Prof. Wilhelm Hankel: Die Euro-Bombe
Veröffentlicht: 21. März 2013 Abgelegt unter: BEWERTUNGEN ZUM ZEITGESCHEHEN, Euro-Zone (EU-Mitgliedsländer OHNE eigene Währungssouveränität), Politik + Gesellschaft, Politische Parteien, Wilhelm Hankel | Tags: Club de Paris, D-Mark, Prof. Wilhelm Hankel, Staatsbankrott Ein KommentarInterview mit Prof. Hankel – 23Mrz2013 – Fuldaer-Zeitung – PDF
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Wilhelm Hankel: Die Euro-Bombe
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Prof. Hankel ließ zu Anfang seines Vortrages am vergangenen Samstagnachmittag jede Hoffnung auf das Ausbleiben einer inflationären Krise in der Bundesrepublik Deutschland verpuffen. Er verglich die derzeitige Geisteslage der Politiker mit der eines Selbstmörders, der auf halbem Wege seines Sturzes in den sicheren Tod glaubt, sich der Schwerkraft noch entziehen zu können. Noch halte sich die Inflation nur in den Geldwerten, in Aktien und Immobilien, so Hankel.
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Doch es sei lediglich eine Frage der Zeit, wann sie auch mit voller Wucht in der Realwirtschaft durchbrechen werde. An seinen Kollegen in den Wirtschaftswissenschaften ließ er kein gutes Haar. Die meisten Vertreter seiner Zunft lieferten lediglich Argumente für den Hof, sicherten sich damit Aufträge.
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In den derzeitigen Jubel um die alternative Partei, gegründet und unterstützt von einigen seiner kritischen Professorenkollegen, wollte der ehemalige Mitarbeiter im Bundeswirtschaftsministerium nicht einstimmen. Ihre Forderungen zum Ausstieg aus dem Euro seien ihm zu radikal. Zudem empfinde er die Protagonisten als Laienschauspieler, die kaum die derzeitige Politik ändern könnten.
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Hankel präsentierte auf dem Kongress der Sven Hermann Consulting sehr viel lieber einen eigenen Reformvorschlag:
Die parallele Existenz von Euro und D-Mark. Die D-Mark werde eingeführt. Der Euro bliebe erhalten. Inflation werde dadurch ausgeschlossen, dass die EZB nur gegen den Ankauf von nationalen Währungen neue Euros emittieren darf. So lauteten Hankels Alternativpläne. Er schwärmte sogleich vom „politischen Charme“ seines Vorschlages:
Durch den Fortbestand des Euros würden die Gräben zwischen den Mitgliedsstaaten wieder zugeschüttet. Die europäische Harmonie werde gefördert, so Hankel. Zudem gewönne die Euro-Zone an Attraktivität für Investoren aus der Schweiz, aus Russland und Schweden, für alle, die bislang ein Investment in der Euro-Währung ablehnten. Weniger produktive Volkswirtschaften könnten sich dann auch wieder selbst helfen, indem sie die eigenen Währungen abwerten. Und zur Krönung vermutete Hankel gar einen neuen „Goldstandard“ hinter dem Euro, sollte sein Plan Wahrheit werden. Inflation sei schließlich ausgeschlossen. Wie die Sonderziehungsrechte, in den 1960er Jahren maßgeblich von Hankel mitentwickelt, sei der Euro gemäß seinen Plänen wertstabil, weil nur im Tausch gegen nationale Währungen vermehrbar. Die gesamte Geldmenge bliebe auf diesem Wege konstant. Warum seine Pläne Erfolg versprechen? China nutze die Sonderziehungsrechte schon als neue, stabile Leitwährung. Der Dollar verliere mehr und mehr diese Funktion. Diese Funktion solle man auch dem Euro geben, der dann langfristig zu einer Verrechnungseinheit zusammenschrumpfen würde.
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Als Positivbeispiel beschrieb Wilhelm Hankel die Vorgehensweise der isländischen Politiker, die in Folge der Schuldenkrise Bailouts verweigerten, Banken untergehen ließen und die Bedienung der Auslandsschulden verweigerten. Heutzutage krähe kein Hahn mehr nach dem isländischen Schuldendienst, um anderen notleidenden Ländern kein eurogefährdendes Beispiel aufzuzeigen. Ein Konstrukt wie der ESM sei in der heutigen Schuldenkrise zudem unnötig. Mit IWF und Weltbank, Londoner und Pariser Klub seien bewährte Werkzeuge der Schuldenregulierung und Einigung zwischen Gläubigern und Schuldnern vorhanden, referierte der langjährige Auftragnehmer von GTZ und Weltbank.
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Summa summarum genüge laut Wilhelm Hankel die Rückkehr in den seligen Schoß von Mütterchen D-Mark.
„Die EU ist ebensowenig schlecht wie Bismarcks Reich. Sie schuldet uns lediglich ein vernünftiges BGB, ein Handelsrecht.“
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Quelle: ef-magazin
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Anmerkungen zu Staatsbankrotten und dem Club de Paris:
Zahlungsunfähigkeit von Staaten ist keine Seltenheit. Ich habe mal versucht zu ermitteln, welche Länder seit 1970 von einem Staatsbankrott betroffen waren oder in welchen Fällen die Gläubiger sogenannten “haircut’s” zustimmen mussten:
Ägypten – 1984
Albanien – 1990
Argentinien – 1982 und 2001
Bolivien – 1980
Brasilien – 1983
Bulgarien – 1990
Chile – 1972 und 1983
Costa Rica – 1981
Dominikanische Republik – 1982
Ecuador – 1984, 2000 und 2008
Guyana – 1982
Honduras – 1981
Iran – 1992
Irak – 1990
Jamaica – 1978 und 2010
Jordanien – 1989
[Ex-]Jugoslawien – 1983
Mexico – 1982
Marokko – 1983
Panama – 1983
Peru – 1978 und 1984
Philippinen – 1983
Polen – 1984
Rumänien – 1982
Russland – 1991 und 1998
Südafrika – 1985
Trinidad und Tobago – 1989
Türkei – 1978
Ukraine – 2010
Urugay – 1983
Venezuela – 1982 und 2001
[Quellen: Reinhart & Rogoff: This Time is Different, Eight Centuries of Financial Folly, 2009 – Seite 23 – deutsche Ausgabe] und eigene Recherchen.
Bei solchen internationalen Schuldenkonferenzen ist der Club de Paris, in welchem sich die wichtigsten Gläubigerstaaten seit 1956 zusammengeschlossen haben, federführend.
Institutionelle Beobachter des Club des Paris | ||
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