Das heute-Journal als Pranger?
Veröffentlicht: 26. März 2014 Abgelegt unter: Claus Kleber (Transatlantiker), Joe Kaesers significant opinions, Wirtschaftsnachrichten | Tags: Atlantik-Brücke e.V., Claus Kleber, Frank Schirrmacher, Joe Kaeser, Sanktionen, Siemens, Wladimir Putin 29 KommentareDa war sie mal wieder mal zu erkennen, die gelegentlich aufflackernde Arroganz von Claus Kleber, dem bestbezahltesten Moderator in der Geschichte deutscher Nachrichtensendungen. Erneut hat sich der promovierte Jurist in der Rolle des Chef-Inquisitors gefallen, vielleicht um seiner Position als Kuratoriums-Mitglied der Altantik-Brücke e.V. noch besser gerecht werden zu können.
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Sein vermeintliches Opfer, der Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser, konterte Klebers aggressiv vorgetragene Anschuldigungen im Zusammenhang mit dem business as usual meeting mit Präsident Putin durch Sachverstand, Charme, einem Lächeln und dem Hinweis, dass es seitens des Bundeskanzleramts keinerlei Bedenken zu diesem seit langem anberaumten Termin gab.
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Chapeau, sehr geehrter Herr Kaeser!
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Business as usual for Siemens in Russia
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Herr Kleber mag ein guter Journalist sein. Wie seine Kenntnisse im Bereich Ökonomie und Wirtschaftsgeschichte einzuschätzen sind, mögen andere beurteilen. Gleichwohl sei dem Herrn eine Recherche-Reise nach Südafrika empfohlen, um dort die Rolle von Siemens, der Visitenkarte Deutschlands in der Welt, während den Apartheid-Sanktionen zu untersuchen um vielleicht ganz erstaunt festzustellen, dass Menschen in Südafrika und around the globe über ein besseres Langzeitgedächtnis hinsichtlich des Wertekanons von Siemens als Herr Kleber verfügen.
Trotz mancher Skandale genießt der Konzern weltweit über einen exzellenten Ruf und steht für zuverlässige, langfristige Geschäftsbeziehungen, auf welche man insbesondere auch in stürmischen Zeiten setzen kann.
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Die Blogger-Kollegin, Frau Dr. Gudrun Eussner hat ihrer Empörung zu Klebers Auftritt freien Lauf gelassen und unmittelbar nach der Ausstrahlung des Interviews mit einem offenen Brief reagiert:
„Sehr geehrter Herr Kleber,
was fällt Ihnen ein, sich als Richter aufzuspielen? Sie sind Nachrichtenredakteur, ich will nicht Ihre Meinung kennenlernen, noch dazu aggressiv vorgetragen, sondern hören, was los ist, mit Stimmen von beiden Seiten, nicht einseitig. Sie stellen den Siemens-Vertreter an den Pranger und kommen sich toll vor? Wie kann man ein Interview so anlegen?
Ich denke noch an Ihr unsägliches Interview mit Mahmud Ahmadinejad. Das Niveau haben Sie jetzt eben wieder erreicht.
Mit freundlichen Grüßen!
Dr. Gudrun Eussner“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
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Ihr Oeconomicus
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Nachtrag:
Per Mail erreichte mich nachfolgende Zuschauerreaktion an das ZDF vom 27. März 2014:
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Bellut!
Sehr geehrter Herr Kleber!Ich schreibe Ihnen diesen Brief, da ich empört bin, wie Herr Kleber im gestrigen heute-Journal mit dem Siemenschef Herrn Kaeser umgegangen ist.
Es handelt sich hierbei nicht mehr um unabhängigen Journalismus, sondern es ist m.E. sogar hart an der Grenze zur Förderung eines Kriegskurses.
Herr Kleber hat versucht mit aller Gewalt Herrn Kaeser ins negative Licht darzustellen.Es ärgert mich, dass Sie derart mit meinen Geldern umgehen.
