere die nationale Sicherheit fällt weiterhin in die alleinige Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten.“]
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II. GRUNDGESETZLICHE ANFORDERUNGEN AN DAS CETA
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1. Formelle Rechtmäßigkeit: Verfassungskonformes Zustandekommen
a) Vertragsabschlusskompetenz
b) Gesetzgebungsverfahren
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2. Materielle Rechtmäßigkeit
a) Art. 92 GG: Richterliches Rechtsprechungsmonopol beim Investitionsschutz
[„Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wird durch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundgesetze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt.“]
b) Art. 38 iVm 20 Abs. 1, 28 GG: Demokratische Rückbindung
c) Menschen- und Umweltrechte
d) Art. 28 Abs. 2 GG: Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung
[„Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.“]
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III. RECHTSSCHUTZ
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1. Rechtsschutz auf EU-Ebene
a) Nichtigkeitsklage, Art. 263 AEUV
b) Subsidiaritätsklage, Art. 263 AEUV
[„Der Gerichtshof der Europäischen Union überwacht die Rechtmäßigkeit der Gesetzgebungsakte sowie der Handlungen des Rates, der Kommission und der Europäischen Zentralbank, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der Handlungen des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Er überwacht ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten.
Zu diesem Zweck ist der Gerichtshof der Europäischen Union für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verträge oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt.
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist unter den gleichen Voraussetzungen zuständig für Klagen des Rechnungshofs, der Europäischen Zentralbank und des Ausschusses der Regionen, die auf die Wahrung ihrer Rechte abzielen.
Jede natürliche oder juristische Person kann unter den Bedingungen nach den Absätzen 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.
In den Rechtsakten zur Gründung von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union können besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen von natürlichen oder juristischen Personen gegen Handlungen dieser Einrichtungen und sonstigen Stellen vorgesehen werden, die eine Rechtswirkung gegenüber diesen Personen haben.
Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.“]
c) Gutachtenverfahren, Art. 218 Abs. 11 AEUV
[„Ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission können ein Gutachten des Gerichtshofs über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit den Verträgen einholen. Ist das Gutachten des Gerichtshofs ablehnend, so kann die geplante Übereinkunft nur in Kraft treten, wenn sie oder die Verträge geändert werden.“]
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2. Rechtsdurchsetzung auf nationaler Ebene
a) Verfassungsbeschwerde
b) Organstreitverfahren
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D. ZUSAMMENFASSUNG
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- Das CETA ist ein „gemischtes Abkommen“. Es kann nur in Kraft treten, wenn die EU und die Mitgliedstaaten das Abkommen ratifizieren. Unter dem Grundgesetz ist dafür nicht nur die Zustimmung des Bundestages, sondern auch des Bundesrates notwendig.
- Die Einführung von Investor-Staats-Schiedsgerichten im CETA verletzt das im Unionsrecht (Art. 19 EUV iVm Art. 263 ff. AEUV) und im Grundgesetz verankerte richterliche Rechtsprechungsmonopol (Art. 92 GG). Der EU fehlt zudem die Kompetenz, ein solches Verfahren auf Portfolioinvestitionen und den Bereich der Finanzdienstleistung zu erstrecken.
- Das CETA verletzt den verfassungs- und unionsrechtlich verankerten Grundsatz der Demokratie durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie „indirekte Investition“ und „fair and equitable treatment“, die die demokratische Gestaltung der Wirtschafts- und Sozialordnung durch die Einräumung von Schadensersatzansprüchen unverhältnismäßig einschränken und deren Auslegung einem demokratisch nicht legitimierten Ausschusssystem überantwortet wird, das seine Spitze im Joint Committee findet. Das Europäische Parlament und die nationalen Legislativ- und Exekutivorgane sind nicht hinreichend in dieses System eingebunden. Der Union fehlt zudem im Hinblick auf eine Reihe von Regelungsbereichen die Kompetenz zur Errichtung der Ausschüsse, weshalb Entscheidungen nicht in Ausschüssen gefällt werden dürfen, in die nationale Organe nicht eingebunden sind.
