Wie die Stimmrechte im EZB-Rat rotieren


Litauen könnte die Stimmen im EZB-Rat zum Rotieren bringen. Mit der Einführung des Euro in dem kleinen baltischen Staat wären erstmals mehr als 18 Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat vertreten. Es wäre der Startschuss für das Inkrafttreten des veränderten Abstimmungsverfahrens, mit dem Entscheidungen auch in einem wachsenden Eurosystem weiterhin effizient getroffen werden können.

Bislang werden bei Sitzungen des EZB-Rats die Stimmen aller Mitglieder gehört und gezählt. Neben den sechs Mitgliedern im EZB-Direktorium sind dies gegenwärtig 18 Präsidenten und Gouverneure der nationalen Zentralbanken des Eurosystems. Mit jedem weiteren Mitgliedstaat im Eurosystem wächst auch der EZB-Rat, wodurch prinzipiell eine effiziente und rechtzeitige Entscheidungsfindung schwieriger wird. Bereits Ende 2002 hatte der EZB-Rat daher eine Änderung der Abstimmungsmodalitäten auf den Weg gebracht, wonach die Stimmrechte künftig gedeckelt werden und unter den nationalen Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat „rotieren“ sollen. Ursprünglich sollte diese Änderung mit Beitritt des 16. Mitglieds zum Euro-Währungsgebiet in Kraft treten. Im Jahr 2008 beschloss der EZB-Rat jedoch, einen vorbehaltenen Spielraum zu nutzen und das Rotationssystem erst einzuführen, wenn die Anzahl der Präsidenten der nationalen Zentralbanken 18 übersteigt.

Stimmen rotieren im monatlichen Rhythmus

Nach dem Rotationsprinzip werden die Zentralbankpräsidenten entsprechend der Wirtschaftskraft und der Größe des Finanzsektors ihrer Heimatländer in Gruppen eingeteilt. Bei 19 bis 21 Mitgliedstaaten werden zwei Gruppen gebildet: Die nach den genannten Kriterien größten fünf Länder bilden die erste Gruppe. Auf sie entfallen vier Stimmrechte im EZB-Rat. Zu dieser Gruppe gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande.

Die Stimmen innerhalb dieser Gruppe rotieren im monatlichen Turnus,  sodass jeden Monat einer der Präsidenten der Zentralbanken der fünf größten Länder keine Stimme im Rat hat. Bundesbankpräsident Jens Weidmann, als Vertreter der Bundesbank im EZB-Rat, würde demnach alle fünf Monate aussetzen. Er behielte aber zu jeder Sitzung sein Teilnahme- und Mitspracherecht. Dieses steht laut dem Rotationsprinzip nämlich auch denjenigen Präsidenten zu, die gerade keine Stimme im Rat haben. Ihre Argumente – etwa zu Zinsentscheidungen oder Sondermaßnahmen – können also weiterhin in jeder Sitzung im Rat vorgetragen werden und so die Entscheidungen der Stimmberechtigten mit beeinflussen.

Auf die restlichen Notenbanken entfallen nach dem Rotationsmodell elf Stimmrechte, die ebenfalls im monatlichen Rhythmus rotieren. Zu dieser Gruppe gehören Länder wie Lettland, Irland oder Portugal. Auch Litauen würde bei einer Einführung des Euro hier eingeordnet. Die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums behalten ihr dauerhaftes Stimmrecht. Insgesamt werden die Stimmrechte im EZB-Rat somit auf 21 reduziert. Bei Beschlüssen des EZB-Rats, die das Kapital und die Währungsreserven sowie die Gewinnverteilung betreffen, erfolgt eine Stimmgewichtung entsprechend den Anteilen der Zentralbanken am Kapital der Europäischen Zentralbank.
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Deutsche Bundesbank



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