10 Fragen und Antworten zur wirtschaftlichen Lage der Ukraine


Die aktuelle Lage in der Ukraine beherrscht die internationalen Schlagzeilen. Neben den politischen Umwälzungen der letzten Tage gerät zunehmend auch die fragile wirtschaftliche und finanzielle Situation des Landes in den Mittelpunkt der Diskussion im In- und Ausland. Im Folgenden identifizieren wir 10 zentrale Fragen und geben Antworten dazu.
[…]
1. Wie ernst ist die Finanzlage?
Die Situation ist ohne Frage außerordentlich ernst.
Die Ukraine weist sehr hohe, strukturelle Defizite sowohl im öffentlichen Haushalt als auch in der Leistungsbilanz auf („Zwillingsdefizite“), die sie aus eigener Kraft nicht weiter finanzieren kann. Dazu kommen hohe Tilgungszahlungen für Schulden im Ausland; 2014 muss beispielweise der Staat fast
8 Mrd. USD zurückzahlen.
[…]
2. Was sind die Gründe für diese schwierige Situation?
Die Gründe liegen nicht primär in der schwierigen politischen Situation, auch wenn diese sicher zu einer Zuspitzung beigetragen hat.
[…]
3. Wie ist ein mögliches Hilfspaket unter Führung des IWF einzuschätzen?
Es gibt aus unserer Sicht keine Alternative zu externen Finanzhilfen zur makroökonomischen Stabilisierung des Landes. Ansonsten droht die fragile Lage außer Kontrolle zu geraten; eine ungebremste Abwertung, Probleme im Bankensektor sowie ein Staatsbankrott wären ein wahrscheinliches Szenario.
[…]
4. Wie groß müsste ein solcher Kredit sein?
Der genaue Umfang des Kredits muss in den Verhandlungen geklärt werden und hängt von vielen Parametern (u.a. der Laufzeit) ab.
[…]
5. Wird sich Russland an einem Kredit beteiligen?
Hierüber kann gegenwärtig nur spekuliert werden.
[…]
6. Wird es eine Restrukturierung der Schulden geben?
Eine mögliche Beteiligung privater Anleihe-Gläubiger an einem solchen Paket (z.B. durch Forderungsaufschub oder –verzicht) wird möglicherweise Gegenstand der Verhandlungen sein, kann aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beantwortet werden.
[…]
7. Welche Auflagen muss die Ukraine erfüllen?
Der Zweck eines Anpassungsprogramms liegt in der makroökomischen Stabilisierung des Landes.
[…]
8. Kann die Ukraine diese Auflagen tragen und wie schnell kann ein Paket vereinbart werden?
Ja, aus unserer Sicht gibt es hierzu keine Alternativen.
In bestimmten Bereichen, wie z.B. bei Energiepreisanhebungen, werden sicher Ausgleichsmaßnahmen in Form von Transfers implementiert, um die Ärmsten der Bevölkerung zu schützen.
[…]
9. Reicht ein Hilfskredit aus, um die Wirtschaft der Ukraine zu modernisieren?
Ein klares Nein! Ein Anpassungsprogramm unter Führung des IWF ist sicherlich eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, um die ukrainische
Wirtschaft auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu bringen.
[…]
10. Welches wirtschaftliche Interesse hat die EU an Hilfen für die Ukraine?
Für die EU ist die Ukraine ein wichtiger Handels- und Investitionspartner, der gerade auch im Transitbereich (z.B. Gas aus Russland) eine große Rolle spielt. Das Handelsvolumen der EU mit der Ukraine (Waren) betrug 43,8 Mrd. USD in 2013.
[…]
Robert Kirchner – beratergruppe-ukraine


7 Kommentare on “10 Fragen und Antworten zur wirtschaftlichen Lage der Ukraine”

  1. Roland sagt:

    Als gedankenlose Investoren sehe ich auch eher den kleinen Mann, der Investitionsempfehlungen wie z.B. der T-Aktie folgt und dann die Folgen trägt.
    Zwischen den beiden Extremen liegen dann die Investoren, die Du beschreibst.

    Merke: Es gibt mehr als Schwarz und Weiß und nicht jeder Hase mag Pfeffer!

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    • Oeconomicus sagt:

      Der „kleine Mann“ wird sich nicht in solche Abenteuer stürzen, es sei denn sein freundlicher Bank-Berater zieht einen ‚bösonders‘ sicheren Fond mit ‚dollen‘ Rediteaussichten aus dem Zylinder

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      • Roland sagt:

        Und genau das wird geschehen. Da dieser „graue“ Investor die Chancen und Risiken abwägt und zu dem bekannten Schluss kommt!

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  2. Roland sagt:

    Mir dünkt, dass es hier nicht um solche Trivialitäten wie z.B. wirtschaftlich-ökonomische Ziele geht – denn die lassen sich temporär – fast schon magisch, mit ein paar zusätzlich bedruckten Baumwoll-Scheinen – bedienen.
    Das langfristige Ziel lässt sich in ebensolchen – noch in Papier gedruckten – Scheinen nachlesen, der da geschrieben steht „In God we trust“.
    Da Gott die Wahrheit in Reinform ist, gibt es keinen Zweifel, dass die „Mission“ über allem steht. Wer hier noch nach Fakten fragt, fragt ewig.

    Ukraine – just another brick in the wall…

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    • Oeconomicus sagt:

      but you’ll never know … vielleicht helfen Fragen und Fakten dem ein oder anderen potentiellen Investor gewissen Hütchenspielern nicht auf den Leim zu gehen.

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      • Roland sagt:

        Bei den gedankenlosen Investoren kann das in der Tat eine Gefahr sein. Die Kapitalanleger in großem Stile sichern sich aber über ihr Netzwerk ab – was nichts anderes heißt, dass potentielle Verluste sozialisiert werden. Dieses Hütchenspiel ist die eigentliche Gefahr. Dazu muss der Blick aber hinter die Scheinwelt fallen und nicht auf die Mauer!
        … just another brick in the wall!

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      • Oeconomicus sagt:

        … als gedankenlos würde ich solche Investoren nicht bezeichnen. Meist werden Chancen und Risiken durchaus erkannt und objektiv bewertet .. Wechselwirkungen hingegen, etwa aufgrund politscher Willkür –um es einmal vorsichtig zu formulieren– lassen sich nur schwer vorhersehen .. und an der Stelle liegt oft der Hase im Pfeffer.

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