- Das CETA beeinträchtigt durch die Negativliste, die Ratchet-Klausel, die weitgehende Marktöffnung auch im Bereich kommunaler Dienstleistungen und das Verbot von Offsets, also das Verbot der gezielten Förderung lokaler Belange, die im Unionsrecht und im Grundgesetz verankerte Garantie der kommunalen Selbstverwaltung unverhältnismäßig.
[Anmerkung zur Ratchet-Klausel:
Mit der in den Vertragsentwürfen enthaltenen Ratchet-Klausel besteht in der Praxis bei einmal erfolgter Privatisierung ein vollständiges Rekommunalisierungsverbot. Mit der ebenfalls geplanten Standstill-Klausel wird gleichzeitig festgelegt, dass neue Dienstleistungen nicht mehr von Unternehmen der öffentlichen Hand erbracht werden dürfen, sondern dem privaten Wettbewerb unterliegen. Die Vorteile der internationalen Schiedsgerichte, die vom Europäischen Parlament anscheinend schon akzeptiert wurden, gelten im Übrigen auch in Zukunft nur für ausländische Investoren. Die Auswirkungen kann man derzeit schon im Zusammenhang mit dem deutschen Atomausstieg erkennen: Während die deutschen Konzerne deutschen Gerichten unterliegen, geht Vattenfall über ein Schiedsgericht der Weltbank in Washington gegen die Bundesrepublik vor.
Im Bereich der Bildung sind heute schon zahlreiche Einrichtungen in private Trägerschaft überführt. Zumeist handelt es sich dabei um kirchliche Träger, die als sogenannte Tendenzbetriebe besondere Zuwendungen des Gesetzgebers genießen. Derzeit kann nur spekuliert werden, ob die ökonomischen Vorteile der Tendenzbetriebe auch internationalen Investoren im deutschen Bildungsbetrieb geboten werden müssen. Dass die Privatisierung des Schulwesens nicht immer von Erfolg geprägt ist, zeigt sich in Europa am Beispiel Schweden.
Auch im Bereich des Gesundheitswesens muss damit gerechnet werden, dass verstärkt private Unternehmen zum Zuge kommen. Da es Investoren erlaubt werden soll, ihre Dienstleistungen in jedem Vertragsstaat mit eigenem Personal zu erbringen, das dann auch den Vorschriften des Herkunftslandes unterliegt, wird der Wettbewerb in verstärktem Umfang auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Und was spricht dagegen, dass auch das gesamte Rettungswesen einschließlich der Feuerwehr für den privatwirtschaftlichen Wettbewerb geöffnet wird.
Mit TISA steht jedoch auch das Banken-System in Deutschland wieder einmal zur Disposition. Hier sind es in erster Linie die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen, die in ihrer derzeitigen Form nicht so recht ins Beuteschema der internationalen Finanzkonzerne passen wollen.] - Das CETA ist vor dem Hintergrund der menschen- und umweltrechtlichen Verpflichtungen der EU und der Mitgliedstaaten problematisch, weil es Sozial-, Arbeits-, Gesundheits-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards nicht hinreichend verankert.
- Im Hinblick auf die gerichtliche Durchsetzung der o.g. Verpflichtungen kann der Europäische Gerichtshof angerufen werden und nach Art. 279 AEUV ggf. einstweilige Anordnungen erlassen:
a. Der EuGH kann im Wege des Gutachtenverfahrens mit dem CETA befasst werden. Antragsberechtigt sind insbesondere das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten. Nach § 7 IntVG müsste die Bundesregierung einem diesbzgl. Verlangen des Bundesrates nachkommen.
b. Auch eine Subsidiaritätsklage kann beim EuGH anhängig gemacht werden. Antragsberechtigt sind die Mitgliedstaaten, ihre Parlamente und deren Teile. Nach § 126a GOBT setzt dies einen Antrag „aller Mitglieder der Fraktionen, die nicht die Bundesregierung tragen,“ voraus.