Ist Herrn Kleber nicht bewußt, dass Handelsbeziehungen Deutschland nutzen? – Ist Herr Kleber nicht bewußt, dass daran Arbeitsplätze hängen? – Hat Herr Kleber nichts davon gehört, dass der Putsch in der Ukraine nicht rechtmäßig abgelaufen ist? – Kennt Herr Kleber nicht die aktuelle Situation der Presse in der Ukraine? – Weiß er Kleber nichts von amerikanischen Interessen im Gasbereich in der Ukrainefrage? – Kennt Herr Kleber nicht die Taten und Handlungen des rechten Blocks und der Swobodapartei in der Ukraine? – Kennt Herr Kleber nicht den Willen der Bevölkerung auf der Krim? Kennt er nicht die historische Entwicklung? – Hat er keinerlei Sensus für die Sicherheitsinteressen von Rußland? – Ist ihm völlig entgangen, wer sich in letzter Zeit ausgedehnt hat und wer das Völkerrecht immer wieder gebrochen hat? – Warum versteht er sich als Handlanger des amerikanischen Kriegskurses gegen Rußland?Ich bin empört und fordere eine andere unabhängige redaktionelle Ausrichtung!
Mit verärgerten Grüßen“
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Claus Klebers ‚Strafgericht‘
Zwischenzeitlich hat sich auf Frank Schirrmacher (FAZ) dieses Themas angenommen und nimmt den Siemens-Chef Joe Kaeser, der in aller Unschuld Geschäfte mit Wladimir Putin tätigen will gegen den aggressiven Echtzeitjournalismus des heute-Journals in Schutz und rät zur Mäßigung:
„Helmut Kohl, Helmut Schmidt und Henry Kissinger haben alle höchst abwägend und behutsam auf die aktuellen Ereignisse reagiert. Der Echtzeitdramaturg sagt: weil sie alt sind. Alter ist kein Kriterium für Rationalität. Entschleunigung aber ist es.“
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Aus dem Archiv:
Das Netz – die große Falle? – Peter Voß vs Frank Schirrmacher
Nachlösen von Maidan-Tickets
Veröffentlicht: 26. März 2014 Abgelegt unter: Maidan, Ukraine | Tags: Deposit-Tax, National Bank of Ukraine, Opportunitätskosten, Pensionsfonds (PFU), Privatisierung, Prof. Nicholas Gregory Mankiw, Staatsbankrott, Yevhen Sihal 4 KommentareTANSTAAFL:
„There ain’t no such thing as a free lunch„
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Diese Redewendung erlangte eine gewisse Popularität durch den Science-Fiction-Autor Robert A. Heinlein in seinem Roman „The Moon Is a Harsh Mistress„ („Der Mond ist eine herbe Geliebte“) von 1966.
Der Roman beschäftigt sich mit den Problemen, welche aus unreflektierter Inkaufnahme einseitiger Wirtschaftspolitik entstehen können.
In libertären Kreisen ist sowohl Heinlein’s Buch als auch die Phrase recht beliebt und der Satz wird oft in Lehrbüchern der Ökonomie zitiert.
Sinngemäß übersetzt lautet die simple Kernaussage „Nichts ist umsonst!“ und soll das Konzept der Opportunitätskosten veranschaulichen.
Der amerikanische Makro-Ökonom Nicholas Gregory Mankiw (Harvard University) beschreibt das Konzept folgendermaßen:
„Um eine Sache zu bekommen, die wir mögen, müssen wir üblicherweise eine andere Sache aufgeben, die wir mögen.
Entscheidungen zu treffen bedeutet, Ziele gegeneinander abzuwägen.“
Im Zuge eines kollektiven Macht-Climax war offenbar vielen der inländischen Maidan-Jünger eine solche Erkenntnis verwehrt. Die bittere Lernkurve daraus wird nunmehr überdeutlich!
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Nachlösen von Maidan-Tickets
Seitens des IWF, der EU-Kommission und den translatlantischen Freunden wurde ein Schierlingsbecher bereitet, welcher dem Volk nun -nach russischem Duktus- ‚durch illegitime Volksverräter‘ serviert wird.
So wird künftig den rund 13,7 Mio ukrainischen Rentnern nicht mehr zugemutet, sich mit ihren mtl. Rentenbezügen von durchschnittlich (umgerechnet) € 128 vorwiegend von Kaviar ernähren zu müssen. Mit der angedachten Halbierung dieser ‚Unsummen‚ wird also gesundheitliche Vorsorge getroffen, während den Rentnern auf der Krim -auch im Zuge der Rubel-Einführung (zunächst als Parallelwährung)- eine Verdoppelung ihrer bisherigen Rentenbezüge droht!
