Krisentheorien der Demokratie
Unregierbarkeit, Spätkapitalismus und Postdemokratie
Diskussionspapier von Armin Schäfer
[wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung]
Zusammenfassung
Dieser Aufsatz greift die in den Siebzigerjahren entwickelten Argumente zur „Unregierbarkeit“ einerseits und zum „Spätkapitalismus“ andererseits auf und befragt sie nach ihrer heutigen Relevanz. Beide Denkschulen erkannten eine Überforderung des Staats.
Während linke Autoren die Ursache in den Widersprüchen des Kapitalismus sahen, machten Konservative die Anspruchsinflation von Transferempfängern und die Überdehnung demokratischer Partizipation verantwortlich. Anhand empirischer Trends aus den OECD-Staaten wird dargestellt, wie der Staat seit der Unregierbarkeitsdebatte gesellschaftliche Ansprüche abwehrt, indem er dem Markt mehr Geltung verschafft und die eigenen Steuerungsansprüche reduziert. Gemessen an den damaligen Prognosen hat der Staat Handlungsfähigkeit gewonnen. Dadurch ist jedoch der Ansehensverlust der Politik nicht gestoppt, sondern beschleunigt worden. Keine der beiden Denkschulen übersteht die Durchsicht ihrer Argumente unbeschadet. Doch sind vor allem die Argumente der Neomarxisten an die aktuelle Diskussion über den Übergang zur Postdemokratie anschlussfähig.
Inhalt
Einleitung
Der überforderte Staat: Die Unregierbarkeitsthese
Auf dem Weg in den Gewerkschaftsstaat
Inflation als Krankheit der Demokratie
Die Anspruchsspirale
Legitimationsprobleme spätkapitalistischer Demokratien:
Die linke Gegenthese
Sozialstaat und fiskalische Krise
Klassenherrschaft und Demokratie
Abschied vom keynesianischen Wohlfahrtsstaat
Der Einflussverlust der Gewerkschaften
Das Ende der Inflation
Staatsfinanzen