c. Schließlich sind Nichtigkeitsklagen nach Art. 263 AEUV beim EuGH zulässig. Privilegiert klageberechtigt sind das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten. Nach § 7 IntVG müsste die Bundesregierung einem diesbezüglichen Verlangen des Bundesrates nachkommen. Nichtprivilegierte Kläger, wie bspw. Gemeinden und juristische Personen, müssten eine individuelle Betroffenheit durch das CETA nachweisen. - Im Hinblick auf die gerichtliche Durchsetzung der o.g. Verpflichtungen kann das Bundesverfassungsgericht im Wege der Verfassungsbeschwerde und des Organstreitverfahrens angerufen werden. Über eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG kann dem deutschen Vertreter im Europäischen Rat die Zustimmung zum CETA ggf. vorläufig untersagt werden.
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Quelle: Uni Bremen – Fachbereich Rechtswissenschaft – [PDF – 41 Seiten]
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Assoziiert. Und nun?
Veröffentlicht: 26. September 2014 Abgelegt unter: EU Assoziierungs-Abkommen, Europa-Parlament, sanctions & implications, Ukraine-Konflikt Ein KommentarAssoziiert. Und nun?
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Lange war das Assoziierungs-Abkommen zwischen EU und Ukraine umstritten. Die Entscheidung, das Vertragswerk zunächst nicht zu unterschreiben, ließ einen ukrainischen Präsidenten stürzen. Nun stimmten die Parlamente in Straßburg und Kiew dem Abkommen zu. Doch was bedeutet das für Russland, die Ukraine und Europa?
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Zehn Fragen und Antworten zum Abkommen EU-Ukraine
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- Was geschah am 16. September in Kiew und Straßburg?
[…] - Was steht eigentlich in dem Assoziierungsabkommen?
[…] - Was wird durch den Vertrag nicht geregelt?
[…] - Worin besteht Russlands Kritik an dem Abkommen?
[…] - Worauf gründet sich die Annahme, das Abkommen schade der russischen Wirtschaft?
Konkret fürchtet Putin, die Übernahme europäischer Standards und Regulationen würde faktisch den Weg für russische Produkte auf den ukrainischen Markt versperren. Die EU habe in den Verhandlungen mit Kiew nicht ausreichend die historisch starke Verflechtung der ukrainischen mit der russischen Wirtschaft berücksichtigt.
Zudem bestünde für Russland die Gefahr, dass über die Ukraine illegal europäische Waren in das Gebiet der Zollunion kommen. - Schadet das Abkommen tatsächlich auch der ukrainischen Wirtschaft?
[…] - Wie reagiert Russland auf das Assoziierungsabkommen?
[…] - Kommen aus Moskau auch konstruktive Vorschläge zur Zukunft der trilateralen Beziehungen mit EU und Ukraine?
[…] - Wie geht es nun weiter?
[…] - Welche Forderungen stellt Russland?
[…]
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Sind diese von Robert Kalimullin dargestellten Überlegungen und Sichtweisen (veröffentlicht in der Moskauer Deutschen Zeitung) nicht bestens dazu geeignet, ergebnisoffene politischen Debatten in Berlin, Brüssel und elsewhere zu bereichern ?
Ich denke doch !
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Ihr Oeconomicus
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Assoziierungsabkommen
zwischen der Europäischen Union und der Ukraine
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Inhaltsverzeichnis
- 1 Vorgeschichte
- 2 Die Aussetzung des Abkommens
- 3 Auswirkungen der Aussetzung
- 4 Unterzeichnung des politischen Teils des Abkommens
- 5 Unterzeichnung des wirtschaftlichen Teils des Abkommens
- 6 Inhalt
- 7 Ukraine zwischen den gemeinsamen Märkten der EU und der Staaten des postsowjetischen Raumes
- 8 Politische Auseinandersetzungen über die Justiz der Ukraine
- 9 Wirtschaftliche Folgen
- 10 Verschiebung des wirtschaftlichen Teils des Assoziierungsabkommens bis zum 31. Dezember 2015
- 11 Ratifizierung des Abkommens
- 12 Politische Bewertungen
- 13 Einzelnachweise
- 14 Literatur
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Quelle: Wikipedia
deutsch – english