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Nebenbei bemerkt:
Den 13,7 Mio Rentnern stehen ca. 15,2 Mio Steuerzahler gegenüber … tendenziell ist davon auszugehen, dass sich bis 2015/2016 eine 1:1 Relation ergibt. Während der Anteil der jährlichen Rentenzahlungen noch 2001 im Verhältnis zum BIP bei 9,1% lag und bis 2009 auf 18,1% anwuchs, explodierte dieser Wert nach offiziell nicht bestätigten Schätzungen informierter Kreise auf zwischenzeitlich (Stand 2012/2013) 60% des BIPs .. Tendenz weiterhin steigend!
Wie weiterhin zu hören ist, soll das aktuelle Finanzloch des staatlichen Pensionsfonds (PFU) bei ca. $ 3,4 Mrd liegen!
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Daneben dürfen alle im Land lebenden ukrainischen Staatsangehörigen (vermutlich mit einigen Ausnahmen!) ihre Solidarität mit den Nachfolgern des verfassungswidrig abgesetzten Chorknaben Yanukovych bekunden.
Wie aus informierten Kiever Kreisen zu hören ist, beabsichtigt das Ukrainische Parlament die Einführung einer 25%igen Deposit-Tax, was man sich als eine Abwandlung bereits erlebter Zyprisierungsmaßnahmen vorstellen darf. Von diesem Raubzug, den sich dem Vernehmen nach auch der IWF ‚gewünscht‚ haben soll, sind allerdings nur Guthaben ab 100.000 Hryvnia betroffen, eine Summe die umgerechnet ca. € 8.900 entspricht!
Yevhen Sihal, Abgeordneter der „Partei der Regionen“ erwartet dadurch Impulse für die Binnenkonjunktur, Reduzierung der Kosten für Unternehmens-Kredite, sowie zusätzliche Assets für die staatliche Rentenversicherung.
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Hierzu war seitens der National Bank of Ukraine (NBU) die diplomatische Bemerkung zu hören
‚man sei besorgt über die Politisierung ökonomischer Belange‘
was der Kabarettist Dieter Nuhr vermutlich so zu interpretieren wüßte:
„Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten!“
Yevhen Sihal, den man im Fanclub der Gasprinzessin verorten darf, wird von den Konsequenzen seines Parlaments-Vorstosses vermutlich nicht sonderlich betroffen sein, da er bei Ausbruch der Finanzkrise in 2008 einen Teil seiner Finanzanlagen verlor und es danach mit dem kärglichen Rest seines einstigen Vermögens nicht mehr in die Liste der 50 reichsten Ukrainer schaffte.
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Als weiteren Aspekt zur annähernden Eindämmung des desolaten Zustandes der ukrainischen Volkswirtschaft dürfte die Forderung des IWF nach Privatisierung von Volksvermögen zu bewerten sein.
Da man in schlechten Zeiten schnelle Erfolge benötigt -in unserem Falle um einen veritablen Staatsbankrott abzuwenden-, fallen idR die Preise, insbesondere für werthaltige Assets, besonders deutlich.
Wir werden sehen, ob und in welcher Weise sich das deutsche Sprichwort
„Wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her“
bei den Privatisierungsanstrengungen erfüllen wird.
Das ‚Lichtlein‘ könnten menschenfreundliche Oligarchen, die sich im Schweiße ihres Angesichts während der letzten Jahre ihre Spargroschen quasi vom Munde abgespart haben (dem Vernehmen nach sollen die 200 reichsten Ukrainer in den letzten Jahren mehr als $ 135 Mrd ergaunert angehäuft haben) ggfls. bereitstehen könnten, für ganz kleines Geld dem ukrainischen Staat unter die Arme zu greifen.
Natürlich müssen sich solche Investitionen auch dauerhaft rechnen, wie wir aus tausenden in Deutschland zustande gekommenen PPP-Verträgen wissen.
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Zur Realisierung solcher Nothilfe-Erträge könnten sich die Preise für Waren und Dienstleistungen übernommener Staatsbetriebe erhöhen
.. ein weiterer Beleg dafür, dass eben Nichts umsonst ist!
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Liebe Ukrainerinnen und Ukrainer,
lernen Sie von Chevron und Exxon, wenn Sie für den vermeintlichen free-lunch künftig bezahlen dürfen:
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Ihr Oeconomicus