Der Domino Effekt

Der Domino Effekt

Was wird aus dem Euro und was aus der Europäischen Union? Ein Ende der Währungskrise scheint nicht in Sicht, und Pessimisten sehen das gesamte Projekt der Europäischen Gemeinschaft als gescheitert an.

In den vergangenen Wochen haben Filmemacher Stephan Lamby und Michael Wech zahlreiche wichtige Akteure des Euro-Krisen-Managements begleitet. Sie haben an Sondergipfeln in Brüssel, Washington und Berlin teilgenommen, immer wieder mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und dem Vorsitzenden der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, gesprochen, den Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, befragt und Mitglieder der griechischen Regierung interviewt. Investoren, Gewerkschaftler und Politiker in Athen, Paris, Rom und New York kommentieren die Rettungsversuche und deren Risiken. Dabei stellt sich unter anderem heraus, dass bei der Einführung des Euros folgenschwere Fehler gemacht wurden. In guten Zeiten stärkt die gemeinsame Währung zwar den Zusammenhalt Europas, aber in schlechten Zeiten verschärft sie die Probleme der Union. Die Finanzkrise dehnt sich inzwischen zu einer politischen Krise von bislang unbekanntem Ausmaß aus, zu einer wahren Legitimationskrise. Denn das größte Defizit des gemeinsamen Krisenmanagements ist die mangelhafte demokratische Legitimation der „Retter“.

So wächst der Druck zwischen den Kreditnehmern – den Mittelmeerstaaten – und den Kreditgebern wie Deutschland und Frankreich. Geforderte Reformmaßnahmen werden zunehmend als Diktat empfunden. Der Druck der Straße wächst, sowohl in Athen und Madrid als auch in Berlin und Paris. Bislang diente der Euro als Bindeglied zwischen den Staaten der Euro-Gemeinschaft. Doch im Angesicht einer Währungskrise macht sich neuerdings in den EU-Mitgliedsländern ein nationalstaatliches Denken breit. Bleibt der Euro nun das Mittel, das die Gemeinschaft zusammenhält? Oder wird er zum Sprengsatz, der die Mitglieder auseinanderreißt?

Was mit der Schuldenkrise Griechenlands begonnen hat, bedroht seit Monaten auch andere Länder der Euro-Zone: Italien, Spanien und Portugal. Selbst Frankreich ist angezählt. Die gesamte Euro-Zone ist ins Visier der Finanzspekulanten geraten. Und das ausgerechnet zum zehnten Jahrestag der Einführung des Euros. Verzweifelt versuchen europäische Spitzenpolitiker, das dramatische Kräftemessen mit den Finanzmärkten für sich zu entscheiden. Doch sie werden der Lage nicht Herr. Ihre Rettungsmaßnahmen verlieren immer wieder schnell an Wirkung.

Wird demnächst auf Ratingagenturen keine Rücksicht mehr genommen? Werden flächendeckend Eurobonds eingeführt? Wird die Europäische Zentralbank (EZB) entmachtet, bevor sie selbst zur Bad Bank Europas wird? Kommt es zur Steuer auf Finanztransaktionen? Greift der vergrößerte Rettungsschirm? Wird der Krisenfond EFSF gehebelt? Je technischer die Lösungsansätze und je verschwommener die Auskünfte der Politiker mit Rücksicht auf die Reaktionen der Börsen weltweit formuliert werden, desto geringer ist der Durchblick bei den EU-Bürgern.

Die allgemeine Verunsicherung bekommt zusätzlich täglich neue Nahrung durch katastrophale Wirtschaftsdaten aus einigen Staaten der Euro-Zone. In Griechenland und Italien hat die Krise die Regierungen schon gestürzt. Und sie hinterlässt massive Spuren in Europas Banken und in der Realwirtschaft. Die Ansteckungsgefahr droht in ganz Europa, auch in EU-Staaten außerhalb der Euro-Zone, wie Großbritannien. Sogar die USA fürchten um die Auswirkungen auf ihre Volkswirtschaft.

Die Dokumentation „Der Domino-Effekt – Chronik der Euro-Krise“ und ein „Yourope“ analysieren die Situation. Anschließend überträgt ARTE live eine Gesprächsrunde mit anschließendem Videochat aus dem Europaparlament in Straßburg. Teilnehmer sind der am selben Tag gewählte neue Präsident des Europäischen Parlaments und namhafte internationale Akteure der Euro-Krisen-Bewältigung.

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Euro-Rettung – Wo liegt die Grenze der Belastbarkeit?

Unter den Linden vom 16.01.2012

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Christoph Minhoff diskutiert mit Günter Verheugen (ehemaliger EU-Kommissar) und Hans-Werner Sinn (Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung).
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Ab Min. 35:00 ist der Klick im Kopf von Verheugen deutlich zu bemerken!
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